»Julius, erfolgreicher Kreativdirektor, macht mit Stefan, dem kleinen Zeichner, einen „Managertest“. Er reicht ihm einen Zeitungsbogen: „Bau daraus einen Hut. Setz ihn auf!“ Stefan tut’s. „Steig auf den Stuhl!“ Stefan zögert – und gehorcht. Julius winkt ab und meint trocken: „Ein Manager setzt keinen Papierhut auf und steigt auf keinen Stuhl. Test nicht bestanden!“« Dieser Dialog zwischen Heiner Lauterbach und Uwe Ochsenknecht stammt aus dem Spielfilm „Männer“ und ist nur ein Beispiel für einen psychologischen Test, wie er auch in einem Assessment-Center hätte stattfinden können. Eine weitere oft kritisierte Übung ist zum Beispiel diese: »Wie würden Sie sich in folgender Testsituation verhalten? Sie und fünf andere Personen sind in einer Höhle eingeschlossen. Das Wasser steigt unaufhaltsam. Nur einer kann – in der Kürze der Zeit – gerettet werden. Die Gruppe hat 30 Minuten Zeit zu entscheiden, wer der Glückliche sein soll!« Diese ethisch sehr fragwürdigen Übungen sind Gründe dafür, warum die ACs einen so schlechten Ruf haben. In der Realität wird Unternehmen jedoch ein Instrument zur Verfügung gestellt, das professionell angewendet die Personalauswahl grundlegend verändern und verbessern kann.
Für den Erfolg eines Unternehmens sind die Qualifikation und das Verhalten der Mitarbeiter von entscheidender Bedeutung. Es ist also kein Wunder, dass viele Firmen weder Zeit noch Kosten scheuen, um die Personalauswahl und die Fortbildung ihrer Mitarbeiter zu perfektionieren. Die bekannten Auswahlmethoden, wie das klassische Bewerbungsgespräch, reichen hierbei jedoch längst nicht mehr aus, um aus einer Vielzahl von Kandidaten für eine leitende Funktion den bestmöglichen bzw. den geeignetesten herauszufiltern. Auf der Suche nach neuen Methoden hat sich das AC innerhalb der letzten Jahre zu einem der wichtigsten Instrumente der Personalauswahl entwickelt, wobei es vor allem in mittleren und größeren Unternehmen zur Auswahl von Führungskräften eingesetzt wird.
Im Rahmen dieser Arbeit gehe ich auf die Vorteile der ACs ein, erkläre deren Ablauf und versuche, die bestehenden Vorurteile zu widerlegen. Es gilt aber auch, sich mit den negativen Seiten auseinander zu setzen und gegebenenfalls nach Alternativen zu suchen.
INHALTSVERZEICHNIS
1. VORWORT
2. EINFÜHRUNG
2.1. Geschichte und Entwicklung
2.2. Definition
2.3. Grundprinzipien
3. INSTRUMENTE DES TESTVERFAHRENS
3.1. Mündliche Übungen
3.1.1. Formen der Gruppendiskussion
3.1.2. Präsentationsübungen
3.1.3. Fallstudien
3.1.4. Rollenspiele
3.1.5. Interviews
3.2. Schriftliche Übungen
3.2.1. Postkorbübung
3.2.2. Testverfahren
3.3. Die Beobachtung
3.4. Rückmeldung durch die Beteiligten
4. ALTERNATIVE ERSCHEINUNGSFORMEN
5. BEWERTUNG DES ASSESSMENT-CENTERS
5.1. Vorteile
5.1.1. Für den Veranstalter
5.1.2. Für die Teilnehmer
5.2. Nachteile
5.2.1. Für den Veranstalter
5.2.2. Für die Teilnehmer
6. RESÜMEE
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
LITERATURVERZEICHNIS
1. VORWORT
» Julius, erfolgreicher Kreativdirektor, macht mit Stefan, dem kleinen Zeichner, einen „Managertest“. Er reicht ihm einen Zeitungsbogen: „Bau daraus einen Hut. Setz ihn auf!“ Stefan tut’s. „Steig auf den Stuhl!“ Stefan zögert – und gehorcht. Julius winkt ab und meint trocken: „Ein Manager setzt keinen Papierhut auf und steigt auf keinen Stuhl. Test nicht bestanden!“ «[1] Dieser Dialog zwischen Heiner Lauterbach und Uwe Ochsenknecht stammt aus dem Spielfilm „Männer“ und ist nur ein Beispiel für einen psychologischen Test, wie er auch in einem Assessment-Center[2] hätte stattfinden können. Eine weitere oft kritisierte Übung ist zum Beispiel diese: » Wie würden Sie sich in folgender Testsituation verhalten? Sie und fünf andere Personen sind in einer Höhle eingeschlossen. Das Wasser steigt unaufhaltsam. Nur einer kann – in der Kürze der Zeit – gerettet werden. Die Gruppe hat 30 Minuten Zeit zu entscheiden, wer der Glückliche sein soll! «[3] Diese ethisch sehr fragwürdigen Übungen sind Gründe dafür, warum die ACs einen so schlechten Ruf haben. In der Realität wird den Unternehmen, die ACs einsetzen, jedoch ein Instrument zur Verfügung gestellt, das professionell angewendet die Personalauswahl grundlegend verändern und verbessern kann.
