KONSTRUKTIVISMUS IM DAF-UNTERRICHT


Diplomarbeit, 2004

116 Seiten, Note: 80/80 (= 1)


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

Abstract

Vorwort

TEIL I

1. KONSTRUKTIVISMUS - ein Definitionsversuch
1.1 Zur Entstehung des Konstruktivismus
1.1.1 Jean Piaget (1896-1980)
1.1.2 John Dewey (1859-1952)
1.1.3 Lev Vygotsky (1896-1934)
1.1.4 Piaget und Vygotsky - eine Gegenüberstellung
1.1.5 Bruner (1915-
1.1.6 David Ausubel (1918 -
1.1.7 Seymour Papert (1928 -
1.1.8 Konstruktivismus vs. Konstruktionismus: Die konstruktionistische Lerntheorie Paperts
1.2 DER RADIKALE KONSTRUKTIVISMUS
1.2.1 Ernst von Glasersfeld (1917-
1.2.2 Heinz von Förster (1911-2002)

2. DER PRAGMATISCHE KONSTRUKTIVISMUS
2.1 Was ist pragmatischer Konstruktivismus?
2.2 Auswirkung auf den Lernprozess
2.3 Wie unterscheidet sich diese Theorie von der herkömmlichen Auffassung von Lehren und Lernen?
2.4 Was hat Konstruktivismus mit meinem Unterricht zu tun? 39

3. Konstruktivismus im Unterricht: LERNEN MIT DEM COMPUTER
3.1 Die Idee im Allgemeinen

TEIL II

4. VON DER THEORIE ZUR PRAXIS
Einleitung
4.1 Informationsquelle World Wide Web
4.2 Hypertext
4.2.1 Die Rezeption von Hypertext
4.2.2 Didaktische Überlegungen
4.2.3 Hypertext als Hilfe für das Lernen von Vokabeln
4.3 Blogs
4.4 Abschließende Bemerkungen

5. UNTERRICHTSEINHEIT
Schlusswort

Literaturverzeichnis

Internetadressen

Anhang: Texte

Anhang: Bilder

Anhang: Arbeitsblätter

N.B.

Die Übersetzungen der in der vorliegenden Arbeit angeführten Zitate

erscheinen als Fußnote und wurden von mir erstellt. Ich habe es vorgezogen

die Zitate in der Originalsprache in den Text einzufügen, da dieser nach

meiner Ansicht der Vorrang einzuräumen ist.

Abstract

Das Ziel dieser Arbeit ist es zu untersuchen, ob der Gebrauch des Computers/Internets dem Fremdsprachenunterricht neue Dimensionen verleihen kann.

Im 1. Teil stelle ich die konstruktivistische Lerntheorie, ihren geschichtlichen Hintergrund und Werdegang vor. Im 2. Teil untersuche ich, wie Computer und Internet im konstruktivistischen Klassenzimmer genutzt werden können. Hierzu werden on-line und off-line Ressourcen vorgestellt und Nutzungsbeispiele erläutert.

Es folgt die Beschreibung einer Unterrichtseinheit, die während meines Praktikums an einer italienischen Oberschule im DAF-Unterricht zur Anwendung kam.

Die Schlussfolgerung dieser Arbeit ist, dass der Einsatz des Computers die Qualität des Fremdsprachenunterrichts hebt und ihm neue Werte hinzufügt.

Was wäre ich denn, wenn ich nicht immer mit klugen Leuten umgegangen wäre und von ihnen gelernt hätte?

Johann Wolfgang von Goethe

(1749 - 1832), deutscher Dichter der Klassik, Naturwissenschaftler und Staatsmann

Vorwort

Die vorliegende Arbeit „KONSTRUKTIVISMUS IM DAF-UNTERRICHT“ ist meine Abschlussarbeit zur Erlangung der Lehramtsbefähigung für das Fach „Deutsch als Fremdsprache“ an der italienischen Oberschule.

Als ich damit begann mir den Kopf über dieses Thema zu zerbrechen und auch im Laufe der eigentlichen Textarbeit, geschah etwas Seltsames. Aus der Pflicht wurde allmählich ein Vergnügen und je mehr die Arbeit fortschritt, desto tiefer verstrickte ich mich in die faszinierenden Theorien des Konstruktivismus, sodass ich gezwungen war, mich auf eine Richtung zu konzentrieren, um zu vermeiden, dass aus der Abschlussarbeit „Gesammelte Werke“ würden. Ich habe also eine Wahl getroffen und mich für den pragmatischen Konstruktivismus entschieden, der letztendlich meiner Lehr- und Lebenseinstellung am nächsten liegt.

Konstruktivisten sind der Ansicht, dass die Menschen ihr Wissen selbst „konstruieren“, indem sie aus ihren Erfahrungen lernen und auf diese aufbauen. Man wird hier einwenden wollen, was hieran so neu sein soll. Eigentlich gar nichts. Aber wenn dies nicht neu ist und dieser Lernvorgang der menschlichen Natur entspricht, warum kommen im herkömmlichen Schulunterricht so viele, von dieser Theorie gänzlich abweichende Theorien zum Zuge? Ist es nicht so, dass ein Lernen stattfindet, wenn man Lernmechanismen und seine eigene einzigartige Version des Wissens selbst „baut“? Wenn mir dies nicht erlaubt ist, verliere ich das Interesse an der Sache und education becomes reduced to a pressure from without1 (John Dewey: My Pedagogical Creed).

