Vorunterrichtliche Vorstellungen von Grundschülern zu Pflanzen


Examensarbeit, 2003

113 Seiten, Note: Sehr Gut


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Fragestellung und Zielsetzung der Arbeit

3. Zum Begriff „Vorunterrichtliche Vorstellungen“

4. Sachanalyse
4.1 Systematik der Pflanzen
4.2 Pflanzen in ihren Lebensräumen
4.3 Aufbau der Gefäßpflanzen (Kormophyten)
4.4 Funktionen der Grundorgane der Gefäßpflanzen
4.5 Ernährung der Pflanzen
4.6 Fortpflanzung der Pflanzen

5. „Vorunterrichtliche Vorstellungen von Grundschülern zu Pflanzen“
5.1 Forschungsstand
5.2 Das Modell der Didaktischen Rekonstruktion
5.3 Methode zur Erfassung der „Vorunterrichtlichen Vorstellungen von Grundschülern zu Pflanzen“
5.3.1 Wahl und Begründung der Methode
5.3.2 Auswahl der Schüler
5.4 Durchführung der Interviews
5.4.1 Interviewleitfaden
5.4.2 Kriterien der Auswertung der Interviews
5.5 Interview 1: Jörg
5.5.1 Transkript Interview 1: Jörg (siehe Anhang)
5.5.2 Redigierte Aussagen Interview 1: Jörg
5.5.3 Explikation Interview 1: Jörg
5.5.4 Einzelstrukturierung: Konzepte zu Pflanzen Interview 1: Jörg
5.6 Interview 2: Ralf
5.6.1 Transkript Interview 2: Ralf (siehe Anhang)
5.6.2 Redigierte Aussagen Interview 2: Ralf
5.6.3 Explikation Interview 2: Ralf
5.6.4 Einzelstrukturierung: Konzepte zu Pflanzen Interview 2: Ralf
5.7 Interview 3: Sonja
5.7.1 Transkript Interview 3: Sonja (siehe Anhang)
5.7.2 Redigierte Aussagen Interview 3: Sonja
5.7.3 Explikation Interview 3: Sonja
5.7.4 Einzelstrukturierung: Konzepte zu Pflanzen Interview 3: Sonja

6. Auswertung der Untersuchung
6.1 Zusammenstellung der Ergebnisse
6.2 Diskussion der Ergebnisse
6.3 Leitlinien für die Schulpraxis

7. Schlussbetrachtung

8. Literaturverzeichnis

Anhang

Transkript Interview 1: Jörg

Transkript Interview 2: Ralf

Transkript Interview 3: Sonja

Einverständniserklärung der Eltern

1. Einleitung

Schüler sind im täglichen Leben vielen Eindrücken ausgesetzt. So entwickeln sie „Vorunterrichtliche Vorstellungen“ zu Begriffen, Phänomenen, Situationen, Ereignissen, Dingen, Themen etc. Sie kommen mit diesen Vorstellungen auch in die Schule. Das kann zum einen den Wissenserwerb im Unterricht fördern oder zum anderen behindern, wenn z.B. diese Vorstellungen tief verankert sind und sich wissenschaftlichen Theorien gegenüber als resistent erweisen. Sie beeinflussen folglich den Unterricht und sind daher bei der Planung und Durchführung von Unterricht zu beachten.

Seit ca. Ende der 70er Jahre veröffentlichen H. Pfund und R. Duit in ihrer Bibliographie „Students' and Teachers' Conceptions and Science Education“ internationale Publikationen zu „Vorunterrichtlichen Vorstellungen“ von Schülern mit dem Ziel, diese im Unterricht zu berücksichtigen. Dabei galten die meisten Untersuchungen in den naturwissenschaftlichen Fächern bisher Themen des Physikunterrichts, wenig hingegen Themen des Biologieunterrichts. Bis heute zählt die Bibliographie ca. 6000 Einträge (http://www.ipn-uni-kiel.de/aktuell/stcse/stcse.html, (gelesen am 12.10.2003)). Im Vergleich: 1991 waren es ca. 2500 Titel (Duit 1992, 48).

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit den „Vorunterrichtlichen Vorstellungen von Grundschülern zu Pflanzen“ und soll hiermit einen weiteren Beitrag für die Biologiedidaktik leisten. Die Arbeit ist wie folgt aufgebaut: Der erste Teil (Kapitel 1, 2, 3) umfasst die Einleitung mit Fragestellung und Zielsetzung der Arbeit sowie die Darstellung des Begriffes „Vorunterrichtliche Vorstellungen“. Der zweite Teil (Kapitel 4, 5) widmet sich der Sachanalyse zum Thema Pflanzen, in der anhand von Fachliteratur die Bereiche Systematik, Lebensräume, Aufbau der Gefäßpflanzen, Funktionen der Pflanzenorgane der Gefäßpflanzen, Ernährung der Pflanzen (Fotosynthese) und Fortpflanzung der Pflanzen besprochen werden. Die Sachanalyse soll verdeutlichen, unter welchem biologischen Aspekt die Untersuchung betrachtet wird und dazu dienen, bei der Auswertung der Vorstellungen der Schüler einen möglichen Bezug zu der Wissenschaft herzustellen. Daran anschließend folgt die Erhebung der „Vorunterrichtlichen Vorstellungen von Grundschülern“ mit einem einleitenden Forschungsstand zum Thema sowie der Vorstellung des „Modells der Didaktischen Rekonstruktion“ (nach Gropengießer 1997), das zum Teil als Modellgrundlage für die Erhebung dient. Es folgen Wahl und Begründung der Methode für die Erhebung, Kriterien der Auswahl der Schüler und der Auswertung der Interviews und schließlich die Durchführung der Interviews mit den drei Einzelinterviews. Der dritte Teil (Kapitel 6) widmet sich der Auswertung der Ergebnisse der Untersuchung, die in den Leitlinien für die Schulpraxis mündet und schließlich mit der Schlussbetrachtung endet.

2. Fragestellung und Zielsetzung der Arbeit

Es geht in der vorliegenden Arbeit um die Frage: Welche Vorunterrichtlichen Vorstellungen existieren bei Grundschülern einer 4. Klasse zu dem Thema Pflanzen?

Diese allgemeine Fragestellung wird ausdifferenziert:

Welche Pflanzen kennen die Grundschüler?

Welche Vorstellungen haben sie von der Umgebung, in der Pflanzen leben/wachsen?

Welche Vorstellungen haben sie zum Aufbau der Pflanzen?

Welche Vorstellungen haben sie zu den Funktionen der Pflanzenorgane?

Welche Vorstellungen haben sie zur Ernährung der Pflanzen?

Welche Vorstellungen haben sie zur Fortpflanzung der Pflanzen?

Das Interesse der Untersuchung richtet sich darauf, welche individuellen Vorstellungen, Begriffe und Konzepte Grundschüler zu Pflanzen haben. Diese sollen mit Hilfe von Einzelinterviews festgestellt werden. Ziel der Untersuchung ist es, die „Vorunterrichtlichen Vorstellungen der Grundschüler“ in der o.g. Ausdifferenzierung zu erforschen, in eine aussagekräftige Form zu bringen und zu analysieren. Im Anschluss an die Analyse der einzelnen Interviews werden Konzepte formuliert, mit denen die Vorstellungen der Grundschüler zu Pflanzen beschrieben und besser erkannt und verstanden werden können. Bei der anschließenden Ergebnisdiskussion werden übergeordnete Konzepte der Grundschüler dargestellt, um die Vorstellungen der Grundschüler auch über den Einzelfall hinaus gültig zu formulieren, um letztendlich Konsequenzen bzw. Leitlinien für die Schulpraxis zu diesem Thema zu formulieren.

3. Zum Begriff „Vorunterrichtliche Vorstellungen“

Im folgenden Kapitel werden zunächst einige Termini vorgestellt, die benutzt werden, um „Vorstellungen“ zu kennzeichnen. Daran anschließend werden unterschiedliche Ansätze zum Verständnis von Vorstellungen skizziert. Abschließend wird erläutert, um welche „Vorstellungen“ es sich in der vorliegenden Arbeit handelt.

Der Standpunkt des Schülers ist der Ausgangspunkt. Dieser ist vor dem Unterricht zu erforschen [...] Ohne die Kenntnis des Standpunktes des Schülers ist keine ordentliche Belehrung desselben möglich. “

(Diesterweg 1835 „ Wegweiser zur Bildung für deutsche Lehrer. In: Duit 1989, 113).

Schüler kommen nicht als sogenannte tabula rasa, d.h. als unbeschriebene Blätter in die Schule. Diese Erkenntnis hat, wie an dem Zitat Diesterwegs zu erkennen ist, schon lange Tradition (Duit 1989, 113). Die Schüler bringen bereits vorhandene Vorstellungen, Einstellungen und Gefühle zu Begriffen, Ereignissen, Situationen, Dingen, Themen etc., die unterrichtet werden sollen, mit. Diese „Vorunterrichtlichen Vorstellungen“ stammen aus den alltäglichen Erfahrungen und Handlungen, aus täglich präsenten Medien (Fernsehen, Video, CD-Roms, Internet etc.) sowie Gesprächen mit Eltern, Geschwistern und Freunden, aus Büchern und natürlich auch aus vorherigem Unterricht.

