Wer heute Soziologie studiert, kommt am Werk Max Webers nicht vorbei. Das war nicht immer so, zu Lebzeiten waren seine Werke nur einer kleinen Zahl Interessierter bekannt, und bis zum Heidelberger Soziologentag anlässlich des 100. Geburtstages von Max Weber im Jahr 1964 war er in der deutschsprachigen Soziologie fast vergessen, im Gegensatz besonders zur Soziologie in den USA. In erster Linie war es Talcott Parsons, der Weber zu der überragenden Stellung verhalf, die er heute einnimmt. Und das gilt in besonderem Maße für die Religionssoziologie.
In dieser Arbeit werden in Teil 1 die wichtigsten religionssoziologischen Werke Max Webers kurz vorgestellt: „Die protestantische Ethik und der ,Geist’ des Kapitalismus“, „Die protestantischen Sekten und der Geist des Kapitalismus“, „Die Wirtschaftsethik der Weltreligionen“, sowie die „Einleitung“ (zur „Wirtschaftsethik der Weltreligionen“) und der Text „Zwischenbetrachtung: Theorien der Stufen und Richtungen religiöser Weltablehnung“. Teil 2 gilt einer Charakterisierung der Hauptthesen von Webers Religionssoziologie: Im Einzelnen werden die Punkte Rationalisierung, „Entzauberung“, die okzidentale Entwicklung des Kapitalismus und die besondere Bedeutung des Protestantismus definiert und anhand von Textstellen aus den im Teil 1 vorgestellten religionssoziologischen Werken Max Webers erläutert.
In Teil 3 werden Gegenstand, Fragestellungen und Erkenntnisziele der Religionssoziologie definiert, die Ansätze von Auguste Comte, Karl Marx, Sigmund Freud, Georg Simmel, Emile Durkheim und Ernst Troeltsch zur Religionssoziologie kurz erwähnt, und Max Weber als Klassiker und ein Gründer der Religionssoziologie beschrieben, wobei auch auf die wechselvolle Geschichte der Rezeption des religionssoziologischen Werkes Max Webers zu dessen Lebzeiten und in den Jahrzehnten von seinem Tod im Jahre 1920 bis heute eingegangen wird.
Inhalt
Einleitung
1. Überblick über die wichtigsten religionssoziologischen Werke Webers
1.1 Die protestantische Ethik und der „Geist“ des Kapitalismus
1.2 Die protestantischen Sekten und der Geist des Kapitalismus
1.3 Die Wirtschaftsethik der Weltreligionen
1.4 Einleitung (zur „Wirtschaftsethik der Weltreligionen“)
1.5 Zwischenbetrachtung: Theorien der Stufen und Richtungen religiöser Weltablehnung
2. Die Hauptthesen von Webers Religionssoziologie
2.1 Rationalisierung
2.2 „Entzauberung“
2.3 Die okzidentale Entwicklung des Kapitalismus
2.4 Die besondere Bedeutung des Protestantismus
3. Max Weber als Klassiker und ein Gründer der Religionssoziologie
4. Fazit: Das Fortwirken von Webers Thesen
5. Anmerkungen
6. Literaturliste
7. Erklärung
Einleitung
Wer heute Soziologie studiert, kommt am Werk Max Webers nicht vorbei.
Das war nicht immer so, zu Lebzeiten waren seine Werke nur einer kleinen Zahl Interessierter bekannt, und bis zum Heidelberger Soziologentag anlässlich des 100. Geburtstages von Max Weber im Jahr 1964 war er in der deutschsprachigen Soziologie fast vergessen, im Gegensatz besonders zur Soziologie in den USA. In erster Linie war es Talcott Parsons, der Weber zu der überragenden Stellung verhalf, die er heute einnimmt.
Und das gilt in besonderem Maße für die Religionssoziologie.
Max Weber, 1864-1920, studierte Jura, und nahm gleichzeitig an philosophisch-kulturwissenschaftlichen und ökonomischen Lehrveranstaltungen teil. [1]
Seine Dissertation schrieb er über Handelsgesellschaften im Mittelalter, seine Habilitationsschrift hat die römische Agrargeschichte in ihrer Bedeutung für das Staats- und Privatrecht zu Thema.
