Am Anfang steht immer das Warum. Warum leben Menschen zusammen? Warum entstehen Gemeinschaften? Warum braucht man eigentlich einen Staat? Diese Standardfragen der (politischen) Philosophie entwickeln sich immer wieder aus einer generellen Ansicht von Staatskonzeptionen heraus: Das Individuum besteht vor dem Staat und steht stets in dessen Mittelpunkt. Mit Blick auf das Wohlbefinden des Einzelnen steht und fällt die Frage, wie sich die Legitimation eines Staates, einer Regierung oder eines Herrschaftsanspruch begründen lässt. Anders aber bei Platon. Sein Modell des idealen Staates, das er in den zehn Büchern der Politeia entwirft, scheint sich weit weg zu bewegen von einer egozentrischen Sicht der politischen Verhältnisse oder vielleicht sogar der Gesellschaft an sich. Für Platon steht allein der formale Begriff der Gerechtigkeit im Vordergrund.
Das Ergebnis seiner Bemühungen um die Suche nach der Idee der Gerechtigkeit formuliert Platon wie folgt: „In Wahrheit aber war die Gerechtigkeit, wie sich zeigte, zwar etwas dieser Art, aber nicht an den äußeren Handlungen in Bezug auf das, was dem Menschen gehört, sondern an der wahrhaft inneren Tätigkeit in Absicht auf sich selbst und das Seinige, indem einer nämlich jegliches in ihm nicht Fremdes verrichten lässt, noch die verschiedenen Kräfte seiner Seele sich gegenseitig in ihre Geschäfte einmischen, sondern jeglichem sein wahrhaft Angehöriges beilegt und sich selbst beherrscht und ordnet und Freund seiner selbst ist und die drei in Zusammenstimmung bringt (…).“ (Politeia 443c-d) „Denn die höchste Ungerechtigkeit ist, dass man gerecht scheine, ohne es zu sein. Dem vollkommen Ungerechten müssen wir also auch die vollkommenste Ungerechtigkeit zugestehen und ihm nichts davon abziehen, sondern ihm zugeben, dass er sich nach den ungerechtesten Taten den größten Ruf der Gerechtigkeit erworben habe, (…).“ (Politeia 361a)
Mit dieser Erklärung scheint die Arbeit getan, Platon ist mit seinem gefundenen Staat durchaus zufrieden. Für ihn ist sein idealer Staat auch ein gerechter Staat. Doch ist diese Form der Gerechtigkeit nicht bloß eine philosophische Utopie? Im Folgenden soll der Frage nachgegangen werden, wie sich diese „platonische Staatsgerechtigkeit“ auf die materielle Gerechtigkeit innerhalb des Idealstaats auswirkt. Zu klären ist, ob wir unserer „modernen“ Ansicht von Gerechtigkeit nach in Platons Staat leben möchten. Ist Platons Gerechtigkeit denn wirklich gerecht?
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Hauptteil
- Die ideale Polis
- Die einzelnen Stände
- Der Erwerbsstand
- Der Stand der Wächter
- Frauen und Kinder
- Das Verhältnis der individuellen Interessen zum Gemeinwohl
- Die Realisierung des idealen Staates
- Die wirtschaftliche Gerechtigkeit
- Die emotionale Gerechtigkeit Platons
- Schluss
- Warum Platon?
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Seminararbeit untersucht Platons Verständnis von individueller Gerechtigkeit im Kontext seines idealen Staates, wie er in der Politeia dargestellt wird. Sie geht der Frage nach, wie sich Platons Konzept der Staatsgerechtigkeit auf die materielle Gerechtigkeit innerhalb des Idealstaats auswirkt und ob dieser Staat nach modernen Gerechtigkeitsvorstellungen als ideal betrachtet werden kann.
- Platons Konzeption von Gerechtigkeit und ihre Anwendung auf den Idealstaat
- Die Struktur des platonischen Idealstaats und die drei Stände
- Die Rolle von Frauen und Kindern im platonischen Staat
- Das Verhältnis zwischen individuellen Interessen und Gemeinwohl im Idealstaat
- Eine kritische Auseinandersetzung mit Platons Gerechtigkeitskonzept im Lichte moderner Gerechtigkeitstheorien
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung stellt die zentralen Forschungsfragen der Arbeit vor: Warum leben Menschen zusammen, und wie lässt sich die Legitimation eines Staates begründen? Im Gegensatz zu einer egozentrischen Perspektive, die das Individuum in den Mittelpunkt stellt, betont Platon den formalen Begriff der Gerechtigkeit als Grundlage seines Idealstaates. Die Arbeit untersucht, wie sich Platons „platonische Staatsgerechtigkeit“ auf die materielle Gerechtigkeit auswirkt und ob Platons Idealstaat nach modernen Maßstäben gerecht ist. Sie konzentriert sich auf den Menschen im platonischen Staat, im Gegensatz zu den weitläufig diskutierten Gleichnissen der Politeia.
Die ideale Polis: Dieses Kapitel beschreibt Platons Modell eines gerechten Staates als Spiegelbild eines gerechten Menschen. Der Staat entwickelt sich in Stufen: von einer Urpolis, die nur aus Arbeitern besteht, über eine Polis mit Überfluss und Krieg, bis hin zur idealen Polis mit der Herrschaft der Philosophen. Die Einteilung der Gesellschaft in drei Stände (Erwerbende, Wächter, Philosophenkönige) wird mit dem Metallmythos begründet, wobei Gold, Silber und Eisen die jeweiligen Fähigkeiten symbolisieren. Die zentrale Idee der Politeia ist die Erkenntnis des Guten, die die Legitimation der Herrschaft der Philosophen bildet und die Grundlage für einen gerechten Staat darstellt.