Viele dieser Vorstellungen stimmen jedoch mit den wissenschaftlichen Vorstellungen, um die es im Unterricht gehen soll, nicht überein, und es kommt daraufhin zu Lernschwierigkeiten (Duit 1992, 47). Zahlreiche Untersuchungen haben gezeigt, dass z. B. das Lernen von naturwissenschaftlichen Begriffen und Prinzipien besonders schwierig ist, wenn die „Vorunterrichtlichen Vorstellungen“ und die zu lernenden naturwissenschaftlichen Vorstellungen nicht miteinander vereinbar sind und in alltäglichen Erfahrungen tief verankert sind (Duit 1995, 97).

Viele Termini sind im Gebrauch, um das, was hier „Vorstellungen“ genannt wird, zu kennzeichnen. Im deutschen Sprachraum handelt es sich meistens um

„Schülervorstellungen“, „Schülervorverständnis“, „Präkonzepte“ und

„Alltagsvorstellungen“ (Duit 1989, 112). Im englischen Sprachraum gibt es

Kennzeichnungen wie „alternative framework“, „students' conceptions“,

„misconceptions“ und students' belief systems“ (a. a. O., 113).

Unter Vorstellungen können ganz allgemein geistige Entwürfe verstanden werden, die sich Menschen von der sie umgebenden und durch Sinneswahrnehmung auf sie einwirkenden Welt machen (Duit 1992, 51). Der Begriff ist aber keineswegs auf bildliche Vorstellungen eingeschränkt. Zu beachten ist, dass Vorstellungen meistens auf den kognitiven Aspekt der geistigen Entwürfe konzentriert sind (a. a. O.). Anstelle von „Vorstellung“ wird auch „Konzept“ gebraucht. „Schülervorverständnis“ versucht die gesamte Haltung des Schülers (seine Interessen, Vorstellungen, Einstellungen) zu erfassen, wohingegen laut Duit „Vorstellung“ und „Konzept“ eher auf den kognitiven Aspekt gerichtet verwendet werden (a. a. O., 53).

Gropengießer versteht in seiner „Didaktischen Rekonstruktion des Sehens“ „Konzepte“ als durch Relationen verknüpfte Begriffe (Gropengießer 1997, 27). Diese können wiederum Elemente von „Denkfiguren“ und „Theorien“ sein (a. a. O.). Konzepte beziehen sich demnach auf Sachverhalte und kommen als Behauptungen, Sätze und/oder Aussagen zur Sprache.

„Alternative framework“ ist von Driver und Easley (1978) als Gegenposition zu „misconception“ eingeführt worden um herauszustellen, dass „vorunterrichtliche Vorstellungen“ von Schülern nicht generell als falsch anzusehen sind (Duit 1992, 53). Der Terminus „misconceptions“ richtet den Blick auf die „vorunterrichtlichen Vorstellungen“ von der wissenschaftlichen Vorstellung aus; was aus dieser Sicht nicht zutrifft, ist als falsch zu bewerten (a. a. O.).

Der Terminus „Alltagsvorstellung“, der in Deutschland neben „Schülervorstellung“ der verbreitetste ist, verweist auf die Unterscheidung der Bereiche Alltag/Lebenswelt und Wissenschaft (Duit 1989, 112). Er macht die durch zahlreiche empirische Untersuchungen erfolgte Einsicht deutlich, dass viele der Vorstellungen, die die Schüler in den naturwissenschaftlichen Unterricht mit einbringen, aus tief verankerten Alltagserfahrungen stammen (a. a. O., 113).

Beim Lernen in der Schule ist es wichtig zu bedenken, dass diese „vorunterrichtlichen Vorstellungen“ Ausgangspunkt des Lernens sind und nicht von vornherein als Hindernisse aufgefasst werden. Eine „konstruktivistische Grundauffassung vom Lernen“ (a. a. O., 116) oder auch „constructivistic view“ (a. a. O., 117) liegt diesem Verständnis zu Grunde. Die naturwissenschaftsdidaktische Forschung entwickelt seit den 70er Jahren mit der Erforschung von „vorunterrichtlichen Vorstellungen“ und deren Einfluss auf das Lernen einen bedeutenden Arbeitsbereich. Die oben skizzierte Grundauffassung lehnt eine „Tabula-Rasa-Vorstellung“ vom Lernen ab (Duit 1992, 55).

Lernen wird als aktiver Prozess gesehen, und der Lernende ist daher kein passiver Empfänger von Lernstoff. Der Lernende muss sich vielmehr aktiv sein Wissen selbst auf Basis des Gewussten konstruieren. Eingehende Sinnesdaten erhalten nur dann eine Bedeutung, wenn der Empfänger ihnen eine Bedeutung verleiht, sie werden demnach auch auf Basis der vorhandenen Vorstellungen interpretiert.

Diese wissenschaftstheoretischen Ideen sind nicht neu, sondern wurden bereits von Hanson (1965), Feyerabend (1970) und Kuhn (1970) vertreten (a. a. O., 56). Demnach ist jede Beobachtung grundsätzlich theoriegeleitet, d.h. durch unsere Vor- und Einstellungen gesteuert, und jede Wahrnehmung ist durch unsere Vorstellungen und Vorurteile beeinflusst. Entwickelt der Lernende keine Bereitschaft für die Konstruktion eigenen neuen Wissens, so findet kein Lernen statt. Lernen meint in dieser Auffassung im Allgemeinen die wesentliche Abänderung oder sogar die Aufgabe der eigenen Vorstellung. Der Lernende muss eine Bedeutung aufgrund seiner Vorstellung selber konstruieren (a. a. O.).

„Vorstellungen“ können auch im Sinne der kognitiven Linguistik wie folgt verstanden werden: George Lakoff entwickelte 1990 das Konzept der ,idealisierten kognitiven Modelle' als Kritik an der kognitiven Psychologie und der Psychologie der Begriffsbildung und deren gemeinsamer philosophischer Grundlage, dem „Objektivismus“ (Gropengießer 1997, 22). Unter dem Konzept versteht man die kognitiven Strukturen, mit denen unser Denken organisiert wird. Die Referenzbereiche der Modelle sind nicht die objektiven äußeren Gegebenheiten, sondern die mentalen Kategorien. Die wesentlichen Aspekte der Modelle sind: „Denken ist verkörpert“: Eine Struktur unserer Vorstellung erwächst aus körperlicher und sozialer Erfahrung, d.h. Kognition und Erfahrung sind nicht beliebig verbunden (a. a. O.). „Denken ist imaginativ“: Wenn Begriffe nicht direkt aus körperlicher Erfahrung gegründet sind, so werden sie durch „Metapher“, „Metonymie“ und „mentaler Imagination“ geschaffen (a. a. O.). „Denken hat Gestalt“: Begriffe sind mit anderen Begriffen verknüpft und zeigen Zusammenhänge (a. a. O.). „Denken hat Struktur“: Aus den übergreifenden Strukturen der Vorstellungen und der Bedeutung der Begriffe entstehen die kognitiven Leistungen beim Lernen und Erinnern (a. a. O.).

„Schülervorstellungen“ werden auch als Theorien bezeichnet (a. a. O.). Doch gegen eine Kennzeichnung alltäglicher Vorstellungen und Schülervorstellungen als ,Theorie' gibt es zwei Einwände. Einerseits wird eine wissenschaftliche Theorie explizit formuliert und bewusst und absichtlich in wissenschaftlichen Zusammenhängen eingesetzt (a. a. O., 23). Es besteht Übereinstimmung über den Unterschied zwischen Wissenschaftlichem und Alltäglichem, und nichtwissenschaftliche Theorien werden meistens durch ein Adjektiv gekennzeichnet, z.B. ,naive Theorien', ,folk theories' oder ‚subjektive Theorien' (a. a. O.). Andererseits wird angebracht, dass Schüler oft einzelne Ideen in lockerer Zusammstellung haben.

Gopnik und Wellmann sehen die Vorstellungen von Kindern als „Theorien“, weil sie „abstrakte Konstruktionen“ beinhalten und somit Erklärungen, Vorhersagen und Interpretationen ermöglichen (a. a. O.). Harris verfolgt die Analogie zwischen dem Denken von Wissenschaftlern und Kindern weiter verwirft aber den Terminus „Theorie“. Für ihn arbeiten beide mit mentalen Modellen, d.h. in alltäglichen Situationen lässt sich das Denken von Wissenschaftlern und Kindern durchaus vergleichen. Gropengießer folgert: „Wenn Vorstellungen strukturiert sind und zumindest einige Ähnlichkeiten mit wissenschaftlichen Theorien aufweisen, lassen sie sich - qualifiziert durch ein Adjektiv - als ,Theorie' bezeichnen (a. a. O.).

Ein anderer neuerer Ansatz findet sich im neurobiologischen Verständnis von Vorstellungen. Seit einigen Jahren versuchen Biologen und Psychologen mit verschiedenen bildgebenden Verfahren die Gehirnaktivitäten von Personen darzustellen, ohne den Schädel öffnen zu müssen. Zusammen mit psychologischen Verfahren können Bilder geistiger Aktivitäten hergestellt werden und damit die neuronalen Grundlagen mentaler Prozesse im Ansatz beschrieben werden (a. a. O., 24). Daraus ergab sich auch eine konstruktivistisch-neurobiologische Sicht über „Vorstellung“: Vorstellungen können demnach als „Erleben“ verstanden werden (a. a. O., 25). Die kognitiven Leistungen korrelieren mit einem Muster neuronaler Aktivitäten an verteilten, aber miteinander verknüpften Orten, d.h. man kann sehen, wann, wo und wie „Wahrnehmen“, „Denken“ und „Vorstellen“ erlebt werden (a. a. O.).

