In dieser Hausarbeit, die ich zum Hauptseminar „ Philosophie der künstlichen Intelligenz“ von Prof. Hubig an der Universität Stuttgart im SS 2002 geschrieben habe, wird es um natürliche Intelligenz und natürliches Leben und ihre Versuche zur
„ Übertragung“ 1 als „ Künstliche Intelligenz“ 2 und „ Künstliches Leben“ 3 auf digitale Rechenmaschinen gehen. Damit stellt sich die Frage, was man überhaupt auf den Rechner transformiert, wie viel und welchen Teil des Natürlichen eine solche Transformation erhält und ob das Sein des Natürlichen durch eine Simulation, Nachahmung oder Repräsentation überhaupt berührt wird. Wir können solche Fragen nur schwer beantworten, da wir keinen dritten Standpunkt einnehmen können, der es uns ermöglichen würde, solche Fragen für den Computer zu beantworten. Schon lange unternehmen Menschen Anstrengungen, künstliche Geschöpfe zu schaffen, die vorrangig der Arbeitserleichterung und Informationsverarbeitung (speziell im Hinblick auf die Filterung und Aufarbeitung von großen Informationsmengen) dienen sollen. Als Inspiration und Vorbild für solche „ dienstbaren Geister“ dienen Entitäten der Welt in der wir leben. Das deswegen, weil uns künstliche Wesen ja in unserer Welt helfen sollen und sich ihre Funktionsweise deshalb an unserer Welt und ihren Gesetzen orientieren muss.
Der Weg zur Erschaffung solcher künstlicher Wesen führt, über die Ergründung und Beobachtung dessen was natürlich ist, schließlich auf unser eigenes Mensch- und Weltenbild zurück. Dieses Bild vom Menschen und der Welt wird und wurde aber immer selbst als „ Rückprojektionen gelingender technischer Zusammenhänge
entworfen“ 4 und führt damit wieder zum Künstlich-technischen zurück. Der Ansatz der klassischen KI geht von einem techno-logischen Bild des Menschen und seiner Welt aus und zieht daraus Konsequenzen für die algorithmische Realisierung. Erst der Vergleich einer künstlichen Schöpfung mit dem Vorbild selbst kann eine Aussage darüber geben, wie gelungen das Ergebnis ist. Wäre das nicht so, nach welchen Kriterien würde man dann urteilen?
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Natürliches Leben
- Allgemeine Merkmale des Lebens
- Die biochemische Sichtweise
- Darwins Theorie der fortwährenden Evolution
- Faktoren der Evolution
- Natürliche Intelligenz
- Allgemeine Merkmale der Intelligenz
- Die Erscheinungsform der Intelligenz: Anwendung
- Ursprung der Intelligenz
- Lernen von Wissen und Regeln
- Mechanismen des Lernens: Inferenz und Theoriebildung
- Andere Methoden: Programmierung und Konditionierung
- Künstliche Intelligenz
- Geschichte der Künstlichen Intelligenz
- Technik der künstlichen Intelligenz
- Algorithmen
- Wissensverarbeitung: Datenbanken
- Logik, Symbol, Repräsentation
- Die konnektionistische Wende
- Performanzmodelle und der Übergang zur physikalischen Informationstheorie
- Philosophie der künstlichen Intelligenz:
- Verstand und Mathematik: der cartesische Dualismus
- Verstand und Rechnen: Hobbes ratio rationicians
- Verstand und Logik: Beziehung und Repräsentation
- Konsequenzen der dualistischen Position
- Einschub: Natürlichkeit und Künstlichkeit
- Wie natürlich ist „künstliche Intelligenz“?
- Wie künstlich ist natürliche Intelligenz?
- Der theoretische Zugang zur „lebendigen“ Intelligenz
- Künstliches Leben
- Was ist künstliches Leben?
- Technik des künstlichen Lebens
- Verhaltensbasierte Systeme
- „Lebendige“ Automaten: John von Neumanns Zellularautomaten
- Programmierte Evolution
- Abhängigkeiten der evolutionären Algorithmen
- Agentensysteme
- Evolutionäres Wachstum: Vorteile und Probleme
- Philosophie des künstlichen Lebens
- Ist künstliches Leben lebendig?
- Das Problem der dritten Person
- Der phänomenologische Ansatz
- Heideggers Fundamentalontologie als Gegenentwurf zu Descartes Philosophie des dualistischen Rationalismus
- Heideggers Analyse der Weltlichkeit als Modell für Künstliches Leben
- Der Paradigmenwechsel
- Theoretische Motivation und Konsequenzen
- Praktische Motivation und Konsequenzen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit untersucht die Konzepte von natürlicher und künstlicher Intelligenz sowie natürlichem und künstlichem Leben. Ziel ist es, die Herausforderungen und philosophischen Implikationen der „Übertragung“ von Intelligenz und Leben auf digitale Rechenmaschinen zu beleuchten. Die Arbeit analysiert die methodischen Ansätze und deren Grenzen, um die Frage zu beantworten, inwieweit eine Simulation oder Repräsentation des Natürlichen dessen Wesen erfasst.