Für den Erfolg eines Unternehmens ist die Qualifikation und das Verhalten der Mitarbeiter von entscheidender Bedeutung. Es ist also kein Wunder, dass viele Firmen weder Zeit noch Kosten scheuen, um die Personalauswahl und die Fortbildung ihrer Mitarbeiter zu perfektionieren. Die bekannten Auswahlmethoden, wie das klassische Bewerbungsgespräch, reichen hierbei jedoch längst nicht mehr aus, um aus einer Vielzahl von Kandidaten für eine leitende Funktion den bestmöglichen bzw. den geeignetesten herauszufiltern. Auf der Suche nach neuen Methoden hat sich das AC innerhalb der letzten Jahre zu einem der wichtigsten Instrumente der Personalauswahl entwickelt,[4] wobei es vor allem in mittleren und größeren Unternehmen zur Auswahl von Führungskräften eingesetzt wird.
In einer etwas verkürzten Form[5] wird das AC inzwischen auch als Auswahlinstrument für Auszubildende für zukünftige Führungspositionen eingesetzt.[6] Diese Tatsache und die Erfahrung, die ich damit persönlich im Laufe meiner Suche nach einem geeigneten Ausbildungsbetrieb gemacht habe, war ausschlaggebend dafür, mich intensiver mit diesem Thema zu beschäftigen. Im Rahmen dieser Hausarbeit gehe ich auf die Vorteile der ACs ein, erkläre deren Ablauf und versuche, die bestehenden Vorurteile zu widerlegen. Es gilt aber auch, sich mit den negativen Seiten dieses Personalauswahlinstruments auseinander zu setzen und gegebenenfalls nach Alternativen zu suchen.
2. EINFÜHRUNG
2.1. Geschichte und Entwicklung
Die ersten Ansätze der AC-Methodik liegen bis zur Antike zurück. Im Jahre 1677 wurde in England erstmals ein Verfahren zur Offiziersauswahl entwickelt, das dem heutigen AC grob ähnelte. Das erste System, welches als wahrer Vorläufer des heutigen ACs beschrieben werden kann, wurde ab 1926/1927 in der Weimarer Republik von Wehrmachtspsychologen entwickelt und dazu genutzt, geeignete Offiziere für die Reichswehr auszuwählen. Verantwortlich hierfür ist Professor Rieffert, der im Auftrag des Reichswehrministeriums ab dem Jahre 1920 nach einer Möglichkeit suchte, die Auswahlmethoden für Offiziersanwärter zu verbessern. Im Jahre 1927 hatte sich dieses Verfahren schon soweit etabliert, dass kein Offizier der Reichswehr mehr ernannt werden konnte, bevor er nicht ein solches Auswahlverfahren erfolgreich durchlaufen hatte.[7] In den 50er Jahren entwickelten die Amerikaner dieses Rekrutierungsinstrument weiter, bis 1958 AT&T[8] als erstes Unternehmen ein AC einsetzte, welches wirtschaftlichen Zwecken diente und als Auswahlinstrument für Führungskräfte im Verkauf genutzt wurde. Anfangs setzten sich ACs in der Wirtschaft jedoch noch nicht durch. 1969 gab es lediglich 12 amerikanische Organisationen die ACs einsetzten. Allerdings erhöhte sich diese Zahl bereits zehn Jahre später auf ca. 1000 oder mehr Einrichtungen weltweit.[9] Aufgrund des Pionierverhaltens amerikanischer Konzerne ist es verständlich, dass es sich bei den ersten Versuchen industrielle ACs in Deutschland zu etablieren, um Firmen aus den USA handelte. IBM führte 1969 als erstes Unternehmen ein AC als Personalauswahlinstrument in Deutschland ein.[10] BAT folgte diesem Vorbild ein Jahr später. Anfangs hatten diese Unternehmen Schwierigkeiten, sich nach dem Erfolg in den USA nun auch in Deutschland mit dem AC durchzusetzen, da die Testunterlagen zu dem Verfahren ohne Änderungen aus den USA über-nommen wurden. Später jedoch, nachdem die Instrumente des Verfahrens für deutsche Verhältnisse neu gestaltet und aufbereitet wurden, stellte sich der erwünschte Erfolg auch in Deutschland ein.[11] Die wirtschaftlichen Erfolge, die sich nach dem Einsatz der ACs für IBM ergaben, wurden der Personalauswahl zugeschrieben, so dass der Vermarktung dieses Auswahlverfahrens von diesem Zeitpunkt an nichts mehr im Wege stand. Dies wird durch den enormen Erfolg, den dieses Verfahren zu Beginn der achtziger Jahre in der deutschen Wirtschaft erzielen konnte, bestätigt.[12]