„Vorstellungen sind Konstrukte, die auf die Umwelt und uns selbst angewendet werden.“ Vorstellungen (Bedeutungen) sind „individuelle Leistungen von semantisch geschlossenen Gehirnen“ (a. a. O.). Vorstellungen aktualisieren, verändern und neu bilden meint, neuronale Strukturen aktivieren und verändern. Dies erfordert Energie und Anstrengung. Durch Wachstumprozesse an Neuronen verändern sich neuronale Strukturen, was Zeit und wiederholtes Aktivieren kostet. Tiefgründiges Lernen auf Vorstellungsebene bedarf daher Zeit. Jeder Mensch ist auf seine eigenen Neuronenstrukturen angewiesen, und es sind die einzigen, von denen ausgehend Veränderungen und Kognition stattfinden, d.h. alte Vorstellungen sind Voraussetzungen für neue Vorstellungen (a. a. O., 25f).

In der vorliegenden Arbeit wird der Begriff „Vorunterrichtliche Vorstellungen“ benutzt. „Vorunterrichtlich“ bezieht sich in diesem Sinne auf die Quelle, aus der Schüler ihre bestimmten Vorstellungen beziehen, z.B. aus den alltäglichen Erfahrungen, Handlungen, Ereignissen, Situationen, den Medien (Fernsehen, Bücher, CD-Roms, Videos) sowie Gesprächen mit Eltern, Geschwistern, Freunden, vorangegangenem Unterricht etc. Vorunterrichtlich kennzeichnet in diesem Falle auch, dass die Schüler noch keine entsprechende Unterrichtseinheit zu Pflanzen erhalten haben.

„Vorstellungen“ beschreibt in diesem Kontext und in Anlehnung an die konstruktivistische Auffassung die Meinung, dass „Vorunterrichtliche Vorstellungen“ Ausgangspunkt des Lernens im Unterricht sind und nicht von vornherein als falsch bzw. als Hindernisse oder Fehlkonzepte aufgefasst werden sollten. Die Schüler kommen nicht als unbeschriebene Blätter in den Unterricht; Lernen bedeutet vielmehr Vorstellungsänderung. Lernen wird als aktiver Prozess verstanden, der Lernende ist kein passiver Empfänger von Lernstoff. Er muss sich sein Wissen selbst auf Basis des Gewussten konstruieren. Eingehende Daten haben nur dann eine Bedeutung, wenn der Lernende ihnen eine Bedeutung verleiht, sie werden demnach auch auf der Basis der vorhandenen Vorstellungen interpretiert.

„Vorunterrichtliche Vorstellungen“ sind aber auch die subjektiven gedanklichen Konstrukte der Schüler, deren Struktur aus Wahrnehmung, d.h. körperlicher und/oder emotionaler und/oder sozialer Erfahrung entstanden oder durch mentale Vorgänge erschaffen ist.

„Vorunterrichtliche Vorstellungen“ werden darüber hinaus mit anderen Vorstellungen verknüpft, bilden Zusammenhänge und übergreifende Strukturen. Die vorhandenen Vorstellungen können dabei sehr tief verankert sein und sich als resistent gegenüber anderen z.B. wissenschaftlichen Theorien erweisen. Diese beiden Aspekte sollen in der vorliegenden Befragung u.a. untersucht werden. Wichtig ist, dass die Vorstellungen der Schüler nicht diskriminiert werden, sondern auf Basis des Gewussten aktualisiert, verändert oder reorganisiert werden. Vorstellungen aktualisieren, verändern und neu zu bilden heißt u.a. auch, neuronale Strukturen zu aktivieren und zu verändern. Dies kostet Energie und Anstrengung. Tiefgründiges Lernen auf der Ebene der Vorstellungen benötigt daher Zeit.

4. Sachanalyse

In der Sachanalyse sollen anhand von Fachliteratur die ausdifferenzierten Themenbereiche der vorliegenden Fragestellung „Kennen von Pflanzen“, „Wo leben Pflanzen“, „Aufbau der Pflanzen“, „Funktionen der Pflanzenorgane“, „Ernährung der Pflanzen“ sowie „Fortpflanzung der Pflanzen“ wissenschaftlich erklärt werden. Als fachliterarische Grundlage dient das Buch von Lüttge, U./Kluge, M./Bauer, G. (1999): Botanik. 3. Aufl. Weinheim: Wiley-VCH Verlag GmbH.

4.1 Systematik der Pflanzen

In dem folgenden Kapitel geht es darum, kurz herauszustellen, was die Systematik ist, und nach welchen Kriterien sich Lebensformen der Pflanzen voneinander abgrenzen lassen können.

Die systematische Gliederung der verschiedenen Gruppen (Taxa) von Lebensformen dokumentiert die Verwandtschaft der einzelnen Vertreter zueinander. Die Pflanzensystematik versucht ein „natürliches System“ der Pflanzen zu erarbeiten, in dem viele bekannte lebende Pflanzenarten nach ihren natürlichen Verwandtschaftsbeziehungen geordnet sind. Verwandt zu sein meint in diesem Sinne, gemeinsame genetische Informationen zu haben. Die Verwandtschaft von Lebewesen wird durch den Vergleich der Anatomie von Bauplänen erforscht. Sowohl Tiere als auch Pflanzen sind aus Organen/Organsystemen aufgebaut. Trotz vieler Abwandlungen (z.B. als Folge von Anpassung an die Umwelt) lässt sich bei Verwandtschaft ein gemeinsamer Grundbauplan nachweisen. Der Grundbauplan einer Gefäßpflanze z.B. besteht aus Wurzel, Sprossachse und Blättern. Die Ergebnisse der vergleichenden Anatomie belegen, dass viele Organe einen ähnlichen Grundbauplan besitzen, der auf Verwandtschaft beruht (Homologie). Homologie ist die Bauplanähnlichkeit aufgrund von Verwandtschaft.

Das Grundprinzip der Systematik besteht darin, eine Gliederung von den einfachen bis zu den differenziertesten Bauplänen vorzunehmen. Dementsprechend gibt es die Grundeinteilung in „Prokaryonten“ und „Eukaryonten“. Die Prokaryonten werden ganz allgemein den Eukaryonten ("Echtkerner") gegenüber gestellt (a. a. O., 21ff). Auffälligstes Charakteristikum der Prokaryonten ist, wie auch aus dem Namen schon hervorgeht, das Fehlen der Kernmembran, die bei den Eukaryonten den Nucleus (Zellkern) einschließt. Als Ausgangsform werden hier als hypothetische Urzellen die „Progenoten“ gezeigt, die sich seinerzeit als erstes von ihrer Umgebung emanzipiert haben.

Entscheidend für die Abgrenzung systematischer Gruppen oder Einheiten ist die äußere und innere Differenzierung der Lebewesen. Hinzu kommen genetische, stammesgeschichtliche und physiologische Kriterien (z.B. das Pigment Chlorophyll (Blattgrün) der grünen Pflanzen, das bei der Fotosynthese für die Lichtabsorption sorgt).

Die Grundeinheit der Systematik ist die Art, welche morphologisch definiert wurde als Gesamtheit aller Individuen einschließlich ihrer Vorfahren, die in ihren wesentlich erscheinenden Merkmalen untereinander übereinstimmen. Arten mit ähnlichen Merkmalen werden zu Gattungen zusammengefasst, mehrere ähnliche Gattungen zu einer Familie. Weitere höhere systematische Kategorien sind Ordnung, Klasse und Abteilung. Dazu können noch Zwischenkategorien kommen. Für jede dieser Einheiten können Baupläne mit jeweils typischen Merkmalen erstellt werden.

4.2 Pflanzen in ihren Lebensräumen

In diesem Kapitel soll deutlich gemacht werden, dass Pflanzen bestimmte Lebensansprüche (z.B. an Nährsalzen, Licht, Wasser, Temperatur, Luft etc.) haben und je nach Anforderung an bestimmten Standorten leben können. Pflanzen passen sich ihrem Lebensraum durch verschiedene Merkmale an.

