Die Küstenwachtürme in Nordengland, die Ländeburgi und Wachtürme an Rhein und Donau - Zeugnisse des 'großen valentinianischen Festungsbauprogramms'?


Seminararbeit, 2001

87 Seiten, Note: sehr gut


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Küstenwachtürme in Nordengland
2.1 Beschreibung und Rekonstruktion der Befunde
2.2 Funktion
2.3 Datierung

3. Ländeburgi an Rhein und Donau
3.1 Verbreitung
3.2 Lage
3.3 Beschreibung und Rekonstruktion der Befunde
3.4 Datierung

4. Wachtürme an Donau und Rhein
4.1 Donauknie (Valeria)
4.2 Obere Donau (Pannonia I und Noricum Ripense)
4.3 Donau-Iller-Rheinlimes (Raetia II und Maxima Sequanorum)
4.4 Ober- bis Niederrhein (Maxima Sequanorum, Germania I und Germania II)

5. Die Sicherung der Flußgrenzen in der Spätantike: Zur Funktion der Ländeburgi und Wachtürme an Rhein und Donau

6. Zusammenfassung

Zeittafel

Ausgewählte Schriftquellen und Inschriften

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildungen

1. Einleitung

„Zu dieser Zeit erklangen fast in der ganzen römischen Welt die Kriegstrompeten. Die wildesten Völker wurden aufgeboten und zogen durch die Grenzgebiete in ihrer Nähe. Die Alamannen verwüsteten gleichzeitig Gallien und Raetien, die Sarmaten und Quaden die pannonischen Länder, die Pikten und Sachsen, die Scotten und Attascotten suchten die Britannier mit stetem Unglück heim, die Austorianer und andere Maurenstämme verübten schlimmere Einfälle als sonst in Afrika, und die Räuberhaufen der Goten plünderten Thrakien.“[1]

Die Spätantike war eine Zeit der Grenzen. Das imperium sine fine des Vergil[2] existierte längst nicht mehr. Die Römer waren von der lange praktizierten expansiven Außenpolitik in die Defensive geraten. An allen Fronten bedrängten die Feinde des Reiches dessen Grenzen. So auch an Rhein und Donau. Germanen, Hunnen, Alanen, Sarmaten und andere aggressive Nachbarn machten es notwendig, daß die Römer ihr Territorium absicherten. Zu den Verteidigungslinien an den beiden großen Flußgrenzen gehörten neben der zivilen Infrastruktur militärische Bauten unterschiedlicher Art: Legionslager, Kastelle, aber auch kleinere Fortifikationen verschiedener Form und Zweckbestimmung. Diese Signalstationen, Wachtürme (Burgi) und befestigte Anlandemöglichkeiten für Flußschiffe (Ländeburgi) sollen in dieser Arbeit untersucht werden.

Als Quellenmaterial stehen uns dazu vor allem die archäologischen Hinterlassenschaften zur Verfügung. Zwar sind verwertbare Befunde und Funde in großer Zahl vorhanden, doch man stößt bei ihrer Interpretation in Bezug auf Fragen der Datierung und Funktion häufig auf Grenzen. Für die Problematik der zeitlichen Einordnung sind vor allem Ziegelstempel und Bauinschriften, also epigraphische Zeugnisse, von großer Bedeutung. Die schriftlichen Quellen schließlich beschränken sich auf wenige Autoren. In erster Linie ist Ammianus Marcellinus zu nennen, ein Geschichtsschreiber und Panegyriker (Lobredner) griechischer Herkunft. Ihm haben wir das letzte große Geschichtswerk der Antike zu verdanken.

Aus der zahlreich vorhandenen Forschungsliteratur zu den drei unterschiedlichen Themenkomplexen möchte ich im folgenden Standardwerke und neuere, zusammenfassende Publikationen nennen, die einen guten Einstieg in die Thematik ermöglichen. Die Yorkshire signal stations werden in zwei Artikeln von P. R. Wilson und P. Ottaway in den Akten zu den Limeskongressen 1989 und 1995 behandelt.[3]

Die letzte zusammenfassende Bearbeitung der Ländeburgi durch W. Schleiermacher hingegen liegt schon 58 Jahre zurück.[4] Die Ländeburgi am Rhein werden im Aufsatz von O. Höckmann zur Verteidigung der Rheingrenze in der Spätantike besprochen.[5] Über diese Anlagen bieten auch die verschiedenen Artikel in den zusammenstellenden Publikationen zu den „Römern in Rheinland-Pfalz“[6] und den „Römern in Hessen“[7] einen Überblick. S. Soproni bezieht die Ländeburgi an der Donau in seinen Abhandlungen zur Grenze in Pannonien ein.[8] Die neueste und umfangreichste Einzeldarstellung eines Ländeburgus ist die der Anlage in Ladenburg durch B. Heukemes aus dem Jahr 1981.[9]

Der Publikationsstand zu den Wachtürmen ist an den einzelnen Grenzabschnitten unterschiedlich. St. Johnson listete im Jahr 1983 alle ihm bekannten Wachtürme von der Rheinmündung bis zur mittleren Donau auf.[10] Die bereits genannten Monographien von S. Soproni können als Standardwerke für den pannonischen Limes in Ungarn gelten. Zum österreichischen Limesabschnitt hat K. Genser eine zusammenfassende Darstellung verfaßt.[11] Einen guten Überblick bieten die Limesführer von M. Kandler und H. Vetters sowie ein neuerer von H. Friesinger und F. Krinzinger.[12] Grundlegend für den Donau-Iller-Rheinlimes ist vor allem die (leider unvollendete) Publikation von K. Stehlin.[13] Eine aktuellere Liste mit den Anlagen an diesem Limesabschnitt bietet ein Beitrag neueren Datums von J. Garbsch.[14] Zusammenfassende Darstellungen und damit einen guten Einstieg auch in die weitere Forschungsliteratur bieten gleich mehrere Autoren: So etwa ein weiterer Beitrag von J. Garbsch zum Donau-Iller-Rheinlimes[15], der Führer von W. Drack zum Hochrheinlimes[16] oder der Band „Die Römer in der Schweiz“ von den Herausgebern W. Drack und R. Fellmann[17]. Zur Grenzverteidigung mit Flußschiffen an der übrigen Rheinstrecke ist der bereits erwähnte Artikel von O. Höckmann die grundlegende Publikation.

Die Kleinbefestigungen an den nördlichen Grenzen des römischen Reiches sollen geordnet nach Bauformen und geographischen Gesichtspunkten vorgestellt werden. Dabei liegen die Schwerpunkte auf den Fragen nach der Datierung und speziellen Funktion im spätrömischen Verteidigungssystem. Letzterer Aspekt wird übergreifend in einem eigenen Kapitel behandelt. Ausgangspunkt hierbei bilden die unterschiedlichen antiken Hinterlassenschaften. Die Sekundärliteratur wird unter kritischer Bewertung mit einbezogen.