2.2. Definition
Der Begriff „Assessment-Center“ stammt aus dem Englischen, um genauer zu sein aus dem Amerikanischen und setzt sich aus den Wörtern „to assess“, was soviel wie „einschätzen“ oder „beurteilen“ bedeutet und „Center“ (=„Zentrum“/„Mittelpunkt“) zusammen.[13] Gemeint ist mit dem Begriff „Beurteilungszentrum“ ein Verfahren der Personalauswahl, mit dem die Fähigkeiten und die Eigenschaften[14] der eingeladenen Bewerber möglichst praxisorientiert getestet, beurteilt und die Teilnehmer daraufhin ausgewählt werden.
2.3. Grundprinzipien
ACs werden inzwischen allein in Deutschland von weit über 200 Unternehmen[15] eingesetzt. Der Sinn der ACs ist es, die Personen, die sich für eine freie Stelle in einem Unternehmen bewerben, durch ein möglichst praxisnahes Auswahlverfahren auf die Fähigkeiten zu testen, die in der zu besetzenden Stelle benötigt werden.[16] Die Dauer des Testverfahrens richtet sich nach der Größe der Gruppe und nach der Anzahl der Übungen, die absolviert werden müssen. Das AC kann in einigen Stunden beendet werden oder aber auch bis zu drei Tage dauern. Fast immer wird es in einer Gruppe durchgeführt, die aus ca. 6-12 Bewerbern besteht.[17] Die ACs setzen sich typischerweise aus Verhaltens- und Arbeitsproben sowie aus Gruppenübungen zusammen, die teilweise auch einzeln durchgeführt werden können. Außerdem sind bewährte Auswahlmethoden wie Persönlichkeits- und Intelligenztests ebenso Bestandteil wie das Stressinterview, welches in seiner Durchführung an das traditionelle Bewerbungsgespräch erinnert.[18] Bewertet werden die bei den einzelnen Übungen erbrachten Leistungen der Bewerber durch Beobachter, die sich aus geschultem Personal und/oder Mitarbeitern des Unternehmens zusammensetzen.[19] Geleitet wird die gesamte Veranstaltung von einem Moderator, der nicht als Beobachter tätig ist. Seine Aufgabe ist es, die Teilnehmer durch das AC-Programm zu führen und sie in die verschiedenen Übungen einzuweisen. Entscheidend für den Erfolg eines ACs ist eine ständige Anpassung und Weiterentwicklung der im AC eingesetzten Instrumente. Diese müssen der Unternehmenskultur und dem Zeitverlauf angepasst werden, da sich die in das AC gesetzten Anforderungen kontinuierlich wandeln.[20]
Das typische Standard-AC existiert nicht, da die eingesetzten Instrumente, je nachdem welche Position besetzt werden soll, d.h. welche Anforderungen erfüllt werden müssen und wie das veranstaltende Unternehmen strukturiert ist, in ihrem Auftreten und ihrem Umfang stark variieren können. Die Flexibilität in der Organisation ist entscheidend für die Qualität eines ACs, da mit einem standardisierten Aufbau keine geeigneten Mitarbeiter für unterschiedliche Positionen ausgewählt werden können.[21] Trotz der positionsspezifischen Konzipierung der ACs, gibt es bestimmte Merkmale, die – wie die Methodenvielfalt – immer Bestandteil sein werden. Außerdem lassen sich „Klassiker“ unter den verschiedenen Übungen herausfiltern, die immer wieder anzutreffen sind und daher im Folgenden beschrieben werden.