Pflanzen treten in bestimmten immer wiederkehrenden „Vergesellschaftungen“ auf. Es bestehen dabei offensichtlich Bezüge zum jeweiligen Standort. So kennzeichnen Alpenmatten, Bergwälder, Dünenlandschaften, Moore und Wiesen u.a. für sie typische „Artenmuster“ (a. a. O., 345). Eine regelmäßige und an bestimmte Standorte gebundene Vergesellschaftung bestimmter Pflanzenarten nennt man „Pflanzengesellschaft“. Einzelne Pflanzengesellschaften können räumlich sehr scharf von einander abgegrenzt und ihre flächige Ausdehnung sehr unterschiedlich sein. Pflanzengesellschaften sind durch bestimmte Charakterarten gekennzeichnet: „Artenbestand“, „relative Artenhäufigkeit“ und „Homogenität der Artenverteilung“ bilden solche Kriterien, um Pflanzengesellschaften erkennen zu lassen (a. a. O., 346). Jeder Standort hat seine bestimmten Faktoren und nur die Pflanzenarten können dort langfristig überleben bzw. in die Gesellschaft aufgenommen werden, die an diese herrschenden Bedingungen angepasst sind. Man unterscheidet „abiotische“ und „biotische“ Faktoren der Standorte. Abiotische Faktoren sind „physikalisch-chemische“ Gegebenheiten des Standortes wie z. B. Klima, Licht, Nährstoffangebot und Bodenbeschaffenheit. Biotische Faktoren sind z. B. innerartliche Konkurrenz, Veränderungen des Bodens durch die Lebenstätigkeit der Pflanzengesellschaft und Beschattung der Pflanzen (a. a. O.). Die Konkurrenz der Pflanzenarten untereinander führt zu der oft scharfen räumlichen Abgrenzung der Pflanzengesellschaften. Kommt es zu einer lokalen Änderung der Standortfaktoren, so können noch unangepasste Arten von denen unterdrückt werden, die unter den geänderten Bedingungen konkurrenzfähiger sind, und es kommt zu einer andersartigen Pflanzengesellschaft. Pflanzengesellschaften verändern sich aber nicht nur räumlich, sondern auch zeitlich, man spricht in diesem Falle von „Sukzession“. Sukzession bezeichnet die „Zeitliche Abfolge verschiedener Pflanzengesellschaften an einem Standort (a. a. O., 348).

4.3 Aufbau der Gefäßpflanzen (Kormophyten)

Im folgenden Kapitel wird der Aufbau der Gefäßpflanzen (Kormophyten) mit dem typischen Grundbauplan aus Sprossachse, Wurzel und Blatt dargestellt. Man bezeichnet diese typische Organisationsform als „Kormus“. Die Ausführungen beschränken sich auf die Gefäßpflanze, weil in den geführten Interviews der vorliegenden Arbeit den Schülern eine Gefäßpflanze (Sonnenblume = Bedecktsamer; zweikeimblättrig) als Beispiel präsentiert wird, anhand derer z.B. die Pflanzenorgane sowie deren Funktion besprochen werden. Die Besonderheit der Gefäßpflanzen ergibt sich, wenn man den Übergang der Pflanzen vom Wasser- zum Landleben betrachtet. Bei diesem Übergang war eine Reihe neuer Anpassungen der Pflanzen in Gestalt und Lebensweise nötig. Die Anpassung an Land erforderte eine ausgeprägte Arbeitsteilung zwischen den einzelnen Teilen des Pflanzenkörpers, woraus schließlich die kompliziertere Organisationsform des „Kormus“ (Sprossachse, Wurzel, Blatt) entstanden ist. Zu den Kormophyten zählen die Abteilungen der Farnpflanzen (Pteridophyta) und der Samenpflanzen (Spermatophyta). Die folgenden Ausführungen befassen sich mit dem speziellen Aufbau sowie der Funktion des Kormus, um somit die besondere Arbeitsteilung der Organe untereinander darzustellen.

a) Die Wurzel

„Wurzeln sind zylindrische, sich an der Spitze verjüngende Organe“ (a. a. O., 363). Sie haben keine Blätter und können sich durch Ausbildung von Seitenwurzeln mehrfach verzweigen. Im Boden bilden die Wurzeln ein Wurzelsystem, welches meist eine größere Gesamtlänge als das oberirdische Sprosssystem hat und sich vorwiegend in den oberen Bodenschichten ausbreitet, die gut mit Wasser und Nährstoffen angereichert sind. In einigen Fällen reichen die Wurzeln aber auch weit in die Tiefe.

Bevor eine junge Wurzel durch Ausbildung neuen Gewebes an Dicke zunimmt, („sekundäres Dickenwachstum“) zeigt sich ihr primärer Aufbau. An der Spitze ist die „Wurzelhaube“ (Kalyptra), ein Gewebe, das als schützende Kappe das „Bildungszentrum“ („Vegetationspunkt“) der Wurzel umschließt (a. a. O., 363ff). Der Vegetationspunkt sorgt für das „Spitzenwachstum“ der Wurzel, indem er immer wieder neue Zellen erzeugt. Dem Vegetationspunkt basalwärts folgt die „Streckungszone“ und dieser wiederum die „Wurzelhaarzone“ (a. a. O., 366f). Hier vollzieht sich die Wasser- und Nährsalzaufnahme. Die Wurzelhaarzone zeigt im Querschnitt zunächst eine äußere Zellschicht, das sogenannte „Abschlussgewebe“ (Rhizodermi). Durch die Dünnwandigkeit der Rhizodermiszellen und der Wurzelhaare, das Fehlen einer „Cuticula“ (eine Art Wachshäutchen) und die starke Oberflächenvergrößerung eignet sich die Wurzelhaarzone besonders für die Stoffaufnahme. Die Wurzelhaare leben nur ein bis mehrere Tage und bilden nach Absterben der Rhizodermis neues „Abschlussgewebe“ (Exodermis). Der eigentliche Wurzelkörper besteht aus „Wurzelrinde“ und „Zentralzylinder“. Die Rinde besteht aus einem „mehrschichtigen Parenchym“, welches den Zentralzylinder umschließt. Die „Endodermis“, die innere Zellschicht der Rinde, hat „radiäre Zellwände“, die wiederum bandförmig mit einer lipophilen Substanz imprägniert sind. Diese Struktur bezeichnet man als „Casparysche Streifen“. Der Zentralzylinder wird von der Endodermis umschlossen. Die äußerste Schicht des Zentralzylinders nennt man u.a. „Perikambium“, welches ein „meristematisches“ Gewebe (vielzelliges Bildungsgewebe) ist. Im Inneren des Zentralzylinders finden sich „Xylem- und Phloemstränge“ des „Leitbündels“ mit dem entsprechenden „Parenchym“ und „Sklerenchym“ (Festigungsgewebe). Das Leitbündel ist radiär angeordnet, d.h. die Xylemstränge verlaufen vom Zentrum des Zentralzylinders ausgehend nach außen. Zwischen den Xylemteilchen befindet sich „Phloem“. Die dem Assimilationstransport dienenden Phloemelemente werden früher ausdifferenziert als die dem Wasser- und Nährsalztransport dienenden Xylemelemente. Oberhalb der Wurzelhaare, ausgehend vom Zentralzylinder, bilden sich die „Seitenwurzeln“ aus, d.h. sie werden im Inneren der Wurzel (endogen) gebildet (a. a. O., 369). Sie müssen dabei die Rinde durchbrechen, bevor sie mit der Spitze nach außen gelangen.

Die verdickten Sprosse mehrjähriger Pflanzen benötigen eine entsprechende Ausbreitung des Wurzelbereichs, um ausreichend mit Wasser versorgt werden zu können und auch entsprechend im Boden verankert zu sein. Die Wurzel muss also dementsprechend mitwachsen, und zwar nicht nur in die Länge, sondern auch in die „Dicke“. Diese Dickenzunahme wird als „sekundäres Dickenwachstum“ bezeichnet. Für neues Gewebe sorgt ein im Zentralzylinder gelegenes „Kambium“ (ein mehrschichtiges Meristem, das nach beiden Seiten Tochterzellen abgliedert) (a. a. O., 370f). Das Kambium scheidet nach außen Zellen ab, die sich zu sekundärem Phloem („Wurzelbast“) ausbilden, und nach innen Zellen ab, die sich zu sekundärem Xylem bilden („Wurzelholz“). Während des sekundären Dickenwachstums der Wurzel reißen das ursprüngliche Abschlussgewebe und die primäre Wurzelrinde auf und werden durch ein neues Abschlussgewebe, den „Wurzelperiderm“ (Kork), ersetzt.

b) Die Sprossachse

Den ersten Abschnitt, der bei der Keimung des Sprosses gebildet wird, nennt man „Hypokotyl“; er liegt zwischen dem Ansatz der Wurzel und den „Keimblättern“ (a. a. O., 381). Die Stelle, an der ein Blatt am Spross ansetzt, ist oft knotig verdickt und wird daher als „Nodium“ (Knoten) bezeichnet. Die Abschnitte zwischen den Nodien heißen „Internodien“. Durch das „Streckungswachstum“ der Internodien rücken die Nodien auseinander und die Sprossachse wird gestreckt. Ist eine Sprossachse vollkommen gestreckt, so spricht man von „Langtrieb“. Bei den Sprossverzweigungen vieler Pflanzen unterscheidet man zwei Grundtypen: die „monopodiale“ Verzweigung („durchgehende Hauptachse mit Längenzuwachs durch endständige Knospe an der Spitze“[...] „Seitenknospen und Seitentriebe unterdrückt“) und die „sympodiale“ Verzweigung („Absterben der endständigen Knospe, Längenzuwachs durch austreibende Seitenknospen,“[...]„rückt nur ein Nebentrieb in Richtung der Hauptachse ein, so ergibt sich ein Monochasium, treiben zwei gegenständige Knospen aus, entsteht ein Dichasium“) (a. a. O., 383f).

