Das Anonymi Leobiensis Chronicon stellt eine einzigartige Quelle zur Österreichischen Geschichte dar. Der in Laufe dieser Abhandlung bearbeitete Abschnitt bildet zwar nur einen kleinen Ausschnitt des eigentlichen Chronicons, doch muss klargestellt werden, worum es sich überhaupt handelt.
Der Melker Benediktiner Hieronymus Pez, ein eifriger Sammler österreichischer Historiegraphie, war im Klosterneuburger Chorherrenstift fündig geworden.: Im Jahre 17212 erschien unter dem Namen Anonymus Leobiensis ein Druck, der in überraschend ausführlicher Weise Überlieferungen zur Geschichte Österreich im 14 Jh. beinhaltete. Es handelte sich um ein für das Spätmittelalter typisches Geschichtskompendium, indem die bedeutsamsten Daten der Christenheit Verknüpfung mit territoriums- und dynastiebezogener Zeitgeschichte Verknüpfung fanden. Unter dem Titel cronica ab incarnationem domini et gesta principum sacerdotum erfährt man die Geschichte der habsburgischen Lande Österreich, Kärnten, Steiermark von Jahre 1 bis 1341.3 An die Überlieferung schließen sich weitere annalistische Fortsetzungen an. Zunächst zwei lateinische Texte: eine Prophetie von1345 welche sich auf die Schlacht von Crécy bezieht, weiters einen Brief von 1346, in welchem der Ritter Johannes Schönfelder eben über diese berichtet.
Mit 1347 setzen ausführlich deutsche Annalen ein, die jedoch schon 1350 wieder abbrechen4 – und diese bilden dem Kern meiner Forschungsdarstellung. Im Überlieferungskomplex schließt sich an diese noch die Beschreibung des „Streits zu Mühldorf“ (das damals zum Erzstift Salzburg gehörte)5 an, der kriegerischen Auseinandersetzung, die 1322 Ludwig dem Bayern den Sieg über den Habsburger Friedrich den Schönen brachte. Es ergibt sich also ein Konglomerat, das -zwar aus mehr oder weniger eigenständigen Teilen bestehend- zumeist als Ganzes behandelt, und auch so tradiert wurde. Doch die Tatsache der gemeinsamen Tradierung bedeutet nicht, dass die einzelnen Teile dem selben Verfasser zuzuschreiben, den gleichen Entstehungsort- und Zeitraum haben. Denn wie schon erwähnt, handelt es sich um eine Zusammensetzung aus selbstständigen Teilen. Es liegt also ein typischer Vertreter eines spätmittelalterlichen Geschichtskompendiums vor, deren Hauptmerkmal die kompilatorische Vorgangsweise darstellt, die auf ein eigenständiges Verarbeiten von Quellen, sowie eigene Formulierungen verzichtet. Es werden ausgewählte Abschnitte verfügbarer Handschriften in zum Teil unveränderter Form aneinandergereiht...
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort
- Der Anonymus Leobiensis
- Der Chronist: Individuum und Historiograph
- Vorbemerkung
- Der Chronist als Zeitzeuge
- Charakteristika spätmittelalterlicher Historiographie
- Die Sprache der Chronisten
- Chronist und Publikum
- Historischer Hintergrund
- Aufarbeitung der Quelle
- Versuch einer detaillierten Darstellung der Schwerpunktsetzung
- Thematische Schwerpunkte
- Geographische Schwerpunkte
- Resümee
- Bibliographie
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit analysiert die deutsche Fortsetzung des Anonymus Leobiensis, eine Quelle, die die Katastrophenjahre 1347-1350 in den habsburgischen Landen beschreibt. Ihr Ziel ist es, die Motive und Horizonte des unbekannten Autors zu erforschen und die Ausrichtung auf ein mögliches Zielpublikum zu untersuchen. Dabei wird auch der wechselseitige Einfluss von Autor, Werk und Publikum beleuchtet.
- Die Darstellung von Katastrophen und deren Wahrnehmung im Spätmittelalter
- Die Motive und Ziele des unbekannten Autors der deutschen Fortsetzung des Anonymus Leobiensis
- Die Analyse der Sprache und des Stils des Textes
- Die Bestimmung des möglichen Zielpublikums
- Die Bedeutung der Quelle im Kontext der spätmittelalterlichen Historiographie
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einleitung, die den historischen Kontext und die Relevanz der Quelle erläutert. Im Anschluss wird der Anonymus Leobiensis vorgestellt und seine Entstehungsgeschichte beleuchtet. Es folgt eine Analyse des Chronisten als Individuum und als Historiograph, die die Sprache, die Perspektive und die Ziele des Autors beleuchtet. Der nächste Abschnitt behandelt den historischen Hintergrund der Quelle, die Katastrophenjahre 1347-1350.
Anschließend wird die Quelle selbst analysiert, wobei die thematischen und geographischen Schwerpunkte herausgearbeitet werden. Abschließend werden die Ergebnisse zusammengefasst und die Bedeutung der Quelle im Kontext der spätmittelalterlichen Historiographie hervorgehoben.
Schlüsselwörter
Anonymus Leobiensis, Spätmittelalter, Katastrophen, Historiographie, Chronist, Wahrnehmung, Motiv, Horizont, Publikum, Habsburg, Österreich, 14. Jahrhundert.
- Arbeit zitieren
- Angelika Zojer (Autor:in), 2003, Chronist - Motive - Horizonte - Publikum: Studie zur deutsche Fortsetzung des Anonymus Leobiensis, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/24675