3. INSTRUMENTE DES TESTVERFAHRENS
3.1. Mündliche Übungen
3.1.1. Gruppendiskussionen
Gruppendiskussionen gehören zum Standardrepertoire vieler ACs. Grundsätzlich ist also davon auszugehen, dass in jedem AC eine oder mehrere Gruppendiskussionen eingesetzt werden, die zwar in verschiedenen Formen auftreten aber doch alle auf ein gemeinsames Ziel ausgerichtet sind. Mit Hilfe dieses Instruments demonstrieren die Teilnehmer ihre Fähigkeit, in einem Team zu arbeiten und geben den Beobachtern Erkenntnis darüber, wie sich jeder Einzelne in Teamarbeitssituationen verhält. Bei dieser Methode ist es für die Teilnehmer wichtig, das eigene Ziel zu verfolgen aber dennoch darauf zu achten, das Gruppenziel nicht zu vernachlässigen. Ausschlaggebend ist also, sich eine Strategie für die Diskussion zurechtzulegen und dabei außerdem noch auf seine Körpersprache zu achten. Es ist zwar von den Erwartungen der Beobachter abhängig, welche Verhaltensweisen als positiv und welche als negativ gewertet werden; allgemein gilt allerdings, dass nicht das Ergebnis der Diskussion entscheidend ist, sondern der Weg, wie es erreicht wurde.[22]
Die häufigste Form einer Diskussion ist die „Führerlose Gruppendiskussion“. Bei dieser wird ein Thema[23] vom Moderator vorgestellt, über das 5-8 Kandidaten während eines festgelegten Zeitraums spontan frei diskutieren sollen. Ähnlich läuft die „Führerlose Gruppendiskussion mit vorgegebenen Rollen“ ab. Diese ähnelt einem Rollenspiel[24], bzw. einem Planspiel, was bedeutet, dass den Diskussionsteilnehmern eine Situationsbeschreibung erklärt wird, zu der sie sich in eine bestimmte vorgegebene Rolle hineinversetzen müssen. Anschließend ist es die Aufgabe der Teilnehmer, die Interessen ihrer zugewiesenen Rollen während der Diskussion zu vertreten und dementsprechend zu argumentieren. Die „Führerlose Gruppendiskussion ohne vorgegebenes Thema“ differenziert sich in der Hinsicht von den bereits genannten Diskussionsformen, als dass sich die Gruppe bei dieser Abwandlung vor der eigentlichen Diskussion zunächst auf ein gemeinsames Thema einigen muss, mit dem alle einverstanden sind. Hierbei ist zu beachten, dass dem Bereich der Themenfindung seitens der Beobachter ebenso viel Bedeutung zugesprochen wird, wie der darauffolgenden Diskussion. Ein weiteres Beispiel für Gruppendiskussionen ist die „Gruppendiskussion mit individueller Vorbereitung“, bei der gleichermaßen Durchsetzungsvermögen aber auch das kooperative Verhalten der Kandidaten von den Beobachtern bewertet werden. Hierbei wird an jeden Einzelnen aus der Gruppe eine Liste bestimmter Kriterien wie z.B. Eigenschaften oder Fähigkeiten einer Führungskraft verteilt, die die Teilnehmer zunächst entsprechend ihrer eigenen Prioritäten sortieren müssen. Anschließend ist es die Aufgabe der Gruppe über diese Ergebnisse zu diskutieren, um letztendlich eine gemeinsame Rangfolge auszuarbeiten. Jeder für sich muss bei diesem Verfahren eine Kombination aus dem Verfolgen der eigenen Interessen und denen der Gruppe auswählen.[25]
3.1.2. Präsentationsübungen
