Konsistenzmechanismen in Werbung und Verkauf


Seminararbeit, 2004

18 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

1. Einleitung
1.1 Konsistenz und Kognitionen

2. Die Theorie der kognitiven Dissonanz
2.2 Entstehung von Dissonanz
2.2 Dissonanz und Konsonanz
2.4 Dissonanzreduktion
2.5 Kritik an der Dissonanztheorie

3. Bedingungen für kognitive Konsistenzmechanismen
3.1 Commitment
3.2 Öffentlichkeit herstellen
3.3 Die Unterschrift als Bindung

4. Konsistenzmechanismen in der praktischen Anwendung
4.1 Post-decision-dissonance
4.2 Die Foot-in-the-door-Technik
4.3 Low-balling
4.4 Oversufficient-justification-Effekt

5. Schlussbemerkungen

6. Literaturverzeichnis

1. EINLEITUNG

Die Erforschung, welche sozialpsychologischen Ursachen unserem Verhalten bei der Bildung und Entstehung von Einstellungen oder Wertvorstellungen zugrunde liegen, geht bis in das Jahr 1877 zurück. Damals formulierte Pierre die Idee, der Mensch sei motiviert, feste Überzeugungen zu gewinnen und Zweifel zu meiden. Personen, die sich ihrer widersprüchlichen Gedankengänge bewusst wären, verspüren einen unan- genehmen Zustand und sind bestrebt einen widerspruchsfreien Zustand herzustellen.

Im Jahr 1957 entwickelten Festinger und Carlsmith ihre Theorie der kognitiven Dissonanz, welche auf der Idee von Pierre basiert. Die Kernannahme, die der Theorie zugrunde liegt, ist: das zumindest einige Arten von Widersprüchlichkeiten, Diskonti- nuitäten oder Inkonsistenzen unserer Kognitionen Unbehagen erzeugen und neutra- lisiert werden müssen, um Ausgeglichenheit herzustellen. Diese Widersprüche in unserem Denken lenken also das Verhalten. Und einfache Lenkungsmechanismen, wie sie die Theorie von Festinger beschreibt, nutzt die Industrie nur allzu gern ver- kaufstechnisch aus. Cialdini (1993) berichtet beispielsweise, auf Informationen eines Mitarbeiters aus der Spielwarenbranche zurückgreifend, dass vor Weihnachten künst- liche Lieferengpässe spezieller, stark beworbener Produkte erzeugt werden, um diese dann im flauen Nachweihnachtsgeschäft besser zu verkaufen. Eltern, die bei ihren Kindern begründete Erwartungen auf eben diese speziellen Spielzeuge geweckt hatten, sie aber aufgrund des besagten Engpasses nicht rechtzeitig erwerben konnten, sahen sich gezwungen, dies nachzuholen, um ihr Versprechen einzulösen. Die Eltern bemühten sich also, ihr Glaubens- und Gedankensystem widerspruchsfrei zu machen. Auf dieser Konsistenzbestrebung basieren fast alle konsistenztheoretischen Modelle.

1.1 KONSISTENZ UND KOGNITIONEN

Die Sozialpsychologie hat zu diesem Prinzip des Ausgleichs das Konzept der kog- nitiven Konsistenz hervorgebracht. Es werden Wahrnehmungs-, Denk- und Gedächt- nisobjekte so in Beziehung zueinander gesetzt, dass sie zusammen einen ausge- glichenen Zustand annehmen. Spannungsunterschiede in diesem Feld von Objekten tendieren zum Ausgleich durch Änderung des Verhaltens. Konsistenzmechanismen beruhen also auf nicht greifbaren Objekten im menschlichen Bewusstsein. Festinger fasst diese Objekte, ohne sie jedoch genauer zu definieren, in seiner Theorie als Kog- nitionen zusammen. Er schließt dabei nicht nur Elemente, die eine Person über sich selbst, ihr Verhalten und ihre Umwelt weiss, mit ein, sondern auch Meinungen, Wert- vorstellungen, Überzeugungen und Einstellungen. Zu den Prinzipien und Mechanis- men, die letztendlich zur Herstellung von Konsistenz bzw. einer wahrgenommenen Einstellungs- oder Verhaltensänderung führen, bieten die Konsistenztheorien jedoch unterschiedliche Aussagen. Zu diesen Konsistenztheorien zählen unter anderem die Balancetheorie von Heider, ihre Weiterentwicklung von Osgood und Tannenbaum und die Theorie der kognitiven Dissonanz. Letztere wird von der Sozialpsychologie als einer der grundlegenden Ansätze zur Erklärung des Verhaltens verstanden. Dies liegt zum einen an ihrem hohen Abstraktheitsgrad und dem sich daraus ergebenden großen Anwendungsradius, zum anderen an der mehr als 30-jährigen Forschungsarbeit auf diesem Gebiet.

