Der Begriff `Multikulturelle Gesellschaft` ist ein
Kunstwort, mit dem der wachsenden Aufmerksamkeit
gegenüber der Anwesenheit von Ausländern im
vermeintlich homogenen deutschen Nationalstaat Rechnung
getragen wird. Jürgen Mieksch, Kirchenvertreter,
verwendete den Begriff 1980 in einem Thesenpapier zum
ersten Mal anlässlich des `Tags des ausländischen
Mitbürgers`.
Danach brachten alle politischen Parteien, kirchlichen
Organisationen und wissenschaftlichen Einrichtungen den
Begriff aufs Tapet und in die öffentliche Diskussion,
da die Anwesenheit und der vermehrte Zuzug von
Ausländern nicht mehr geleugnet werden konnte und auch
der Bevölkerung ins Auge fiel. Die, für viele Deutsche,
provokante These von Deutschland als Einwanderungsland
schlug hohe Wellen. Der Begriff erlebte einen
ungeahnten Boom, da er aufgrund seiner Undefiniertheit
Platz ließ für jedwede Inhaltsfüllung und Grundlage war
für eine ausgesprochen unwissenschaftliche Diskussion
auf breiter Ebene.
Problematisch blieb jedoch nicht nur die fehlende
Definition von `Multikultureller Gesellschaft`, sondern
auch die Benutzung des Begriffs `Kultur` als
Differenzierungskategorie. Zum einen war der Herder`sche Kulturbegriff noch nicht
in einem neuen Kontext untersucht worden, nämlich dem
einer globalen Gesellschaft; zum anderen leistete der
unreflektierte Gebrauch der Kategorien `Kultur` und
`ethnische Herkunft` einem Ordnungsprinzip Vorschub,
das quasi nahtlos an die NS-Kategorien Rasse und
Abstammung anschließen konnte.
Im Verlauf eines zwanzig Jahre andauernden öffentlichen
Diskurses lassen sich drei historische Phasen
ausmachen: die Auftaktphase der Diskussion (1980-1983),
die zweite Phase, in der sich verschiedene klare
Argumentationslinien hinauskristallisieren (1988-
1990/91) und die dritte Phase, die des ausufernden
Rassismus (1991-1993)(vgl. Frank 1995). Diese Phasen
werden auch illustriert durch drei unterschiedlichen
Gruppierungen: nämlich die Befürworter der
`Multikulturellen Gesellschaft`, die Gegner derselben
und die Kritiker dieser beiden, zugegebenermaßen
teilweise extremen Ausrichtungen (ebd.). [...]
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Historischer Hintergrund und derzeitige Situation
- Zur Selbstbeschreibung der Gesellschaft
- Konsequenzen der Selbstbeschreibung
- Abb.1 Sphären der Gesellschaft
- Ansätze zur Analyse der multikulturellen Gesellschaft
- i.) Befürworter
- ii.) Gegner
- iii.) Kritiker
- Dekonstruktion der Kulturfalle
- Abb.2a Konflikte
- Abb.2b Übergänge
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit untersucht den Begriff der "Multikulturellen Gesellschaft" in Deutschland. Sie analysiert die historische Entwicklung des Begriffs, beleuchtet die Selbstbeschreibung der Gesellschaft und die daraus resultierenden Konsequenzen. Darüber hinaus betrachtet sie verschiedene Ansätze zur Analyse der multikulturellen Gesellschaft, sowohl aus der Perspektive der Befürworter als auch der Gegner und Kritiker. Die Arbeit konzentriert sich auf die Dekonstruktion der "Kulturfalle" und die Entwicklung eines neuen Verständnisses von Kultur und Gesellschaft.
- Der Begriff der "Multikulturellen Gesellschaft" und seine historische Entwicklung
- Die Selbstbeschreibung der deutschen Gesellschaft und ihre Auswirkungen
- Die verschiedenen Ansätze zur Analyse der multikulturellen Gesellschaft
- Die Dekonstruktion der "Kulturfalle" und die Suche nach einer neuen, inklusiven Gesellschaft
- Die Bedeutung von Kultur und Identität im Kontext der multikulturellen Gesellschaft
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung
Die Einleitung stellt den Begriff der "Multikulturellen Gesellschaft" als ein Kunstwort vor, das die zunehmende Aufmerksamkeit gegenüber der Anwesenheit von Ausländern in Deutschland widerspiegelt. Die Bedeutung des Begriffs wird diskutiert, sowie die Herausforderungen, die sich aus dem unreflektierten Gebrauch der Kategorie "Kultur" als Differenzierungskategorie ergeben.
Historischer Hintergrund und derzeitige Situation
Dieses Kapitel beschreibt die historische Entwicklung des Begriffs "Multikulturelle Gesellschaft" und die Veränderung der kulturellen Zusammensetzung Deutschlands seit den 1980er Jahren. Es wird auf den Anwerbestopp für Gastarbeiter im Jahr 1973 und die anschließende Sesshaftwerdung der Arbeitsmigranten in Deutschland eingegangen.
Zur Selbstbeschreibung der Gesellschaft
Dieses Kapitel untersucht, wie die deutsche Gesellschaft sich selbst beschreibt und welche Auswirkungen diese Selbstbeschreibung auf das Verständnis von Kultur und Identität hat. Es analysiert die Rolle der verschiedenen Sphären der Gesellschaft in der Konstruktion dieser Selbstbeschreibung.
Konsequenzen der Selbstbeschreibung
Dieses Kapitel beleuchtet die Konsequenzen der Selbstbeschreibung der Gesellschaft für die Integration von Migranten und die Gestaltung des Zusammenlebens in der multikulturellen Gesellschaft. Es analysiert die Auswirkungen auf die verschiedenen Sphären der Gesellschaft und die Herausforderungen, die sich daraus ergeben.
Ansätze zur Analyse der multikulturellen Gesellschaft
Dieses Kapitel stellt verschiedene Ansätze zur Analyse der multikulturellen Gesellschaft vor und diskutiert die Perspektiven der Befürworter, Gegner und Kritiker. Es beleuchtet die verschiedenen Argumente und Positionen, die in der Diskussion um die multikulturelle Gesellschaft vertreten werden.
Schlüsselwörter
Multikulturelle Gesellschaft, Kultur, Identität, Einwanderung, Integration, Selbstbeschreibung, Deutschland, Nationalstaat, Befürworter, Gegner, Kritiker, Dekonstruktion, Kulturfalle, Globalisierung.
- Arbeit zitieren
- Karoline Schulte-Frohlinde (Autor:in), 2003, Das Gerücht Kultur. Zur multikulturellen Gesellschaft - Hintergründe Entwürfe Lösungen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/25837