Die Präsentation ist ein weiterer typischer Bestandteil des klassischen ACs. Die Aufgabe der Teilnehmer ist es hierbei, einen Vortrag zu einem vorgegebenen Thema auszuarbeiten und diesen anschließend vor einem Publikum zu präsentieren, welches aus Beobachtern und den Mitbewerbern besteht. Abhängig von der Dauer der Vorbereitungszeit wird entweder nur ein Kurzvortrag oder eine längere Präsentation erwartet. In jedem Fall ist aber die visuelle Unterstützung durch Flip-Chart, Wandtafel oder ähnliche Hilfsmittel zu empfehlen, falls der Einsatz dieser erlaubt sein sollte. Konfrontiert werden die Teilnehmer mit diesem Instrument meist schon zu Beginn des ACs, da sich diese Übung besonders gut zur Vorstellung der Kandidaten eignet.[26] Besonderen Wert legen die Beobachter bei diesen Übungen auf das sprachliche Ausdrucksvermögen der Kandidaten. Die soziale Komponente hingegen, die bei Gruppendiskussionen so wesentlich ist, tritt hier in den Hintergrund. Wichtiger sind Kriterien wie das selbstsichere Auftreten und die persönliche Ausstrahlung. Vorausgesetzt werden bei diesen Übungen darüber hinaus rhetorische Geschicklichkeit, Überzeugungskraft und eine gekonnte Struktur des Vortrags.[27]
3.1.3. Fallstudien
Im Rahmen der Personalauswahl wird – vor allem bei der Auswahl zukünftiger Manager – häufig auf Fallstudien zurückgegriffen. Diese wurden bereits Anfang des letzten Jahrhunderts bei der „Harvard Business School“ eingeführt.[28] Die Idee der Fallstudien ist es, dass die AC-Teilnehmer in der Gruppe oder einzeln allgemeine Problemstellungen aus dem Arbeits- und Privatleben bearbeiten müssen,[29] was je nach Umfang ca. eine oder mehrere Stunden dauern kann. Zum Teil werden auch komplexe Probleme und Aufgabenstellungen behandelt, die so oder ähnlich in der angestrebten Position auftreten können.[30] Beurteilt werden die Kandidaten zum einen nach ihren analytischen und organisatorischen Kompetenzen aber auch danach, wie sie an ein schwieriges Problem herangehen und eine Lösung dazu erarbeiten.[31] Das Einsetzen realer Projektaufgaben ist bei Fallstudien denen mit allgemeiner Ausrichtung vorzuziehen, da so die Motivation der Kandidaten durch eine praxisnahe Aufgabenstellung gesteigert werden kann. Des Weiteren ist es dem Veranstalter möglich, das Verhalten der Bewerber bei der Bearbeitung von Fällen zu beobachten, die später auch zu ihrem Aufgabenbereich gehören. Diese Tatsache ermöglicht es dem Veranstalter, detailliertere Rückschlüsse bezüglich der Qualifikation der Bewerber zu ziehen.
3.1.4. Rollenspiele
Rollenspiele gelten in einem guten AC als zentrales Instrument und werden immer dann eingesetzt, wenn die neue Position mit häufigem Kontakt zu anderen Personen bzw. mit viel Personalverantwortung verbunden ist. Sie ähneln einer „Führerlosen Gruppendiskussion mit vorgegebenen Rollen“, die in der Regel aber nicht in einer Gruppe stattfinden, sondern in Zweiergesprächen durchgeführt werden. Es wird also ein Gespräch simuliert,[32] bei dem bewertet wird, wie der Teilnehmer dieses führt und sich dabei in schwierigen Zweiersituationen ausdrückt und verhält. Nachdem der Teilnehmer eine kurze Rollenanweisung erhalten hat, nimmt diese Übung pro Bewerber gewöhnlich zwischen zehn und 15 Minuten der Veranstaltungszeit in Anspruch.