Auch beim Spross vollzieht sich, wie bei der Wurzel, der Längenzuwachs an der Spitze; diese wachsende Spitze nennt man „Vegetationskegel“ (Apex). Der Vegetationskegel unterteilt sich in verschiedene Entwicklungszonen: Die äußerste Spitze ist die „Bildungszone“ (hier entstehen neue Zellen), hinter der sich die längere „Determinationszone“ anschließt, und in der die künftigen Aufgaben der Zellen festgelegt werden. In dieser Zone kann man die Gliederung des Vegetationskegels in „Urmark“ und „Urrinde“, die das Urmark umhüllt, erkennen. Zwischen Urrinde und Urmark befindet sich ein „Restmeristem“, das später zu einem „Prokambium“ differenziert. An die Determinationszone anschließend folgt basalwärts die „Streckungszone“. Hier erfolgt die Längsstreckung der Zellen, und mit der Tätigkeit des Prokambiums nimmt auch die Dicke des Sprosses zu (primäres Dickenwachstum) (a. a. O.). Unterhalb der Streckungszone ist die Bildung des primären Gewebes abgeschlossen. Die primäre Sprossachse beinhaltet folgende Gewebe: „Abschlussgewebe“, eine meist einschichtige Epidermis mit „Spaltöffnungen“ und Cuticula; das „Festigungsgewebe“, wobei man hier zwischen „Sklerenchym“ (besteht aus toten Zellen mit dicken Wänden) und „Kollenchym“ (besteht aus lebenden Zellen mit lokal verdickten Wänden) unterscheidet; das „Grundgewebe“ bestehend aus Zellen, die in jeder Richtung fast gleichen Durchmesser haben (Parenchym) und schließlich das „Leitgewebe“, welches zu Strängen zusammengefasst ist, die wiederum als „Leitbündel“ bezeichnet werden (a. a. O., 388f).

Die Leitbündel bestehen aus den zwei Gewebearten „Xylem“ und „Phloem“. Das Xylem dient dem Ferntransport von Wasser, Nährsalzen und teilweise auch Zucker oder Aminosäuren, und das Phloem exportiert die Assimilate aus den Blättern und verteilt sie in der Pflanze. Es gibt verschiedene Leitbündeltypen. Das Xylem besteht aus den „Tracheiden, Tracheen, Holzfasern und Holzparenchymzellen“ (a. a. O., 393). Über die Tracheiden und Tracheen erfolgt der Ferntransport des Wassers. Bei den Tracheiden, Tracheen und Holzfasern handelt es sich jedoch um totes Gebilde. Das „Xylemparenchym“ dagegen besteht aus lebenden Zellen, die der kontrollierten Abgabe von Ionen und anderen gelösten Stoffen dienen. Das Phloem besteht aus „Siebröhren“ mit „Geleitzellen“, „Phloem-Parenchymzellen“ und „Phloem-Fasern“. Siebröhren dienen dem Transport der Assimilate, allerdings, im Gegensatz zu den Xylemelementen, im lebendigen Zustand. Die Phloem-Fasern bilden das Festigungsgewebe.

Bei mehrjährigen strauch- und baumförmigen Pflanzen wie z.B. den „Nacktsamern“ oder „zweikeimblättrigen Bedecktsamern“ genügt mit fortschreitendem Bedarf an Leitungs- und Festigungsgewebe der primäre Aufbau nicht, sondern es bedarf des sekundären Dickenwachstums (a. a. O., 398). Dieses geht von einem aktiven zylinderförmigen Meristem, dem „Kambium“ aus. Es besteht aus prismatischen Zellen, die sich während des Dickenwachstums abwechselnd nach innen und außen teilen. Das nach innen gebildete Gewebe heißt „Holz“, das nach außen produzierte Gewebe heißt „sekundäre Rinde“ oder „Bast“. Das Holz dient dem Wassertransport und der Bast dem Assimilationstransport (a. a. O., 400ff). Mit dem Einsetzen des Dickenwachstums wird der durch die primäre Epidermis gebildete Mantel zu eng und zerreißt. Er wird durch ein „sekundäres Abschlussgewebe“ ersetzt, das sogenannte „Periderm“. Dieses setzt sich aus „Kork (Phellem), Korkkambium und Phelloderm“ zusammen (a. a. O., 404). Bei älteren Sprossachsen nennt man das sekundäre Abschlussgewebe „Borke“.

Bei den einkeimblättrigen Samenpflanzen ist sekundäres Dickenwachstum selten und verläuft anders.

c) Das Blatt

Blätter sind Anhangsorgane des Sprosses. Entsprechend ihrer vielfältigen Aufgaben ist auch ihre Gestalt sehr unterschiedlich. Die „Blattanlagen“ („Blatt-Primordien“) entstehen fortlaufend hinter dem wachsenden „Sprossscheitel“ und wachsen zunächst an der Spitze (a. a. O., 419). Dieses Spitzenwachstum stellt sich jedoch bald ein, und anstelle dessen übernimmt ein „Meristem-Band“ („basales Meristem“) die Aufgabe, neue Zellen für das Längenwachstum zu bilden. Randständige Meristeme sorgen für das Breitenwachstum, und sind diese besonders aktiv, entstehen „gelappte oder gefingerte Blätter“. Hinter den Meristemen liegt die „Streckungszone“ zur Streckung der neu gebildeten Zellen. Die Blätter erreichen, im Gegensatz zu Spross und Wurzel, schließlich eine endgültige Größe.

Je nach Morphologie und Funktion unterscheidet man verschiedene Blatt-Typen:

Keimpflanzen haben weit unten die kurzlebigen „Keimblätter“, darauf können

„Niederblätter“ folgen. Daran können sich „Laubblätter“ anschließen, die die eigentlichen „Fotosyntheseorgane“ darstellen. Zur Blüte hin können sich „Hochblätter“ ausbilden. Die Bestandteile der „Blüten“, die „Kelch-, Kron-, Frucht- und Staubblätter“ sind metamorphosierte („umgewandelte“) Blätter.

Ein junges Blatt gliedert sich in das basalwärts gelegene „Unterblatt“ und das spitzenwärts gelegene „Oberblatt“ (a. a. O., 421). Aus dem Unterblatt gehen die verbreiterte Basis des Blattes („Blattgrund“) und evtl. Nebenblätter hervor und aus dem Oberblatt die eigentliche Blattfläche („Blattspreite“). Die Blattspreite kann als ungeteilte Fläche, „gelappt“ oder in „Blattfiedern“ („gefingert oder gefiedert“) vorkommen. Die Blattspreite ist von „Leitbündeln“ durchzogen, die auch als „Blattadern“ oder „Blattnerven“ bezeichnet werden. Die Blattadern der einkeimblättrigen Pflanzen verlaufen „parallel“ und die der zweikeimblättrigen Pflanzen „netzförmig“, wobei von einem Hauptstrang („Mittelrippe“) die Nebenstränge abzweigen (a. a. O., 419). Die Flächen zwischen den Leitbündelsträngen nennt man „Interkostalfelder“ (a. a. O., 423). Die Dicke der Leitbündel nimmt von der Mittelrippe aus bis zu den Enden hin ab.

Der innere Aufbau der Blattspreite ist entsprechend ihrer Funktionen wie die Durchführung der Fotosynthese und die Kontrolle des Wasserverlusts durch „Transpiration“ angepasst. Die Blattspreite ist vor allem durch die drei Gewebetypen

„Abschlussgewebe“ (Epidermis), „Assimilationsgewebe“ („Mesophyll“) und

„Leitbündel“ aufgebaut. Die Epidermis schützt die Pflanze vor Austrocknung, indem sie die Abgabe von Wasserdampf unterbindet, und sie reguliert den Gasaustausch der Pflanze mit der Umgebung. Dabei umgibt die Epidermis das Blatt als für Gas weitgehend undurchlässige Haut. Sie ist aber von Poren durchbrochen, die den Gasaustausch zulassen. Diese Poren können je nach Bedarf verschieden stark geöffnet und geschlossen werden. Man nennt diese Poren „Spaltöffnungen“ (Stomata) (a. a. O., 424). Die Epidermis, meist einschichtig, besteht aus lebenden Zellen, die „fugenlos“ miteinander verzahnt sind (a. a. O., 426). Die äußeren Zellwände der Epidermis sind meist verdickt und mit Wachsen (Cutinen) imprägniert. Auf der Außenseite befindet sich zusätzlich eine „Cuticula“ (ein aus Cutin bestehendes Häutchen). Einige Pflanzen bilden an der Epidermis der Blätter „Haare“ oder „Emergenzen“ (z.B. der Sockel der Brennhaare der Brennnessel). Der „Spaltöffnungsapparat“, ein Komplex spezialisierter Epidermiszellen, besteht aus einem Paar „Schließzellen“ und einigen „Nebenzellen“ (a. a. O., 427). Die Schließzellen sorgen für das Öffnen und Schließen der Spaltöffnungen und haben oft eine „bohnenförmige Gestalt“. Spaltöffnungen können sich auf der Blattunterseite („hypostomatische Blätter“), auf der Blattoberseite („epistomatische Blätter“) oder über die ganze Blattoberfläche verteilt („amphistomatische Blätter“) befinden (a. a. O., 432).