Die einzelnen Stände: Dieses Kapitel detailliert die drei Stände des platonischen Idealstaats. Es befasst sich mit der wirtschaftlichen Struktur des Staates, die durch den Stand der Gewerbetreibenden bestimmt wird, und geht auf die anderen Stände ein. Die Arbeit legt einen Schwerpunkt auf die Entstehung, Erziehung, Lebensführung und Aufgaben jedes Standes sowie auf deren Interaktion und gesellschaftliche Einbettung. Hier wird die Arbeitsteilung innerhalb des Staates und die Bedeutung jedes Standes für das Funktionieren des Gesamtsystems analysiert.
Schlüsselwörter
Platon, Politeia, Gerechtigkeit, Idealstaat, Ständegesellschaft, Individuum, Gemeinwohl, materielle Gerechtigkeit, Philosophenherrschaft, Metallmythos.
Platons Politeia: Eine Seminararbeit - Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was ist der Gegenstand dieser Seminararbeit?
Die Seminararbeit untersucht Platons Verständnis von individueller Gerechtigkeit im Kontext seines idealen Staates, wie er in der Politeia dargestellt wird. Sie analysiert das Verhältnis zwischen Platons Konzept der Staatsgerechtigkeit und der materiellen Gerechtigkeit innerhalb des Idealstaats und hinterfragt, ob dieser Staat nach modernen Gerechtigkeitsvorstellungen als ideal betrachtet werden kann.
Welche Themen werden in der Seminararbeit behandelt?
Die Arbeit behandelt Platons Konzeption von Gerechtigkeit und deren Anwendung auf den Idealstaat, die Struktur des platonischen Idealstaats und die drei Stände (Erwerbende, Wächter, Philosophenkönige), die Rolle von Frauen und Kindern im platonischen Staat, das Verhältnis zwischen individuellen Interessen und Gemeinwohl im Idealstaat sowie eine kritische Auseinandersetzung mit Platons Gerechtigkeitskonzept im Lichte moderner Gerechtigkeitstheorien.
Wie ist die Seminararbeit strukturiert?
Die Arbeit gliedert sich in eine Einleitung, einen Hauptteil und einen Schluss. Der Hauptteil unterteilt sich in Kapitel zu Platons idealer Polis, den einzelnen Ständen (Erwerbsstand und Wächterstand), Frauen und Kindern im Idealstaat, und dem Verhältnis von individuellen Interessen zum Gemeinwohl (inklusive Realisierung des idealen Staates, wirtschaftlicher und emotionaler Gerechtigkeit). Der Schluss reflektiert die Relevanz Platons für heutige Gerechtigkeitsdiskurse.
Was wird in der Einleitung der Seminararbeit erläutert?
Die Einleitung stellt die zentralen Forschungsfragen der Arbeit vor: Warum leben Menschen zusammen, und wie lässt sich die Legitimation eines Staates begründen? Sie betont Platons Fokus auf den formalen Begriff der Gerechtigkeit als Grundlage seines Idealstaats und untersucht die Auswirkungen von Platons „platonischer Staatsgerechtigkeit“ auf die materielle Gerechtigkeit. Die Einleitung konzentriert sich auf den Menschen im platonischen Staat.
Was ist das zentrale Thema des Kapitels „Die ideale Polis“?
Dieses Kapitel beschreibt Platons Modell eines gerechten Staates als Spiegelbild eines gerechten Menschen. Es erläutert die Entwicklung des Staates in Stufen, von der Urpolis bis zur idealen Polis mit der Herrschaft der Philosophen, und die Einteilung der Gesellschaft in drei Stände (mit dem Metallmythos als Begründung). Die zentrale Idee ist die Erkenntnis des Guten als Legitimationsgrundlage der Herrschaft der Philosophen.
Worauf konzentriert sich das Kapitel „Die einzelnen Stände“?
Dieses Kapitel detailliert die drei Stände des platonischen Idealstaats. Es befasst sich mit der wirtschaftlichen Struktur, der Entstehung, Erziehung, Lebensführung und Aufgaben jedes Standes, deren Interaktion und gesellschaftliche Einbettung. Es analysiert die Arbeitsteilung und die Bedeutung jedes Standes für das Funktionieren des Gesamtsystems.
Welche Schlüsselbegriffe sind für das Verständnis der Seminararbeit relevant?
Wichtige Schlüsselbegriffe sind Platon, Politeia, Gerechtigkeit, Idealstaat, Ständegesellschaft, Individuum, Gemeinwohl, materielle Gerechtigkeit, Philosophenherrschaft, und Metallmythos.
Welche Fragen werden im Schlussteil der Arbeit behandelt?
Der Schlussteil befasst sich mit der Frage, warum Platons Werk auch heute noch relevant ist und welche Bedeutung seine Ideen für das Verständnis von Gerechtigkeit haben.
- Arbeit zitieren
- Ricarda Langer (Autor:in), 2004, Platons Menschenbild in der Politeia - Eine Untersuchung des platonischen Verständnisses der individuellen Gerechtigkeit im Verhältnis zum idealen Staat der Politeia, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/25656