"Sofern Kant durch die Musik ästhetische Ideen übermitteln läßt, ist er Idealist; sofern er das musikalisch-künstlerische Urteil zurückführt auf die mathematisch bestimmte, von aller Gefühlswirkung losgelöste Form, ist er Formalist; sofern er die körperliche Wirkung als Hauptzweck der Musik bezeichnet, Sensualist; sofern er den musikalischen Gefühlsausdruck auf die natürliche Stimmmodulation gründet, Naturalist."
Ein einziges Zitat verdeutlicht die Schwierigkeiten, die sich ergeben, wenn man ver-
sucht, Kants Aussagen zur Musikästhetik zu deuten. Wie kann er gleichzeitig formalistische und naturalistische Ansichten vertreten? Wie begründet er den Hauptzweck der Musik als einen "rein körperlichen"? Was versteht er unter "ästhetischen Ideen"?
Mit diesen Fragestellungen setzt sich die vorliegende Arbeit auseinander. Verschiedene Interpretationen und Annäherungen an Kants Musikästhetik werden untersucht. "Die" Kantsche Musikästhetik findet sich dabei nicht, dazu sind die Ansichten zu unterschiedlich, teils sogar widersprüchlich. Gerade dieses Spannungsfeld macht jedoch das Faszinierende an Kants Philosophie aus, die gegensätzliche Interpretationen zulässt und den Leser zu eigener Bewertung einlädt.
Inhaltsverzeichnis
- System der (schönen) Künste
- Das Schöne
- Das bloß Angenehme
- Kants Einordnung der Musik
- Interpretationen der Kantschen Musikästhetik
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit analysiert Kants Notizen zur Musikästhetik, die in seiner "Kritik der Urteilskraft" (1790) zu finden sind, und untersucht seinen Einfluss auf die musikästhetische Diskussion um 1800. Die Arbeit untersucht, wie Kant die Musik in sein System des Schönen und des bloß Angenehmen einordnet und welche Widersprüche sich in seinen Aussagen zur Musikästhetik offenbaren.
- Kants Unterscheidung zwischen "schöner" und "bloß angenehmer" Kunst
- Kants Einordnung der Musik in dieses Wertesystem
- Kants Ansicht über die "Sprache der Affekte" in der Musik
- Die Rolle der mathematischen Form in der Musik
- Die verschiedenen Interpretationen der Kantschen Musikästhetik
Zusammenfassung der Kapitel
- System der (schönen) Künste: Kant unterscheidet zwischen "schöner" und "bloß angenehmer" Kunst. Das Schöne zeichnet sich durch ein Wohlgefallen aus, das unabhängig von Bedürfnissen und Interessen ist, während das bloß Angenehme den Sinnen und dem Willen zusagt.
- Das Schöne: Kant definiert das Schöne als ein Objekt, das ohne einen bestimmten Begriff, sondern nur durch die Form seiner Zweckmäßigkeit ein Wohlgefallen hervorruft.
- Das bloß Angenehme: Das bloß Angenehme ist hingegen ein Objekt, das die Sinne befriedigt und somit einen direkten Einfluss auf den Willen hat. Es ist jedoch nicht allgemein gültig und hängt vom individuellen Subjekt ab.
- Kants Einordnung der Musik: Kant ordnet die Musik sowohl dem Bereich des Schönen als auch dem des bloß Angenehmen zu und weist ihr in beiden Bereichen einen unterschiedlichen Stellenwert zu. Er argumentiert, dass die Musik zwar das Gemüt stark bewegt, aber gleichzeitig nichts zum Nachdenken übrig lässt.
Schlüsselwörter
Kants Musikästhetik, schöne Kunst, bloß angenehme Kunst, Sprache der Affekte, ästhetische Ideen, mathematische Form, Formalismus, Naturalismus, Interpretationen, Schubert, Schering, Maecklenburg, Meyer, Dahlhaus.
- Quote paper
- Christine Knecht (Author), 1993, Immanuel Kant und sein Einfluß auf das musikästhetische Denken um 1800, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/25177