2. DIE THEORIE DER KOGNITIVEN DISSONANZ

„ Two things are in a dissonant relationship if, considering these two alone, the

observe of one element would follow from the other [ … ] because of logic, because of cultural mores, because of things one has learned, and perhaps in other senses too. “

(FESTINGER, 1962)

Grundlegende Hypothese der Theorie ist also das Erleben von Dissonanz als ein unangenehmer Zustand. Um diesen aufzuheben oder zu mildern, werden Energien freigesetzt und zwar, indem Kognitionen und ihre Relationen umorganisiert werden.

Das genaue Ausmaß der Dissonanz nach Festinger ist dabei von zwei Punkten abhängig. Da Kognitionen oft nicht einzeln und isoliert sind, sondern mit anderen zusammenhängen, ist das Verhältnis der dissonanten zu den konsonanten Elementen entscheidend für die Höhe der erlebten Dissonanz. Nicht allein zwei Elemente, sondern zwei Cluster von Elementen werden für das Ausmaß an Dissonanz verantwortlich gemacht. (SCHENK, 1987, S. 148) Zum anderen hängt die Höhe aber auch von der Wichtigkeit der in einer dissonanten Beziehung zueinander stehenden Elemente ab. Daraus ergibt sich eine theoretisch berechenbare Dissonanz:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

wobei jedoch fraglich bleibt, welche Zahlenwerte dieser Gleichung zugeordnet wer- den können. Der Ansatz erlaubt es, Vorhersagen über eventuelle Reaktionen des dissonanzerlebenden Individuums zu treffen und macht dadurch die praktische An- wendung der Theorie in Werbung und Verkauf so interessant. Denn werden Personen mit Informationen konfrontiert, die mit Elementen ihrer Kognitionen übereinstimmen, so werden diese verstärkt und die Person wird den Informationen mit positiven Ge- fühlen gegenüberstehen. Ein Autofahrer wird beispielsweise einen Testbericht über sein frisch erworbenes Fahrzeug, in dem dieses besonders gut abgeschnitten hat, mit Genugtuung aufnehmen, sieht er sich doch in seiner Kaufentscheidung bestärkt. Viel mehr von Interesse ist dagegen die Konfrontation mit kognitionskonträren Informationen.

2.2 ENTSTEHUNG VON DISSONANZ

Werden einer Person Informationen oder Ereignisse bekannt, die im (zumindest zeitweiligen) Widerspruch zu eigenen Kognitionen stehen, so wird Dissonanz zwischen den betreffenden Kognitionen hervorgerufen. (FESTINGER, 1978, S. 16) Praktisch überall im täglichen Leben gibt es eine Vielzahl von Situationen, in denen Dissonanz entsteht. Immer wenn uns verschiedene Entscheidungsalternativen vor- liegen, empfinden wir den unangenehmen Spannungszustand der Dissonanz. Festinger selbst geht davon aus, dass: Wenn eine Meinung gebildet oder eine Entscheidung getroffen werden muss, zwischen den Kognitionen der durchgeführten Handlung und den Meinungen und Kenntnissen, die auf eine andere Handlung hindrängen, unvermeidlich eine gewisse Dissonanz erzeugt werden. (FESTINGER, 1978) Die Voraussetzung dafür ist jedoch die Involviertheit der Person, d.h. sie muss von den Konsequenzen einer Entscheidung oder des Verhaltens betroffen sein. (VGL. 3.1)

2.2 DISSONANZ UND KONSONANZ

„ [ … ] Elemente stehen in einer dissonanten Beziehung zueinander, wenn - zieht man nur diese beiden in Betracht - das Gegenteil des einen Elements aus dem anderen

folgt. “ (FESTINGER, 1978, S. 26)