- Vergleich natürlicher und künstlicher Intelligenz
- Philosophische Implikationen der künstlichen Intelligenz
- Definition und Eigenschaften von Leben
- Methoden und Herausforderungen der Schaffung künstlichen Lebens
- Der Paradigmenwechsel von der klassischen KI zu neuen Ansätzen
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung führt in die Thematik der Hausarbeit ein und stellt die zentrale Forschungsfrage nach den Möglichkeiten und Grenzen der Übertragung von natürlicher Intelligenz und natürlichem Leben auf digitale Systeme. Sie skizziert die methodischen Herausforderungen und die philosophischen Implikationen dieser Thematik, insbesondere die Problematik der "Dritten-Person-Perspektive" und die Rolle des cartesianischen Dualismus. Die Einleitung betont die Notwendigkeit, die Natur von Intelligenz und Leben zu verstehen, um deren Übertragbarkeit auf Rechner zu beurteilen. Dabei wird auch die Frage der Sinnhaftigkeit des gesamten Unterfangens aufgeworfen.
Natürliches Leben: Dieses Kapitel untersucht den Begriff des natürlichen Lebens und analysiert dessen Merkmale. Es präsentiert verschiedene Definitionen und Kriterien, die zwar keine umfassende und allgemein akzeptierte Definition liefern, jedoch wesentliche Aspekte hervorheben, wie z.B. die Reaktion auf die Umwelt, Selbsterhaltung, Wachstum und Reproduktion. Besonders relevant ist die Diskussion des zweiten Hauptsatzes der Thermodynamik und die Darstellung von Leben als offenes System. Der Abschnitt über Darwins Evolutionstheorie beleuchtet die Mechanismen der natürlichen Selektion und den Einfluss von Faktoren wie Mutation und Selektion auf die Entwicklung von Lebensformen.
Natürliche Intelligenz: Dieses Kapitel widmet sich der Analyse von natürlicher Intelligenz. Es beschreibt allgemeine Merkmale der Intelligenz, beleuchtet deren Erscheinungsformen und Anwendungsbereiche. Ein wichtiger Schwerpunkt liegt auf dem Ursprung der Intelligenz, wobei die Lernprozesse, Inferenzmechanismen und die Rolle von Wissen und Regeln untersucht werden. Die verschiedenen Lernmethoden, inklusive Programmierung und Konditionierung werden betrachtet. Das Kapitel legt den Grundstein für den späteren Vergleich mit künstlicher Intelligenz.
Künstliche Intelligenz: Hier wird die Geschichte und Technik der Künstlichen Intelligenz behandelt. Es werden verschiedene Ansätze und Methoden vorgestellt, wie Algorithmen, Wissensverarbeitungssysteme, logisches Schließen und die konnektionistische Wende. Besonderes Augenmerk liegt auf der philosophischen Auseinandersetzung mit der KI, insbesondere der Kritik des cartesianischen Dualismus und der damit verbundenen Problematik der Trennung von Verstand und Materie. Es wird die Frage aufgeworfen, ob eine Maschine wirklich denken kann oder nur das Denken simuliert.
Einschub: Natürlichkeit und Künstlichkeit: In diesem Kapitel wird die Frage nach dem Verhältnis von Natürlichkeit und Künstlichkeit diskutiert. Die Grenzen zwischen natürlicher und künstlicher Intelligenz werden kritisch untersucht. Es wird hinterfragt, wie "natürlich" künstliche Intelligenz ist und wie "künstlich" natürliche Intelligenz erscheint. Der Abschnitt beleuchtet den theoretischen Zugang zur "lebendigen" Intelligenz und bereitet den Boden für die folgende Betrachtung von künstlichem Leben.
Künstliches Leben: Dieses Kapitel definiert den Begriff des künstlichen Lebens und beleuchtet die technischen Ansätze zu seiner Realisierung, darunter verhaltensbasierte Systeme, zellulare Automaten, programmierte Evolution und Agentensysteme. Die damit verbundenen Probleme und Vorteile werden diskutiert. Der philosophische Teil des Kapitels befasst sich mit der Frage, ob künstliches Leben als lebendig betrachtet werden kann, und erörtert den phänomenologischen Ansatz als Gegenposition zum cartesianischen Dualismus. Die Kapitel schließt mit einer Betrachtung von Heideggers Philosophie als möglichem Modell für das Verständnis von künstlichem Leben.
Schlüsselwörter
Künstliche Intelligenz, Künstliches Leben, Natürliche Intelligenz, Natürliches Leben, Philosophie der KI, Phänomenologie, Cartesischer Dualismus, Evolution, Simulation, Repräsentation, Algorithmen, Agentensysteme, John von Neumann, Heidegger.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Hausarbeit: Natürliche und Künstliche Intelligenz sowie Leben
Was ist der Gegenstand dieser Hausarbeit?