2. Küstenwachtürme in Nordengland

Bei den sogenannten Yorkshire signal stations handelt es sich um zur Zeit fünf bekannte Anlagen. Sie liegen auf Felsvorsprüngen an der Nordseeküste von Yorkshire im Nordosten Englands. Es sind dies die Stationen von Huntcliffe, Goldsborough, Ravenscar, Scarborough und Filey (Abb. 1-4). Die Forschungsgeschichte begann bereits im 18. Jh. Die letzte ältere Grabung wurde 1923 unternommen. Die einzigen Untersuchungen jüngeren Datums fanden 1993/94 in Filey statt.[18] Insgesamt sind vier der Anlagen ausgegraben, die von Ravenscar ist nur durch eine Inschrift bekannt (Quelle 1; Abb. 5).[19]

2.1 Beschreibung und Rekonstruktion der Befunde

Die Anlagen sind nach einem einheitlichen Bauschema errichtet worden: Der Hauptbau bildete im Grundriß ein Quadrat von ca. 14-15 m Seitenlänge auf starken Fundamenten. Pfeilerstellungen dienten als Stütze für die oberen Stockwerke. In Goldsborough fand man in der Nordwest-Ecke einen kleinen Einbau, den man als Rest des Treppenaufganges deutet. Die Türme waren wohl um die 20 m hoch.[20] Den Hauptbau umgab ein Hof, der von einer Mauer begrenzt wurde. Deren Ecken waren abgerundet und mit Türmen verstärkt. Die Tore waren durch nach innen ziehende Mauern gesichert. Die Anlagen wurden von einem Graben umgeben. Eine Ausnahme ist die Station von Filey, wo die neuen Untersuchungen den Graben im Osten der Anlage nicht bestätigen konnten.[21] Aufgrund der besonderen Geländesituation, der Lage an einem schmalen Grat, war dies wohl als nicht notwendig erachtet worden.

Bei genauerer Betrachtung fallen bei diesem Bauschema eine Reihe von verteidigungstechnischen Mängeln auf[22]: Der Eingang in die Haupttürme von Goldsborough, Filey[23] und vermutlich auch von Scarborough lag in einer Linie mit dem Durchlaß in der äußeren Mauer. Günstiger wäre es gewesen, ihn an der gegenüberliegenden Seite anzulegen.

Dadurch hätten Angreifer nach einem Durchbruch durch das Tor der Mauer erst um den Turm herumlaufen müssen, um zu dessen Eingang zu gelangen. In dieser Zeit hätte man sie weiter unter Beschuß nehmen können.

Die Stärke der Umfassungsmauer war relativ gering. In Scarborough z. B. betrug sie nur 1, 4 m.[24] Setzt man noch eine Brüstung voraus, war auf der Mauer nur wenig Platz für die Verteidiger. Deshalb mußte eine Holzkonstruktion angebracht gewesen sein. Diese wäre aber als Kampfplattform weniger geeignet als die Mauer selbst.

Die Ecken der Umfassungsmauer waren abgerundet, und die Eckbastionen ragten nicht weit genug vor. So entstanden tote Winkel, die von den Verteidigern nicht beschossen werden konnten (Abb. 6). Damit wird ein Prinzip nicht erfüllt, daß sonst im Wehrbau der Spätantike weit verbreitet ist.

Vor allem der letztgenannte Punkt erscheint mir gravierend. Über die Gründe für diese offensichtlichen Mängel kann man meines Wissens jedoch keinerlei Aussagen machen. Parallelen sind mir keine bekannt. Da die Stationen wahrscheinlich in einem Zug konzipiert wurden, könnten Unzulänglichkeiten des für die Planung zuständigen Personals ausschlaggebend gewesen sein. Aber dieser Gedanke bleibt reine Spekulation.

2.2 Funktion

Wie der Name „signal stations“ zum Ausdruck bringt, deutet man die Anlagen üblicherweise als Überwachungsstationen an der Küste. Die Aufgabe der Turmbesatzungen wäre es gewesen, Angreifer von See her, Pikten etwa[25], zu entdecken und ein Warnzeichen weiterzugeben. Doch bei dieser Interpretation treten einige Probleme auf.

Die Türme müssen zum Bilden einer Signalkette in gegenseitiger Sichtweite gelegen haben. Dies ist jedoch nicht immer der Fall. In Yorkshire herrscht vor allem im Herbst häufig dichter Nebel. In dieser Jahreszeit war auch eine weite Sicht auf das offene Meer weitgehend unmöglich.[26] Dieses Argument greift jedoch nur zum Teil: Im Herbst herrscht in der Nordsee in der Regel so schwerer Seegang, daß Plünderer sicherlich eher im Frühling oder Sommer die gefahrvolle Reise über das offene Meer antraten. Weiterhin muß hierbei berücksichtigt werden, daß durchaus noch bisher unbekannte Türme als Zwischenglieder existiert haben können.[27] Die Pläne der ergrabenen Anlagen zeigen, wie sehr sie aufgrund ihrer Lage bereits durch Erosion zerstört sind.

Ein Signal muß von den Stationen aus zu einem nahegelegenen Truppenstandort weitergegeben werden, von wo aus Hilfe kommen könnte. Doch die bekannten nächstgelegenen Truppenverbände waren etliche Kilometer weit entfernt stationiert. In Frage kämen Malton oder York (Abb. 1).[28] Auch dieses Argument kann man jedoch einschränken. Die Hauptquelle für die Zuweisung von Truppen an Standorte, die notitia dignitatum, enthält nur Angaben über Einheiten der Limitanarmee.[29] Die beweglichen Comitattruppen ohne festen Standort sind in ihr nicht verzeichnet. Ich denke jedoch, daß ein Bezug der signal stations zu einer fest stationierten Truppe des Limitanheeres wahrscheinlicher ist (s. S. 34). Bei unserem derzeitigen Wissenstand können wir nicht sagen, wohin die Türme ihre Signale senden sollten.[30]

Eine weitere Aufgabe der Türme könnte eine Funktion als Fluchtburg gewesen sein. Die Signale wären dann nur für die Bevölkerung in der Nähe gedacht gewesen. Im Falle eines Angriffes hätte sie sich hinter die schützenden Mauern zurückziehen können. Tatsächlich hat man auch in Huntcliff, Goldsborough (s. S. 9) und neuerdings Filey Hinweise auf die Präsenz von Kindern, Frauen und alten Männern gefunden. So wurden in Filey Messer, Armbänder, Glaskugeln, Ringe und Nadeln freigelegt. Ob dadurch die Anwesenheit von Flüchtlingen aus Dörfern der Umgegend[31] oder Angehörigen der Soldaten[32] bezeugt wird, kann meiner Meinung nach nicht entschieden werden. Dies wäre aber in diesem Zusammenhang grundlegend. Die Besetzung könne wegen der dann leichter tolerierbaren großen Abfallmengen im Hof von Filey und wegen anderer Hinweise auch nur zeitweise erfolgt sein. Dieser wurde offensichtlich nie richtig saubergehalten, wofür die sehr zahlreichen Siedlungsfunde sprechen.