Lehrer sollten sich mehr auf die Verstehensprozesse konzentrieren und weniger darauf, dass Daten und Fakten im Gedächtnis gespeichert werden. Sie sollten den Schülern helfen über ihren eigenen Lern- und Verstehensprozess nachzudenken. Die Denkvorgänge der Schüler sollten „sichtbar“ gemacht werden, damit Ideen und Meinungen diskutiert und verwertet werden können. Lernen ohne Verstehen ist sinnlos und nur wenn Schüler in die Lage versetzt werden selbst zu erforschen, was sie nicht verstehen, kann wirklich Lernen stattfinden. Ich bin der Meinung, dass sich die Lehrer des 21. Jahrhunderts ändern und angesichts des Wandels der gesellschaftlichen Wirklichkeit (Globalisation, neue Technologien) anpassen müssen. Diese Anpassung kann einerseits nur durch zeitgemäße und zeitangepasste Ausbildung erreicht werden. Andererseits ist es jedoch auch so, dass Ausbildung allein nicht ausreicht, wenn die Überzeugung fehlt, oder man nicht oder nicht mehr bereit ist, diesen neuen Weg einzuschlagen.

Die Existenz der neuen Technologien lässt sich nicht wegzaubern, genau wie dies seiner Zeit mit Papier und Bleistift nicht möglich war. Hier kommt mir Paperts Parabel in den Sinn, in der er über ein hypothetisches Land Foobar spricht, in dem “within four years a pencil and a pad of paper will be placed in every single classroom of the country so that every child, rich or poor, will have access to the new knowledge technology. Meantime the educational psychologists stand by to measure the impact of pencils on learning2. ” Papert verwendete diese Parabel “in the early days of computers to warn against basing negative conclusions about computers on observations about what happens when computers are used in a manner analogous to that pencil experiment. “ 3 Nur ein Papert konnte einen solch treffenden Vergleich ziehen oder, um es mit Einsteins Worten auszudrücken “so simple only a genius could have thought of it”.

TEIL I

1. KONSTRUKTIVISMUS - ein Definitionsversuch

Grundsätzlich ist Konstruktivismus eine auf wissenschaftlichen Studien beruhende Theorie über den Lernvorgang des Menschen. Konstruktivismus ist eine Philosophie des Lernens, die auf der Voraussetzung beruht, dass wir unser eigenes Verständnis der Welt, in der wir leben, „konstruieren“, indem wir über unsere Erfahrungen nachdenken. Immer dann wenn wir auf etwas Neues treffen, müssen wir es mit unseren bisherigen Vorstellungen und Erfahrungen in Einklang bringen, wobei wir vielleicht unsere Ansichten ändern oder die neue Information als unnütz erklären müssen. Um dies tun zu können, müssen wir Fragen stellen, nachforschen und das überprüfen, was wir schon wissen. Wir alle generieren unsere eigenen „Regeln“ und „mentalen Modelle“, die wir verwenden, um unsere Erlebnisse zu verstehen. Lernen ist also einfach der Prozess, unsere mentalen Modelle so anzupassen, dass die neuen Erfahrungen darin einen Platz finden oder mit den Worten Müllers4: „ (...) dass Lernen im konstruktivistischen Ansatz als ein Prozess gesehen wird, in dessen Verlauf Menschen ihr Wissen aktiv handelnd und fühlend in komplexen, authentischen Situationen sowie in Abhängigkeit von ihren Vorerfahrungen und im Austausch mit anderen erwerben. Alles an dieser Konzeption widerspricht der kognitivistischen Computermetapher von Lernvorgängen. “

Das Verb „konstruieren“ kommt vom Lateinischen construere und bedeutet soviel wie ordnen oder Struktur geben. Im Entstehen befindliche strukturgebende Prozesse stehen im konzeptuellen Mittelpunkt des Konstruktivismus.

Im Klassenzimmer kann der konstruktivistische Ausblick auf den Lernprozess eine Reihe verschiedener Lehrmethoden implizieren. Ganz allgemein ausgedrückt, bedeutet das gewöhnlich, dass die Schüler dazu ermutigt werden, aktive Techniken (Experimente, Lösen von Real World -Problemen) anzuwenden, um an mehr Wissen zu kommen und dann nachzudenken und darüber zu sprechen, wie sie vorgegangen sind und wie sich ihr Verständnis einer Sache langsam ändert. Die Lehrkraft ist darum bemüht, die bei den Schülern schon vorhandenen Vorstellungen in Erfahrung zu bringen und zu verstehen. Sie leitet die Tätigkeiten dahin, dass sie diese existierenden Vorstellungen und Begriffe einbezieht und dann auf ihnen aufbaut.

Konstruktivistisch orientierte Lehrkräfte leiten die Schüler dazu an, dauernd zu überprüfen, wie die Tätigkeit ihnen zum Verständnis verhilft. Indem sie sich selbst und ihre Strategien in Frage stellen, werden die Schüler im konstruktivistischen Klassenzimmer zu „Lernexperten“. Es wird ihnen dazu verholfen, die Wege zu erkennen und einzuschlagen, die sie zu lebenslangem Lernen benötigen. Man kann sich diesen Prozess auch wie eine Spirale vorstellen. Wenn man fortlaufend über die eigenen Erfahrungen nachdenkt, bemerkt man, dass diese komplexer und kraftvoller werden. Auf diese Weise können immer stärker werdende Fähigkeiten zur Einbeziehung neuer Informationen entwickelt werden.

