[...] Die wissenschaftliche Diskussion um den Ursprung menschlicher Aggression wird durchaus kontrovers geführt. Ethologisch und psychoanalytisch orientierte Forscher sehen aggressives Verhalten wegen der grundlegenden Natur des Menschen endogen verursacht (Vgl. Lorenz, 1984; Freud 1985). Andere beziehen die Rolle des Lernens und der Erfahrung menschlicher Umwelten bei der Entfaltung aggressiven Verhaltens in ihre Überlegungen mit ein (Vgl. Bandura, 1965; Dollard, Doob, Miller, Mowrer & Sears, 1970, Berkowitz 1993) Im Rahmen dieser Arbeit werde ich zunächst drei wissenschaftliche Hauptpositionen zu diesem Thema darstellen. Den Auftakt bildet dabei das Triebmodell von Lorenz (1984). Er kam nach zahlreichen Beobachtungen am Tier zu der Erkenntnis, dass aggressives Verhalten genetisch vorprogrammiert ist. Untermauert werden seine Untersuchungsergebnisse durch humanethologische Entsprechungen, die Eibl- Eibesfeldt (1985, 1986) u.a. in kulturvergleichenden Studien fand. Dollard, Doob, Miller, Mowrer & Sears (1970) betrachten die Aggression hingegen als Folge von Frustrationen. Das von ihnen ausgearbeitete Frustrations-Aggressions-Modell werde ich anschließend schildern. Den Abschluss meiner Darstellung wissenschaftlicher Befunde aus dem Bereich der Aggressionsforschung bilden die lerntheoretischen Ansätze. Bandura betont in diesem Zusammenhang besonders die Wirkung des Modell- Lernens. Beschrieben wird aber auch der Prozess des operanten Konditionierens aggressiver Verhaltenstendenzen. Dabei nehme ich Bezug auf die lerntheoretischen Erkenntnisse von Thorndike (1970). Im dann folgenden Diskussionsteil vertrete ich die Ansicht, dass das Potential aggressiv zu handeln und der Ausdruck aggressiven Verhaltens angeboren sind, während die qualitative und quantitative Intensität, in der Aggressionen letztlich gelebt werden, erworben sind und nicht losgelöst vom sozialen Kontext, in dem sie auftreten, betrachtet werden können. Es erscheint mir daher sinnvoll, zu einer integrativen Betrachtung aggressiven Verhaltens zu finden, die allen Ansätzen gleichermaßen gerecht wird.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die Aggression als biologischer Instinkt
- Die Art erhaltende Funktionen des Aggressionstriebes
- Die angeborene Tötungshemmung
- Das energetische Triebmodell
- Die Aggression als Folge von Frustrationen
- Die Grundannahmen der Frustrations-Aggressions-Hypothese
- Die Zusatzannahmen der Frustrations-Aggressions-Hypothese
- Die Aggression als Ergebnis von Lernprozessen
- Das Modell des instrumentellen Lernens
- Das Lernen aggressiven Verhaltens am Modell
- Diskussion
- Zusammenfassung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der Frage nach dem Ursprung menschlicher Aggression. Sie untersucht drei wissenschaftliche Hauptpositionen: das Triebmodell von Lorenz, die Frustrations-Aggressions-Hypothese von Dollard, Doob, Miller, Mowrer & Sears und die lerntheoretischen Ansätze, insbesondere das Modell-Lernen nach Bandura. Ziel ist es, die verschiedenen Perspektiven auf Aggression darzustellen und ihre jeweiligen Stärken und Schwächen zu beleuchten.
- Die Rolle des Instinkts und der genetischen Prädisposition bei aggressivem Verhalten
- Die Bedeutung von Frustration als Auslöser für Aggression
- Der Einfluss von Lernen und Erfahrung auf die Entwicklung aggressiven Verhaltens
- Die Rolle des sozialen Kontextes bei der Ausprägung von Aggression
- Die Notwendigkeit einer integrativen Betrachtung aggressiven Verhaltens
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung
Die Einleitung stellt die Relevanz des Themas Aggression im menschlichen Verhalten dar und führt in die wissenschaftliche Diskussion über den Ursprung von Aggression ein. Sie skizziert die drei Hauptpositionen, die in der Arbeit behandelt werden: das Triebmodell von Lorenz, die Frustrations-Aggressions-Hypothese und die lerntheoretischen Ansätze.
Die Aggression als biologischer Instinkt
Dieses Kapitel befasst sich mit der ethologischen und humanethologischen Perspektive auf Aggression, die diese als ein angeborenes Verhalten begreift. Die Arbeit konzentriert sich dabei auf das Triebmodell von Lorenz, welches die Aggression als einen Instinkt beschreibt, der wichtige Funktionen für die Arterhaltung erfüllt. Es werden die verschiedenen Funktionen des Aggressionstriebes, wie die Verteilung von Ressourcen, die Selektion der stärksten Individuen und die Bildung sozialer Rangordnungen, erläutert.
Die Aggression als Folge von Frustrationen
Dieses Kapitel behandelt die Frustrations-Aggressions-Hypothese von Dollard et al., die Aggression als eine Reaktion auf Frustration betrachtet. Es werden die Grundannahmen der Hypothese, wie die Annahme, dass Frustration immer zu Aggression führt, und die Zusatzannahmen, die diese Hypothese erweitern, dargestellt.
Die Aggression als Ergebnis von Lernprozessen
Dieses Kapitel beschäftigt sich mit den lerntheoretischen Ansätzen, insbesondere dem Modell-Lernen nach Bandura. Es beschreibt, wie aggressives Verhalten durch Beobachtung und Nachahmung erlernt werden kann und wie auch operante Konditionierung einen Einfluss auf die Entwicklung aggressiven Verhaltenstendenzen haben kann.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den zentralen Begriffen Aggression, Instinkt, Frustration, Lernen, sozialer Kontext, ethologische Perspektive, humanethologie, Triebmodell, Frustrations-Aggressions-Hypothese, Modell-Lernen, operante Konditionierung.
- Arbeit zitieren
- Anja Rosner (Autor:in), 2002, Das Verhältnis von genetischer Fixierung und sozialer Bedingtheit aggressiven Verhaltens, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/24610