Bei der Durchführung ist es möglich, dass beide Rollen von Teilnehmern „gespielt“ werden, wodurch allerdings eine faire und für beide Bewerber gleichgewichtige Beurteilung durch die Prüfer erschwert wird. Zu empfehlen ist es, dass eine der Rollen von einem Beobachter eingenommen wird. Dies ist zwar zeitaufwendiger, dafür aber auch leichter zu konstruieren, da der Beobachter das Gespräch in die erwünschte Richtung lenken kann und somit nicht von außen in die Übung eingegriffen werden muss.[33]
3.1.5. Interviews
Beim AC trifft man auf zwei Varianten des Interviews. Zum einen gibt es das klassische Bewerbungsgespräch und zum anderen das Stressinterview, welches häufig stark kritisiert wird. Das Bewerbungsgespräch hat die Aufgabe des gegenseitigen Kennenlernens, wobei zu klären ist, ob der Bewerber mit seiner persönlichen Art in das Unternehmen passt und sich nicht nur aufgrund hervorragender Qualifikationen für die Stelle eignet. Daher wird mit einem der Beobachter ein Gespräch über private Interessen, den beruflichen Werdegang, Vorstellungen vom neuem Job, etc. geführt. Überdies wird dem Bewerber die Möglichkeit geboten, das Gespräch aktiv mitzugestalten und seinerseits Fragen zu stellen, um somit detailliertere Informationen über die angestrebte Position und das Unternehmen im Allgemeinen zu erlangen. Da diese Gespräche meist unter vier Augen stattfinden, müssen die Teilnehmer häufig an mehreren Interviews mit wechselnden Gesprächspartnern teilnehmen, womit eine höhere Objektivität gewährleistet werden soll. Besonders in den 80er Jahren wurde neben den Bewerbungsgesprächen gerne auf Stressinterviews zurückgegriffen. Zu Beginn wirkt dieses auf den Bewerber wie ein normales Interview. Der Unterschied liegt darin, dass zumeist drei Interviewer anwesend sind und sich nach einer kurzen Anfangsphase auch der Tonfall, in dem die Fragen gestellt werden, forscher wird. Ferner springen die Fragen der Beobachter zwischen den unterschiedlichsten Themengebieten hin und her und lassen dem Kandidaten kaum genügend Zeit zur Antwort. Mit dieser Methode wird versucht, den Bewerber in Stresssituationen zu testen und einzuschätzen, wo die Grenzen seiner Belastbarkeit liegen. Verstärkt wird dies durch die Auswahl der Fragen, die zum Teil die Qualifikation und die menschliche Kompetenz der Bewerber in Frage stellen. Beobachtet wurden überdies Fragen, die eindeutig in die Intimsphäre der Bewerber eindringen.[34] Folglich ist es für die Teilnehmer wichtig, einen kühlen Kopf zu bewahren und unberechtigte Kritik souverän zurückzuweisen. Heute werden Stressinterviews zwar noch immer angewandt, doch die Auswahl der Fragen ist meist weniger extrem.
3.2. Schriftliche Übungen
3.2.1. Postkorbübung
Neben Gruppendiskussionen und Präsentationen gehört die Postkorbübung zu den beliebtesten Übungen in deutschen ACs. Bei dieser Übung wird zum Teil unter extremen Zeitdruck die Bearbeitung klassischer Posteingangskörbe simuliert, die aus 15 bis 20 Schriftstücken bestehen. Nicht selten werden dabei auch typische Störungen wie eingehende Telefonate oder das Nachreichen zusätzlicher Schriftstücke eingebaut, die es auch in der Realität zu bewältigen gilt. Beobachtet werden bei dieser Übung unter anderem Anforderungskriterien wie die Fähigkeit, unter Zeitdruck verschiedene Inhalte aufzufassen sowie die Entscheidungsfreude und die Fähigkeit zur Organisation und Planung. Postkorbübungen sind vom Ablauf her relativ identisch. Je nach Besonderheiten des Unternehmens und den Eigenschaften der zu besetzenden Position unterscheiden sie sich lediglich durch die Art und den Inhalt der verschiedenen Schriftstücke, die bearbeitet werden müssen. Für den Bewerber ist es wichtig, den Überblick zu bewahren und nicht zu versuchen, sämtliche Aufgaben allein und sofort zu bearbeiten, da eine vollständige Bearbeitung aus Zeitgründen erfahrungsgemäß nicht möglich ist. Daher muss versucht werden, Prioritäten zu setzen, wichtige und dringliche Informationen voneinander zu unterscheiden und gegebenenfalls einige der Aufgaben zu delegieren. Nach Bearbeitung dieser Übung wird von den Bewerbern meistens verlangt, den Beobachtern zu erklären, warum in welcher Reihenfolge welche Aufgaben bearbeitet wurden. Dies ist entscheidend, da es nicht die „eine“ Musterlösung gibt, sondern diverse Verfahrensweisen nachvollziehbar und daher richtig sein können. Heute werden diese Postkorbübungen – aufgrund des technischen Fortschritts – vermehrt am Computer durchgeführt.[35] Dies hat den Vorteil, dass die Übung beim Einsatz mehrerer PCs von den Bewerbern parallel bearbeitet werden kann. Darüber hinaus können für alle Teilnehmer ohne großen Aufwand so die gleichen Arbeitsbedingungen geschaffen werden. Auch die Beurteilung der Postkorb-Bearbeitung durch die Prüfer wird beim Einsatz elektronischer Postkörbe und entsprechender Software vereinfacht. Hierbei muss allerdings darauf geachtet werden, dass nicht zusätzliche Probleme auftreten, die aus der Bedienung des Rechners resultieren, da diese das Ergebnis der Teilnehmer verfälschen würden.
