Stufen der Christianisierung in Westeuropa


Hausarbeit (Hauptseminar), 2000

26 Seiten, Note: gut (mündliche Note)


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Geschichte des frühen Christentums
1.1. Allgemeines
1.2. Die frühe Ausbreitung des Christentums und die Herkunft des Missionierungsgedankens
1.3. Der Weg Roms zur Vormachtstellung
1.4. Die Germanenstämme und das Christentum

2. Die Christianisierung des gallischen Raumes
2.1. Die Ausbreitung des Christentums in Gallien
2.2. Childerich, Chlodwig und die Christianisierung der fränkischen Führungsschicht

3. Die Zeit der großen Missionare
3.1. Die Missionierung Irlands und Britanniens
3.2. Christliche Missionare im Frankenreich
3.2.1. Columban der Jüngere
3.2.2. Willibrord
3.2.3. Winfrid Bonifatius

4. Könige von Gottes Gnaden

Schlussbetrachtung

Literaturliste

Stufen der Christianisierung in Westeuropa

Einleitung

In der folgenden Arbeit sollen die wichtigsten Etappen der Christianisierung in Westeuropa mit Schwerpunkt auf das Frankenreich erörtert werden. Dieser Schwerpunkt wurde gewählt, weil das fränkische Reich zur Zeit des Frühmittelalters die dominante Macht im westlichen Europa war und auf den Christianisierungsprozess großen Einfluss hatte, wie die folgende Arbeit zeigen wird.

In der Arbeit soll nach einer Einleitung über das Frühchristentum, vor allem der Zeitraum von der Taufe Chlodwigs bis zum Tod des Heiligen Bonifatius behandelt werden.

1. Kapitel Geschichte des frühen Christentums

1.1 Allgemeines

Eine Betrachtung des Frühchristentums ist wichtig, weil in dieser Zeit die wichtigsten Weichen- stellungen für die weitere Entwicklung des Christentums erfolgten. Außerdem ist das die Zeit, zu der sich alle christlichen Konfessionen vorbehaltlos bekennen und sie somit bei allen eine Schlüsselrolle spielt.

Wenn man etwas über die Frühgeschichte des Christentums schreiben will, muss man sich natür- lich zuerst Gedanken darüber machen, wann der Beginn der christlichen Religion zu datieren ist. In der Forschung gibt es dazu zwei unterschiedliche Ansätze. Die einen lassen die christliche Geschichte mit der Geburt Jesu beginnen, die andere mit dessen Tod. In dieser Arbeit wird der Beginn der christlichen Geschichte mit dem Tod Jesus datiert. Der Grund hierfür ist der begrenz- te Rahmen, in dem nicht mehr auf das Leben des Religionsbegründers eingegangen werden kann.

Jesus Tod wird im allgemein auf das Jahr 30 nach Christus datiert1. Mit seinem Tod und den nachfolgenden Wundern2 wurde aus einer kleinen Schar von Jüngern eine Gruppe von Missionaren, die sich daran machten, ihren Glauben in die Welt zu tragen.

Dabei sahen sich die frühchristlichen Missionare in erster Linie unter der jüdischen Bevölkerung nach neuen Anhängern um, da sich die Christen anfangs nicht gesondert zum Judentum betrach- teten. Sie betrachteten Jesus nicht als Gründer und Urheber einer neuen Religionsgemeinschaft, sondern als Höhepunkt einer langen Geschichte göttlicher Erziehung3. Schon unter den Aposteln gab es dieses Thema betreffend unterschiedliche Meinungen. Noch aus dem Matthäusevangeli- um geht hervor, dass sich die Mission in erster Linie auf die Jüdische Bevölkerung beschränken sollte. So steht geschrieben:

Gehet nicht auf Abwegen zu den Heiden, betretet auch keine Stadt der Samariter! Gehet viel- mehr zu den verlorenen Schafen aus dem Haus Israel.4

Doch eine Fokussierung der Mission auf die jüdische Bevölkerung war in einer hellenistisch geprägten Umgebung nicht möglich, und außerdem fand das Christentum auch bei Nichtjuden großes Interesse.5 Aus dem Galaterbrief kann man entnehmen, dass es schließlich nach Juden und Heiden getrennte Missionare gab.6 Von Antiochia ging dann letztendlich die erste große Heidenmission aus.