Eine der wichtigsten Aufgaben des Lehrers5 ist es also, diesen Lern- und Nachdenkprozess zu ermutigen. Es ist absolut falsch, wie von konservativen Lehrkräften oft vorgegeben wird, dass die aktive Rolle des Lehrers hiermit abgeschafft oder dass sein Expertenwissen nicht zum Zuge kommt. Der Konstruktivismus ändert diese Rolle allerdings dahingehend, dass die Lehrkraft den Schülern hilft, Wissen aufzubauen, nicht eine Reihe von Fakten zu reproduzieren. Der konstruktivistische Lehrer stellt Werkzeuge wie z.B. problem-solving und auf Forschung beruhende Aktivitäten zur Verfügung, mit denen die Schüler ihre Ideen formulieren und überprüfen, Schlüsse ziehen und Beziehungen herstellen, ihr Wissen sammeln und an die Allgemeinheit weiter geben können. Der Konstruktivismus wandelt den Schüler“6 von einem passiven Empfänger von Informationen zu einem aktiven Teilnehmer seines Lernprozesses um. Der Lehrer begleitet, führt seine Schüler und lässt sie ihr Wissen aktiv aufbauen und nicht mechanisch vom Lehrer oder Textbuch präsentiertes Wissen schlucken.

Die konstruktivistischen Theorien nehmen verschiedene Formen an, genau wie die behavioristischen und kognitivistischen. Der Unterschied ist jedoch, dass während die Behavioristen Wissen für mehr oder weniger passiv, für automatische Reaktionen auf externe Faktoren in der Umwelt und Kognitivisten es für abstrakte symbolische Repräsentationen im Kopf der Individuen halten, sieht die konstruktivistische Schule Wissen als eine konstruierte Einheit, die von jedem einzelnen Lerner durch einen Lernprozess hergestellt wird. Wissen kann also nicht von einer Person auf die andere übertragen, sondern muss von jeder einzelnen Person (re)konstruiert werden. Das bedeutet, dass die Auffassung von Wissen sich von der Auffassung des gegebenen und absoluten Wissens des Behaviorismus und Kognitivismus unterscheidet. Im Konstruktivismus wird Wissen als relativistisch gesehen (nichts ist absolut, sondern verändert sich je nach Zeit und Raum).

Der Unterschied zwischen Behaviorismus, Kognitivismus und Konstruktivismus wird von Müller7, 2001, sehr treffend zum Ausdruck gebracht: „ Im Gegensatz zum Behaviorismus, der die Kognition als black box ausklammert und zum Kognitivismus, der den Computer zum Referenzmodell des menschlichen Geistes macht, gibt der Konstruktivismus in seinen anwendungsbezogenen (also pädagogischen und didaktischen) Ausprägungen dem Menschen Leib, Emotionen, Kultur, Geschichte, Kommunikation und Kontext zurück (vgl. dazu Müller, 1996c). “

Aber was genau ist Konstruktivismus?

Fünf grundlegende Themen haben die verschiedenen Theorien des Konstruktivismus gemeinsam. Diese Themen sind (1) aktive Tätigkeit, (2) Ordnung, (3) das Selbst (4) sozialsymbolische Verwandtschaft und (5) lebenslange Entwicklung.

Die Konstruktivisten haben unter Anwendung verschiedener sprachlicher und terminologischer Ausdrücke vorgeschlagen, dass erstens das menschliche Sammeln von Erfahrungen dauernde aktive Tätigkeit impliziert. Dies unterscheidet den Konstruktivismus von Arten des Determinismus, die Menschen als passive, dem Spiel von höheren Kräften ausgesetzt, verstehen wollen. An zweiter Stelle steht die These, dass ein Großteil des menschlichen Tuns aus ordnenden Prozessen besteht - aus dem organisatorischen Anordnen von Erfahrung durch stille, emotionale Vorgänge zum Schaffen von Bedeutung.

Eine dritte weitvertretene Behauptung der Konstruktivisten ist, dass das Organisieren der eigenen Tätigkeit im Grunde selbstbeziehend oder rekursiv ist. Das macht aus dem Körper einen Standort von Erfahrungen und ehrt ein tiefes phänomenologisches Verständnis des Selbst oder der persönlichen Identität. Aber das Selbst ist keine Insel kartesianischer Geistestätigkeit. Menschen wachsen innerhalb von Beziehungen auf.

Das vierte Thema des Konstruktivismus ist, dass das Individuum nicht getrennt von seiner organischen Einbeziehung in gesellschaftliche und symbolische Systeme verstanden werden kann. Diese aktive, bedeutungsvolle und gesellschaftlich eingebettete Selbstorganisation ist Zeichen eines kontinuierlichen Entwicklungsflusses, in dem dynamische dialektische Spannungen wesentlich sind. Ordnung und Unordnung stehen Seite bei Seite in der lebenslangen Suche nach einem dynamischen Gleichgewicht, das niemals ganz erzielt wird.

Zusammen bilden diese fünf Themen einen konstruktiven Ausblick auf die menschliche Erfahrung, dessen Schwerpunkt die Tätigkeit eines sich entwickelnden, in komplexe Beziehungen eingebetteten Ichs darstellt.

1.1 Zur Entstehung des Konstruktivismus

Der Begriff „Konstruktivismus“ hat seine Wurzeln im klassischen Altertum. Wir brauchen nur an die Dialoge zwischen Sokrates und seinen Schülern zu denken, in denen er Fragen stellte, die seine Schüler dazu brachten, selbst die Schwächen ihrer Überlegungen zu erkennen. Das wichtigste didaktische Mittel des Sokrates war die Frage.