Die Hausarbeit untersucht die Konzepte von natürlicher und künstlicher Intelligenz sowie natürlichem und künstlichem Leben. Sie beleuchtet die Herausforderungen und philosophischen Implikationen der „Übertragung“ von Intelligenz und Leben auf digitale Rechenmaschinen.
Welche Fragen werden in der Arbeit behandelt?
Die Arbeit analysiert die methodischen Ansätze und deren Grenzen, um die Frage zu beantworten, inwieweit eine Simulation oder Repräsentation des Natürlichen dessen Wesen erfasst. Sie vergleicht natürliche und künstliche Intelligenz, untersucht die philosophischen Implikationen der künstlichen Intelligenz, definiert und beschreibt Eigenschaften von Leben, analysiert Methoden und Herausforderungen der Schaffung künstlichen Lebens und schließlich den Paradigmenwechsel von der klassischen KI zu neuen Ansätzen.
Welche Kapitel umfasst die Hausarbeit?
Die Hausarbeit gliedert sich in die Kapitel: Einleitung, Natürliches Leben, Natürliche Intelligenz, Künstliche Intelligenz, Einschub: Natürlichkeit und Künstlichkeit, Künstliches Leben und Der Paradigmenwechsel. Jedes Kapitel wird in der Zusammenfassung der Kapitel detaillierter beschrieben.
Was wird im Kapitel "Natürliches Leben" behandelt?
Dieses Kapitel untersucht den Begriff des natürlichen Lebens und analysiert dessen Merkmale. Es werden verschiedene Definitionen und Kriterien diskutiert, der zweite Hauptsatz der Thermodynamik und Leben als offenes System betrachtet und Darwins Evolutionstheorie mit ihren Mechanismen erläutert.
Was wird im Kapitel "Natürliche Intelligenz" behandelt?
Das Kapitel beschreibt allgemeine Merkmale der Intelligenz, deren Erscheinungsformen und Anwendungsbereiche. Schwerpunkt ist der Ursprung der Intelligenz, die Lernprozesse, Inferenzmechanismen und die Rolle von Wissen und Regeln. Verschiedene Lernmethoden werden betrachtet.
Was wird im Kapitel "Künstliche Intelligenz" behandelt?
Hier wird die Geschichte und Technik der Künstlichen Intelligenz behandelt. Es werden verschiedene Ansätze und Methoden wie Algorithmen, Wissensverarbeitungssysteme, logisches Schließen und die konnektionistische Wende vorgestellt. Die philosophische Auseinandersetzung mit der KI, insbesondere die Kritik des cartesianischen Dualismus, steht im Fokus.
Was wird im Kapitel "Einschub: Natürlichkeit und Künstlichkeit" behandelt?
Dieses Kapitel diskutiert das Verhältnis von Natürlichkeit und Künstlichkeit und untersucht kritisch die Grenzen zwischen natürlicher und künstlicher Intelligenz. Es hinterfragt, wie "natürlich" künstliche Intelligenz und wie "künstlich" natürliche Intelligenz ist.
Was wird im Kapitel "Künstliches Leben" behandelt?
Dieses Kapitel definiert künstliches Leben und beleuchtet technische Ansätze zu seiner Realisierung (verhaltensbasierte Systeme, zellulare Automaten, programmierte Evolution, Agentensysteme). Es diskutiert die damit verbundenen Probleme und Vorteile und befasst sich philosophisch mit der Frage, ob künstliches Leben als lebendig betrachtet werden kann. Der phänomenologische Ansatz und Heideggers Philosophie werden diskutiert.
Was wird im Kapitel "Der Paradigmenwechsel" behandelt?
Dieses Kapitel behandelt die theoretischen und praktischen Motivationen und Konsequenzen des Paradigmenwechsels in der KI-Forschung.
Welche Schlüsselwörter sind relevant für die Hausarbeit?
Künstliche Intelligenz, Künstliches Leben, Natürliche Intelligenz, Natürliches Leben, Philosophie der KI, Phänomenologie, Cartesischer Dualismus, Evolution, Simulation, Repräsentation, Algorithmen, Agentensysteme, John von Neumann, Heidegger.
Welche zentrale Forschungsfrage wird gestellt?
Die zentrale Forschungsfrage untersucht die Möglichkeiten und Grenzen der Übertragung von natürlicher Intelligenz und natürlichem Leben auf digitale Systeme.
Welche methodischen Herausforderungen werden angesprochen?
Die Arbeit thematisiert die methodischen Herausforderungen und die philosophischen Implikationen der Übertragung von Intelligenz und Leben auf digitale Systeme, insbesondere die Problematik der "Dritten-Person-Perspektive" und die Rolle des cartesianischen Dualismus.
- Arbeit zitieren
- Tillmann Pross (Autor:in), 2003, Künstliche Intelligenz, Künstliches Leben - Vom technologischen zum philosophischen Paradigmenwechsel?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/24316