Die herausragenden Personen der frühchristlichen Gemeinde waren Jakobus, dem der auferstandene Jesus erschien7, und Paulus, der sich zur herausragenden Gestalt der Heidenmission entwickelte und maßgeblich für die Ausbreitung der Religion verantwortlich war. Sein gesamtes Missionswerk wurde durch die Gemeinde in Antiochia geprägt8. Die Briefe des Paulus sind auch eine der Hauptquellen für diese Zeit.

Die ersten christlichen Gemeinden waren nicht an einer Veränderung der politischen, gesell- schaftlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse interessiert, sondern sie führten ein Leben, das auf das kommende Reich Gottes und die Erwartung auf die Wiederkunft Christi in naher Zeit ausge- richtet war. Die Christen in apostolischer Zeit glaubten, dass dieses Ziel noch zu ihrer Lebzeit eintreffen müsse. Mit der Einsicht, dass es wohl doch etwas länger dauern könnte, bis dieses Ziel erreicht würde, sahen sich die Gemeinden dazu gezwungen, eine Organisation zu schaffen, die das religiöse Leben ordnete. Hierin ist der Grund für die Entstehung des Bischofsamtes zu sehen.

1.2. Die frühe Ausbreitung des Christentums und die Herkunft des Missionierungsgedankens

Die Entstehung der christlichen Urgemeinde in Jerusalem kann man mit dem Tod des messiani- schen Predigers Jesus von Nazareth datieren9. Mit der Eroberung Jerusalems und der Zerstörung des Tempels durch die Römer im Jahre 70 n.Chr. verlor die Jerusalemer Gemeinde ihre ge- schichtliche Rolle und lebte nur noch im Gedächtnis der Urchristen fort. Doch zu diesem Zeit- punkt hatte sich das Christentum schon weit im Mittelmeerraum ausgebreitet. Es stellt sich die Frage, wie es zu einer so schnellen Ausbreitung dieser Religion kommen konn- te. Immerhin war das Christentum am Rand des römischen Reiches in einer verhältnismäßig un- wichtigen Provinz entstanden. Außerdem handelte es sich bei dem Religionsgründer um einen als politischen Verbrecher rechtskräftig Verurteilten, der die Art der Todesstrafe erhalten hat, die die Rechtssprechung für die niederen Schichten vorgesehen hatte. Zudem entstand das Christen- tum nicht in einem religionsleeren Raum oder in einem Reich, in dem politisches oder ökonomi- sches Chaos herrschte. All dies wären Gründe für eine schnelle Akzeptanz einer neuen Religion.

Doch das Römische Imperium war unter Augustus ein sowohl nach innen wie auch nach außen geordnetes und gesichertes Gebiet. Und trotzdem oder gerade deshalb breitete sich das Christen- tum innerhalb kürzester Zeit im gesamten Reich und über dessen Grenzen hinaus aus. Eine Antwort auf die Frage des Ausbreitungsprozesses findet man in der Apostelgeschichte des Lukas, in der zwei Formen festgehalten sind.10 So entstanden zum einen durch Missionierung des direkten Umfeldes regionale Ballungszentren, wie in Palästina oder Kleinasien, oder man folgte den Knotenpunkten des spätantiken Reiseverkehrs. Das Christentum war also zu Anfang eine rein urbane Religion, was sich auch bis zur Zeit Konstantins des Großen nicht wesentlich änderte. Natürlich sickerte das Christentum schon in seiner frühsten Zeiten in die ländlichen Ge- biete ein. Erst durch das Auftreten der Asketen im 3. Jahrhundert gelangte es im großen Maß in die ländlichen Regionen.

Der Beweis dafür, dass die christliche Missionierung durch die enorme Größe des römischen Imperiums nicht negativ beeinflusst wurde, ist die Tatsache, dass es schon vor der Ankunft Pau- lus’ in Rom, das heißt vor 56 n.Chr.11 in der Stadt eine christliche Gemeinde gab.12 Doch warum gab es im Christentum so etwas wie die Mission, obwohl ein solcher Gedanke den meisten anderen Religionen fremd ist. Eine Antwort hierfür findet sich wieder in der Bibel:

Die elf Jünger aber gingen nach Galil Äa auf den Berg, wohin sie Jesus beschieden hatte. Und als sie ihn sahen, warfen sie sich vor ihm nieder; einige jedoch zweifelten, und Jesus trat hinzu, re- dete mit ihnen und sprach: Mir ist alle Gewalt gegeben im Himmel und auf Erden. Darum gehet hin und machet alle Völker zu Jüngern und taufet sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes, und lehret sie alles halten, was ich euch befohlen habe und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an das Ende der Welt. 13

Jesus gibt seinen Jüngern hier einen direkten Missionsbefehl, dem diese auch nachkamen14. Trotzdem muss man sagen, dass das frühe Christentum kein „Missionsprogramm” hatte. Seine Verbreitung erfolgte hauptsächlich durch seine Präsenz, dass heißt durch die vielen einfachen Leute, die in den Häusern ihrer Dienstherren wirkten. Doch wieso geschah die Ausbreitung des Glaubens schon zu Lebzeit der Apostel so schnell?