Der Sokratische Dialog ist noch immer ein wichtiges Werkzeug, mit dem konstruktivistische Lehrkräfte das Wissen ihrer Schüler überprüfen und neue Lernerfahrungen planen. Böhme8 (1992,134) beschreibt die sokratische Methode mit folgenden Worten: „ Der Lehrer, der nichts lehrt: Sokrates hat mit diesem Paradox einen neuen Typ von Pädagogik erfunden. Man nennt sie, seinen eigenen Worten folgend, mäeutische Pädagogik, d.h. geburtshelfende Pädagogik. Die Idee besteht darin, dass der Lehrer dem Schüler kein Wissen mitteilt, sondern ihm vielmehr bei der Produktion von Wissen Hebammendienste leistet. Der Vorzug, der mäeutischer Pädagogik gegenüber herkömmlicher Wissensvermittlung zukommt, bestehe darin, sagt man, dass das Wissen auf diese Art dem Schüler nichtäuß erlich bleibe, sondern als selbstproduziertes seiner Persönlichkeit integriert werde. Wenn man die Einheit von Wissen und Person als das entscheidende Charakteristikum philosophischen Wissens bezeichnet, also ein typisch philosophischer Effekt. “

Im vergangenen Jahrhundert entwickelten Jean Piaget9 und John Dewey10 auf die Kindheit bezogene Entwicklungs- und Erziehungstheorien, die wir heute Progressive Erziehung nennen und die zur Entstehung des Konstruktivismus geführt haben. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit seien hier nachfolgend einige der wohl renommiertesten Vertreter der Neuzeit des konstruktivistischen Gedankens angeführt:

1.1.1 Jean Piaget

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Den Kern seiner Theorie des Wissens fasste Piaget mit folgenden Worten zusammen:

„ I think that all structures are constructed and that the fundamental feature is the course of this construction: Nothing is given at the start, except some limiting points on which all the rest is based. The structures are neither given in advance in the human mind nor in the external world, as we perceive or organize it.11 (Piaget, 1977b, p.63).

Piaget glaubte, dass der Mensch durch das Bauen einer logischen Struktur nach der anderen lernt. Er kam auch zu dem Schluss, dass sich die Logik des Kindes und seine Denkweise anfänglich vollkommen von der des Erwachsenen unterscheidet. Die Implikationen dieser Theorie und der Art und Weise wie er sie anwendete, haben den Grundstein der konstruktivistischen Pädagogik gelegt.

In seinem Artikel12 äußert sich Seymour Papert über Piaget mit unverhohlener Verwunderung: „ The core of Piaget is his belief that looking carefully at how knowledge develops in children will elucidate the nature of knowledge in general. Whether this has in fact led to deeper understanding remains, like everything about Piaget, controversial. In the past decade Piaget has been vigorously challenged by the current fashion of viewing knowledge as an intrinsic property of the brain. Ingenious experiments have demonstrated that newborn infants already have some knowledge of the kind that Piaget saw as actively constructed by the growing child. But for those, like me, who still see Piaget as the giant in the field of cognitive theory, the difference between what the baby brings and what the adult has is so immense that the new discoveries do not significantly reduce the gap but only increase the mystery13. ”

Ernst von Glasersfeld14:

“ There is a great deal of resistance against this view of knowledge, and of scientific knowledge in particular. The philosophical tradition has for more than two thousand five hundred years perpetuated the notion of human knowledge as the more or less ‘ true ’ representation of a real world15.

Piagets Modell besagt, dass Wissen als eine Sammlung von Aktionsschemen und Denkmodellen gesehen werden muss, die es uns ermöglichen in der Welt, wie wir sie erleben, zu leben und uns zu bewegen. Diese beiden Ansichten über Wissenschaft und die zugrundeliegenden kognitiven Vorgänge sind nicht zu vereinbaren.

Auf der einen Seite stehen die Realisten, für die die Essenz der Wissenschaft im Sammeln von „objektiven“ Daten liegt und die ihnen zufolge für sich selbst sprechen und automatisch wahre Erklärungen darstellen. Für sie ist Wissen das Ergebnis von Entdeckungen.

Auf der anderen Seite steht Piagets Konstruktivismus für den jegliche Wissenschaft das Ergebnis der Begriffsbildung des Verstandes ist. Aus dieser Perspektive symbolisiert Wissen keine unabhängige Wirklichkeit oder stellt diese dar, sondern ist eine Sammlung von Erfindungen, die zufällig zur Welt, wie sie erlebt wird, passt

1.1.2 John Dewey (1859-1952)

John Dewey versteht Erziehung nur innerhalb wirklicher Erfahrungen. Er schrieb: “If you have doubts about how learning happens, engage in sustained inquiry: study, ponder, consider alternative possibilities and arrive at your belief grounded in evidence. Inquiry is a key part of constructivist learning.”16

In seiner berühmten Erklärung17 über die Erziehung formulierte John Dewey die seiner Ansicht nach wesentlichen Aspekte einer sinn- und wertvollen Erziehung. In dieser Rede kommt seine konstruktivistische Haltung immer wieder zum Ausdruck. Der bezeichnende Absatz dieses Credos scheint mir folgender zu sein:

The child ’ s own instincts and powers furnish the material and give the starting point for all education. Save the efforts of the educator connect with some activity which the child is carrying on of his own initiative independent of the educator, education becomes reduced to a pressure from without.”18

John Dewey wies die Ansicht zurück, dass Schulen eintöniges, mechanisches Speichern von Daten durch Auswendiglernen oder Wiederholen in den Mittelpunkt rücken sollten. Er schlug die Methode des „directed living“ (gesteuerten Lebens) vor, in der die Schüler in praktischen Real World -Werkstätten ihre Kenntnisse und Fähigkeiten durch Kreativität und Kollaboration unter Beweis stellen könnten. Den Schülern sollte dazu Gelegenheit gegeben werden, selbst nachzudenken und ihre Gedanken auch zu artikulieren. Diese Vorstellung Deweys kommt besonders stark im Kapitel 12: Thinking in Education seines „Meilensteins“ Democracy and Education zum Ausdruck:

“ But the first stage of contact with any new material, at whatever age of maturity, must inevitably be of the trial and error sort. An individual must actually try, in play or work, to do something with material in carrying out his own impulsive activity, and then note the interaction of his energy and that of the material employed. This is what happens when a child at first begins to build with blocks, and it is equally what happens when a scientific man in his laboratory begins to experiment with unfamiliar objects.

