Einleitung
Peter Singer hat mit seiner Schrift “Praktische Ethik” und dem gemeinsam mit Helga Kuhse verfassten Buch “Should the baby live” heftige Diskussionen in Deutschland ausgelöst. Rainer Hegselmann und Reinhard Merkel fassen die Singersche Auffassung in drei Thesen zusammen:
• “1. Das Leben sei nicht heilig oder unantastbar. So sei z.B. unter bestimmten Umständen die Tötung eines schwerstbehinderten Säuglings erlaubt. Ebenso sei es unter bestimmten Umständen moralisch zulässig, eine Person auf deren Verlangen hin zu töten – z.B. dann, wenn sie im Endstadium einer Krebserkrankung einen solchen Wunsch äußere.
• 2. Die entscheidenden Gründe dafür, jemandem ein Lebensrecht zuzusprechen, seien abhängig zu machen von der Eigenschaft eine Person zu sein, nicht aber von der Zugehörigkeit zur Gattung Mensch. Es sei auch nicht jeder Angehörige der Gattung homo sapiens in jeder Phase seines Lebens eine Person.
• 3. Zwischen einem Leben, das es wert sei gelebt zu werden, und einem Leben, für das dies nicht gelte, könne unterschieden werden.” (Hegselmann/Merkel (Hrsg.): Zur Debatte über Euthanasie, Frankfurt 1992, S. 7)
Durch diese Auffassung Singers sahen sich vor allem Behinderte bedroht. Man wírft Singer vor mit seinen Ansichten Tabus anzusprechen (Unantastbarkeit des menschlichen Lebens, Unterscheidung zwischen Person und Nichtperson; Unterscheidung zwischen einem Leben, das wert ist, gelebt zu werden und einem Leben, für das dies nicht gelte), welche in Deutschland seit der sogenannten Euthanasie des Nationalsozialismus nicht mehr oder zumindest nicht öffentlich diskutiert werden. Dieses Aufeinanderprallen einer provokanten Ansicht und einer besonders empfindsamen Bevölkerung hat in Deutschland eine Debatte ausgelöst, welche von Anfang an durch ihre hohe Emotionalität geprägt worden ist.
Begonnen hatte die Singer-Debatte im Sommer 1989. Singer erhielt mehrere Einladungen in Europa, darunter auch eine von der „Lebenshilfe“, welche ein Symposium über „Biotechnologie, Ethik und geistige Behinderung“ geplant hatte. Aufgrund heftiger Proteste, vornehmlich von Behindertenorganisationen, fielen jedoch sämtliche Veranstaltungen mit Singer in Deutschland aus oder wurden aufgrund massiver Störungen abgebrochen
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Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Euthanasie: Kann man von lebensunwertem Leben sprechen?
- Helga Kuhse
- Hat jedes menschliche Leben den gleichen Wert?
- (Schein-)Vitalismus! Unterscheiden selbst die Vertreter des Vitalismusprinzips zwischen Lebenswerten und Lebensunwerten Leben?
- ,,Worin liegt der Wert des Lebens?\"\
- Besteht ein moralischer Unterschied zwischen passiver und aktiver Sterbehilfe?
- Peter Singer
- Können Parallelen gezogen werden zwischen Singers Ansichten und der Nazi-Philosophie?
- Darf man von lebensunwertem Leben sprechen?
- Passive und aktive Euthanasie
- Singer zum Thema Behinderung
- Stuft Singer den Menschen durch den Vergleich mit Tieren ab?
- Darf über Euthanasie diskutiert werden und darf diese Diskussion öffentlich geführt werden?
- Christoph Anstötz
- Peter Singer
- Schlussbemerkung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Das Referat befasst sich mit der Euthanasiedebatte, insbesondere mit den Positionen von Peter Singer, Helga Kuhse und Christoph Anstötz. Es untersucht die Frage, ob es zulässig ist, von einem Leben als lebenswert oder lebensunwert zu sprechen, und ob die Diskussion über Euthanasie öffentlich geführt werden sollte.
- Die Frage nach dem Wert des menschlichen Lebens und ob es Unterschiede in der Lebenswertigkeit gibt.
- Die ethische Unterscheidung zwischen passiver und aktiver Sterbehilfe.
- Die Bedeutung von individueller Autonomie in der Entscheidungsfindung über das eigene Leben und Sterben.
- Die öffentliche Debatte über Euthanasie und die Frage nach der akademischen Freiheit.
- Die Rezeption der utilitaristischen Position von Peter Singer in der Sonderpädagogik und ihre Auswirkungen.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik der Euthanasiedebatte ein und stellt die zentralen Figuren und ihre Positionen vor.
Das Kapitel über Helga Kuhse analysiert ihre Argumentation, dass es im Kontext von Sterbehilfe Entscheidungen über lebenswerte und lebensunwerte Leben geben kann. Sie argumentiert anhand von Fallbeispielen, dass selbst die strengsten Gegner des Lebenswert-Kriteriums in bestimmten Fällen eine Unterscheidung zulassen.
Das Kapitel über Peter Singer beleuchtet seine Positionen zur Euthanasie und zur Frage, ob man von lebensunwertem Leben sprechen kann. Singer diskutiert die Unterscheidung zwischen passiver und aktiver Sterbehilfe und seine Ansichten zum Thema Behinderung.
Das Kapitel über die öffentliche Debatte über Euthanasie behandelt die Frage, ob über Euthanasie diskutiert werden darf und ob diese Diskussion öffentlich geführt werden sollte. Singer plädiert für die freie Meinungsäußerung und die akademische Freiheit in dieser Debatte. Anstötz untersucht die Rezeption von Singers Positionen in der Sonderpädagogik und deren Auswirkungen auf die ethische Debatte.
Schlüsselwörter
Die zentralen Themen des Textes sind die Euthanasiedebatte, die Bewertung des menschlichen Lebens, Sterbehilfe, das Prinzip der Autonomie, der Utilitarismus, akademische Freiheit und die Rezeption ethischer Positionen in der Sonderpädagogik.
- Arbeit zitieren
- Natascha Glisic (Autor:in), 2001, Stellungnahmen zur Euthanasiedebatte: Peter Singer, Helga Kuhse und Christoph Anstötz, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/24652