Ein Grund hierfür ist unter anderem in der Weltuntergangsstimmung der frühen Christen zu se- hen. Sie glaubten, dass das Jüngste Gericht kurz bevor stand. Vor allem die Apostel sahen sich also dazu gezwungen innerhalb kürzester Zeit möglichst viele Menschen zu bekehren, um ihre Seelen zu retten. Deutlich wird dies an Petrus, der große Teile des Imperiums zu Missionszwe- cken durchreiste, wie man an seinen Reisen rekonstruieren kann. Es ist dabei auffällig, dass er sich nie lange an einem Ort aufhielt, sonder durchs Reich hetzte. Die Tatsache, dass fast die ge- samte damals bekannte Welt in einem Imperium vereinigt war und dass es eine gute Infrastruk- tur und mit dem Griechischen im Osten eine einheitliche Weltsprache gab, kam der Ausbreitung des Christentums zu gute. Auch der Umstand, dass sich die römischen Behörden fremden Religionen gegenüber tolerant zeigten, solange sie nicht die römischen Werte befehdeten, unterstützte die Ausbreitung ebenfalls. Da das Judentum erlaubt war, konnte das Christentum am Anfang in dessen Schatten als eine jüdische Sekte agieren. Erst als sich das Judentum vom Christentum distanzierte, verlor das Christentum seinen Schutz.

Mit der Erkenntnis, dass der Weltuntergang auf sich warten lassen würde, setzte nun auch eine Organisierung der Kirche und damit der Mission ein. Trotzdem blieb die Mission eine Aufgabe einzelner Christen und nicht die einer Institution. In den ersten Jahrhunderten gab es noch nicht den institutionalisierten Missionar und die Mission war auf das römische Imperium beschränkt. Ab dem 2. Jahrhundert kamen in Großstädten wie Alexandria oder Rom Katechumenschulen15 hinzu, in denen der christliche Gedanke in den Kategorien der damaligen Philosophie zum Aus- druck gebracht wurde. Später wurde auch die literarische Form zur christlichen Propaganda be- nutzt.

Ein wichtiger Schritt in der Entwicklung des Christentums sind die diversen Verfolgungen, de- nen es unterzogen wurde. Es stellt sich aber die Frage, warum diese neue Religion auf Ableh- nung traf, vor allem, da sich der römische Staat gegenüber fremden Kulten großzügig verhielt. Verschiedene Quellen zeigen, dass die römischen Statthalter nicht wussten, wie sie mit den neu- en Verbrechern umgehen sollten. Ein Grund für die Ablehnung war, dass die Heiden die christli- chen Rituale nicht verstanden und sie missinterpretierten. Für einen Nichtchristen hatte das Christentum alle Merkmale eines Mysterienkultes.

Häufig sind in den Quellen Schmähungen überliefert, die auch schon gegen das Judentum geäu- ßert wurden und als Zeichen einer Scheu vor dem Fremdartigen gedeutet werden können.16 Die Neigung der Christen sich von der Gesellschaft abzusondern, begünstigte die blühenden Phanta- sien. Ein Hauptvorwurf gegen das Christentum in der damaligen Zeit war der der Zauberei und der Magie17. Dieser Vorwurf ließ sich auf die überlieferten Wundertaten Jesu und der Jünger zurückführen. Ein weiterer Vorwurf war der der Staatsfeindlichkeit, gegen den sich die christli- chen Gelehrten, vor allem die des 2.-5. Jahrhunderts, mit der Literaturgattung der Apologetik18 zur Wehr setzten.