Zwischen der oberen und unteren Epidermis liegt das Assimilationsgewebe (Mesophyll), in dessen Zellen die Fotosynthese abläuft. Meistens ist dieses Gewebe asymmetrisch gebaut, dabei findet sich an der Blattoberseite das aus säulenförmigen chloroplastreichen Zellen bestehende „Palisadenparenchym“ und darunter das „Schwammparenchym“ (a. a. O.). Die Leitbündel der Blattspreite verlaufen zwischen Palisaden- und Schwammparenchym (zur Durchlüftung des Blattes) und sind dabei „kollateral“ und „geschlossen“. Der Xylemteil ist der Blattoberseite und der Phloemteil der Blattunterseite zugewandt. In den Hauptadern sind die Leitbündel von einem „Festigungsgewebe“ („Sklerenchym“) umgeben. Die Blattleitbündel sind bis zum Ende von einer „Bündelscheide“ umschlossen, welche den Stofftransport vom Mesophyll in die Leitbündel vermittelt.

Die Blätter stehen am Spross in einer bestimmten Blattstellung. Man unterscheidet „wirtelige, zweizeilige und zerstreute Blattstellung“ (a. a. O., 435). Die Blattstellung erfolgt stets so, dass die Beschattung älterer Blätter durch neu gebildete möglichst vermieden wird, um so optimal Fotosynthese betreiben zu können. Als „Metamorphosen“ (Gestaltänderung entsprechend den Standortanforderungen) findet man bei den Blättern z.B. „Dornen“ (zum Selektionsvorteil und Schutz vor Tierfraß), „Ranken“ (fadenförmige Gebilde um an Stützen z.B. empor zu klimmen), „Speicherorgane“ (z.B. für Wasser) etc.

d) Die Blüte

Die Blüte der Gefäßpflanzen ist kein viertes Grundorgan, sondern ein stark metamorphosierter, abgeschlossener Spross mit verkürzter Sprossachse und umgewandelten Blättern, die der Fortpflanzung dienen. Die Ausbildungsformen der Blüte sind für viele Pflanzengruppen typisch und können durch Blütendiagramme und Blütenformeln beschrieben werden. Auf den Bau und die Funktion wird noch näher in Kapitel 4.6, S. 24ff. eingegangen.

4.4 Funktionen der Grundorgane der Gefäßpflanzen

aa) Die Wurzel

Wurzeln dienen vor allem der Aufnahme von Wasser und Nährsalzen sowie der Verankerung der Pflanze im Boden. Sie können aber auch Speicherorgane für Reservestoffe oder Orte von „Synthesen“ sein. So können z.B. Hormone in den Wurzeln gebildet werden, die von dort aus in andere Pflanzenorgane transportiert werden (a. a. O., 363).

Der Boden ist ein System aus festen, flüssigen und gasförmigen Phasen und zudem von „Mikroorganismen“ durchsetzt. Die feste Bodenphase besteht aus mineralischen und organischen Partikeln, die durch Bodenverwitterung und Abbau von biologischem Material gebildet werden. Zwischen diesen Partikeln befinden sich viele Hohl- und auch Kapillarräume. Die Hohlräume sind teilweise mit Gas und einer wässrigen Lösung („Bodenwasser“) gefüllt. Das Wasser in den Bodenkapillaren kann durch die Wurzel gut aufgenommen werden, wenn das „Wasserpotential“ der Wurzelzellen negativer ist als das des „Kapillarwassers“. Das Wasserpotential des Bodens hat einen negativen Wert, da hier stets Stoffe gelöst sind (a. a. O., 373).

Mit den Wurzelhaaren dringt die Wurzel nun in die Hohlräume des Bodens ein und kommt dabei mit dem Kapillarwasser in Kontakt. Der „radiale Transport“ des Wassers und der Nährsalze quer durch die Wurzel kann durch die Wurzelhaare und der primären Wurzelrinde von Zelle zu Zelle sowohl „apoplasmatisch“ (in Räumen der Zellen außerhalb des „Plasmalemmas“) als auch „symplasmatisch“ (Räume innerhalb des Plasmalemmas) erfolgen. Der apoplasmatische Wasser- und Nährsalztransport wird in den „Radiärwänden“ der Endodermis von den Casparyschen Streifen unterbrochen. Spätestens hier treten die Wasser- und Salzmoleküle durch die spezielle Anordnung der Streifen durch das Plasmalemma in das „Cytoplasma“. Die Endodermis stellt damit eine „physiologische Scheide“ dar, die eine Selektion und Regulation der aufgenommenen Nährsalze durch den Membrantransport sicherstellt. Bis das Xylemteilchen erreicht ist, erfolgt der Transport weiter symplasmatisch oder erneut apoplasmatisch. Ist das Xylemparenchym erreicht, tritt das Wasser in die Xylembahnen ein und wird mit dem „Transpirationsstrom“ in die oberen Pflanzenteile transportiert. Sogenannte „Transfer- Zellen“, ausgebildete Zellen des Xylem-Parenchyms, sorgen für die Abschneidung der Nährsalze in die Xylembahnen.

Die Wasserdampfabgabe von Pflanzenorganen, insbesondere der Blätter, nennt man „Transpiration“. Wasser strömt spontan vom Ort des weniger negativen zum Ort des stärker negativen „Wasserpotentials“. Der durch Transpiration bedingte Wasserverlust erzeugt einen „Sog“, der Wasser aus den Wurzeln über Sprossachse und Blätter nachzieht. Das Wasser wird durch Transpiration in Form von Wasserfäden durch die Leitbahnen des Xylems nach oben gezogen. Transpiriert die Pflanze, so steht das Wasser im Xylem unter „negativen Drücken“ („Saugspannung“). Diesen durch Transpiration in Gang gesetzten Wasserstrom nennt man „Transpirationsstrom“ (a. a. O., 412).

bb) Die Sprossachse

Die Sprossachse stellt die Verbindung der der Ernährung dienenden Grundorgane Blatt und Wurzel her. Sie sorgt dabei für den Stofftransport zwischen Wurzel und Blättern in beide Richtungen. Darüber hinaus ist sie das „Tragegerüst“ für die Blätter, welches sie möglichst günstig dem Licht entgegen stellt (a. a. O., 381).

Durch den Transpirationsstrom wird nicht nur, wie bereits erwähnt, das verloren gegangene Wasser ersetzt, sondern es können auch wachsende Gewebe versorgt werden, deren Zellen im Zuge des Streckungswachstums Wasser aufnehmen müssen. Zudem sind in dem Wasserstrom im Xylem aus dem Boden aufgenommene „Nährsalze“ enthalten, und der Transpirationsstrom trägt zur Verteilung der „Nährelemente“ in der gesamten Pflanze bei (a. a. O., 415).

Pflanzen scheiden Wasser auch als Tropfen über Blätter aus. Dies geschieht häufig, wenn Luft mit Wasserdampf gesättigt ist und das „Wasserdampfdruckgefälle“ fast Null ist. Diesen Vorgang bezeichnet man als „Guttation“. Der Xylem-Transport des Wassers erfolgt hier unter Druck, welcher in den Wurzeln erzeugt wird und daher auch „Wurzeldruck“ genannt wird. Zur Erzeugung des Wurzeldrucks ist „Stoffwechselenergie“ nötig.

Das Phloem ist für den Ferntransport der „Assimilate“ (während der Fotosynthese in den Blättern gebildete organische Moleküle) über die Siebröhren in alle Pflanzenteile verantwortlich. Der „Assimilationsstrom“ wird von den „Orten des Bedarfs“ („Senken“) bestimmt. Der Transport im Phloem vollzieht sich, im Gegensatz zum Transpirationssog im Xylem, unter positivem Druck („Druckströmung“). Der Assimilationstransport benötigt Stoffwechselenergie. Es handelt sich hierbei um einen „sekundär aktiven und damit ATP (Adenosintriphosphat) verbrauchenden H+- Cotransport von Zuckermolekülen aus den angrenzenden Parenchymzellen und Geleitzellen in die Siebröhren“ (a. a. O., 418). Der Vorgang des Beladens des Phloems mit Assimilaten ist „selektiv“. Es werden also nur bestimmte Stoffe aufgenommen.

cc) Das Blatt

Die Blätter dienen vor allem der Fotosynthese und der Abgabe von Wasserdampf (Transpiration). Das Blatt stellt das wichtigste Organ für die Fotosynthese dar, obwohl auch alle anderen grünen Teile der Pflanze die Fotosynthese durchführen. Bei dem Prozess der Fotosynthese werden aus anorganischen Substanzen organische Stoffe produziert. Alle Lebewesen, die nicht selbst Fotosynthese betreiben, benötigen die organischen Substanzen als Nahrung (ausgenommen einiger Bakterien) und werden als „heterotroph“ bezeichnet. Sie sind auf die grünen Pflanzen, die fotosynthetisch tätig sind und als „photo-autotroph“ bezeichnet werden, angewiesen (a. a. O., 11). Organische Stoffe sind für den Aufbau von Körpersubstanzen notwendig und liefern die Energie für alle Lebensvorgänge. Es ist Sonnenenergie, die in chemische Energie umgewandelt wird. Bei der Fotosynthese wird Sauerstoff, der für die Atmung von Lebewesen benötigt wird, ausgeschieden. Zugleich wird CO2 (Kohlendioxid), das Mensch, Tier und Pflanze ausatmen, verbraucht.

Der grundlegende Vorgang für die Umwandlung anorganischer in organische Stoffe ist die Synthese von Traubenzucker aus Kohlendioxid und Wasser in den Blättern. Der Zucker wird zum Ausgangsstoff für die Bildung vieler anderer organischer Substanzen in der Pflanze. Die Traubenzuckersynthese geht nur in grünen Pflanzen vor sich, wobei von den Blattfarbstoffen (besonders vom Blattgrün „Chlorophyll“) Lichtenergie aufgenommen wird und in chemisch gebundene Energie in Form von Kohlenhydraten überführt wird („Assimilation“) (a. a. O., 119).