Die geringe Größe, die man gegen eine Funktion als Fluchtburg einwenden kann, spricht meiner Meinung nach nicht unbedingt dagegen. Immerhin werden durch die Außenmauern ca. 900 bis 1200 m2 abgeriegelt. Zieht man davon die ca. 200 m2 Grundfläche des Turmes ab, bleiben noch ca. 700 bis 1000 m2 übrig. Räumt man für einen kurzfristigen Aufenthalt jedem Flüchtling 5 m2 Platz ein, könnten ca. 140-200 Menschen im Hof Schutz suchen.

2.3 Datierung

Die Anlagen wurden im Großen und Ganzen nach einem einheitlichen Bauschema errichtet. Wahrscheinlich sollten sie – wenn auch in einer für uns nicht mehr verständlichen Art – eine Signalkette bilden. Deshalb sind sie mit großer Sicherheit gleichzeitig errichtet worden.

Die Datierung basiert auf den Keramikfunden und im wesentlichen auf Münzen. Man fand in Filey zwei, in Scarborough einen Hort.[33] Diese wurden bei den Altgrabungen jedoch nicht stratigraphisch dokumentiert. Deshalb ist ihre Aussagekraft sehr beschränkt. In Frage kommt die 2. Hälfte des 4. Jh. In dieser Zeit kennt man zwei historische Zusammenhänge, die als Hintergrund für die Errichtung der Anlagen gedient haben können: Einmal die Zeit Valentinians I. (364-375) oder die Periode des Ursurpators Magnus Maximus (383-388).[34]

Für eine Datierung in die Herrschaft des Magnus Maximus sprechen mehrere Argumente. Das schwächste ist mit Sicherheit der allgemeine Hang des Ursurpators zu Flottenoperationen. Die Garnison in Malton, ein mögliches Ziel der Signalkette, wurde jedoch frühestens in dessen Zeit besetzt. Sollten sich die Signalkette der Stationen auf diesen Truppenstandort beziehen, wären sie sicher zur gleichen Zeit errichtet worden. Ein Vergleich der in den Stationen gefundenen Keramik mit der aus Haltonchesters liefert weitere Hinweise auf eine Datierung in nachvalentinianische Zeit.[35] Die neuen Ausgrabungen in Filey lieferten erstmals Hinweise auf eine genauere Datierung. Zum ersten Mal konnten hier Fundmünzen im stratigraphischen Zusammenhang dokumentiert werden. Zwei davon, Bronzemünzen vom Haus des Theodosius, datieren in den Zeitraum von 388-402 oder 395-402. Sie stammen wahrscheinlich aus früh im Hof angelegten Schichten (s. S. 6 f.). Leider ist die Publikation dieses Ergebnisses durch P. Ottaway nicht sehr ausführlich und nicht mit Abbildungen illustriert.[36] Eine der beiden Münzen fand man fast im Verbund mit einer Mörtelschicht, die im Zusammenhang mit der Errichtung der Anlage gestanden habe. Nur ein wenig Lehm und Holzkohle sei dazwischen gewesen. Die andere Münze sei in einer Schicht aus Abfällen gefunden worden, die fast auf dem gewachsenen Boden gelegen habe. Es deutet also zumindest einiges darauf hin, daß die Münzen kurz nach dem Bau der Anlage in die Erde kamen. Ich denke, eine Datierung in die Zeit des Magnus Maximus (383-388) oder sogar noch später gewinnt damit an Wahrscheinlichkeit. Einen möglichen historischen Hintergrund liefert Gildas, ein Autor des 6. Jh. (Quelle 2).[37] Möglicherweise kann auch die Inschrift aus Ravenscar diesen späten Datierungsansatz bekräftigen: Der auf ihr genannte Justinianus könnte identisch sein mit einem General dieses Namens, der im Jahr 407 von Constantius III. von Britannien nach Gallien beordert wurde.[38] Die Stationen wären dann kurz vorher errichtet worden, das Jahr 407 wäre dann ein terminus ante quem.

Diesen Argumenten gegenüber stehen in erster Linie die Festungsbauarbeiten unter dem comes Theodosius nach der „barbarischen Verschwörung“ von 367[39] in Britannien, erwähnt bei Ammianus Marcellinus (Quelle 3).[40] Die Festungsbauarbeiten unter Valentinian I. (364-375) entlang der Grenzen auf dem Festland (s. u.) machen solche Aktivitäten auch auf der britischen Insel wahrscheinlich. Zu den Ähnlichkeiten der Bautypen siehe die Seiten 15-17.

Nach Ausweis der Münzfunde waren die Anlagen bis in die erste Hälfte des 5. Jh. mit römischen Truppen besetzt.[41] Das Ende der Belegung scheint unterschiedlich. In Huntcliff und Goldsborough gibt es Hinweise auf eine gewaltsame Eroberung. In Huntcliff fand man 14 Skelette von Männern und Frauen. Die Schädel waren vom Körper abgetrennt. In Goldsborough lag in der Südostecke des Turmes ein männliches Skelett. Der Schädel wies schwere Wunden durch Speer oder Schwert auf.[42] Filey hingegen scheint einfach verlassen worden zu sein. Dort gibt es auch Hinweise, daß die Anlage in nachrömischer Zeit weiter benutzt wurde. Der Graben wurde verfüllt und ein neuer angelegt. Ein Erdwerk wurde um den Turm herum errichtet, um das Areal weiträumig abzusperren.[43] Im Zusammenhang mit dem Forschungsproblem post Romanearly Anglian in Yorkshire und England sind diese Befunde sehr interessant.

3. Ländeburgi an Rhein und Donau

3.1 Verbreitung

Die Ländeburgi[44] findet man an den beiden großen Flußgrenzen im Norden des römischen Reiches, dem Rhein und der Donau. Die beiden Ströme bildeten auf ihrer ganzen Länge natürliche Grenzen, der Rhein seit dem Verlust des Dekumatlandes 259/60 und die Donau seit der Räumung Dakiens unter Kaiser Aurelian (270-275) im Jahr 275.