[...]
[1] Frank Gerbert: (Erstelldatum: 04.08.1997; Abrufdatum: 08.12.2001) „Karrierefalle Psycho-Test“,
URL: http://www.focus.de/F/FC/FCH/fch.htm?para=?-showt:client/focus/focus/j1997/q3/m08/t04/s108/001_001.dcs; S. 1 [s. Anlage 13]
[2] künftig kurz als AC bezeichnet
[3] Harald Schröder: (Erstelldatum: 20.04.1998; Abrufdatum: 08.12.2001) „Hart! – Aber nicht Herzlich“, URL:http://www.stern.de/servlet/stern.servlet.Diderot?do=getarticle&template=/magazin/artikelsuche/success.tmpl&START=1&BASE=STERN&DB=STERN&NEXT=15&MAXRECORDS=5&RECORDS=5&CCL=%28assessment%29%20AND%20%28DA%3D1998-01-01%20TO%201998-05-01%29&FINDSTR=assessment&LIMIT=500&RESULT=210295-STERN,210316-STERN,210319-STERN,210321-STERN,210326-STERN&ID=210326&POSITION=5&ZEILE=1&QUELLE=STE%20START; S. 1 [s. Anlage 19]
[4] vgl. Dr. Bernd Wolf, Dr. Gabriel Barell, Siegfried Hoenle; Arbeitskreis Assessment Center
e. V.: „Assessment Center auf dem Prüfstand”, 1. Aufl., Hamburg 1995, S. 9
[5] Die Dauer beträgt in diesem Fall meist einen Tag.
[6] vgl. Lutz von Rosenstiel, Erika Regner und Michael E. Domsch: Führung von Mitarbeitern – Handbuch für erfolgreiches Personalmanagement“, 4. Aufl., Stuttgart 1999, S. 150-153
[7] vgl. Christof Obermann: „Assessment Center – Entwicklung, Durchführung, Trends“, 1. Aufl.,
Wiesbaden 1992, S. 24-29
[8] Telekommunikationsunternehmen in den USA
[9] vgl. Wolfgang Jeserich: „Mitarbeiter auswählen und fördern – Assessment-Center-Verfahren“, 1. Aufl., München; Wien 1981, S. 101
[10] vgl. DenkHalle Verlag Düsseldorf: (Erstelldatum: k. A.; Abrufdatum: 05.12.2001) „Geschichte des ACs“, URL: http://www.denkhalle.de/N%20e%20w/Lexikothek/Themen/A-0005-m.htm; S. 1 f [s. Anlage 7]
[11] vgl. Wolfgang Jeserich, a.a.O., S. 101
[12] vgl. DenkHalle Verlag Düsseldorf: „Geschichte des ACs“, a.a.O., S. 2
[13] vgl. wissen.de GmbH: (Erstelldatum: k. A.; Abrufdatum: 04.12.2001) „Assessment Center“, URL: http://www20.wissen.de/material/ratgeberneu/0110/index.htm; S. 1 [s. Anlage 20]
[14] hierbei handelt es sich um die sog. „Soft Skills“ („weiche Faktoren“); [s. Anlage 1]
dies sind Eigenschaften wie „Flexibilität“, „Teamfähigkeit“, „Belastbarkeit“, „Kreativität“, etc.;
vgl. Oliver Mest: (Erstelldatum: 05.10.2001; Abrufdatum: 05.12.2001) „Viel heiße Luft um die »Soft Skills«“, URL: http://www.spiegel.de/unispiegel/jobundberuf/0,1518,160771,00.html; S. 1 f [s. Anlage 18]
und FOCUS Online GmbH: (Erstelldatum: k. A.; Abrufdatum: 05.12.2001) „Karrierefaktor »Soft Skills«“, URL: http://www.focus.de/D/DB/DBV/DBV20/dbv20.htm; S. 1 f [s. Anlage 9]
[15] hierbei handelt es sich (aufgrund der Kostenintensität dieses Verfahrens) vorwiegend um mittlere und größere Unternehmen; z.B. Beiersdorf AG, Unilever GmbH, Volkswagen AG, etc.
