Einleitung
In dieser Magisterarbeit möchte ich mich mit dem Zusammenhang von Kindheit und Medien auseinandersetzen, weil ich der Meinung bin, daß, obwohl diesem Thema in der öffentlichen Debatte inzwischen große Beachtung geschenkt wird, noch immenser Orientierungs- und Aufklärungsbedarf besteht.
Die meisten Menschen haben zu Medien ein ambivalentes Verhältnis: Einerseits nutzten sie täglich unterschiedliche Medien und schätzen ihre Vorteile, andererseits wissen sie aber auch aus persönlicher Erfahrung oder vom „Hören-Sagen“ von verschiedenen Nachteilen oder negativen „Wirkungen“, die Medienrezeption mit sich bringen kann.
Dieses ambivalente Verhältnis besteht ebenso in Bezug auf den Zusammenhang „Medien und Kindheit“. Medien durchdringen die Kindheit und sind aus ihrem Alltag nicht mehr wegzudenken. Daß Kinder den Umgang mit Medien so sehr wollen und mögen, aber auch die zunehmende Mediatisierung des beruflichen Sektors, sind Aspekte, die eine Förderung dieses kindlichen Interesses an Medien nahelegen. Andererseits wird aber auch die Frage gestellt, inwiefern Medien der kindlichen Entwicklung oder gar der Kindheit an sich schaden können. Hier spielen dann Fragen nach der „Wirkung“ von Medien auf Kinder eine große Rolle und es werden Konzepte gesucht, die möglichst konkrete Handlungsanweisungen für die medienpädagogische Praxis liefern.
Daß Medienrezeption im Gegensatz zu einem bloßen Reagieren auf einen bestimmten Reiz, eine Handlung darstellt, die in eine komplexe Lebenswelt eingeordnet ist, auf die sowohl die beliebte Frage nach der Wirkung von Medien auf Kinder, als auch die Frage nach der Wirkung von Medien auf die Kindheit, verwiesen sind, weil hier sowohl die Bedeutung der Kindheit, als auch die Bedeutung der Medienrezeption erst interaktiv konstituiert werden, ist die Hauptthese dieser Arbeit.
Ziel dieser Analyse soll es sein, anhand der Komplexität des Themas zu verdeutlichen, daß
es medienpädagogisches „Rezeptwissen“ in Form von konkreten Handlungsanweisungen für die Erziehungspraxis, nicht geben kann, auch wenn es angesichts der wachsenden Bedeutung von Medien für Kinder und der daraus resultierenden Verunsicherung von Eltern und Erziehern oftmals wünschenswert erscheint.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Medien im Alltag von Kindern und Jugendlichen
- Medienkritik
- Zur Geschichte der Kulturkritik
- Beispiele der Medienkritik
- Kritik der Kulturindustrie
- Postmans Medienkritik
- Medien und Gewalt
- Zusammenfassung
- Die Bedeutung des Menschenbildes für die Beurteilung pädagogischer Desiderata
- Anthropologische Grundgedanken
- Kindheit als theoretisches Konstrukt
- Folgerungen für die Pädagogik
- Theoretische Grundlagen einer handlungsorientierten Medienpädagogik
- Das Konzept „Lebenswelt“
- Kommunikative Kompetenz
- Handlungskompetenz
- Implikationen des Kompetenzbegriffes
- Sozialisationstheorien
- Primäre Sozialisation
- Sekundäre Sozialisation
- Konsequenzen veränderter Sozialisationsbedingungen
- Entwicklungspsychologie
- Kognitive Entwicklungsstufen
- Moralische Entwicklungsstufen
- Folgerungen für die Medienpädagogik
- Bedürfnisse und ihre Relevanz für den Rezeptionsprozeß
- Exkurs: Die Theorie der „kognitiven Dissonanz“ als Theorie zu Einstellungsänderungen
- Analyse des Rezeptionsprozesses
- Eine Wirkungsstudie über Nachrichtensendungen
- Zur Problematik von Wirkungsforschung
- Strukuranalytische Rezeptionsforschung als Beispiel eines komplexen, interdisziplinären Theoriemodells
- Methodologische Grundlagen
- Strukturelemente der Rezeption
- Phasen der Rezeption
- Die soziale Einbettung der Rezeption
- Die thematische Voreingenommenheit
- Strategien der Rezeptionssteuerung
- Aneignung und Vermittlung
- Zusammenfassung
- Folgerungen für die medienpädagogische Praxis
- „Zeigefingermoral“ und Pädagogik
- Schule und Medien
- Medienkompetenz als Zielbegriff der Medienpädagogik
- Probleme und Grenzen der Medienpädagogik
- Schlußbemerkung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Magisterarbeit analysiert den komplexen Zusammenhang von Kindheit und Medien. Ziel ist es, die Ambivalenz des Themas aufzuzeigen und zu verdeutlichen, dass es kein „Rezeptwissen“ für medienpädagogische Praxis gibt. Die Arbeit beleuchtet kritische Perspektiven auf Medien und ihre potenziellen Auswirkungen auf Kinder, beleuchtet die anthropologische Grundlage des Begriffs „Kindheit“ und untersucht verschiedene theoretische Ansätze der handlungsorientierten Medienpädagogik.
- Kritik der Kulturindustrie und ihre Auswirkungen auf die kindliche Entwicklung
- Die Bedeutung des Menschenbildes und der Kindheit für die pädagogische Praxis
- Theoretische Grundlagen einer handlungsorientierten Medienpädagogik
- Analyse des Rezeptionsprozesses und seiner Einflussfaktoren
- Folgerungen für die medienpädagogische Praxis und die Förderung von Medienkompetenz
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Relevanz des Themas „Kindheit und Medien“ dar und beleuchtet die Ambivalenz des Verhältnisses von Kindern zu Medien. Im zweiten Kapitel werden verschiedene Positionen der Medienkritik vorgestellt, die negative Aspekte von Medien und deren Einfluss auf Kinder beleuchten. Kapitel drei beschäftigt sich mit dem Menschenbild und der Entstehung des Konzepts „Kindheit“. Dabei wird die enge Verbindung zwischen Pädagogik und dem Verständnis von Kindheit aufgezeigt. In Kapitel vier werden theoretische Grundlagen einer handlungsorientierten Medienpädagogik vorgestellt, die ein erweitertes Verständnis von kindlichem Denken und Handeln ermöglichen sollen. Kapitel fünf analysiert den Rezeptionsprozess und stellt zwei gegensätzliche Konzepte vor: eine Wirkungsstudie zu Nachrichtensendungen und die strukturanalytische Rezeptionsforschung. Abschließend beleuchtet Kapitel sechs die medienpädagogische Praxis, insbesondere die Rolle der „Zeigefingermoral“, die Bedeutung von Medien in Schulen und die Förderung von Medienkompetenz als Ziel der Medienpädagogik.
Schlüsselwörter
Medienkritik, Kulturindustrie, Kindheit, Medienpädagogik, Handlungskompetenz, Rezeptionsprozess, Wirkungsforschung, Strukturanalyse, Medienkompetenz, Pädagogische Desiderata.
- Quote paper
- Bettina Voß (Author), 2000, Kindheit und Medien - Analyse eines ambivalenten Themas, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/24651