Hence the first approach to any subject in school, if thought is to be aroused and not words acquired, should be as unscholastic as possible. To realize what an experience, or empirical situation, means, we have to call to mind the sort of situation that presents itself outside of school; the sort of occupations that interest and engage activity in ordinary life. And careful inspection of methods which are permanently successful in formal education, whether in arithmetic or learning to read, or studying geography, or learning physics or a foreign language, will reveal that they depend for their efficiency upon the fact that they go back to the type of the situation which causes reflection out of school in ordinary life. They give the pupils something to do, not something to learn; and the doing is of such a nature as to demand thinking, or the intentional noting of connections; learning naturally results. ” 19

Zu den Pädagogen, Philosophen, Psychologen und Soziologen, die zu der Theorie des konstruktivistischen Lernens neue Perspektiven hinzugefügt haben, gehören Lev Vygotsky, Jerome Bruner und David Ausubel.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1.1.3 Lev Vygotsky

Lev Vygotsky wurde 1896 in Russland geboren. Von 1918 bis 1924 lehrte er Literatur und Psychologie, gab Vorlesungen über mit Literatur und Wissenschaft zusammenhängende Probleme und gründete ein psychologisches Labor in einer Lehrerbildungsanstalt (Teacher Training Institute). Vygotsky verfasste eine Theorie der kognitiven Entwicklung, die mehr den zu Grunde liegenden Prozess hervorhob als das endgültige Entwicklungsstadium selbst. Er untersuchte den Zusammenhang zwischen dem kognitiven Prozess und den sozialen Handlungen des Individuums, woraus seine soziokulturelle Entwicklungstheorie entstand. Dieser Theorie zu Folge lernen Schüler, wenn sie Probleme lösen müssen, die über ihrem tatsächlichen Entwicklungsniveau (aber innerhalb ihres potentiellen Entwicklungsniveaus) liegen und zwar unter Anleitung durch Erwachsene oder in Zusammenarbeit mit fähigeren Gleichaltrigen.

1.1.4 Piaget und Vygotsky - eine Gegenüberstellung

Seit der Publikation der ersten Übersetzung von Vygotskys Thought and Language (25 Jahre später in Thinking and Speech umgetauft) ist eine Diskussion im Gange über die Beziehung zwischen Vygotskys und Piagets Theorien. Ihre Meinungen unterscheiden sich hauptsächlich bezüglich ihrer Ansichten über die Bedeutung von Kultur, insbesondere der Rolle der Vermittlung von Handlung durch Artefakte und deren Einfluss auf die Entwicklung des Verstandes.

Der anerkannte Standpunkt ist, dass für Piaget Kinder ihr Wissen durch ihre Handlungen in der Welt konstruieren: to understand is to invent. Im Gegensatz dazu, erhebt Vygotsky den Anspruch, dass Verstehen sozialen Ursprungs ist. Manche Interpreten sind der Ansicht, dass Vygotsky kein Konstruktivist ist, weil er den sozialen Kontext beim Lernen betont, aber andere sehen seine Ansicht, dass Kinder sich ihre Begriffe selbst kreieren als durch und durch konstruktivistisch.

Ich möchte hier nachfolgend diese Differenzen näher untersuchen:

Für Piaget konstruieren Kinder ihr Wissen durch Handlungen: to understand is to invent, Vygotskys Auffassung andererseits, so wird argumentiert, ist, dass jedes Verstehen einen sozialen Ursprung hat. Bei dieser Gegenüberstellung wird jedoch außer Acht gelassen, dass Piaget die gleichwertige Rolle der sozialen Welt bei der Konstruktion von Wissen nie bestritten hat, im Gegenteil gibt es nicht wenige Stellen, wo er unterstreicht, dass das Individuelle und das Soziale von gleicher Wichtigkeit sind:

“ There are no more such things as societies qua beings than there are isolated individuals. There are only relations and the combinations formed by them, always incomplete, cannot be taken as permanent substances. ” (Piaget, 1932, p. 360)20

.. there is no longer any need to choose between the primacy of the social or that of the intellect: collective intellect is the social equilibrium resulting from the interplay of the operations that enter into all cooperation. ” (Piaget, 1970, p. 114)21

Wir sehen an diesen Aussagen, dass für Piaget der soziale Anteil ebenso wichtig war wie die Handlungen des Einzelnen. Vygotsky, seinerseits, bestand auf der Zentralität der aktiven Konstruktion von Wissen: Dies können wir nachfolgender Aussage entnehmen:

“ Activity and practice: these are the new concepts that have allowed us to consider the function of egocentric speech from a new perspective, to consider it in its completeness ... But we have seen that where the child ’ s egocentric speech is linked to his practical activity, where it is linked to his thinking, things really do operate on his mind and influence it. By the word things, we mean reality. However, what we have in mind is not reality as it is passively reflected in perception or abstractly cognized. We mean reality as it is encountered in practice. ” 22 (Vygotsky,1987, pp. 78-79).

