Policy-Cycle am Beispiel des Bundes-Bodenschutzgesetzes


Hausarbeit, 2002

27 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Policy cycle
2.1 Problemwahrnehmung (Problem reception)
2.2 Thematisierung (Agenda setting)
2.3 Politikformulierung (Policy formulation)
2.3.1 Die Bodenschutzkonzeption der Bundesregierung
2.3.2 Das Bundes-Bodenschutzgesetz (BBodSchG)
2.4 Entscheidung (Decision making)
2.4.1 Der Einfluss der verschiedenen Akteure im Entscheiungsprozess
2.4.1.1 Der Einfluss politischer Akteure
2.4.1.2 Der Einfluss nicht-politischer Akteure
2.5 Politik- und Verwaltungsvollzug (Implementation)
2.6 Ergebnisbewertung (Evaluation)
2.7 Politikformulierung oder -terminierung (Termination)

3. Zusammenfassung

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung

Das Gesetz zum Schutz vor schädlichen Bodenveränderungen und zur Sanie­rung von Altlasten (Bundes-Bodenschutzgesetz - BBodSchG) wurde im Februar 1998 von Bundestag und Bundesrat beschlossen und trat am 1. März 1999 in Kraft (Bückmann/Jänicke u. a. 1999, S. 21; Umweltrecht 2002, S. 226 - 240). Die ergänzende Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung (BBodSchV) trat im Juli 1999 in Kraft (Umweltrecht 2001, S. 241 - 251) und konkretisiert die Anforderungen des Gesetzes hinsichtlich Untersuchung, Bewertung, Sanierung sowie Vorsorge gegen schädliche Bodenverunreini­gungen. Damit wird nach langen Diskussionen erstmals auf Bundesebene die Lücke im medienbezogenen Umweltrecht geschlossen und die Rechtszer­splitterung aufgehoben (Frielinghaus/Schäfer 1995, S. 104, Schrader 1998, Ruchay 1998, Kim 2002, S. 7) sowie den Behörden bundeseinheitlich Handlungsmöglich­keiten zur Vorsorge und zur Gefahrenabwehr eröffnet.

Im Gegensatz zu den Umweltmedien Wasser und Luft wurde der Boden erst spät in die politischen Überlegungen einbezogen. Gewässerschutz wurde bereits seit den 70er Jahren vor allem durch das Wasserhaushaltsgesetz (WHG; 1976) sowie Landeswassergesetze[1] umfassend geregelt (Müller 1995). Ähnliches galt für den Immissionsschutz der ebenfalls seit den 70er Jahren im wesentlichen durch die Technische Anleitung Luft (TA-Luft, 1974) sowie das Bundes-Immissionsschutzsgesetz (BImSchG, 1974) mit seinen bis heute 31 Bundes-Immssionsschutz-Verordnungen[2] im Zentrum umweltpolitischer Gesetzgebung stand (Wilhelm 1994, Müller 1995, Umweltrecht 2002). Die Gründe für das „Vergessen“ (Bückmann/Jänicke u.a. 1999, S. 31) des Bodens sind vielfältig. Komplizierte ökologische, ökonomische und politische Problemlagen machen den Bodenschutz zu einer komplexen rechtlichen Materie, die besondere Herausforderungen an Recht und Politik stellt. Boden­schutz kann nicht nur auf das Bodensubstrat beschränkt werden, sondern muß andere Schutzgüter (z. B. Wasser, Luft) sowie vergangene, aktuelle und zukünftige Umweltbelastungen einbeziehen und wirkt damit auch in anderen Bereichen des Umweltschutzes. Dem gegenüber steht eine Vielzahl der Ursachen und Verursacher sowie eine ungenügende Datenlage und fehlende Definitionen aufgrund der „Komplexizität der Funktionen des Bodens und der an die Boden­funktionen gestellten Nutzungsansprüche sowie der Vielzahl mit­einander konkurrierender Werte“ (Wittkämper 1993, S. 54, Kim 2002, S. 7). Diese komplexe Problemstruktur der Bodenschutzpolitik führte auf dem Weg zum Boden­schutzgesetz von der Problemwahrnehmung (problem perception) bis zur Ent­scheidung (decision making) zu Behinderungen und Kontroversen bei den beteiligten Akteuren[3] sowie den gesellschaftlich relevanten Interessen-verbänden[4], deren Zusammen­hänge im Rahmen des policy cycle aufgezeigt werden sollen.