Von Dissonanz spricht Festinger also, wenn zwei Kognitionen, die für die betreffende Person relevant erscheinen, in einer Beziehung zueinander stehen, in welcher das Gegenteil des einen Elements aus dem anderen folgt. Als konsonant ist der Zustand zweier Elemente zu verstehen, wenn diese sich eben nicht gegenseitig ausschließen. Als Beispiel führt Festinger an, dass eine Person, die einerseits glaubt, der Mensch er- reiche in naher Zukunft den Mond, jedoch andererseits glaubt, dass der Mensch nicht in der Lage sei, ein Gerät zum Verlassen der Erdatmosphäre zu bauen, erlebt einen Zustand der Dissonanz zwischen beiden Kognitionen. (FESTINGER, 1978, S. 26)

2.4 DISSONANZREDUKTION

„Der wesentliche hier festzuhaltende Punkt ist folglich der, dass die auf eine Person einwirkende Realität einen Druck erzeugt, um die entsprechenden kognitiven Ele- mente in Übereinstimmung mit dieser Realität zu bringen. (FESTINGER, 1978, S. 24)

Festinger geht von einem als unangenehm empfundenen Zustand der Dissonanz aus, was impliziert, das dieser vermieden bzw. gemindert werden muss. Dissonanz erzeugt also Reduktionsdruck. Der Theorie zufolge kann dies durch Erhöhung der Zahl der konsonanten Kognitionen, durch Verringerung dissonanter Kognitionen oder durch Abwertung der Bedeutungen erfolgen. Im einzelnen nennt Festinger folgende Arten der Reduktion: (a) Reduktion durch Änderung der physischen und psychischen Um- welt (Environmental Cognitiv Element), was jedoch nur sehr eingeschränkt möglich ist; (b) durch Aufwertung der Bedeutung konsonanter Kognitionen; (c) durch Elimi- nierung dissonanter Kognitionen, was beispielsweise eng mit dem Vermeiden dissonanzerzeugender Informationen zusammenhängt und für die Selektivität von Mediennutzung von Interesse ist; (d) Reduktion durch Verminderung der Bedeutung dissonanter Kognitionen; und schließlich (e) Reduktion durch Addition neuer kon- sonanter Kognitionen. Was im speziellen eine Reduktion durch Änderung der Ver- haltenskomponente (Behavioral Cognitiv Element) bedeuten könnte. Es versteht sich von selbst, dass diese Strategie für Werbung und Verkauf am bedeutsamsten ist.

2.5 KRITIK AN DER DISSONANZTHEORIE

Bei allen Ansätzen zum Verständnis motivationaler Ansätze durch die Dissonanz- theorie, bleibt sie jedoch, wie alle Konsistenzmodelle, auf kognitive Elemente und Strukturen beschränkt. Da diese nur einen kleinen Bereich der sozialpsychologischen Ursachen, die unseres Verhalten zugrundeliegen, ausmachen, ist auch die Dissonanz- theorie nicht in der Lage, die Ursachen vollständig zu erklären. Das soziale Umfeld bleibt beispielsweise weitestgehend ausgeschlossen und Festinger definiert den Be- griff der Kognitionen nur sehr ungenau. Er schreibt: Mit dem Begriff Kognition meine ich hier und im weiteren Verlauf […] irgendeine Kenntnis, Meinung oder Überzeugung von der Umwelt, von sich selbst oder von dem eigenen Verhalten (FESTINGER, 1978, S. 17). Weitestgehend unbeleuchtet bleibt auch, woher das zugrunde- gelegte Streben des Menschen nach Konsistenz eigentlich kommt. Einzig Brehm und Cohen behaupten, es resultiere aus dem Sozialisationsprozess, in dem Konsistenz be- lohnt wird und Dissonanz bestrafend wirkt. (BREHM & COHEN, 1962) Die Theorie der kognitiven Dissonanz geht außerdem vom Menschenbild das rationalisierendes Wesen aus. Im Gegensatz zum rationalen Menschen dient das Denken dabei nicht der Erkenntnis der Wahrheit, sondern der Vermeidung von Schmerz bzw. Steigerung der Lust. Das dies nicht bei allen Kognitionen gleichermaßen der Fall ist, und Menschen auch oft nach Inkonsistenz streben, bleibt von der Theorie unbeachtet.

[...]

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Konsistenzmechanismen in Werbung und Verkauf
Hochschule
Ludwig-Maximilians-Universität München  (IFKW)
Note
1,3
Autor
Jahr
2004
Seiten
18
Katalognummer
V25098
ISBN (eBook)
9783638278232
Dateigröße
518 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Konsistenzmechanismen, Werbung, Verkauf
Arbeit zitieren
Stefan Probst (Autor:in), 2004, Konsistenzmechanismen in Werbung und Verkauf, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/25098

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