Die Verfolgungen haben gemeinsam, dass schon die Tatsache, ein Christ zu sein, als Verbre- chen gesehen wurde, allerdings ist bemerkenswert, mit welcher Nachsicht die meisten römischen Kaiser und Statthalter gegen die Christen vorgingen. War es am Anfang noch möglich, jemanden als Christ zu denunzieren, ohne Gefahr zu laufen, selbst verurteilt zu werden, so wurden unter Kaiser Hadrian (117-138 n.Chr.) Gesetze erlassen, die wahllose Beschuldigungen oder Denunzi- ationen aus „Volkszorn” verhindern sollten. Auch hatte jeder Beschuldigter die Möglichkeit, seine Unschuld durch ein Opfer an den Kaiser zu beweisen, und es gab vermutlich viele „wahre”

Christen, die diesen Ausweg genommen haben und damit bei den antiken Theologen neue Schwierigkeiten ausgelöst haben. Die verurteilten Christen wurden zu Märtyrern und damit zu religiösen Helden und Vorbildern. Bei einigen Christen entstand sogar eine extreme Martyriumssehnsucht, wie zum Beispiel beim Bischof Ignatius von Antiochia19

Man muss erwähnen, dass die intensivsten Christenverfolgungen in Zeiten stattfanden, in denen sich das römische Reich in wirtschaftlichen und außenpolitischen Krisen befand. So erließ Kaiser Decius im Jahr 249 n.Chr. ein Edikt, das jeden Reichsbewohner zum Opfer für die Staatsgötter verpflichtete. Im Jahr 257/8 folgte eine umfassende und direkt gegen die Christen gerichtete Verfolgung unter Kaiser Valerian (253-259). Die letzte große Verfolgung fand unter den Kaisern Diocletian und Galerius in den Jahren 303-311 statt.

Zur Zeit der „Konstantinischen Wende”20 änderte sich der Charakter der der christlichen Mission. Durch das Toleranzedikt des Kaisers Galerius21, in dem auch die Gründe für die Christenverfolgung genannt werden, gab es eine Konsolidierung mit den Christen. Nun interessierten sich die Bischöfe und vor allem der Kaiser für eine Ausbreitung der Religion in den römischen Provinzen. Der römische Kaiser hoffte durch die Unterstützung des Christentums das inzwischen unsicher gewordene Reich zu stabilisieren, da diese Religion inzwischen eine funktionierende Organisation aufgebaut hatte und Menschen im gesamten Reich vereinten. Die Mission wurde nun mit kulturellen und politischen Intentionen verbunden.

Man muss aber davon ausgehen, dass die Verbreitung des Christentums regionale Unterschiede aufwies22. Die Vorstellung, dass mit der Erklärung des Christentums zur Staatsreligion23 anti- heidnische Gesetze und Zwangsbekehrungen das Heidentum im römischen Reich ausgelöscht wurde, ist utopisch.

1.3. Der Weg Roms zur Vormachtstellung

In den frühen Jahren des Christentums entstanden Gemeinden, deren Bischöfe eine Führungsrolle beanspruchten. Zu diesen Gemeinden gehörten Karthago, Antiochia, Alexandria, Konstantinopel und Rom. All diesen Gemeinden war gemeinsam, dass sie groß und wohlhabend waren und damit auch einflussreich. Wie kommt es nun dazu, dass die Gemeinde in Rom ihre Vormachtstellung beanspruchte und bekam?

Zwischen den Bischöfen der großen Gemeinden entstanden im Laufe der Zeit Differenzen in religiösen Fragen, die sich nicht beseitigen ließen. Häufig ging es dabei um die Frage der Be- handlung abtrünnig gewordener Christen. Die römischen Bischöfe nahmen in diesem Streit meist eine gemäßigte, großzügige und tolerante Position ein, wodurch sich die Kluft zwischen Rom und den anderen großen Gemeinden vertiefte24. Der Streit entbrannte hauptsächlich mit Kartha- go, dessen Bischof Cyprian, der die Vormachtrolle in der Kirche beanspruchte und sich rigoros gegen eine Wiederaufnahme von Abtrünnigen aussprach.

Bischof Stephan I. von Rom begründete seinen Primatsanspruch mit einem Hinweis auf das Matthäusevangelium: Du bist Petrus, und auf diesem Felsen will ich meine Gemeinde erbauen; und auch die Höllenpforten sollen sie nichtüberw Ältigen.25

Die Bischöfe von Rom sahen sich allgemein als Nachfolger Petri und begründeten damit ihre Vormachtsansprüche. Natürlich wurde dies von den anderen Bischöfen nur bedingt akzeptiert. Durch die Anweisung des Kaisers Aurelian im Jahr 272 n.Chr., dass er denjenigen als rechtmä- ßigen Bischof von Antiochia anerkennen werde, der vom Bischof von Rom anerkannt wurde,26 wurde der Vormachtsanspruch Roms gekräftigt. Im Jahr 312 n.Chr. legte Kaiser Konstantin den ersten christlichen Streitfall, der ihm vorgetragen wurde, in die Hände des Bischofs Miltiades von Rom. Schon im 4. Jahrhundert übernahmen die römischen Bischöfe den kaiserlichen Dekre- talstil, wodurch eine päpstliche Superiorität über die Konzilien vorbereitete wurde27.