Die Dringlichkeit eines bundeseinheitlichen Bodenschutzgesetzes dagegen wurde durch die Wiedervereinigung 1990 forciert, die vor allem durch die Vielzahl von Altlastenflächen in den neuen Bundesländern im Zusammenhang mit ähnlich gelagerten Problemen in den alten Bundesländern das Bewußtsein für die Bodenproblematik und deren Regelung geschärft hatten (Bückmann/Jänicke u.a. 1999, S. 48).

2. Policy cycle

Die Phaseneinteilung des policy cycle erfolgt in Anlehnung an das Modell von Martin Jänicke (vgl. Jänicke 2001: Kurs 3907, S. 58ff.).

2.1 Problemwahrnehmung (Problem perception)

Obwohl der Boden ein zentrales Umweltmedium ist, wird er im Gegensatz zu Luft und Wasser von der Öffentlichkeit kaum beachtet, da sich deren Wahr­nehmung eher auf spektakuläre Ereignisse konzentriert. Durch die Selbstreini­gungskraft des Bodens sind im Gegensatz zu den Beeinträchtigungen von Luft und Wasser Schäden erst mittel- bis langfristig erkennbar. Daher gab es lange Zeit kaum manifeste umweltpolitische Forderungen seitens der Öffentlichkeit, und die Umweltverbände hielten sich auch in diesem Bereich zurück, da nur gut vermittelbare Themen die eigenen Anhänger mobilisieren und zur Finanzierung (Spenden) der Verbände beitragen (Bückmann/Jänicke u. a. 1999, S. 35/36, 40). Dieses ge­ringe öffentliche Interesse bewirkte eine erhebliche Verzögerung in der Entwicklung effektiver Lösungsansätze für den Bodenschutz.

Die Bundesregierung hatte zwar 1971 in ihrem Umweltschutzprogramm den Boden als schützenswertes Medium neben Luft und Wasser aufgenommen, aber keine konkreten Aussagen zum Bodenschutz gemacht (Bundesminister des Innern 1971, Bückmann/Jänicke u. a. 1999, S. 16f., Peine 1999, Kim 2002, S. 5). Nach der Deklaration der Europäischen Bodencharta (vgl. Bückmann/ Jänicke u. a. 1999, S. 17, Peine 1999) schloss sich zunächst eine Periode an, in der Umweltpolitik eine defensive Rolle spielte, da der Wirtschaftsförderung zur Sicherung von Arbeitsplätzen Vorrang eingeräumt wurde (Wilhelm 1994, S. 53f.).

Erst mit den Umweltkatastrophen der 80er Jahre (Verschmutzung des Rhein, Brandkatastrophe bei Sandoz 1986, Reaktorunfall in Tschernobyl 1986, Entdeckung des Ozonlochs) erhöhte sich das Umweltbewußtsein wieder auf breiter Ebene. In diesem Zusammenhang entstand auch eine vermehrte Boden­schutz- und Altlastendiskussion, da durch hohe Nitratgehalte im Grundwasser, Waldschäden, Altlasten und Flächenverbrauch die Bodenbelastungen zuneh­ mend deutlich wurden (Wilhelm, 1994, S. 71 - 73, Bückmann/Jänicke u. a. 1999, S. 18).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

2.2 Thematisierung (Agenda setting)

Dieses erhöhte Problembewußtsein seit Anfang der 80er Jahre führte zur Thematisierung der Bodenproblematik und zur Diskussion des Handlungs­bedarfs für den Bodenschutz: in nationalen und internationalen Fachzirkeln sowie innerhalb des politisch-administrativen Systems. Erste Ansätze dazu sind die Einrichtung einer Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaft „Bodenschutz“ 1982 sowie die vom Bundesgesundheitsamt veranstalteten Fachkolloquien zu einzelnen Aspekten des Bodenschutzes (vgl. Aurand 1983, Bückmann/Jänicke u. a. 1999, S. 18). In diesem Zeitraum begannen auch die Umweltverbände - allen voran der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) und der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) - ihr Engagement mit der Vorlage eines Bodenschutzprogramms (BUND) und den Grundzügen für ein Bundes-Bodenschutzgesetz (BBU) (Bückmann/Jänicke u. a. 1999, S. 34).