Die chemische Gleichung der Fotosynthese lässt sich so darstellen:

6 CO 2 + 12 H2O + Sonnenenergie +Blattgrün = C6H12O6 + 6 O2 + 6 H2O

Der entstandene Sauerstoff stammt aus der Spaltung des Wassers. Die o.g. Summengleichung besteht aus zwei Teilvorgängen. Der erste Abschnitt stellt die Lichtreaktion dar: Die Lichtenergie wird von Blattfarbstoffen (Chlorophyll u.a.) absorbiert. Mit Hilfe dieser Energie wird Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff gespalten, wobei der Sauerstoff entweicht. Die Wasserstoffatome werden an Überträgersubstanzen gebunden. Außerdem wird Energie in Form von ATP (Adenosintriphosphat) gewonnen. Im zweiten Abschnitt, der Dunkelreaktion, wird die gewonnene Energie dazu genutzt, die energiearmen und anorganischen Moleküle (CO2) in organische energiereiche umzuwandeln. Es handelt sich chemisch gesehen hierbei um eine Reduktion des Kohlendioxids mit Hilfe des Wasserstoffs aus dem Wasser. Der Traubenzucker speichert die Lichtenergie als chemische Energie. Der entstandene Zucker wird sofort in Stärke umgewandelt, was als Polykondensation bezeichnet wird und das Zusammenlagern vieler Zuckermoleküle unter Wasseraustritt meint. Diese Stärke kann man im Blatt nachweisen. Im Laufe eines Tages sammelt sich die Stärke im Blatt an, wird in der anschließenden Nacht wieder abgebaut und meist in Form von Zuckermolekülen (Saccharose) zu den Orten des Verbrauchs transportiert (a. a. O., 139). In der Nacht ist die Fotosynthese ausgesetzt, bzw. der Lichtmangel senkt die Fotosyntheseleistung. Die Pflanze atmet und Sauerstoff wird verbraucht. Am Tag wird die Atmung der Pflanze durch den Prozess der Fotosynthese überlagert.

Durch die Fixierung des Kohlendioxids („Carboxylierung“) aus der Luft und seine „Reduktion“ zu Kohlenhydraten werden Endprodukte der Fotosynthese gebildet. Diese Fixierung und Reduktion ist eine „endergone“ Reaktionsfolge, bei der die fotochemisch erzeugten „Energie- und Reduktionsäquivalente“ genutzt werden (a. a. O., 134), man nennt diesen Vorgang auch „CO2 Assimilation“. Die Fixierung, Reduktion und Regeneration des Kohlendioxidakzeptors sind Elemente einer zyklischen Reaktionsfolge, die nach ihrem Entdecker M. Calvin als „Calvin-Zyklus“ bezeichnet wird. Als Endprodukte treten nicht nur Kohlenhydrate auf, sondern auch eine Vielzahl verschiedener Verbindungen wie z.B. „Fettsäuren, Aminosäuren, organische Säuren, Lipid-Bausteine, Nucleinsäure-Komponenten u.a.“. Äußere Bedingungen wie z.B. Lichtintensität, Temperatur, Kohlendioxid- und Sauerstoffkonzentration haben Einfluss darauf, welche Endprodukte bevorzugt produziert werden.

Wie bereits schon erwähnt, ist die Epidermis des Blattes mit einer Wachsschicht (Cuticula) überzogen, um die Pflanze vor Austrocknung durch Transpiration zu schützen. Andererseits muss die Epidermis aber auch den „Gasaustausch“ (CO2) der Pflanze mit der Umgebung zulassen. Dazu ist sie von Spaltöffnungen, die durch ihre unterschiedlich starke Öffnungs- und Schließweise den Gasaustausch kontrollieren, durchbrochen. Das Öffnen und Schließen der Spaltöffnungen wird durch die beiden Schließzellen, die paarweise angeordnet sind, bewirkt. Zwischen ihren Zellwänden ist ein „Zentralspalt“ frei (a. a. O., 427). Nimmt der „Turgor“ (elastischer Wanddruck in Zellen) der Schließzellen zu und schwellen diese dadurch an, vergrößert sich auch die Öffnungsweite des Zentralspalts; umgekehrt, bei abnehmenden Turgor, schließt sich der Spalt. Neben Turgoränderungen werden die Spaltöffnungsbewegungen aber auch noch durch „innere“ und „äußere“ Faktoren wie „Licht, Temperatur, CO2 - Konzentration sowie das Wasserpotential der Atmosphäre und des Blattgewebes“ (a. a. O., 428) beeinflusst.

Der Wasserverbrauch wird eingeschränkt, indem Pflanzen also ihre Spalten weniger weit öffnen oder geschlossen halten. Desweiteren kann die Verdunstung aber auch durch eine „Verkleinerung“ der Blätter verringert werden: z.B. nadelförmige, zu Dornen oder Schuppen umgestaltete Blätter. Blätter können auch zu „Rollblättern“ oder „Nadelblättern“ umgewandelt sein. Ähnlich wirkt auch eine Verstärkung der Cuticula, nämlich verdunstungshemmend. Manche Pflanzen trockener Standorte sind mit einem „Haarfilz“ überzogen (z.B. Kakteen). Zwischen den „Haaren“ bildet sich eine im Vergleich zur Umgebung feuchtere Luftschicht, die gegen die zusätzliche Austrocknung durch Wind schützt. Allgemein bezeichnet man Pflanzen mit verschiedenen Schutzeinrichtungen gegen das Austrocknen „Xerophyten“ (a. a. O., 452). Ein anderer Schutz gegen Wasserverlust ist das Abwerfen der Blätter im Herbst. Bei den Nadelbäumen ergibt sich die Notwendigkeit der vorher genannten Anpassungen aus der Tatsache, dass hier die Blätter im Winter nicht abgeworfen werden.

4.5 Ernährung der Pflanzen

Dieses Kapitel soll kurz die wichtigsten Elemente (Nähr- und Spurenelemente) zum Leben der Pflanzen nennen. Die Art und Weise der Nahrungsaufnahme wurde bereits bei der Erläuterung zu den Funktionen der Wurzel, Sprossachse und Blätter geklärt. Die Fotosynthese wurde ebenfalls in Bezug auf die Blattfunktion dargestellt. Die wesentlichen Elemente für autotrophe und heterotrophe Organismen unterscheidet man in Nähr- und Spurenelemente (a. a. O., 467). Autotrophe Organismen können alle Elemente in anorganischer Form verwerten.

Nährelemente sind: Kohlenstoff, Wasserstoff, Sauerstoff, Stickstoff, Phosphor, Schwefel (diese sind Elemente organisch chemischer Verbindungen) sowie Kalium, Calzium und Magnesium. Spurenelemente sind: Bor, Chlor, Kupfer, Mangan, Eisen, Zink und Molybdän. Kohlenstoff, Stickstoff und Schwefel, die meist in oxidierter Form zunächst vorlagen, wurden zum Einbau in pflanzeneigene organische Substanzen reduziert.

Nährelemente werden in größeren Mengen benötigt, denn sie beinhalten die für den Aufbau des „Bau- und Betriebstoffwechsels“ beteiligten Elemente. Der Chemiker Justus von Liebig (1803-1873) fand heraus, dass für die Pflanzenernährung einfache anorganische Verbindungen vollkommen ausreichen und organischer Verbindungen aus dem Boden nicht bedürfen.

Die Ernährungselemente werden von den grünen Pflanzen in verschiedener Form aufgenommen. Kohlenstoff gewinnen sie aus dem Kohlendioxid der Luft, Wasser und Nährsalze werden aus dem Boden gezogen (siehe Kapitel 4.4, S. 19f.). Wie bereits erwähnt, wird über die Wurzel (Wurzelhaare) die Nährsalzaufnahme vollzogen. Die Salze, die z.B. Stickstoff, Phosphor, Kalium, Calzium, Magnesium etc. enthalten, werden mit dem Wasser im gelösten Zustand dem Boden entnommen und im Transpirationsstrom weitergeleitet. Die Hauptmasse der organischen Verbindungen in den Pflanzen wird jedoch nicht aus den Nährsalzen des Bodens gebildet (siehe Kapitel 4.4, S. 21f. zur Fotosynthese).

4.6 Fortpflanzung der Pflanzen

In diesem Kapitel geht es darum, zu klären, welche Arten es von Fortpflanzung bei Pflanzen gibt. Es wird speziell auf die Fortpflanzung der „Angiospermen“, d.h. die bedecktsamigen Pflanzen (Unterabteilung der „Spermatophyten“ (Samenpflanzen)) als ein Beispiel eingangen, da sie mit über 400 Familien die größte Pflanzengruppe darstellen (a. a. O., 337). Es werden kurz die Staub- und Fruchtblätter beschrieben und anschließend die Pollenübertragung und Befruchtung erläutert.

Folgende Fortpflanzungsarten sind bei Pflanzen zu unterscheiden:

- Sexuelle Fortpflanzung: Fremdbefruchtung (Allogamie), Selbstbefruchtung (Autogamie). Bei der Fremdbefruchtung unterscheidet man die Windbestäubung (Anemophilie) und die Tierbestäubung (Zoophilie).
- Vegetative oder ungeschlechtliche Fortpflanzung: Vegetative Vermehrung, Agamospermie (asexuelle Bildung von Samen).