Anfänglich strebte Weber eine Kariere als Rechtsanwalt an, schlug dann aber eine akademische Laufbahn ein. So erhielt er 1893 eine Professur für Handels- und deutsches Recht an der Universität Berlin, 1894 eine Professur für politische Ökonomie in Freiburg, 1897 wurde er Professor für Ökonomie in Heidelberg. 1903 musste er aus gesundheitlichen Gründen sein Lehramt niederlegen, blieb aber nach Besserung seines gesundheitlichen Zustandes als Honorarprofessor in Heidelberg tätig, bis er 1918 nach Wien und 1919 nach München berufen wurde, beide Male für den Lehrstuhl für Soziologie.
Steht also am Anfang die Beschäftigung mit der Rechtswissenschaft und der Ökonomie, daneben auch der Geschichte, Philosophie und am Rande auch der Theologie, so ist Weber gegen Ende seines Lebens zum hervorragenden Vertreter der noch jungen Wissenschaft der Soziologie geworden, auch wenn das wie erwähnt erst Jahre nach seinem Tod die gebührende Würdigung und Beachtung findet.
Die Beschäftigung mit der Ökonomie führt Weber zur Frage, wie es zur Sonderentwicklung des Okzidents kommen konnte, wieso gerade hier und nur hier sich ein Wirtschafts- und Gesellschaftssystem ausbildete, das –in Form des modernen Kapitalismus- in nahezu alle Gebiete der Erde vordringen und die Welt entscheidend verändern konnte, indem es ihr sein System aufzwang.
Von Europa und Nordamerika geht der „Geist“ des Kapitalismus aus, der unsere heutige Welt charakterisiert, ja beherrscht, und dem sich kaum entziehen kann, wer inmitten der modernen Gesellschaft lebt, und nicht an deren Rand gedrängt werden will.
Max Weber spricht von dem „(…) stahlharte(n) Gehäuse (…)“[2], in das der moderne Mensch gezwängt wird, und meint damit den Zwang sich in die vom modernen Kapitalismus geforderte Wirtschafts- und Lebensweise einfügen zu müssen, die –eben wie ein Gehäuse- das ganze Leben des modernen Menschen umschließt.
Die Tatsache, dass unter den führenden Vertretern des Kapitalismus besonders viele Protestanten zu finden sind, was besonders in Ländern oder Regionen mit konfessionell gemischter Bevölkerung auffällt, und gerade die protestantisch, und unter diesen die calvinistisch-puritanisch geprägten Gesellschaften es mit ausgeprägtem Geschäftssinn zu einem florierendem Handel, zu Wohlstand und Kapital gebracht haben, bringt Weber dazu, den Zusammenhang von Protestantismus und Kapitalismus näher zu untersuchen.
Dabei beschränkt er sich, wie er selbst betont, auf eine Kausalrichtung, nämlich den Einfluss der protestantischen Ethik auf die Entstehung eines „Geistes“ des Kapitalismus.
Das Thema des modernen Kapitalismus, entstanden aus einem Rationalismus, den Weber in engem Zusammenhang mit dem Protestantismus sieht, lässt Weber Zeit seines Lebens nicht mehr los, und so stehen auch seine weiteren großen Arbeiten in mehr oder weniger engem Zusammenhang mit diesen Gedanken.
Weber hat die Absicht, alle großen Weltreligionen auf ihre Wirtschaftsethik hin zu untersuchen, kann jedoch diesen Plan nicht mehr vollständig verwirklichen.[3]
Auch in seinem Buch „Wirtschaft und Gesellschaft“ – unvollendet und wie manche seiner Werke in der heute bekannten Form erst posthum erschienen- spielt selbstverständlich die Religionssoziologie, der Einfluss der Religion auf die Rationalisierung der Welt, eine Rolle.
Die Religionssoziologie hat eine zentrale Bedeutung im Werk Max Webers erlangt, denn nach seinen Protestantismus-Studien, den zahlreichen Kritiken darauf, die von Weber wiederum beantwortet wurden mit der Rechtfertigung seiner Thesen, sah er sich veranlasst, sich weiterhin mit dem Einfluss der Religionen auf Wirtschaft und Gesellschaft zu beschäftigen.
Weber wird so zu einem der Begründer der Religionssoziologie.