vgl. DenkHalle Verlag Düsseldorf: (Erstelldatum: k. A.; Abrufdatum: 12.12.2001) „Assessment-Center – So sicher wie ein Horoskop...?!“, URL: http://www.denkhalle.de/N%20e%20w/home/home.htm;
S. 2 f [s. Anlage 6]
[16] vgl. Michael Paschen: „Für und Wider“, in „Personalwirtschaft“, Neuwied 1998, Heft 10/1998, S. 16-21
[17] vgl. Sabine Hertwig: (Erstelldatum: k. A.; Abrufdatum: 12.12.2001) „Assessment Center im Überblick“, URL:http://www.jobpilot.de/gateway/partner/coop.phtml/journal/assessment/intro.html; S. 1[s. Anlage 17]
[18] vgl. Gliederungspunkt 3. - „Instrumente des Testverfahrens“
[19] vgl. Gliederungspunkt 3.3. - „Die Beobachtung“
[20] vgl. Diana E. Krause, Christoph Meyer zu Kniendorf und Diether Gebert: „Das Assessment Center in der deutschsprachigen Wirtschaft“, in „PERSONAL“, Berlin 2001, Heft 11/2001, S.640
[21] vgl. Susanne Culo: (Erstelldatum: k. A.; Abrufdatum: 08.12.2001) „Jedes Assessment Center ist anders“, URL: http://www.jobpilot.de/gateway/partner/coop.phtml/journal/assessment/experte-assessment.html; S. 1 f [s. Anlage 4]
[22] vgl. FOCUS Online GmbH: (Erstelldatum: k. A.; Abrufdatum: 06.12.2001) „Gruppendiskussion“,
URL: http://www.focus.de/D/DB/DBV/DBV23/DBV23G/dbv23g.htm; S. 1 f [s. Anlage 12]
[23] Das Thema ist meist dem gesellschaftlich-politischem Bereich zuzuordnen; ansonsten sind diverse Themen einsetzbar, wie z.B. „Sollte Rauchen am Arbeitsplatz verboten werden?“
[24] vgl. Gliederungspunkt 3.1.4. – „Rollenspiele“
[25] vgl. Holger Beitz und Andrea Loch: „Assessment Center – Erfolgstips und Übungen für Bewerberinnen und Bewerber“, 1. Aufl., Niedernhausen/Ts 1994, S. 55-65
und Sabine Hertwig: (Erstelldatum: k. A.; Abrufdatum: 12.12.2001) „Die Gruppendiskussion“,
URL: http://www.jobpilot.de/gateway/partner/coop.phtml/journal/assessment/diskussion.html;
S. 1 f [s. Anlage 16]
[26] z.B. mündliche Präsentation des eigenen Lebenslaufes
[27] vgl. Christoph Obermann, a.a.O., S. 150 f
[28] vgl. Christoph Obermann, a.a.O., S. 157
[29] z.B. die Organisation eines Betriebsausfluges
[30] vgl. wissen.de GmbH: (Erstelldatum: k. A.; Abrufdatum: 07.12.2001) „Fallstudien“,
URL: http://www20.wissen.de/material/ratgeberneu/0110/1_6.htm; S. 1 [s. Anlage 21]
[31] vgl. FOCUS Online GmbH: (Erstelldatum: k. A.; Abrufdatum: 07.12.2001) „Fallstudie“, URL: http://www.focus.de/D/DB/DBV/DBV23/DBV23F/dbv23f.htm; S. 1 [s. Anlage 11]
[32] z.B. eine Kundenreklamation, eine Verhandlung, oder ein Verkaufsgespräch, etc.
[33] vgl. Holger Beitz und Andrea Loch, a.a.O., S. 68 f
[34] Eine 16-jährige wurde z.B. gefragt, ob sie noch Jungfrau sei und ein anderer Kandidat musste auf die Frage, ob er noch onaniere, eine passende Antwort auswählen.
vgl. hierzu: Frank Gerbert, „Karrierefalle Psycho-Test“, a.a.O., S. 1 f
[35] vgl. Holger Beitz und Andrea Loch, a.a.O., S. 100-124
- Arbeit zitieren
- André Kühnapfel (Autor:in), 2003, Assessment-Center als Methode der Personalauswahl, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/25730
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