Innozenz I.28 sprach zum ersten Mal die Forderung aus, dass sich alle Kirchen des Westens in Glaube, Liturgie und Disziplin dem römischen Vorbild unterwerfen sollten. Das hohe Ansehen der römischen Bischöfe zeigte sich also schon in frühester Zeit. Mit der Zeit akzeptierten die anderen Bischofsitze die Vormachtstellung der römischen Diözese, doch es gab immer wieder machthungrige Bischöfe, die sich widersetzten. Trotzdem war der Bischof von Rom in Streitfällen die ausschlaggebende Stimme. Letztendlich wurde das Problem der Vor- machtstellung nicht innerreligiös gelöst, sondern bedurfte der unfreiwilligen Hilfe der islami- schen Eroberer, die die großen östlichen Gemeinden eroberten und vernichteten, so dass nur die einflussreiche Gemeinde in Rom übrig blieb, die als einzigen Konkurrenten das geschwächte Konstantinopel hatte.

1.4. Die Germanenst Ämme und das Christentum

Obwohl es in dieser Arbeit um die Missionierung des westeuropäischen Raumes gehen soll, kann es nicht ausbleiben, etwas Allgemeines über die Christianisierung der in der Völkerwanderung einfallenden Germanen wiederzugeben.

Ab dem dritten Jahrhundert bedrohen germanische Stämme die römische Grenze und wurden als Föderaten ins römische Reich aufgenommen und angesiedelt. Auf diese Weise kam es zur Gründung diverser Germanenreiche innerhalb des Imperiums.

Im Zuge dieser Reichsgründungen nahmen die Stämme das Christentum an, allerdings meist in arianischer Prägung. Eine Ausnahme hierbei machten die Franken, worüber im nächsten Kapitel berichtet wird. Es gab nun auch einen Wandel der Missionsmethoden. War die ursprüngliche Methode noch die der Individualmissionierung, so setzte sich nun die Kollektivmissionierung durch, bei der einzelne Germanenfürsten mitsamt ihres Anhangs zum Christentum konvertierten,29 was damit zusammenhängt, dass bei den germanischen Stämmen der Adel und das Königtum eine besondere religiöse Stellung innehatten. Der Gott der Christen musste seine Stärke gegenüber den Stammesgöttern zeigen.

Einer der wichtigsten Germanenstämme waren die Goten, die im 4. Jahrhundert in Moesien (ei- nem Gebiet im heutigen Bulgarien) auf das römische Gebiet übertraten. Durch die Völkerwande- rung getrennt, wanderten die Westgoten nach Spanien, wo sie ein eigenes Reich schufen und die Ostgoten wurden byzantinische Föderaten, führten Krieg in Italien, wo sie Rom eroberten und wurden schließlich 555 nach 20-jährigem Kampf durch Byzanz aufgerieben. Die Goten übernahmen schon früh das Christentum und ihr Bischof Wulfila schuf mittels der gotischen Schriftsprache eine nationalsprachliche Liturgie30. Allerdings nahmen sie nicht das katholische, sondern das arianische Bekenntnis an. Es entstand eine eigene Missionstätigkeit, die die meisten anderen im römischen Reichsgebiet siedelnden Germanenstämme erfasste. Dem gegenüber steht die Glaubensentscheidung der Franken unter Chlodwig, die sich zum Ka- tholizismus hin orientierten, was eine entscheidende Bedeutung für das Christentum haben sollte.

2. Kapitel Die Christianisierung des gallischen Raumes

2.1 Die Ausbreitung des Christentums in Gallien

Nachdem Cäsar und seine Nachfolger Gallien dem römischen Reich einverleibt hatten, machte die Romanisierung der Provinz im 1. Jahrhundert n.Chr. rasche Fortschritte, was unter anderen den christlichen Missionaren zu verdanken war, da sie die römische Sprache auch auf dem Land verbreiteten. Die Reformen unter Diocletian und Konstantin ersetzten die alte Ordnung durch eine neue Unterteilung in 17 Provinzen, die bis 1791 die Grundlage der kirchlichen Einteilung bildete. Diese Einteilung liegt auch der Metropolitanverfassung zugrunde.

