Den wissenschaftlichen Hintergrund der mittelalterlichen Medizin findet man größtenteils in der Medizin der Antike, deren große Verfechter unter anderem Galen (129 - 199) und Hippokrates (ca. 460 - 377 v.Chr.) waren. Aus deren Hinterlassenschaft wurde auch die Krankheitstheorie der Humoralpathologie übernommen, die im Mittelalter noch einseitiger praktiziert wurde als im Altertum1 und auf die in dieser Arbeit mit besonderem Schwerpunkt eingegangen wird. Auch die Astrologie spielte, vor allem ab dem 12. Jahrhundert, eine ent-scheidende Rolle. So bezieht sich die Diätetik (was soviel heißt wie die Lehre eines gesunden Lebens, insbesondere in Bezug auf Ernährung)2 immer wieder auf die Astrologie.
Wir werden sehen, daß vor dem Aufkommen der scholastischen Medizin und der ersten Universitäten im 12. und 13. Jahrhundert alle Theorien, die aus dem Altertum stammten, den Lehren des Christentums unterlagen, und natürlich auch nur so lange Gültigkeit beibehielten wie sie mit dessen Ideologie in Einklang gebracht werden konnten (was ja auch in einer von der Kirche so überschatteten Epoche wie dem Mittelalter naheliegend ist). Dies war aufgrund der geringen Anzahl verfügbarer Schriften der Antike möglich, die im Frühmittelalter (oder in der Zeit der sogenannten Mönchmedizin) in den Klöstern erhalten und weiter tradiert worden sind, dank Cassiodor (ca. 485 - nach 580) und den Benetiktinern. Spätestens aber mit den Übersetzungstätigkeiten des Constantinus Africanus treffen wir auf eine enorme Werteverschiebung in der mittelalterlichen Weltanschauung. Es wurden wieder Ansätze gemacht, wissenschaftlich zu argumentieren, und endlich fing die Medizin an, sich langsam von der Theologie zu lösen. Dies ist auch die Epoche, der sich die meiste Literatur zu diesem Thema schwerpunktmäßig widmet. Im Laufe der Zeit änderte sich auch der ideologische Kontext, in dem der Kranke gesehen wurde. Es ist daher sinnvoll, zuerst den damaligen Krankheitsbegriff zu erläutern.
Inhaltsverzeichnis
- I Einleitung
- II Hauptteil
- II 1. Zum Krankheitsbegriff allgemein: Die Wechselbeziehung zwischen den weltlichen Qualen und der Rettung der Seele
- II 2. Die Mönchmedizin
- II 2a. Die Anfänge: Der Übergang von der Antike in das frühe Mittelalter
- II 2b. Cassiodor und sein Erbe
- II 2c. Das 12. Jahrhundert und Hildegard von Bingen
- II 3. Die scholastische Medizin
- II 3a. Salerno (mit Bezug auf Hartmann)
- II 3b. Das Neue an der Scholastik
- II 3c. Der arabische Einfluß und Constantinus Africanus
- II 3d. Die Humoralpathologie, allgemein betrachtet
- II 3e. Blut und Aderlaẞ
- III Schlussbemerkungen
- III 1. Was noch zu erwähnen wäre
- III 2. Die Klostermedizin nach 1200
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der medizinischen Praxis und den zugrundeliegenden Theorien des Mittelalters. Im Zentrum steht die Wechselwirkung zwischen der antiken Medizin, dem christlichen Glauben und der Entwicklung neuer medizinischer Ansätze im 12. und 13. Jahrhundert. Dabei werden insbesondere die Rolle der Mönchmedizin, die Einflüsse der Scholastik und die Bedeutung der Humoralpathologie beleuchtet.
- Die Entwicklung des Krankheitsbegriffs im Mittelalter
- Die Rolle der Mönchmedizin und der Übernahme antiken medizinischen Wissens
- Die Bedeutung der Scholastik und die Einführung neuer medizinischer Konzepte
- Die Humoralpathologie als dominierende Krankheitstheorie
- Der Einfluss des christlichen Glaubens auf die medizinische Praxis
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung bietet einen Überblick über den medizinischen Kontext des Mittelalters und die wichtigsten Einflüsse aus der Antike. Sie stellt die Humoralpathologie als zentrale Krankheitstheorie vor und erwähnt die Bedeutung der Astrologie.
Das erste Kapitel behandelt den Krankheitsbegriff im Mittelalter und zeigt dessen enge Verbindung zum christlichen Glauben. Die Krankheit wird als ein Ausdruck des Sündenfalls und als Prüfstein der menschlichen Geduld verstanden.
Im zweiten Kapitel wird die Mönchmedizin beleuchtet. Hierbei wird die Rolle von Cassiodor und seinen Bemühungen zur Bewahrung antiken Wissens hervorgehoben. Der Beitrag der Benediktiner zur Krankenpflege und die Rolle der Klostermedizin im frühen Mittelalter werden ebenfalls thematisiert.
Schlüsselwörter
Mittelalterliche Medizin, Krankheitsbegriff, Humoralpathologie, Mönchmedizin, Scholastik, Cassiodor, Benediktiner, Astrologie, Sündenfall, Caritas, Hildegard von Bingen, Constantinus Africanus.
- Arbeit zitieren
- Diego De Filippi (Autor:in), 1999, Medizin im Mittelalter, mit Bezug auf Hartmann von Aues "Der arme Heinrich", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/25848