1.1.5 Jerome Bruner

Jerome Bruner, 1915 geboren, von 1952 bis 1972 Professor der Psychologie an der Harvard University und von 1972 bis 1980 an der Oxford University, England, zur Zeit an der New School for Social Research in New York City. Er veröffentlichte 1960 THE PROCESS OF EDUCATION 23. Diese Arbeit untersuchte Theorien der kognitiven Entwicklung mit dem Ziel neue, bessere Curricula zu verfassen. Er war der Initiator von Curriculumsänderungen, die auf der Überzeugung beruhten, dass der Lernvorgang ein aktiver, sozialer Prozess ist, im Laufe dessen die Schüler neue Ideen oder Begriffe konstruieren, denen ihr bestehendes Wissen zu Grunde liegt.

Beeinflusst durch Piagets Untersuchungen der kindlichen Entwicklung, stellte Bruner eine kognitive Entwicklungstheorie vor, die die aktive Rolle des Schülers im Lernprozess hervorhebt. Mit aktiver Rolle ist gemeint, dass der Lerner Hypothesen formuliert, neue Ideen „konstruiert“ und Informationen selektiert, die in bestehendes Wissen und Erfahrungen integriert werden. Bruner ist für die Förderung von Lehraktivitäten, die den Schülern erlauben, Wissen zu entdecken und aufzubauen.

Er identifiziert vier bedeutende Aspekte wirksamen Lehrens und Lernens:

1) Einstellung gegenüber dem Lernen 2) Die Lernfähigkeit des Schülers respektierende Präsentationsweise von Wissen 3) Präsentation von Material in wirksamer Reihenfolge und 4) sorgsam überlegte und zeitlich abgestimmte Belohnungen und Bestrafungen. Er vertritt die Position, dass Wissen progressiv strukturiert sein sollte und zwar mit einfachen Begriffen beginnend, zur Formulierung neuer Behauptungen übergehend und bis hin zur Manipulation von Informationen reichen sollte.

1.1.6 DAVID AUSUBEL (1918-

David Ausubel, Psychologe, hat auf der Arbeit Jean Piagets und anderer Konstruktivisten aufgebaut. Er hat die Beziehung zwischen dem bedeutsamen Lernprozess (process of meaningful learning) und der beim Lerner vorhandenen kognitiven Struktur untersucht. Er wurde von Piagets Rahmenwerk der verschiedenen kognitiven Entwicklungsstufen beeinflusst und vertritt die Auffassung, dass Lernen durch die Interaktion zwischen neuen „Materialien“ und diesbezüglichem, in der kognitiven Struktur des Lerners vorhandenen Vorwissen, zustande kommt.

Er tritt für einen Lehrplan ein, der dem jeweiligen kognitiven Entwicklungsstadium des Lerners entspricht. Interessant ist, dass Ausubel die sogenannten direkten Lehrmethoden verficht, im Gegensatz zu den meisten konstruktivistischen Bildungstheoretikern, die der Ansicht sind, dass diese Methoden passives Lernen durch mechanisches Wiederholen unterstützen.

Er stellte seine „ Theory of Meaningful Verbal Learning ” in THE PSYCHOLOGY OF MEANINGFUL VERBAL LEARNING, 1963 veröffentlicht, vor, und arbeitete später seine Gedanken weiter aus IN EDUCATIONAL PSYCHOLOGY: A COGNITIVE VIEW, das 1968 publiziert wurde.

1.1.7 Seymour Papert (1928-

Zu den namhaftesten Persönlichkeiten unter den Konstruktivisten gehört ohne Zweifel Seymour Papert, ein Vertreter des sogenannten pragmatischen Konstruktivismus.

Es ist die Richtung des pragmatischen Konstruktivismus, die dieser Arbeit zu Grunde liegt und deswegen möchte ich die Theorien dieses Wissenschaftlers eingehender behandeln.

Er ist einer der führenden Experten im Bereich der integrierenden Computertechnologie innerhalb des konstruktivistischen Kreises. Seymour Papert entwickelte die LOGO-Programmiersprache. Durch diese Computersprache wird Grundschulkindern Mathematik gelehrt (im Gebrauch). Mit Hilfe von LOGO kreieren Kinder Programme zur Ausführung verschiedener mathematischer Rechenprozesse und manipulieren geometrische Figuren.

Papert hat mehr als sechzig Artikel über Erziehung und Intelligenz, Mathematik, Wahrnehmungspsychologie und Epistemologie veröffentlicht. Seine bedeutendsten Werke sind: Mindstorms: Children, Computers, and Powerful Ideas; The Children ’ s Machine: Rethinking School in the Age of the Computer; The Connected Family: Bridging the Digital Generation Gap. Professor Papert hat den Lego-Lehrstuhl für Learning Research an der Massachusetts Institute of Technology Media Lab inne und ist Mitgründer der Artificial Intelligence and Media Laboratories. Ferner ist er Vorsitzender des Advisory Board der MaMaMedia Inc., ein prämierte Internetinstitution für Kinder.

1.1.8 Konstruktivismus vs. Konstruktionismus

Die konstruktionistische Lerntheorie Paperts

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Durch den Einfluß Jean Piagets orientiert sich Papert an konstruktivistischen und kognitionspsychologischen Lerntheorien, die die aktive Rolle des lernenden Subjekts betonen (Konstruktivismus nach Jean Piaget).

Papert benutzt den Ausdruck „contructionism“ als Benennung für seinen Ansatz des Lernens. Mit Paperts Worten: “ Constructionism is built on the assumption that children will do best by finding ( “ fishing ” ) for themselves the specific knowledge they need. Organized or informal education can help most by making sure they are supported morally, psychologically, materially, and intellectually in their efforts. ”24 (1993 S.139) In diesem Sinne ist das Ziel “to teach in such a way as to produce the most learning for the least teaching ” .25

Der Konstruktionismus unterscheidet sich vom Konstruktivismus insofern als dass “ it looks more closely than other educational -isms at the idea of mental construction. It attaches special importance to the role of constructions in the world as a support for those in the head, thereby becoming less of a purely mentalist doctrine. ”26 (1993, S.143)

Als Beispiele für konstruktionistische Lerntätigkeiten, führt Papert unter anderen das Abmessen der Zutatenmengen zum Backen eines Kuchens an, das Bauen mit Legosteinen oder das Arbeiten mit der Computerprogrammiersprache LOGO, die eigens von Papert und seinen Kollegen für Lernzwecke entwickelt wurde.