Die ersten Christengemeinden in Gallien sind für die zweite Hälfte des 2. Jahrhunderts in Lyon und Vienne bezeugt. Mitte des 3. Jahrhunderts überliefert Gregor von Tours, dass 7 Bischöfe geweiht und nach Gallien zur Missionierung geschickt wurden, um die Bischöfe zu ersetzen, die in den Christenverfolgungen das Martyrium erlitten hatten.

Zu dieser Zeit31 wurden sieben M Änner zu Bischöfen geweiht und nach Gallien geschickt um das Wort zu predigen.32

Aus den folgenden Ausführungen Gregors kann man erkennen, dass es christliche Gemeinden in Tours, Arles, Narbonne, Toulouse, Paris, Clermont und Limoges gegeben hatte. Die Synode von Arles (314 n.Chr.) zählte bereits 33 Bischöfe.33 Ab der Mitte des 4.

[...]


1 vergl. J. McManners, Geschichte des Christentums S. 29 sowie J. Becker: Jesus von Nazareth; S. 26.

2 vergl. unter anderem Apo 3.6-8

3 vergl. hierzu J. McManners, Geschichte des Christentums, S.30

4 vergl. Bibel. Matt. 10, 5f

5 vergl. F. Winkelmann, Geschichte des frühen Christentums, S.17

6 vergl. Bibel, Galater 2.9

7 vergl. Bibel, 1Kor. 15, 5-7

8 vergl. F. Winkelmann, Geschichte des frühen Christentums, S.18

9 ca. 30 nach Chr.

10 vergl. Biber Apostelgeschichte 5.22ff; 9.15; 13.1ff; 15.22ff; 18.23ff

11 vergl. Carl Andresen: Die Kirche der alten Christenheit, S. 17

12 vergl. Röm 1, 10-13

13 vergl. Mt 28, 16ff

14 vergl. auch Bibel, Mt 24,14 und Markus 13,10

15 Katechumen = Taufbewerber

16 vergl. F. Winkelmann: Geschichte des frühen Christentums, S.30f

17 das Verbrechen, das den Christen vorgeworfen wurde war das „Crimen Magicae“; übrigens das selbe Verbrechen, das die christliche Kirche zur Zeit der Hexerverfolgung den Hexen/Hexern vorwarf

18 Apologetik = Verteidigung

19 vergl. Ritter, Adolf Martin: Alte Kirche; Band 1; 4-6 S.18

20 im 4. Jahrhundert

21 Kaiser von 305-311 n.Chr. (Caesar ab 293

22 vergl. A v. Harnack: Die Mission und Ausbreitung des Christentums in den ersten drei Jahrhunderten

23 unter Kaiser Theodosius im Jahr 381 n.Chr.

24 vergl. F. Winkelmann: Geschichte des frühen Christentums, S. 106f

25 vergl. Matthäus 16, 18f

26 vergl. F. Winkelmann: Geschichte des frühen Christentums, S. 108

27 vergl. Arnold Angenendt: Das Frühmittelalter; S. 65

28 Papst von 402-417

29 vergl. M. Borgolte: Die Mittelalterliche Kirche, S. 5

30 außerdem übersetzte er die Bibel ins gotische (s.g. Wulfilabibel)

31 unter Kaiser Decius (249-251)

32 vergl. Gregor von Tour Fränkische Geschichte I, 30.

33 Vergl. Digitale Bibliothek; Religion in Geschichte und Gegenwart; Artikel Gallien

Ende der Leseprobe aus 26 Seiten

Details

Titel
Stufen der Christianisierung in Westeuropa
Hochschule
Technische Universität Berlin  (Institut für Geschichte und Kunstgeschichte)
Veranstaltung
Zur Bedeutung der Hochmittelalterlichen Kirche in Staat und Gesellschaft
Note
gut (mündliche Note)
Autor
Jahr
2000
Seiten
26
Katalognummer
V24641
ISBN (eBook)
9783638274685
Dateigröße
557 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Stufen, Christianisierung, Westeuropa, Bedeutung, Hochmittelalterlichen, Kirche, Staat, Gesellschaft
Arbeit zitieren
Holger Müller (Autor:in), 2000, Stufen der Christianisierung in Westeuropa, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/24641

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Stufen der Christianisierung in Westeuropa



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden