Das Phänomen der Staatsverschuldung ist seit langem beobachtbar. Schon Cicero berichtet in „de re publica libri“ 1 davon als Problem. Viele Ökonomen kamen genauso zu einer negativen Bewertung. David Ricardo 2 sah die Staatsverschuldung als „schrecklichste Geisel“ der Nationen, wohingegen andere Ökonomen wie John Maynard Keynes oder die deutsche Finanzklassik 3 zu einem gänzlich anderen Urteil kamen. So lange schon von der Staatverschuldung die Rede ist, so aktuell ist aber auch das Thema, wie aktuelle Schlagze ilen in Bezug auf den europäischen Stabilitätspakt belegen. 4
Im internationalen Vergleich der westlichen Industrieländer weisen die Budgetdefizite und die Schuldenstände der einzelnen Staaten beträchtliche Unterschiede auf. 5 Im Jahr 2002 hatten einige Länder wie Irland niedrige Schuldenquoten von unter 40 % des BIP, Luxembur g hat sogar nur eine Schuldenquote von etwa 5 % des BIP. Andere Staaten wie Japan, Italien oder Belgien sind mit über 100 % des BIP verschuldet 6 . Auch die Budgetdefizite nehmen international unterschiedliche Werte an: Während im Jahr 2002 einige Länder wie z.B. Dänemark Haushaltsüberschüsse produzierten und somit ihre Schuldenlast verringerten standen andere Länder tief in den roten Zahlen. So betrug das Budgetdefizit in Japan im Jahr 2002 6,7 % des BIP. 7
Ebenso änderten sich im zeitlichen Verlauf der Schuldenstand und die Budgetdefizite der betrachteten Staaten in beträchtlichem Umfang. So lässt sich allgemein beobachten, dass die meisten Staaten ihren relativ hohen Schuldenstand nach dem zweiten Weltkrieg in den 50er und 60er Jahren des letzten Jahrhunderts verringern konnten. Diese Phase der Konsolidierung fand jedoch mit dem ersten Ölpreisschock 1973 ein abruptes Ende. In der Folge des Ölpreisschocks stiegen die Schuldenstände der meisten OECD-Staaten stark an. Einige Länder konnten sich dieser Entwicklung jedoch entziehen. Diesem ersten Schuldenschub schloss sich eine Phase der Konsolidierung in den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts an.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. ökonomische Erklärungsansätze
- 2.1. Die Steuerglättungshypothese
- 2.2. Deficit spending
- 2.3. Bewertung
- 3. Polit-ökonomische Erklärungsansätze
- 3.1. Institutionenunabhängige polit-ökonomische Erklärungsansätze
- 3.1.1. Der Keynesianismus als ideologischer Wegbereiter der Staatsverschuldung
- 3.1.2. Die Schuldenillusion
- 3.1.3. Die Gegenwartspräferenz
- 3.1.4. Die Common-Pool Problematik
- 3.1.5. Der Einfluss von Bürokraten
- 3.2. Polit-ökonomisch-institutionelle Erklärungsansätze
- 3.2.1. Wahlebene
- 3.2.1.1. Pork-Barrel Politics
- 3.2.1.2. Politische Konjunkturzyklen
- 3.2.2. Der Einfluss von Parteien auf die Staatsverschuldung
- 3.2.2.1. Ideologische Ausrichtung von linken Parteien
- 3.2.2.2. Die modifizierte Steuerglättungshypothese
- 3.2.3. Der Einfluss des Regierungssystems auf die Staatsverschuldung
- 3.2.3.1. Verschuldung als strategische Variable einer Regierung
- 3.2.3.2. Der Einfluss der Stärke der Regierung auf die staatliche Verschuldung
- 3.2.4. Der Einfluss weiterer institutioneller Konstellationen
- 3.2.4.1. Der Einfluss von unabhängigen Notenbanken auf die Staatsverschuldung
- 3.2.4.2. Einfluss von Budgetfindungsregeln auf die Staatsverschuldung
- 3.2.4.3. Der Einfluss einer föderativen Staatsorganisation auf die Staatsverschuldung
- 3.2.1. Wahlebene
- 3.1. Institutionenunabhängige polit-ökonomische Erklärungsansätze
- 4. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der politischen Ökonomie der Staatsverschuldung und analysiert verschiedene Ansätze, die diese Entwicklung erklären. Sie beleuchtet sowohl ökonomische Rechtfertigungen als auch polit-ökonomische Erklärungsansätze, die die Ursachen der Staatsverschuldung untersuchen.
- Ökonomische Rechtfertigung der Staatsverschuldung
- Politische Einflussfaktoren auf die Staatsverschuldung
- Institutionelle Rahmenbedingungen der Staatsverschuldung
- Das Verhältnis von Staatsverschuldung und Wirtschaftswachstum
- Die Rolle von politischem Wettbewerb und Parteiensystemen
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung gibt einen Überblick über das Phänomen der Staatsverschuldung und beleuchtet seine historische Bedeutung. Kapitel 2 analysiert ökonomische Erklärungsansätze, die die Staatsverschuldung als Instrument der Steuerglättung oder als notwendiges Mittel für „deficit spending“ betrachten. Kapitel 3 widmet sich polit-ökonomischen Erklärungsansätzen, die verschiedene politische und institutionelle Faktoren untersuchen, die die Staatsverschuldung beeinflussen. Diese Erklärungsansätze betrachten die Staatsverschuldung nicht als ökonomisch notwendiges Instrument, sondern als Ergebnis politischer Entscheidungen und Prozesse.
Schlüsselwörter
Staatsverschuldung, Politische Ökonomie, Steuerglättung, Deficit spending, Polit-ökonomische Erklärungsansätze, Institutionen, Parteien, Regierungssysteme, Budgetfindungsregeln, Föderalismus.
- Arbeit zitieren
- Anselm Mattes (Autor:in), 2003, Die politische Ökonomie der Staatsverschuldung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/24376