Am Rhein sind bislang vier dieser Anlagen nachgewiesen, mindestens vier werden vermutet.[45] Sie kommen am nördlichen Abschnitt des Oberrheins ab der Neckarlinie und am nördlich folgenden Mittelrhein vor. Ein Ländeburgus, der von Mannheim-Neckarau, liegt nicht am Rhein sondern am Neckar. Auch in Flörsheim am Main wird ein solcher Bau vermutet (Abb. 7).[46] An der Donau läßt sich ein eindeutiger Verbreitungsschwerpunkt am Donauknie im heutigen Ungarn feststellen (Abb. 8). Auch an der unteren Donau sollen diese Anlagen vorkommen, doch möchte ich in diesem Zusammenhang auf diese nicht eingehen.[47] Im Gebiet des heutigen Bayern gibt es lediglich einige vage Hinweise auf Ländeburgi.[48]

3.2 Lage

Ein Charakteristikum der Ländeburgi ist ihre Lage auf der Seite des Flußufers, die dem Feind zugewandt ist. Oft sind sie am Prallhang gelegen, also an der Stelle, wohin ein vom anderen Ufer kommendes Boot bei richtiger Steuerung hingetrieben wird.[49] Die meisten Anlagen am Rhein befinden sich mehr oder weniger in der Nähe von Flüssen oder Bächen, die von Osten her in den Rhein münden (Abb. 9). Einige der Ländeburgi befinden sich in der Nähe zu Flußübergängen. Schließlich korrespondieren fast alle der Anlagen am Rhein zu Kastellen auf der anderen Flußseite. Für eine genauere Betrachtung und eine Interpretation dieser Umstände siehe Kapitel V.

3.3 Beschreibung und Rekonstruktion der Befunde

Alle der bisher bekannten Ländeburgi folgen im Grundriß einem ähnlichen Schema (Abb. 10). Das Hauptelement ist immer ein rechteckiger Mittelbau, der in der Regel stark fundamentiert und durch dicke Mauern sehr wehrhaft ist. Der Ländeburgus vom Zullestein (Abb. 10, 2) war weiß verputzt.[50] Die Zugänge in das Innere der Anlagen sind oft nicht mehr zu erkennen, sie müssen also erhöht gewesen sein. Wenn die Türschwelle doch im Erdgeschoß nachweisbar war, wie z. B. in Neuwied-Engers (Abb. 10, 1; 12), befand sie sich auf der dem Fluß zugewandten Seite im Innern des Hofes.

Bei den meisten Anlagen gingen von diesem Hauptbau seitlich zwei Flügelmauern ab, die fast immer in rechteckigen Ecktürmen endeten. Von dort liefen im rechten Winkel dazu Flankenmauern in den Fluß hinein. Dort bildeten fast immer rechteckige Türme den Abschluß. Dieser Teil der Ländeburgi ist wegen der zerstörerischen Kräfte der Flüsse meist nicht erhalten. Die Anlage von Szentendre-Dera patak (Abb. 10, 7), wo die Donau heute etwas entfernt fließt, ist jedoch eine Ausnahme. Hinzu kommt der Hinweis des Panegyrikers Symmachus auf Türme im Fluß bei der Anlage von Mannheim-Neckarau (Quelle 4; Abb. 10, 3).[51] Durch die Mauern der Ländeburgi wird ein Innenhof von drei Seiten umschlossen, und es entstehen ca. 40 m gesichertes Ufer, an dem Schiffe anlegen konnten. Wie man in einigen Fällen nachweisen konnte, waren zumindest einige der Anlagen zusätzlich durch Gräben geschützt (Abb. 11 f. 15).[52]

Zwei oder vier Pfeiler im Innern der Mittelbauten dienten häufig der Abstützung der oberen Geschosse. Eine Mehrstöckigkeit dieser Bauten ist also gesichert. Wegen der ungewöhnlich starken Fundamentierung von bis zu 2, 30 m und der Höhe der umliegenden Gebäude, über die die Turmbesatzung ja hinweg blicken mußte, wird der Burgus von Ladenburg auf eine Höhe von fünf Stockwerken oder 18 m rekonstruiert (Abb. 10, 4; 11).[53] Auch über die Art der Dachdeckung lassen sich Aussagen machen: Wieder ist es Symmachus, der über das Dach des Ländeburgus von Mannheim-Neckarau berichtet, es sei mit Blei gedeckt gewesen (Quelle 4).[54] Dies findet eine Parallele in Ladenburg, wo man eine der Bleiplatten gefunden hat.[55] Schließlich fand man in Neuwied-Engers zahlreiche geschmolzene Bleistückchen, die wohl auch von der Dachbedeckung stammen.[56] Vom Zullestein und der Donau gibt es aber auch Hinweise auf Ziegeldächer.[57]

In mehreren Bauten, sowohl am Rhein als auch an der Donau, fand man im Innern Reste von Vorratsgruben und Brunnen. In Veröcemaros (Abb. 10, 5) waren es zwei Vorratsgruben, eine Brunnen und eine Handmühle.[58] In Ladenburg befand sich in der Südwestecke ein Brunnen.[59] Vom Zullestein sind Reste von Getreideböden oder Vorratsgruben bekannt.[60] In Neuwied-Engers wies man nach dem Bericht des Ausgräbers von 1819/20 sogar Getreidereste in Schichten von ca. 8-24 cm Mächtigkeit nach. Z. T. soll es mehrere Fuß hoch erhalten gewesen sein. Es handelte sich dabei v. a. um Weizen, aber auch um Roggen und Gerste.[61] Offenbar legte man großen Wert auf Lagerung von Nahrungsmittelvorräten.

Über die Besatzung der Ländeburgi läßt sich nur wenig sagen. Die Anlage von Dunafalva (Contra Florentiam; Abb. 10, 8) an der Donau war mit einer Einheit berittener Bogenschützen (equites sagittarii) besetzt.[62] In Ladenburg fand man einen Schleuderstein, weshalb man von einer Besetzung der Eck- und Flankentürme mit Katapulten ausgeht. B. Heukemes berechnet hier eine Besatzung von 30-45 Mann.[63] L. Grunwald nimmt für Engers eine Mannschaft von ca. 16 Mann an.[64]

Festhalten möchte ich abschließend, daß im Falle der Ländeburgi die Beschreibung des Symmachus und der archäologische Befund in zwei Fällen übereinstimmen. Die Flügelmauern und die Bleidächer lassen sich durch beide Quellenarten unabhängig voneinander erschließen.

3.4 Datierung

Durch Ammianus Marcellinus und den Codex Theodosianus ist uns das berühmte sogenannte „große Festungsbauprogramm“ des Valentinian I.[65] überliefert (Quellen 5-8). Die beiden Panegyriker Symmachus (Quelle 4) und Ammianus Marcellinus[66] (Quelle 9) sind es auch, die nach der allgemeinen Forschungsmeinung in ihren Lobreden auf den Kaiser Valentinian I. den Bau des Ländeburgus von Mannheim-Neckarau beschreiben und feiern. Valentinian besuchte die linksrheinische Festung Altrip (Alta Ripa) im Jahr 369. In diesem Zusammenhang plante und überwachte er persönlich die Bauarbeiten am Ländeburgus auf der anderen Grenzseite.

Ebenfalls in die valentinianische Zeit weisen zwei historische Episoden, die in Bezug auf die Ländeburgi von Ladenburg und Veröcemaros stehen: Für das Jahr 369 überliefert uns Ammianus Marcellinus einen Feldzug ins Gebiet der Alamannen zum mons Piri, wohl dem Heiligenberg bei Heidelberg.[67] In diesem Zusammenhang könnte man die Errichtung des in der Nähe gelegenen Burgus von Ladenburg sehen. Ebenfalls bei Ammianus ist uns der Donauübergang des Valentinian im Jahr 375 n. Chr. im Kampf gegen die Quaden überliefert.[68] Bei der Schiffslände von Veröcemaros fand man Pfahlreihen, die man als Unterbau für
eine Schiffsbrücke deutet (Abb. 13).[69] I. Paulovics hatte deshalb angenommen, daß der Übergang hier erfolgt sein könnte. Auch andere Schiffsländen in diesem Gebiet könnte man in diesen Zusammenhang einordnen.

Die dargelegten Überlegungen veranlassen einen großen Teil der Forschung dazu, die Ländeburgi in die Zeit Valentinians I. zu datieren.[70] Bei genauerer Betrachtung treten bei dieser generalisierenden Sicht jedoch Zweifel auf. Das spätantike Fundmaterial kann für die Feindatierung in die Regierungszeit des Kaisers kaum eine Hilfe sein. Die Zeitspanne von 11 Jahren, in denen Valentinian regierte, ist zu kurz, um durch Keramik, Münzen oder andere Funde genau bestimmt zu werden.[71] Dendrodaten, die Klarheit schaffen würden, liegen nicht vor. Die einzigen konkreten Belege für die valentinianische Zeit sind somit die beiden historischen Quellen, und diese beziehen sich nur auf den Ländeburgus von Mannheim-Neckarau.

Das auf den ersten Blick so einheitliche Bauschema der Ländeburgi erscheint mir auf den zweiten Blick gar nicht so einheitlich zu sein. Der größte Unterschied zwischen den verschiedenen Anlagen besteht im Verhältnis des Hauptbaus zum Innenhof. Bei zweien ist der Hauptbau zur Gänze vor eine durchgehende Mauer gestellt, die dadurch gleichzeitig zu seiner flußseitigen Begrenzung wird. Es handelt sich dabei um Szentendre-Dera patak sowie Horány csárdá (Abb. 10, 6) an der Donau. Der Hauptbau von Ladenburg hingegen befindet sich im Gegenteil zur Gänze innerhalb des Hofes. An ihn schließen seitlich weitere Strukturen an, die man als Reste von Kasernenbauten deutet. Bei den Ländeburgi von Mannheim-Neckarau und Dunafalva (Contra Florentiam) fällt eine weitere Abweichung ins Auge: Die Öffnung des Hofes zum Fluß hin war durch nach innen ziehende Mauern verkleinert. Auch die Mauertechnik von Mannheim-Neckarau weist eine Besonderheit auf: In das Mauerwerk waren rostförmig angeordnete Balkenlagen integriert (Abb. 14).[72] Bei den anderen Anlagen findet sich diese spezielle Technik nicht. Schließlich fällt noch ein weiterer Unterschied auf: Bei den beiden Ländeburgi von Mannheim-Neckarau und Dunafalva (Contra Florentiam) verkleinerten nach innen ziehende Mauern die Durchfahrt zwischen den beiden Endtürmen im Wasser. Bei den anderen Ländeburgi finden sich auf eine solche Konstruktion keine Hinweise. Schließlich sind die Zwischen- und Endtürme der meisten Anlagen rechteckig, in Engers jedoch rund (Abb. 12; 15).[73] Ich denke daher, daß die Ähnlichkeit der Anlagen nicht unbedingt ein Argument für eine gemeinsame Entstehung unter Valentinian ist. Den mittelkaiserzeitlichen Militärlagern lag schließlich von der Mitte des 1. Jh. bis zur Mitte des 3. Jh. auch ein ähnliches Grundrißschema („Spielkartenformat“) zugrunde, im Detail unterschieden sie sich jedoch.

Konkrete Hinweise auf den Bau von Ländeburgi vor Valentinian fand S. Soproni an der Donau erstmals im Falle von Veröcemaros. Dort seien zwei Niveaus festgestellt worden. Das obere sei sicher valentinianisch, das untere müsse also älter sein. In den Mauern der Schiffslände waren Ziegelstempel vom Typ OF ARN (OF ARAN)[74] verbaut gewesen, sie stammten also aus der Zeit der Entstehung. Diese Ziegelstempel lassen sich aufgrund seiner Überlegungen in die Zeit des Constantius II. (337-361) datieren, eines Vorgängers von Valentinian I.[75] Soproni kann den Zeitraum noch auf die Jahre 347-360[76] und in einem weiteren Schritt auf die Zeit von 358-360[77] eingrenzen. Gemäß der Bedeutung der Schiffslände von Veröcemaros spricht Soproni sogar vom „Typ Veröce“. Bei mehreren Schiffsländen seien hingegen sogar Renovierungsarbeiten in die valentinianische Zeit datierbar.[78] Diese müssen also früher entstanden sein.

Am Rhein war von 356-361 der Caesar Julian tatkräftig mit der Bekämpfung der über den Rhein drängenden Germanen beschäftigt (Abb. 16). Ab 352 waren zunächst Alamannen und später Franken in breiter Front über den Rhein gegangen und hatten im Grenzgebiet nahezu alles römische Leben ausgelöscht. Dies schlägt sich auch in den Befunden nieder, denn an vielen Orten zeigen sich Brandschichten und Zerstörungsspuren.[79] Diese Ereignisse kann man demnach auch als terminus post quem für die Errichtung der Ländeburgi ansehen, denn von diesen Zerstörungsspuren zeigt sich in ihnen nichts.[80] Im Rahmen der Rückeroberungen des Julian ließ dieser bereits einige Wehrbauten wieder errichten.[81] Denkbar wäre es, daß darunter auch bereits Ländeburgi waren. Interessant sind in diesem Zusammenhang die Nachrichten bei Libanios und Ammianus Marcellinus, Julian habe für die Getreidelieferungen aus Britannien über den Rhein Speicher errichten lassen (Quellen 10 f.).[82] Sie zeigen, daß die Versorgung mit Getreide nicht nur ein Anliegen Valentinians[83] I. war. Wie bereits erwähnt, fand man in Neuwied-Engers Getreidereste in beträchtlicher Menge (s. S. 12).[84] Ich halte es deshalb durchaus für möglich, daß rheinische Ländeburgi mit dem Speicherbauprogramm des Julian in Verbindung stehen können.[85] Die erwähnte Stelle bei Ammianus Marcellinus, die die Errichtung zahlreicher Türme unter Valentinian I. am Rhein testiert, sehe ich nicht als sicheres Zeugnis dafür an, daß dieser Kaiser alle rheinischen Ländeburgi errichtet haben muß. Valentinian I. baute nachweislich weitaus mehr Burgi an der Donau (s. u.), doch diese Tatsache erwähnt Ammianus mit keinem Wort. Ich denke daher, daß es problematisch ist, sich alleine auf die Aussagen dieses Gewährsmannes zu beziehen.

Die immer wieder bei Grabungen in Ländeburgi festgestellten Holzreste lassen die Hoffnung auf dendrochronologische Untersuchungen bei zukünftigen Grabungen aufkommen. Als Beispiele seien hier nur die Pfähle der Schiffsbrücke von Veröcemaros und der Rost senkrechter Holzpfähle im Fundamentbereich von Neuwied-Engers[86] genannt.

Im Zusammenhang mit der Datierung der Ländeburgi möchte ich einige weitere Überlegungen anstellen.[87] Symmachus und Ammianus Marcellinus schreiben – wie bereits erwähnt - nach der communis opinio der Forschung über den Bau des Ländeburgus von Mannheim-Neckarau. Ammianus beschreibt die Errichtung einer solchen Anlage unter Aufsicht Valentinians am Neckar. Symmachus hingegen nennt explizit den Rhein. Die Anlage von Mannheim-Neckarau liegt zwar an der Neckarmündung, aber doch am Rhein (Abb. 17).[88] Hier tut sich eine alternative Interpretationsmöglichkeit auf: Sollte Ammianus nicht den Bau von Mannheim-Neckarau sondern den von Ladenburg beschreiben? Dieser Ländeburgus liegt ja tatsächlich am Neckar und wird ebenfalls mit historischen Ereignissen in Zusammenhang mit Valentinian I. gebracht (s. S. 13). Auffällig ist, daß der Ländeburgus von Ladenburg nach einem ähnlichen Schema errichtet ist wie die Yorkshire signal stations: Der Hauptbau befindet sich innerhalb des Hofes und ist nicht durch Flügelmauern in diesen integriert.[89] Auch die Yorkshire signal stations werden ja traditionell in die valentinianische Zeit gestellt und sind höchstens jünger (s. S. 7-9). Kann man hier eine Entwicklung erkennen? Die Constantius II.-zeitlichen Anlagen an der Donau und die meisten am Rhein vertreten den Typ mit Flügelmauern. Sie könnten einen früheren Bautyp darstellen. Dies wäre ein weiterer Hinweis darauf, daß auch diese rheinischen Ländeburgi vor Valentinian I., also am wahrscheinlichsten unter Julian entstanden wären. Die beiden Anlagen von Horányi csárdá und Szentendre Dera patak scheinen noch weniger entwickelt. Der Hof ist in diesen beiden Fällen hinten an den Hauptbau angebaut. Burgus und Schiffslände bilden noch keine Einheit. Beim Haupttyp mit den Flügelmauern würde der Turm dann integriert und würde schließlich ins Zentrum des Hofes wandern, wie in Ladenburg und den Yorkshire signal stations. Es ergäbe sich eine gut nachvollziehbare bautypologische Reihe.

Einige Einschränkungen werten diese Überlegungen jedoch ab: Die Anlagen an der Donau lassen sich nicht chronologisch differenzieren. Erstens läßt es sich momentan nicht nachweisen, daß Horányi csárdá und Szentendre Dera patak tatsächlich die ältesten sind. Zweitens ist der Hauptbau in Ladenburg durch seitliche Anbauten trotzdem mit der Außenmauer verbunden. Nicht so die Anlagen in Yorkshire. Drittens beschreibt Symmachus eindeutig den Bau eines Ländeburgus am Rhein und meint damit sicher Mannheim-Neckarau. Dieser Ländeburgus ist also valentinianisch. Er vertritt jedoch noch den Typ mit den Flügelmauern. Eine zeitliche Differenzierung der beiden Typen scheint also nicht möglich zu sein.

Ich meine, die besondere Bauform des Ländeburgus von Ladenburg hat andere Gründe. Der Bau ist in die ehemalige Vicusmauer von Lopodunum integriert, d. h. die flußseitige Mauer der „Kasernen“ ist identisch mit dem älteren Mauerzug (Abb. 18). Offensichtlich wollte man die bereits vorhandenen Baureste ausnutzen. Dies bedingte die Lage des Hauptbaus relativ nahe am Neckarufer, verglichen mit den anderen Ländeburgi.[90] Es war also nicht möglich, den Turm noch weiter an das Ufer zu legen. Aus unbekannten Gründen entschied man sich für einen relativ kleinen Hauptbau.[91] Da die Besatzung so weit im rechtsrheinischen Gebiet sicherlich nicht zu klein sein durfte, baute man seitlich an den Hauptturm die als solche interpretierten Kasernen an. Um diesen wiederum Schutz zu gewähren, zog man die Flankenmauern vor den Mittelbau vor und schloß die ganze Anlage mit einer durchgehenden, dem Feind zugewandten Mauer ab.

[...]


[1] Amm. 26, 4, 5 zu Ereignissen im Jahr 364 n.Chr. – Ireland 1986, 152. – Brodersen 1998, 233.

[2] Verg. Aen. 1, 279.

[3] Wilson 1991. – Ottaway 1997.

[4] Schleiermacher 1942.

[5] Höckmann 1986.

[6] Cüppers 1990.

[7] Baatz/Herrmann 1989.

[8] Soproni 1978. – Ders. 1985.

[9] Heukemes 1981.

[10] Johnson 1983, 270-279.

[11] Genser 1986.

[12] Kandler/Vetters 1986. – Friesinger/Krinzinger 1997.

[13] Stehlin 1957.

[14] Garbsch 1988.

[15] Ders. 1970.

[16] Drack 1980.

[17] Drack/Fellmann 1988.

[18] Wilson 1991, 142. – Ottaway 1997, 135.

[19] RIB 721 = CIL VII 268. – Johnson 1980, 99. – Ireland 1986, 157 Nr. 260. – Brodersen 1998, 239 Abb. 33. – Es gibt alternative Lesemöglichkeiten der Inschrift.

[20] Wilson 1991, 145 Abb. 23, 4 (Rekonstruktion basierend auf dem Vermeiden von toten Winkeln in den Gräben). – Zweifelnd für Filey: Ottaway 1997, 137.