Bei den Angiospermen wachsen im Unterschied zu den Gymnospermen (Nacktsamer) die „Fruchtblätter“ (Megasporophylle) (weiblich) um die Samenanlage herum, bedecken sie und schließen sie ein. Dies führt zur Entstehung eines neuen Organs, der Frucht.

Die Staubblätter und Pollenkörner der Angiospermen

Die „Staubblätter“ der Angiospermen entsprechen den männlichen „Sporophyllen“ und bestehen aus dem „Filament“ (Stiel) und den „Pollensäcken“ (a. a. O., 322). Die mehrschichtige „Pollensackwand“ besteht aus einer Epidermis und nach innen folgenden Lagen „Faserzellen“, deren Zellwände durch „Cellulose-Auflagerungen“ leistenartig versteift sind. Die „Faserzellen“ bilden ein „Endothecium“. Bei Wasserverlust entsteht ein „tangentialer Zug“, der zum Aufreißen einer Stelle zwischen zwei Pollensäcken führt. Aus den Pollensäcken entstehen mehrere „Pollenmutterzellen“, die durch Meiose (Reduktion des doppelten Chromosomensatzes) je vier haploide, primäre, „einkernige Pollenkörner“ bilden. Nach der Bildung des Kerns des primären Pollenkorns folgen zwei Mitosen; die erste bildet eine vegetative „Pollenschlauch-Zelle“ und eine generative Zelle. Aus der generativen Zelle entstehen zwei „Spermazellen“, die männlichen Fortpflanzungsorgane.

Die Samenanlage der Angiospermen

Die „Fruchtblätter“ entsprechen den weiblichen Sporophyllen, und sie bilden mit den Samenanlagen den „Fruchtknoten“ (Gynoeceum) (a. a. O., 323). An der „Plazenta“ der Fruchtblätter sitzen die „Samenanlagen“ mit einem Stiel („Funiculus“). Im „Nucellus“ der Samenanlage bildet sich eine „Embryosackmutterzelle“. Durch Meiose entstehen vier haploide „Embryosackzellen“, wovon drei zugrunde gehen und aus einer Zelle mitotisch acht haploide Kerne hervorgehen. Je drei wandern an die Enden des Embryosackes und bilden selbständige Zellen aus, die zwei verbleibenden Kerne wandern als „Polkerne“ in das Innere des Embryosackes. Vor der Befruchtung verschmelzen diese beiden zum „diploiden sekundären Embryosackkern“.

Die Pollenübertragung

Die Gymnospermen (Nacktsamer) sind „windblütig“, d.h. die Pollen werden mit dem Wind verbreitet und direkt auf die Samenanlage übertragen, wo sie an sogenannten „Bestäubungstropfen“ hängen bleiben (a. a. O., 328). Bei den Angiospermen ist dies nicht mehr möglich, da der Pollen zunächst auf die Narben der Fruchtknoten gelangt und der Pollenschlauch dann durch die Narben und Griffel zu den im Fruchtknoten eingeschlossenen Samenanlagen wächst. Mit der Entwicklung der Bedecktsamer aus den Nacktsamern kam es auch zum Übergang von der „Windblütigkeit“ zur „Tierblütigkeit“. Im Zuge der Evolution kam es zu engen Wechselwirkungen zwischen Tieren und Blüten, so dass ganz speziell aufeinander abgestimmte Differenzierungen und Verhaltensweisen entstanden; man nennt dies auch „Co-Evolution“. Tierblütige Pflanzen locken ihre bestäubenden Tiere wie z.B. Insekten, Schmetterlinge, Hummeln, Bienen, Vögel oder Fledermäuse durch bestimmte chemische und optische Reize (Blütenfarbe, Duftstoffe etc.) an. Diese Reize können ganz speziell auf bestimmte Tiere abgestimmt sein.

Die Blüten der Angiospermen sind meistens „zweigeschlechtlich“ („zwittrig“), es gibt aber auch eingeschlechtliche. Die männlichen und weiblichen Blüten können auf ein und derselben Pflanze vorhanden sein („Einhäusigkeit/ Monözie “) oder auf verschiedene Pflanzen verteilt sein („Zweihäusigkeit/ Diözie “). Bei Blütenständen, die männliche und weibliche Blüten enthalten, sind Mechanismen gefordert, die die „Selbstbestäubung“ (Autogamie) verhindern und die „Fremdbestäubung“ (Allogamie) fördern. Hier spielt die genetisch festgelegte „Selbststerilität“ eine Rolle.

Befruchtung der Angiospermen

Der „Pollenschlauch“ wächst durch die Narbe und den Griffel des Fruchtknotens zu der Samenanlage und öffnet sich dort in einer „Synergide“ (Zelle aus dem Eiapparat). Die beiden Spermazellen führen eine doppelte Befruchtung durch: Der eine Spermakern verschmilzt mit dem Eizellenkern zur „diploiden Zygote“, und der andere vereinigt sich mit dem „diploiden sekundären Embryosackkern zum triploiden Endospermkern“ (a. a. O., 325). Aus der Zygote entwickelt sich der Embryo und aus dem Endospermkern ein Nährgewebe, das „sekundäre Endosperm“. Der Embryo entwickelt sich weiter zu Keimblättern, dem Sprossvegetationspunkt und der Wurzelanlage.

Die Früchte

„Früchte sind Blüten im Zustand der Samenreife“. Sie werden hauptsächlich von den Fruchtblättern gebildet. Bei den Angiospermen spricht man von „Öffnungsfrüchten“ (bei geöffneten Fruchtblättern) und „Schließfrüchten“ als verbreitungstechnische Einheiten (a. a. O., 333). Bei den Öffnungsfrüchten können die Samen der Pflanzen zu ihrer Verbreitung verschiedene Einrichtungen haben, z.B. „Flügel“ oder „Haare“. Bei den Schließfrüchten sind es die Früchte selber, die sich verbreiten. Bei der „Selbstverbreitung“ der Früchte unterscheidet man bestimmte Bewegungsmechanismen wie z. B. „Schleudermechanismus“ oder „Explosionsmechanismus“. Man unterscheidet weiter „Sammelfrüchte“ (z.B. Hagebutte, Erdbeere), „Sammelsteinfrüchte“ (z.B. Himbeeren, Brombeeren) und „Einblattsteinfrüchte“ (z.B. Kirsche, Pflaume, Pfirsich, Aprikose, Mandel) (a. a. O., 337).

5. „Vorunterrichtliche Vorstellungen von Grundschülern zu Pflanzen“

5.1 Forschungsstand

Im Folgenden sollen nun die Ergebnisse einiger Studien über Vorstellungen von Schülern zu Themen wie Pflanzenernährung, Fotosynthese, Pflanzenwachstum und Pflanzen allgemein im Rahmen der vorliegenden Fragestellung dargestellt werden. Alle hier vorgestellten Studien stammen aus dem englischsprachigen Raum. E. L. Smith und C. W. Anderson machten 1984 eine Langzeitstudie, in der die Planung und das Unterrichten von 5. Klassen zu naturwissenschaftlichen Themen beobachtet werden sollte. Im Rahmen dieser Langzeitstudie stellten sie in ihrer Publikation 'Plants as producers' eine Fallstudie dar: Eine 5. Klasse sollte eine aktivitätsbasierende Unterrichtseinheit in Pflanzenwachstum und Fotosynthese erhalten. Vor der Unterrichtseinheit ergab ein Vortest der Schüler, dass 79% der Schüler glaubten, dass Pflanzen Licht brauchen. Die Mehrheit (60%) meinte, dass Pflanzen Licht zum Leben und zum Wachstum brauchen. Zum Versuch sollten die Schüler einerseits Grassamen im Dunkeln und andererseits im Hellen auspflanzen, wachsen lassen und beobachten, was geschieht. Die erwarteten Ergebnisse seitens der Untersucher hierzu waren, dass das Gras im Dunkeln zunächst zwar anfangen würde zu wachsen, im Laufe der Zeit aber absterben würde, während das Gras im Licht weiter wachsen würde. Diese Ergebnisse sollten den Schülern die Idee vermitteln, dass Pflanzen die Nahrung in den Samen nutzen, um anfangen können zu wachsen, das Licht aber später benötigen, um weiter wachsen zu können. Nach zwei Wochen sorgfältigen Messens, Beobachtens und einigen Diskussionen der Ergebnisse bat die Lehrerin die Schüler aufzuschreiben, ob sie meinen, dass das Gras im Dunkeln überleben würde, und ihre Entscheidung zu begründen.

[...]

Ende der Leseprobe aus 113 Seiten

Details

Titel
Vorunterrichtliche Vorstellungen von Grundschülern zu Pflanzen
Hochschule
Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main  (Institut für Didaktik der Biologie)
Note
Sehr Gut
Autor
Jahr
2003
Seiten
113
Katalognummer
V26002
ISBN (eBook)
9783638284721
Dateigröße
824 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Vorunterrichtliche, Vorstellungen, Grundschülern, Pflanzen
Arbeit zitieren
Nicole Richter (Autor:in), 2003, Vorunterrichtliche Vorstellungen von Grundschülern zu Pflanzen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/26002

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