Wer stand nicht schon einmal vor der Situation, befragt zu werden. Jedes Gespräch besteht aus einem Frage-Antwort-Spiel, das in jedem Fall ein Ziel verfolgt, nämlich den Austausch von Informationen. Auch ein Interview kann als offenes Gespräch gestaltet sein, dessen zielgerichtete Fragen sich im Gesprächsverlauf entwickeln und somit auf die soziale und inhaltliche Interaktion der Beteiligten konzentriert ist. Dabei kann es übergeordnete Ziele eines Beteiligten geben, etwa die unbewußte Aufnahme von Wünschen des Befragten, wenn es auf dessen Geburtstag oder Weihnachten zugeht. Insbesondere bei wissenschaftlichen Interviews ist die Qualität der Ergebnisse wichtig. Um diese positiv zu beeinflussen, sind unter anderem Interviewtechniken, Frage- und Auswertungsmethoden, aber auch die Wahl der Interviewpartner wichtig. Bei letzterem beeinflußt auch die Herkunft und das Umfeld (der soziale Raum) die Qualität der Forschungsbeziehung. Auf der selben Welle zu sein, kann sich positiv auf die Gesprächsatmosphäre und somit die Ergebnisse auswirken.
Als Gesellschaftsforscher befassen sich Soziologen eingehend mit den (sozialen) Interaktionen einzelner Individuen. Die in Gesprächen herausgearbeitete, soziale Realität des Befragten, soll möglichst objektiv dargestellt werden, also frei von Interpretationen des Interviewenden sein.
Pierre Bourdieu, als renommierter Soziologe, hat sich eingehend mit dieser Thematik beschäftigt. Der vorliegende Auszug aus dem Text Bourdieus „Verstehen“ (Bourdieu, Pierre 1997) stellt die Grundlage dieser Ausarbeitung dar. Bourdieu schildert darin Rahmenbedingungen einer Studie, deren Inhalt Interviewsituationen sind. Bourdieu begrenzt somit den Interpretationsspielraum des Lesers in Bezug darauf.
Neben der Funktion der Einleitung zu einer Studie, kann der Text auch als eine Art Ratgeber zur Durchführung und Interpretation von Interviews im Allgemeinen angesehen werden, denn er zeigt auf, welche Faktoren für eine wissenschaftlichen Ansprüchen genügende, objektive Durchführung von und Darstellung der Ergebnisse aus Befragungssituationen zu beachten sind.
Vor diesem Hintergrund möchte ich im Rahmen der folgenden Ausarbeitung der Frage nachgehen, inwieweit Bourdieu in seinem Text begründet, daß die Qualität einer Forschungsbeziehung grundlegend wichtig für das Verstehen einer sozialen Realität ist.
Inhaltsverzeichnis
- EINLEITUNG
- BEARBEITUNG DER FRAGESTELLUNG
- FAZIT
- LITERATURVERZEICHNIS
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Der Text beleuchtet die Rahmenbedingungen einer Forschungsstudie, die auf Interviewsituationen basiert. Der Autor Pierre Bourdieu untersucht die Qualität der Forschungsbeziehung als essenziellen Faktor für das Verstehen sozialer Realität. Dabei geht er auf die Bedeutung von Interaktion zwischen Interviewer und Interviewtem ein und betont die Notwendigkeit, subjektive Interpretationen zu minimieren.
- Die Bedeutung der Forschungsbeziehung für die Objektivität von Interviewergebnissen
- Die Rolle des sozialen Raums und der gesellschaftlichen Struktur in der Interviewsituation
- Der Einfluss der Sprache und der Kommunikationssituation auf die Qualität der Daten
- Die Wichtigkeit der individuellen Lebensgeschichte des Interviewten für die Interpretation der Ergebnisse
- Die Notwendigkeit einer bewussten Wahrnehmung der "Einzigartigkeit der Lebensgeschichte" (Bourdieu, Pierre 1997:788) während des Interviews
Zusammenfassung der Kapitel
1 Einleitung
Der Text stellt das Interview als ein Instrument der Erkenntnisgewinnung vor, wobei die Qualität der Forschungsbeziehung und die Objektivität der Ergebnisse im Fokus stehen. Bourdieu präsentiert den Text als Ratgeber für die Durchführung und Interpretation von Interviews, wobei er die Bedeutung der „sozialen Beziehung“ (Bourdieu, Pierre 1997:780) in der Interviewsituation betont.
2 Bearbeitung der Fragestellung
Bourdieu erläutert die „Intentionen und Prinzipien“ (Bourdieu, Pierre 1997:779) seiner Arbeit und stellt die Bedeutung von „Konstruktions- und Verstehensarbeit“ (Bourdieu, Pierre 1997:780) in der Interviewsituation heraus. Er beleuchtet die „gesellschaftliche Struktur“ (Bourdieu, Pierre 1997:780), die die Interviewsituation beeinflusst, und betont die Rolle von Herkunft, Bildung und den sozialen Raum der Beteiligten.
Der Text beleuchtet auch die Bedeutung von „Spielregeln“ (Bourdieu, Pierre 1997:781) in der Interviewsituation, die von Interviewern definiert werden sollten. Er diskutiert die „außergewöhnliche Kommunikationssituation“ (Bourdieu, Pierre 1997:791), die durch offene Kommunikation und ein „aktives und methodisches Zuhören“ (Bourdieu, Pierre 1997:782) erreicht werden kann.
Schlüsselwörter
Die zentralen Begriffe des Textes sind Interviewsituation, Forschungsbeziehung, soziale Realität, gesellschaftliche Struktur, Interviewer, Interviewter, soziale Interaktion, Objektivität, Subjektivität, Kommunikationssituation, Sprache, Lebensgeschichte, Einzigartigkeit. Der Text befasst sich mit der Bedeutung des Verstehens der sozialen Realität, wobei er die Interviewsituation als ein Instrument zur Erlangung von Erkenntnis und die Forschungsbeziehung als zentralen Faktor für die Objektivität der Ergebnisse betrachtet.
- Quote paper
- Jessica Scheffold (Author), 2003, Pierre Bourdieu "Verstehen", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/24449