[21] Wilson 1991, 143 f. – Ottaway 1997, 135; Graben in Filey nur vor dem Tor: 136 f. – Wilson 1991, 143 f.

[22] Ebenda 144 f.

[23] Ottaway 1997, 137.

[24] Im Vergleich mit anderen spätantiken Wehranlagen. – Wilson 1991, 144.

[25] Johnson 1980, 99.

[26] Ebenda. – Wilson 1991, 146.

[27] Welsby 1982, 117 f. kennt Hinweise für weitere Stationen in Flamborough Head und Whitby.

[28] Johnson 1980, 99. – Wilson 1980, 143; 146.

[29] Für eine kurze Darstellung dieses Staatshandbuches: Fischer 1995, 362-364; Brulet 1995, 105 f.; Brulet 1996, 85 f.; Schmidts 2000, 219; Zuckerman 2001, 27-30. – Ausführlich: Hoffmann 1969/70.

[30] Wilson 1991, 146.

[31] Ebenda 145 f. (Reguläre Einheiten der Limitanarmee, evtl. mit leichter Artillerie ausgerüstet, könnten die Besatzungen gewesen sein).

[32] Ottaway 1997, 138 f.

[33] Ottaway 1997, 135 f.

[34] Johnson 1980, 99.– Wilson 1991, 144. – Ottaway 1997, 135.

[35] Casey 1979, 75 f. – Welsby 1982, 116-118. – Lander 1984, 290.

[36] Ottaway 1997, 138.

[37] Gildas, De excidio Britanniae 14 f. – Ireland 1986, 162 Nr. 273. – Brodersen 1998, 243 f.

[38] Olymp. Frag. 12. – RIB 721 mit weiterer Literatur. – Welsby 1982, 116.

[39] Ebenda, 104-124.

[40] Amm. 27, 8-28, 3, 1-9. – Welsby 1982, 106. – Brodersen 1998, 238.

[41] Ottaway 1997, 138.

[42] Hornsby/Laverick 1932, 210 f. – Wilson 1991, 146. – Ottaway 1997, 139.

[43] Ebenda.

[44] Zum Begriff: allgemein „Schiffsländen“ (bei Petrikovits 1971 „landing places“). – Schleiermacher 1942: „befestigte Schiffsländen“. – Soproni 1978: „Brückenkopffestungen“. – Höckmann 1986, 400: „Ländeburgi“. Diese Bezeichnung ist am treffendsten und hat sich durchgesetzt.

[45] Sicher: Neuwied-Engers, Lahnstein-Niederlahnstein, Zullestein, Mannheim-Neckarau. – Vermutet: Rheinbrohl, Koblenz-Niederberg (Grunwald 1997, 312 mit weiterer Literatur), Wiesbaden-Biebrich, Mannheim-Scharhof, Altlößheim (Wieczorek/Périn 2001, 121).

[46] Wieczorek 1995, 77.

[47] Höckmann 1986, 400 Anm. 98 (nach N. Gudea).

[48] Garbsch 1988, 112.

[49] Schleiermacher 1942, 194. – Röder 1952, 115. – Wilhelmi 1983, 367. – Grunwald 2000, 39.

[50] Baatz 1989c, 505.

[51] Symm. or. 2, 20.

[52] Z. B. Ladenburg: Heukemes 1981, 446 f. – Niederlahnstein: Kutsch 1926, 78; 161. – Zullestein: Jorns 1979 Abb. 2. – Baatz 1989c Abb. 484. – Engers: Wilhelmi 1983, 368. – Wegner 1990b, 499. – Röder 1952, 116.

[53] Heukemes 1981, 462; 466.

[54] s. Anm. 51.

[55] Heukemes 1981 Abb. 9, 60.

[56] Wilhelmi 1983, 367. – Wegner 1990b, 499. – Grunwald 2000, 40.

[57] Zullestein: Baatz 1989c, 505. – Veröcemaros: Mócsy 1958, 194.

[58] Garbsch 1967, 73. – Soproni 1978, 78.

[59] Heukemes 1981, 441.

[60] Jorns 1979, 117.

[61] Wilhelmi 1983, 367. – Wegner 1990b, 499. – Grunwald 2000, 40 f.

[62] Not. dign. occ. 33, 44. – Soproni 1985, 79.

[63] Heukemes 1981, Abb. 9, 61; 466 Abb. 4. - Vgl. Anm. 31 die Überlegungen Wilsons zur Besatzung der signal stations. – Vgl. Jorns Vermutung zur Stationierung von Katapulten im Zullestein: Jorns 1979, 117.

[64] Grunwald 2000, 39.

[65] Amm. 28, 2, 1; 29, 4, 1; 6, 3 f. 30, 7, 6. – Cod. Theod. 15, 1, 13. – Hoffmann 1973, 9. – Soproni 1978, 200. – Lander 1984, 263-293 mit einer umfassenden Darstellung. – Czysz 1994, 219 f. – Mackensen 1996. – Jilek 1997, 52.– Zu Valentinian I. am Niederrhein: Kunow 1987, 97-100. – Zum Mittel- und nördlichen Oberrhein: Bernhard 1990, 148-153. – Zum südlichen Oberrrhein: Filtzinger 1976, 112-115. – Zum Hochrhein: Fellmann 1988, 294-296. – Zur oberen Donau: Baatz 1989a, 220-222. – Fischer 1995, 365 f.

[66] Amm. 28, 2, 2-4.

[67] Ders. 28, 2, 5-9. – Heukemes 1981, 470 f.

[68] Amm. 30, 5, 13. – Schleiermacher 1942, 194.

[69] Paulovics 1934, 158-163 Abb. 113.: erbaut für den Donauübergang Valentinians I. nach Amm. 30, 5, 13. – Für eine Deutung als Teil des Ländeburgus: Mócsy 1958, 97 f. – Auch für den Rhein sind Schiffsbrücken literarisch belegt, z. B. Amm. 29, 4, 2. – Vgl. dazu Czysz 1994, 220. – Vgl. Anm. 187.

[70] Diese Meinung vertreten z. B.: Röder 1952, 115 f. mit Verweis auf Mayener Keramik (vgl. Johnson 1983, 155). – Garbsch 1967, 72. – Schönberger 1969, 185. – Jorns 1974, 432: Sigillata vom Zullestein, datierbar in die Zeit von 340-360. – Ders. 1979, 115: Die Auswertung der Funde vom Zullestein soll diesen zweifelsfrei in die valentinianische Zeit datieren. – Bakker 1987, 47 Anm. 32. – Baatz 1989c, 504. – Bernhard 1990, 152. – Wegner 1990a, 433. – Bechert 1995, 26 f. – Mackensen 1996, 147. – Bakker 1997, 116. – Grunwald 1997, 312; 324 (Niederlahnstein durch Rollrädchenstempel bis 430er Jahre). – Rabold 1999, 175. – Grunwald 2000, 38.