In dieser Arbeit werden in Teil 1 die wichtigsten religionssoziologischen Werke Max Webers kurz vorgestellt: „Die protestantische Ethik und der ,Geist’ des Kapitalismus“, „Die protestantischen Sekten und der Geist des Kapitalismus“, „Die Wirtschaftsethik der Weltreligionen“, sowie die „Einleitung“ (zur „Wirtschaftsethik der Weltreligionen“) und der Text „Zwischenbetrachtung: Theorien der Stufen und Richtungen religiöser Weltablehnung“. Teil 2 gilt einer Charakterisierung der Hauptthesen von Webers Religionssoziologie: Im Einzelnen werden die Punkte Rationalisierung, „Entzauberung“, die okzidentale Entwicklung des Kapitalismus und die besondere Bedeutung des Protestantismus definiert und anhand von Textstellen aus den im Teil 1 vorgestellten religionssoziologischen Werken Max Webers erläutert.
In Teil 3 werden Gegenstand, Fragestellungen und Erkenntnisziele der Religionssoziologie definiert, die Ansätze von Auguste Comte, Karl Marx, Sigmund Freud, Georg Simmel, Emile Durkheim und Ernst Troeltsch zur Religionssoziologie kurz erwähnt, und Max Weber als Klassiker und ein Gründer der Religionssoziologie beschrieben, wobei auch auf die wechselvolle Geschichte der Rezeption des religionssoziologischen Werkes Max Webers zu dessen Lebzeiten und in den Jahrzehnten von seinem Tod im Jahre 1920 bis heute eingegangen wird.
1. Überblick über die wichtigsten religionssoziologischen Werke Webers
1.1 Die protestantische Ethik und der „Geist“ des Kapitalismus
In den Jahren 1904/ 1905 wurde „Die protestantische Ethik und der „Geist“ des Kapitalismus in zwei Teilen im „Archiv für Sozialwissenschaften und Sozialpolitik“ veröffentlich, 1920 dann von Max Weber nochmals überarbeitet im Rahmen seiner „Gesammelten Aufsätze zur Religionssoziologie“.
Gegenstand von Webers Untersuchung ist nicht der Protestantismus an sich, sondern die Ethik des Protestantismus, und nicht der Kapitalismus an sich, sondern der „Geist“ des Kapitalismus.
Was Weber unter diesem „Geist“ des Kapitalismus versteht, versucht er, nachdem er zuerst die Schwierigkeit einer solchen Definition betont[4], anhand von einem Beispiel zu erläutern, er vergleicht den „modernen“ Kapitalismus Benjamin Franklins mit dem „mittelalterlichen“ Kapitalismus eines Jakob Fugger[5], und stellt fest, dass bei letzterem die besagtem „Geist“ des modernen Kapitalismus eigene „(…) ethisch gefärbte(n) Maxime der Lebensführung (…)[6] “ fehlt.
Es handelt sich um Webers erstes und zugleich bedeutendstes Werk zur Religionsgeschichte; diese überragende Bedeutung ergibt sich aus den nahezu revolutionären Thesen Webers zum Zusammenhang von protestantischer Ethik und kapitalistischen „Geist“, was nicht zuletzt daran zu erkennen ist, dass die Diskussion um die von ihm in „Die protestantische Ethik und der ,Geist’ des Kapitalismus“ vertretenen Thesen bis heute anhält.
Bereits unmittelbar nach der Veröffentlichung meldeten sich Kritiker zu Wort, denen Weber dann mit Antikritiken entgegnete. Als die bedeutensten seien hier genannt H. Karl Fischer, Felix Rachfahl und Lujo Brentano. Die Änderungen in der überarbeiteten Fassung der „Protestantischen Ethik“ von 1920 betreffen nicht zuletzt zahlreiche neue Anmerkungen, in denen Weber ausdrücklich auf die Kritik an seinen Darlegungen eingeht.
Alle weiteren religionssoziologischen Arbeiten Webers stehen in engem Bezug zur „Protestantischen Ethik“, sind zu einem nicht unwesentlichen Teil Ergänzungen der hier entwickelten Thesen und Weiterentwicklung von Webers in seinem ersten großen religionssoziologischen Werk entwickelten Gedanken.
Ausgangspunkt ist der „(…) ganz vorwiegend protestantische(n) Charakter des Kapitalbesitzes und Unternehmertums (…)“[7].