Paperts Lernphilosophie und sein konstruktionistischer Ansatz sind für ihre Verwirklichung auf den Computer angewiesen.

[...]


1 Erziehung wird zu einem Druck von außen

2 „innerhalb von vier Jahren werden Bleistift und Notizblock in jedem Klassenzimmer des Landes vorhanden sein, so dass jedes Kind, reich oder arm, Zugang zu dieser neuen Wissenstechnologie haben wird. In der Zwischenzeit werden die Erziehungspsychologen sich damit beschäftigen, die Auswirkung der Bleistifte auf den Lernprozess zu untersuchen“.

3 „in der Anfangszeit des Computers, um vor negativen Schlüssen zu warnen, die sich auf Bemerkungen stützen über das, was geschieht, wenn Computer, ähnlich wie in jenem Bleistiftexperiment, zur Anwendung gelangten.“

4 Müller K., 2001

5 das Wort „Lehrer“ bezieht sich in der gesamten Arbeit immer auch auf die „Lehrerin“

6 das Wort „Schüler“ bezieht sich in der ganzen Arbeit immer auch auf die „Schülerin“

7 Müller, K., Der pragmatische Konstruktivismus, in Konstruktivistische Schulpraxis, Neuwied; Kriftel: Luchterhand 2001

8 Böhme, G., 1992: Der Typ Sokrates. Frankfurt/M.

9 Jean Piaget (1896-1980), ein Schweizer Psychologie- und Soziologieprofessor, widmete sein Leben der Frage: Wie wächst Wissen? Piaget kam zu dem Schluss, dass der Mensch durch die Konstruktion progressiv komplexer logischer Strukturen, von der Kindheit an bis zum Erwachsenenalter, lernt. Die konstruktivistische Pädagogik basiert auf dieser Prämisse des Bauens sukzessiven Wissens, dessen Tiefe und Komplexität von Stufe zu Stufe anwächst.

10 John Dewey (1859-1952), ein amerikanischer Philosoph und Pädagoge war der angesehenste Pädagoge seiner Zeit. Er lehnte die gängigen autoritären Lehrtechniken ab und das Ziel seiner Arbeit war Methoden und Curricula zu ändern. Zwei seiner bekanntesten Arbeiten sind DEMOCRACY AND EDUCATION (1916) und LOGIC (1938).

11 „Ich glaube, dass alle Strukturen konstruiert sind und das grundlegende Kennzeichen der Verlauf dieser Konstruktion ist: Nichts ist gegeben am Anfang, außer einigen Begrenzungen, auf denen alles andere aufbaut. Die Strukturen sind weder in der menschlichen Vorstellung vorher gegeben noch in der Außenwelt, wie wir sie empfinden oder uns einrichten.“

12 in einer Spezialausgabe des Time magazine über „ The Century ’ s Greatest Minds “ , Seite 105, am 29. März 1999 erschienen.

13 „Der Kern der piagetschen Theorie ist sein Glaube, dass aufmerksame Beobachtung der Entwicklung des Wissens bei Kindern, Licht auf die Natur des Wissens werfe. Ob dies tatsächlich zu einem tieferen Verständnis geführt hat, bleibt kontrovers, wie alles im Zusammenhang mit Piaget. Im vergangenen Jahrzehnt ist Piaget heftig von der verbreiteten Ansicht, dass Wissen eine immanente Eigenschaft des Verstandes sei, in Frage gestellt worden. Raffinierte Versuche haben bewiesen, dass Neugeborene schon Wissen jener Art besitzen, das Piaget als für aktiv vom heranwachsenden Kind konstruiert, hielt. Aber für diejenige, die Piaget immer noch für den Riesen auf dem Gebiet der kognitivistischen Theorie halten und zu denen auch ich gehöre, ist der Unterschied zwischen dem, was Säuglinge mitbringen und was dann bei Erwachsenen vorhanden ist, so gewaltig, dass die neuen Entdeckungen die Kluft nicht bedeutend verkleinern, sondern die Rätselhaftigkeit nur zunehmen lassen.“

14 Ernst von Glasersfeld, Scientific Reasoning Research Institute, Hasbrouck Laboratory, University of Massachusetts, Amherst, MA 01003, USA: Homage to Jean Piaget (1896-1980), 12.12.1997 (http://www.oikos.org/Piagethom.htm)

15 Gegen Piagets Auffassung des Wissens und insbesondere des wissenschaftlichen Wissens wird viel Widerstand geleistet. Für mehr als zweitausendfünfhundert Jahre hat die philosophische Tradition das menschliche Wissen als das mehr oder weniger „wahre“ Abbild der wirklichen Welt definiert.

16 Wenn du Zweifel hast über wie Lernen stattfindet, stelle laufend Fragen: Untersuche, wäge ab, ziehe Alternativen in Betracht und komme zu deiner, auf Beweisen gründenden Überzeugung. Das Stellen von Fragen ist der Schlüssel zu konstruktivistischem Lernen.

17 My Pedagogical Creed: John Dewey's famous declaration concerning education. First published in The School Journal, Volume LIV, Number 3 (January 16, 1897), pages 77-80.

