Ungegenständliche Kunst, wie die Informelle Malerei, löst auch noch heute bei vielen Menschen die unterschiedlichsten Reaktionen hervor. Diese reichen von spontaner Begeisterung, über verständnisloses Kopfschütteln, bis hin zur strikten Ablehnung. Dies zeigt, dass zu bestimmten Richtungen der Kunst, trotz ihrem Einzug in die Kunstgeschichte, immer noch ein gespaltenes Verhältnis und eine gewisse Sprachlosigkeit besteht.
„Nach Reinhard Pfennig erfolgt Lernen im Kunstunterricht durch Machen, Sehen und Sagen.“ 1 Aber dies scheint gerade im Bereich der nicht an Gegenständen gebundenen Kunst gar nicht so einfach zu sein. Wie können daher Unterrichtssituationen geschaffen werden in dem Schüler Erfahrungen mit und an ungegenständlicher Kunst machen können? Eine Aufgabe die, wenn es darum geht Schülern ähnliche Prozesse wie der von Künstlern zu ermöglichen, nicht einfach zu lösen und zu beantworten ist.
Da verwundert es nicht, dass sich viele Lehrende zu Recht vor dem Formlosen scheuen. So „(…) fürchten viele Kunstpädagogen in der eigenen Praxis die Gefahr der Beliebigkeit und Zufallskunst sowie deren Überbewertung oder Fehlinterpretation“ 2 . Darum wird der ungegenständlichen Kunst immer noch sehr wenig Raum im Unterrichtsgeschehen zugebilligt. Ist es daher überhaupt sinnvoll Schüler und Schülerinnen mit derartigen Kunstströmungen, wie der des Informel überhaupt zu konfrontieren?
Ich denke ja. Der institutionelle Ort des Kunstunterrichtes ist für Kinder und Jugendliche oftmals die erste Begegnungsstätte mit abstrakter und ungegenständlicher Kunst, manchmal bleibt sie leider auch die Einzige. Zweifel, ob Kinder und Jugendliche mit dem Formlosen konfrontiert werden sollten, kommen daher aus einem gewissen Ohnmachtmachtsgefühl Kindern und Jugendlichen authentische Prozesse in diesem Bereich zu ermöglichen. Gelingt einem dies nicht, so besteht in der Tat die Gefahr dass Schülerarbeiten zur Zufallskunst degenerieren und sich im Bereich der Willkür auflösen. Gelingt es jedoch Prozesse anzuzetteln, können Schüler grundlegend neue und wertvolle Erfahrungen machen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Forschungsanliegen und Fragestellung
- Forschungsstand
- Das Allgemeine vor dem Besonderen
- Theorie zum Ablauf von Gestaltungsprozessen
- Vorgehensweise
- Kommunikationsgeschehen im Fokus der Untersuchung
- Aussagen, Werk und Wissenschaft
- Authentizität von Kommunikationsinhalten
- Einschränkung bestehender Quellen
- Qualitative Forschung
- Qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring
- Vorgehensweise qualitativer Inhaltsanalyse mit induktiver Kategorienbildung
- Computergestützte Analyse qualitativer Daten
- Transkription
- Kommunikationsgeschehen im Fokus der Untersuchung
- Expertenmodell von Emil Schumacher
- Expertenmodell und Prozess
- Definition künstlerische Prozesse
- Beschränkung von Expertenmodellen
- Das Informel
- Der Künstler im Kontext der Kunst nach 1945
- Autonomes Werk
- Emotionen im Prozess
- Die Vorphase
- Inspirationserlebnisse durch die Umwelt
- Gestaltung der Wohn- und Ateliersituation
- Die Einstiegsphase
- Unruhe und Zweifel
- Entwurf, Skizze und Modell
- Mentale Konstruktion und der Dialog mit den Mitteln
- Beginn auf der Materialebene
- Aufforderungscharakter des Werkträgers
- Aufforderungscharakter des Mediums der Farbe
- Malwerkzeuge
- Die Arbeitsphase
- Ausdrucksmittel von Farbe und Linie
- Farbe und Materie
- Linie und Form
- Zeit und Geste
- Abkehr vom Bildzentrum
- Herstellung eines Bildganzen
- Künstlerischer Prozess als Problemlöse-Prozess
- Stör-Strategien gegen alles Programmatische
- Spontaneität
- Provozierter Zufall
- Einschmuggeln von Fundstücken
- Destruktion
- Aggression
- Zustand der Übermüdung
- Ausdrucksmittel von Farbe und Linie
- Die Bewertungsphase
- Beurteilungsphasen
- Akte der Taufe
- Erreichen des Zielzustandes
- Expertenmodell und Prozess
- Die Entwicklung eines Expertenmodells für den künstlerischen Prozess
- Die Analyse des Informel und der Autonomie des Kunstwerks
- Die Rolle von Emotionen und Spontaneität im künstlerischen Schaffen
- Die Bedeutung des Werkträgers, der Farbe und der Malwerkzeuge
- Die Strategien der Störung und Destruktion im künstlerischen Prozess
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit analysiert den künstlerischen Prozess von Emil Schumacher und entwickelt ein Expertenmodell, das die Entstehung seiner Werke erklärt. Ziel ist es, die komplexen Wechselwirkungen zwischen Künstler, Werk und Umgebung zu erforschen und die Besonderheiten der künstlerischen Praxis im Kontext der Kunst nach 1945 aufzuzeigen.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Forschungsfrage und den methodischen Rahmen der Arbeit vor. Das Kapitel "Forschungsstand" bietet einen Überblick über relevante Theorien und Modelle zum künstlerischen Prozess. Im Kapitel "Vorgehensweise" wird die qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring erläutert und der Fokus auf das Kommunikationsgeschehen im künstlerischen Schaffen gelegt. Das Kapitel "Expertenmodell von Emil Schumacher" analysiert die verschiedenen Phasen des künstlerischen Prozesses anhand von ausgewählten Werken und stellt das entwickelte Expertenmodell vor. Die Arbeit geht dabei auf den Einfluss von Emotionen, Umgebungsfaktoren und Gestaltungsstrategien auf die Entstehung der Werke ein.
Schlüsselwörter
Künstlerischer Prozess, Expertenmodell, Informel, Autonomes Werk, Emil Schumacher, Emotionen, Spontaneität, Werkträger, Farbe, Malwerkzeuge, Stör-Strategien, Destruktion, Qualitative Inhaltsanalyse.
- Quote paper
- Rainer Leyk (Author), 2004, Expertenmodell von Emil Schumacher - Entwicklung eines künstlerischen Expertenmodells am Beispiel von Emil Schumacher, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/25926