[71] Vgl. hierzu Anm. 70 die Angaben von Johnson und Jorns. – Der Ländeburgus von Engers wird z. B. aufgrund des bisher publizierten Fundmaterials in „das letzte Drittel des 4. und den Beginn des 5. Jahrhunderts“ datiert (Grunwald 1997, 312; 324; v. Berg/Wegner 316 f. Abb. 42, 11-13; Stribrny 1989, 475).

[72] Gropengießer 1937, 118. – Gropengießer 1965, 62 f. – dazu: Fellmann 1988, 294 f.

[73] Röder 1952, 116. – Wilhelmi 1983, 367. – Wegner 1990b, 499. – Die flußseitigen Köpfe der Außenmauern dieses Ländeburgus, die bei den anderen Anlagen ebenfalls nicht vorkommen, sind geländebedingt und deshalb in diesem Zusammenhang zu vernachlässigen (Wilhelmi 1983, 367 – Wegner 1990b, 499).

[74] Nach Kólnik 1972, 64 f. 71 aufzulösen als: OF(ficina) AR(elapensis), OF(ficina) AR(morum) oder OF(ficina) A(uxiliarum) R(ipensium). – Weitere Literatur zu den Stempeln: Soproni 1978, 190.

[75] Ebenda 122 f. 186 f. – Vgl. der Ländeburgus von Bölcske: Ders. 1991, 257. – Allgemein wurde bis dahin diese Stempelgruppe in die valentinianische Zeit gestellt. – Ders. 1978, 185-187; 198. – Datierung in diokletianische Zeit: Mócsy 1958, 97-102. – Johnson 1983, 193. – Einschränkend, da Valentinian I. auch ältere Ziegelstempel habe benutzen können: Lander 1984, 288. Er hält es nur für möglich, daß einige Ländeburgi vor Valentinian I. erbaut wurden. Das Bauprogramm als ganzes sei aber diesem Kaiser zuzuschreiben.

[76] Soproni 1978, 186 f: Aufgrund der Amtszeiten verschiedener Militärs.

[77] Ebenda 187: Aufgrund der historischen Ereignisse (358 Sarmatenfeldzug Constantius´ II. von Sirmium bis zum Donauknie und Überführung der Sarmarten in den Status von clientes). – Vgl. Visy 1988, 25.

[78] Durch valentinianische Ziegelstempel: Ebenda 92. – Szob: Ders. 1985, 77. – Veröcemaros: Ebenda 77.

[79] Filtzinger 1976, 108 f. – Kunow 1987, 92-93. – Fellmann 1988, 288-293. – Baatz 1989a, 220. – Bernhard 1990, 140-144.

[80] Z. B. Jorns 1979, 118: „Die Grabungsbefunde geben auch keinen Hinweis für entscheidende Waffengänge.“

[81] Zu Julians Aktivitäten in Gallien allgemein: Browning 1976, 79-104. – Bowersock 1978, 33-45. – Zu den militärischen Aktionen des Julian am Rhein: Amm. 16, 2-4; 11 f.; 17, 1 f. 8-10. – Filtzinger 1976, 109-112. – Johnson 1983, 167. – Kunow 1987, 92-97. – Bernhard 1990, 144-147. – Czysz 1994, 220. – Eine Besprechung der entscheidenden Schlacht von Straßburg: Elton 1996, 255 f. – Zur intensiven Nutzung von Schiffen im Kampf durch Julian: Höckmann 1982, 40 f. – Höckmann 1985, 134. – Höckmann 1986, 406; 414 zur notwendigen Neuorganisation der Rheinverteidigung durch Julian.

[82] Libanios or. 18, 82 f. – Amm. 18, 2, 3. – Vgl. Amm. 16, 12, 14. – Ireland 1986, 148 Nr. 248; 250. – Brodersen 1998, 230 f. – Vgl. Bechert 1978.

[83] Garbsch 1967, 72 f. mit den entsprechenden Stellen im Cod. Theod.

[84] Falls sich die Getreidereste nicht als nachantik herausstellen (s. S. 20 Anm. 104).

[85] Vgl. Mócsy 1958, 102: „Es steht jedoch außer Zweifel, daß die Schiffslände in Neckarau von Valentinian erbaut wurde. Das soll aber nichts mehr bedeuten, daß er einen alten und gut erprobten Festungstyp wieder ins Leben rief.“ – Vgl. Baatz 1989c, 505 zum Zullestein und Garbsch 1967, 73 zu Veröcemaros.

[86] Wilhelmi 1983, 368; 372. – Wegner 1987, 228. – Ders. 1990 b, 499.

[87] Die folgenden Gedanken gehen auf die mündliche Anregung von Prof. Dr. J. Oldenstein zurück.

[88] Z. B. Gropengießer 1937, 118: „Nur einer jener Mündungsarme des Neckars in den Rhein zur römischen Zeit, der etwa 50 m westlich des Burgus begann, war am Schlick in der Tiefe zu erkennen“. – Bernhard/von Schnurbein 1990, 301.

[89] Vergleichbar sind auch Burgi auf dem Festland: z. B. die Anlagen von Asperden und Rheinau oder die von einer Mauer umgebenen Türme des größeren Typs an der mittleren Donau (von Petrikovits 1971 Abb. 28. – Wilson 1991, 145.).

[90] Festgestellt durch Vergleich des Abstandes Turm – Wasserstand (Ladenburg) bzw. Länge der Flankenmauern (Dera patak, Engers, Contra Florentiam), s. Abb. 10.

[91] 13, 42 ´ 13, 20 (Heukemes 1981, 441).

Ende der Leseprobe aus 87 Seiten

Details

Titel
Die Küstenwachtürme in Nordengland, die Ländeburgi und Wachtürme an Rhein und Donau - Zeugnisse des 'großen valentinianischen Festungsbauprogramms'?
Hochschule
Johannes Gutenberg-Universität Mainz  (Institut für Vor- und Frühgeschichte)
Veranstaltung
Seminar: Spätantike Wehrbauten
Note
sehr gut
Autor
Jahr
2001
Seiten
87
Katalognummer
V26068
ISBN (eBook)
9783638285179
Dateigröße
3165 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Küstenwachtürme, Nordengland, Ländeburgi, Wachtürme, Rhein, Donau, Zeugnisse, Festungsbauprogramms, Seminar, Spätantike, Wehrbauten
Arbeit zitieren
Patrick Jung (Autor:in), 2001, Die Küstenwachtürme in Nordengland, die Ländeburgi und Wachtürme an Rhein und Donau - Zeugnisse des 'großen valentinianischen Festungsbauprogramms'?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/26068

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