Weber untersucht daraufhin den Einfluss des Protestantismus auf die Entstehung des kapitalistischen Geistes, und stellt im Laufe seiner Untersuchung die Bedeutung des Calvinismus und Puritanismus für dessen Entwicklung fest, im Gegensatz zum Luthertum und Pietismus, von denen keine vergleichbar starke Wirkung ausgeht hin zu einer Rationalisierung der Lebensführung, d.h. zu einer Lebensführung, in der kein Raum für Faulheit, Genuss, Luxus und andere Zeitvergeudungen ist, gilt es doch sich selbst und seinen Mitmenschen durch unermüdliche, wirtschaftlichen Erfolg bringende Erwerbsarbeit den Status als „Erwählter“ zu demonstrieren.
Hier ist der Prädestinationsglaube des Calvinismus entscheidend, der dem Menschen jede Hoffnung nimmt, sein Schicksal durch sein Handeln beeinflussen zu können.
Dagegen ist es geradezu Pflicht eines jeden Gläubigen, so zu leben, als gehöre er zu den von Gott erwählten. „Der Gott des Calvinismus verlangte von den Seinigen nicht einzelne ,gute Werke’, sondern eine zum System gesteigerte Werkheiligkeit.“[8].
Die in diesem Glauben verankerte Rationalisierung der Lebensführung ermöglichte es dem Calvinisten, dem Geist des modernen Kapitalismus zum Durchbruch zu verhelfen, gegen alle Widerstände der traditionellen Lebens- und Wirtschaftsweise.
1.2 Die protestantischen Sekten und der Geist des Kapitalismus
Dieser Essay erschien 1906 in zwei Folgen in der „Frankfurter Zeitung“.
Anlass war eine Reise in die Vereinigten Staaten, die Weber kurz zuvor unternommen hatte, und auf der er sich einen persönlichen Eindruck eben dieser protestantischen Sekten dort machen konnte.
So machte er die Beobachtung, dass die Zugehörigkeit zu einer dieser Sekten wichtig sein konnte, wenn jemand wirtschaftlichen Erfolg haben wollte, denn Mitglieder einer solchen Glaubensgemeinschaft galten gemeinhin als absolut vertrauens- und damit kreditwürdig.
Weber führt in diesem Text den Unterschied zwischen „Kirche“ und „Sekte“ ein.
„Eine Kirche ist (…) eine Gnaden anstalt, (…) zu welcher die Zugehörigkeit (der Idee nach!) obligatorisch, daher für die Qualitäten des Zugehörigen nichts beweisend, ist, eine ,Sekte’ dagegen ein voluntaristischer Verband ausschließlich (der Idee nach) religiös-ethisch Qualifizierter, in den man freiwillig eintritt, wenn man kraft religiöser Bewährung Aufnahme findet.“[9].
1.3 Die Wirtschaftsethik der Weltreligionen
Die Abhandlungen zur Wirtschaftsethik der Weltreligionen schrieb Weber in den Jahren 1911 bis 1914, ab 1915 wurden sie im „Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik“ veröffentlicht, wobei Weber eine „Einleitung“ und eine „Zwischenbetrachtung“ hinzufügte (siehe 1.4 bzw. 1.5).
1919/20 überarbeitete er die Texte im Rahmen seiner „Gesammelte(n) Aufsätze zur Religionssoziologie“.
Er behandelt darin hauptsächlich den Konfuzianismus, den Taoismus, den Hinduismus, den Buddhismus und Jainismus, sowie das antike Judentum.
Weber plante offenbar, seine Untersuchungen auch noch auf das Frühchristentum, das mittelalterliche Christentum sowie den Islam auszudehnen, was jedoch sein Tod 1920 verhinderte.
Die Gesellschaften Chinas, Indiens und der Stämme Israels werden von Weber ausführlich dargestellt, wobei Weber sein Augenmerk in erster Linie richtet auf jene „(…) sozialen Schichten (…), welche die praktische Ethik der betreffenden Religion am stärksten bestimmend beeinflusst (…)“[10] haben.
„Die Wirtschaftsethik der Weltreligionen“ stellt insofern auch eine Ergänzung und Ausweitung Webers Theorien aus der „Protestantischen Ethik“ dar, als sich in keiner der untersuchten Gesellschaften etwas dem modernen okzidentalen Kapitalismus Vergleichbares entwickelt hat, obgleich zumindest einige der Voraussetzungen mancherorts durchaus gegeben waren.