18 “Des Kindes eigene Instinkte und Kräfte liefern das Material und verkörpern den Ausgangspunkt für die Erziehung schlechthin. Erziehung reduziert sich auf einen Druck von Außen, wenn die Bemühungen des Lehrers nicht in Verbindung mit einer Tätigkeit stehen, die das Kind aus eigener Initiative und unabhängig vom Lehrer verrichtet.

19 “Aber das erste Stadium des Kontakts mit neuem Material, egal in welchem Alter des Reifeprozesses, muss unweigerlich das des Experimentierens sein. Der Einzelne muss tatsächlich versuchen, im Spiel oder bei der Arbeit, etwas mit einem Material anzufertigen in Ausführung seiner spontanen Tätigkeit, und dann die gegenseitige Einwirkung seines Kraftaufwandes und jenen des verwendeten Materials beobachten. Genau dies geschieht, wenn Kinder zum ersten Mal mit Bauklötzen bauen und genauso, wenn ein Wissenschaftler in seinem Laboratorium anfängt, mit unbekannten Gegenständen zu experimentieren. Folglich, wenn Gedanken erweckt und nicht nur Wörter gelernt werden wollen, sollte die Annäherungsart an jedes beliebige Fach in der Schule so unschulisch wie möglich sein. Wir müssen jene Arten der Gegebenheiten und Beschäftigungsarte in unser Bewusstsein rufen , die von Interesse sind, im normalen Leben ihren Platz haben und außerhalb der Schule gegenwärtig sind, um uns zu verdeutlichen, was eine Erfahrung oder empirische Situation bedeutet. Bei einer sorgfältigen Untersuchung der Methoden, die in der formellen Erziehung von dauerhaftem Erfolg gekrönt sind, sei dies im Rechnen oder Lesenlernen, im Geographie-, Physik- oder Fremdsprachenunterricht, wird sich herausstellen, dass sie, um wirksam zu sein, von der Tatsache abhängen, dass sie sich auf den Situationstypus beziehen, der außerhalb der Schule, im normalen Leben, zum Nachdenken anregt. Sie geben den Schülern etwas zu tun, nicht zu lernen und das Tun ist solcher Art, dass es Denken oder das absichtliche Bemerken von Zusammenhängen erfordert und die Schüler somit auf natürliche Art und Weise lernen.“

20 „Es gibt keine solchen Dinge wie Gesellschaften aufgrund der Lebewesen/Geschöpfe, genau wie es keine isolierten Individuen gibt. Es gibt nur Beziehungen und die Vereinigungen, die durch sie hergestellt werden, sind immer unvollendet und können nicht als dauerhafte Substanzen bewertet werden.“

21 “...es besteht keine Notwendigkeit mehr zwischen dem Vorrang des Sozialen und des Intellekts wählen zu müssen: Kollektiver Intellekt ist das soziale Gleichgewicht als Ergebnis des Zusammenspiels der Vorgänge, die zu jeder Art der Kooperation gehören.“

22 “Tätigkeit und Praxis: Diese sind die neuen Begriffe, die es uns ermöglicht haben, die Funktion von egozentrischer Rede aus einer neuen Perspektive zu betrachten, in ihrer Vollständigkeit in Erwägung zu ziehen .Aber wir haben gesehen, dass da, wo die egozentrische Rede des Kindes mit seiner praktischen Handlung, mit seinen Denkvorgängen verbunden ist, die Dinge sich wirklich auf seine Denkweise auswirken und sie beeinflussen. Mit dem Wort „Dinge“ meinen wir die „Wirklichkeit“. Jedoch, was wir im Sinn haben, ist nicht die Wirklichkeit, wie sie sich passiv in der Wahrnehmung widerspiegelt oder abstrakt wahrgenommen wird. Wir meinen die Wirklichkeit, wie sie in der Praxis anzutreffen ist.“

23 The Process of Education, Jerome Bruner, veröffentlicht von Harvard University Press, Cambridge, MA, 1963

24 „Der Konstruktionismus basiert auf der Annahme, dass Kinder ihr Bestes geben, wenn sie die von ihnen benötigten Kenntnisse selbst herausfinden („angeln“) dürfen. Organisierte oder informelle Erziehung kann hierzu am Besten beitragen, indem sie die Kinder moralisch, psychologisch, materiell und intellektuell in ihren Bemühungen unterstützt.“

25 „auf eine derartige Art und Weise zu lehren, dass der kleinste Lehraufwand den größten Lernerfolg hat.“

26 „mehr als andere Erziehungstheorien befasst er sich näher mit dem Gedanken der mentalen Konstruktion. Er weist den Konstruktionen in der Welt, als Stütze für jene des Geistes, eine Rolle besonderer Wichtigkeit zu und wird hierdurch zu mehr als einer rein mentalistischen Doktrin.“

Ende der Leseprobe aus 116 Seiten

Details

Titel
KONSTRUKTIVISMUS IM DAF-UNTERRICHT
Hochschule
Libera Università di Bolzano
Note
80/80 (= 1)
Autor
Jahr
2004
Seiten
116
Katalognummer
V25671
ISBN (eBook)
9783638282284
Dateigröße
1324 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Es handelt sich hier um die Diplomarbeit der 2-jährigen Lehrerbildungsanstalt in Brixen/Italien zur Erlangung der Lehramtsbefähigung für das Fach Deutsch als Fremdsprache an der italienischen Oberschule.
Schlagworte
KONSTRUKTIVISMUS, DAF-UNTERRICHT
Arbeit zitieren
Vera Schladitz del Campo (Autor:in), 2004, KONSTRUKTIVISMUS IM DAF-UNTERRICHT, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/25671

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