Die Bundesregierung erklärte 1983 den Bodenschutz zu einem Schwerpunkt der Umweltpolitik und erteilte dem für den Bodenschutz zuständigen Bundes­innenminister den Auftrag zur Erarbeitung einer Bodenschutzkonzeption. Daraufhin wird eine „Interministerielle Arbeitsgruppe Bodenschutz“ unter Federführung des Bundesinnenministers eingerichtet, die die Bodenschutz­konzeption erarbeitete (Kim 2002, S. 78). Mit dieser Konzeption, die 1985 von der Bundesregierung verabschiedet wurde, sollte eine neue Phase der Bodenschutzpolitik eingeleitet werden.

Im Anschluß an die Verabschiedung der Bodenschutzkonzeption folgte eine Phase, in der allgemein die Meinung vorherrschte, dass Bodenschutz in bereits vorhandene umwelt- und planungsrechtliche Regelungen umgesetzt werden sollte und nicht in einem eigenen Bodenschutzgesetz (vgl. Bückmann/Jänicke u. a. 1999, S. 19, Peine 1999, Kim 2002, S. 101). Aber schon Ende der 80er/Anfang der 90er Jahre zeichnete sich ab, dass die bisher ergriffenen Maß­nahmen für den Bodenschutz nicht hinreichend waren und sich die Boden­situation sogar verschlechtert hatte (Kim 2002, S. 101).

Verstärkt thematisiert wurde der Bodenschutz dann wieder seit 1987, nachdem der Rat von Sachverständigen für Umweltfragen dem Boden und den beste­henden Handlungsdefiziten in seinen Umweltgutachten von 1987, 1994, 1996 sowie in drei Sondergutachten besondere Aufmerksamkeit widmete (vgl. Rat von Sachverständigen für Umweltfragen 1987, 1990, 1994, 1995, 1996a, 1996b). Unterstützt wurde diese Tendenz durch die deutsche Wiederver­einigung, da die massiven Bodenbelastungen in den Neuen Bundesländern eine bunderechtliche Regelung notwendig machten (Bückmann/Jänicke u. a., 1999, S. 48).

[...]


[1] Weitere Gesetze, die auf Bundesebene den Gewässerschutz beinhalten, sind: das Abwasserabgabengesetz (1978), das Wasch- und Reinigungsmittelgesetz (1987), das Hohe-See-Einbringungsgesetz (1998) und das Infektionsschutzgesetz (2000) (Wilhelm 1994, Umweltrecht 2002)

[2] Für den Immissionsschutz sind des weiteren das Benzinbleigesetz (1971) und das Fluglärmgesetz (1971) von entscheidender Bedeutung (Wilhelm 1994, Umweltrecht 2002).

[3] In der Bundesrepublik beteiligte Akteure: Bundesregierung, Bundestag, Bundesrat, Bundesministerium des Innern (bis 1986), ab 1986 Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Rat von Sachverständigen für Umweltfragen (SRU), Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU), Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages.

[4] Betroffene gesellschaftliche Gruppen und Interessenverbände: Industrie, Landwirtschaft, Energie, Verkehr, Militär, Natur- und Umweltschutzverbände.

[5] Bei Bückmann (Bückmann/Jänicke u. a. 1999, S. 20) muß ein Fehler in der Jahresangabe vorliegen. Er nennt als Daten für das Einbringen der Beschlussempfehlung und den Beschluss den 10. bzw. 12. Juni 1998. Diese Daten würden nach den endgültigen Beschlüssen in Bundestag und Bundesrat (5./6. Feb. 1998) liegen, was aufgrund der Vorgehensweise bei Gesetzgebungsverfahren nicht möglich ist.

Ende der Leseprobe aus 27 Seiten

Details

Titel
Policy-Cycle am Beispiel des Bundes-Bodenschutzgesetzes
Hochschule
FernUniversität Hagen  (FB Kultur- und Sozialwissenschaften)
Note
1
Autor
Jahr
2002
Seiten
27
Katalognummer
V26127
ISBN (eBook)
9783638285520
ISBN (Buch)
9783638848213
Dateigröße
527 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Policy-Cycle, Beispiel, Bundes-Bodenschutzgesetzes
Arbeit zitieren
Andrea Clemens (Autor:in), 2002, Policy-Cycle am Beispiel des Bundes-Bodenschutzgesetzes, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/26127

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