Aber es gab eben nirgendwo sonst das Zusammentreffen einer Ethik wie der des Calvinismus mit anderen Faktoren, die einen modernen kapitalistischen „Geist“ entstehen lassen konnten, wie Weber es in der „Protestantischen Ethik“ schildert.
1.4 Einleitung (zur „Wirtschaftsethik der Weltreligionen“)
Die „Einleitung“ stellt eine Art Zusammenfassung, ein Fazit von Webers Schriften zur Religionssoziologie dar.
Wichtige Begriffe der danach folgenden Texte werden definiert, so definiert Weber den Begriff „Weltreligion“, darunter werden nämlich „(…) jene fünf religiös bedingten Systeme der Lebensreglementierung verstanden, welche besonders große Mengen von Bekennern um sich zu scharen gewusst haben: die konfuzianische, hinduistische, buddhistische, christliche, islamitische religiöse Ethik.“[11]
Dazu noch das Judentum, „(…) sowohl weil es für jedes Verständnis der beiden zuletzt genannten Weltreligionen entscheidende geschichtliche Voraussetzungen enthält, als wegen seiner teils wirklichen, teils angeblichen historischen Eigenbedeutung für die Entfaltung der modernen Wirtschaftsethik des Okzidentes (…)“[12].
Des Weiteren betont Weber, dass hier nicht der theologische Gehalt der Wirtschaftsethiken Gegenstand der Untersuchung sein kann, „(…) sondern die in den psychologischen und pragmatischen Zusammenhängen der Religionen gegründeten praktischen Antriebe zum Handeln (…)“[13].
Es geht eben um „(…) die richtunggebenden Elemente der Lebensführung derjenigen sozialen Schichten (…), welche die praktische Ethik der betreffenden Religion am stärksten bestimmend beeinflusst (…) haben.“[14]
Ferner liefert Weber hier Definitionen für Begriffe wie „religiöse Vergesellschaftungen und Gemeinschaften“, „Charisma“ und „Traditionalismus“.
1.5 Zwischenbetrachtung: Theorien der Stufen und Richtungen religiöser Weltablehnung
Weber schrieb die „Zwischenbetrachtung“ 1915, nach Fertigstellung der Arbeiten zur konfuzianischen und taoistischen Wirtschaftsethik, und bevor er sich den Religionen Indiens zuwandte.
Es geht ihm darum, „(…) aus welchen Motiven heraus und in welchen Richtungen religiöse Ethiken der Weltverneinung überhaupt entstanden und verliefen: welches also ihr möglicher ,Sinn’ sein konnte“.[15]
Er stellt eine Typologie der Askese und Mystik vor, und erläutert fünf Richtungen der Weltablehnung: Ökonomische, politische, ästhetische, erotische und intellektuelle Sphäre.
Diese stehen alle in einem Spannungsverhältnis zur Religion. So gibt es nach Weber „(…) keine ungebrochene, als Lebensmacht wirkende, Religion, welche nicht an irgend einer Stelle das ,credo non quod, sed quia absurdum’, - das ,Opfer des Intellekts’, - fordern müsste.“[16]
Allein drei rationale Formen der Theodizee haben dieses Spannungsverhältnis konsequent gelöst, der zarathustrische Dualismus, der Prädestinationsglaube des Calvinismus/ Puritanismus und die „(…) indische(n) Intellektuellen- Religiosität (…)“.[17]
[...]
[1] Fügen 1985, S. 28
[2] GARS I, S. 203
[3] Käsler 1995, S. 177
[4] GARS I, S. 30
[5] a.a.O., S. 31 ff.
[6] a.a.O., S. 33, Herv. i. O.
[7] a.a.O., S. 18, Herv. i. O.
[8] a.a.O., S. 114, Herv. i. O.
[9] a.a.O., S. 211, Herv. i. O.
[10] a.a.O., S. 239
[11] a.a.O., S. 237 f., Herv. i. O.
[12] a.a.O., S. 238
[13] a.a.O., Herv. i. O.
[14] a.a.O., S. 239, Herv. i. O.
[15] a.a.O., S. 536
[16] a.a.O., S. 566, Herv. i. O.
[17] a.a.O., S. 573, Herv. i. O.
- Arbeit zitieren
- Andreas von Bezold (Autor:in), 2004, Die Religionssoziologie Max Webers, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/25222
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