Der Wert einer Marke. Markenbewertungsmodelle und deren kritische Würdigung


Diplomarbeit, 2004

105 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Gliederung und Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Die Marke und ihr Wert
1.2 Aufbau der Arbeit
1.3 Aktuelle Situation in Deutschland

2 Die Marke
2.1 Definition von Marken
2.2 Funktionen von Marken
2.2.1 Aus Konsumentensicht
2.2.2 Aus Herstellersicht
2.3 Erscheinungsformen von Marken
2.4 Rechtlicher Schutz für Marken
2.4.1 Grundlagen zum Markenrechtschutz
2.4.2 Die Marke als Vermögensgegenstand
2.5 Bedeutung der Marke und ihres Werts für die Unternehmensentwicklung

3 Begriff des Markenwerts und der Markenstärke
3.1 Unterschiede bei der Begriffsbestimmung
3.2 Finanzorientierte Definitionen
3.3 Konsumentenorientierte Definitionen
3.4 Integrative Definitionen

4 Anlässe und Bedeutung der Markenwertbestimmung
4.1 Finanzorientierte Bedeutung der Markenwertermittlung
4.2 Verhaltensorientierte Bedeutung der Markenwertermittlung

5 Kriterien zur Markenwertermittlung

6 Bewertungsmodelle und Markenwertbestimmung
6.1 Klassifikation der Bewertungsmodelle
6.2 Anforderungen an die Messung von Markenwerten
6.3 Diagnostische Messungen zur Markenstärke
6.3.1 Brand Asset Valuator (BAV) von Young & Rubicam
6.3.2 Brand Potential Index (BPI) der GfK
6.3.3 Markeneisberg von icon brand navigation
6.4 Evaluative Messungen des Markenwerts
6.4.1 Finanzorientierte Messungen des Markenwerts
6.4.1.1 Kostenorientierte Markenwertmodelle
6.4.1.2 Ertragswertorientierte Markenwertmodelle
6.4.1.3 (Kapital)marktorientierte Markenwertmodelle
6.4.2 Absatzorientierte Messungen des Markenwerts
6.5 Besondere Problembereiche einer Markenbewertung
6.5.1 Isolierung markenspezifischer Zahlungen
6.5.2 Prognose markenspezifischer Einzahlungen
6.5.3 Bewertung markenstrategischer Optionen
6.6 Kombinierte Markenwertmodelle
6.6.1 Markenbilanz von Nielsen und Ansatz von Interbrand
6.6.2 Modifiziertes Interbrand-Modell
6.6.3 Brand Performancer von Nielsen
6.6.4 Brand Rating Verfahren
6.6.5 Markenwertmodell der GfK

7 Kritische Anschauung
7.1 Kritische Anschauung bestehender Bewertungsansätze
7.2 Kritische Anschauung von Rankings
7.3 Kritische Anschauung des Markts der Markenbewertungen
7.4 Aktuelle Entwicklung

8 Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Klassifikation der Erscheinungsformen von Marken

Tabelle 2: Verwendungszwecke von Markenbewertungen und deren

Bedeutung aus Unternehmenssicht (n=126)

Tabelle 3: Klassifikation der Markenbewertungsmodelle

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Markenstärke bei Freixenet und Markenschwäche bei

Rüttgers-Sekt

Abbildung 2: Anwendungsbereiche des Markenwerts und der Marken-

bewertung

Abbildung 3: Zielgrößen der Markenbewertungsverfahren

Abbildung 4: Markenwert durch Markenwissen

Abbildung 5: Zielsystem zur Markennavigation

Abbildung 6: Der Aufbau des Brand Asset Valuator

Abbildung 7: Dimensionen des Brand Potential Index

Abbildung 8: Zusammenhang zwischen dem BPI und dem FCB-Anteil bei

Waschmitteln

Abbildung 9: Dimensionen des Markenanteils

Abbildung 10: Anonymisierte Ergebnisse zum Markenwert einer Biermarke

Abbildung 11: Zusammenhänge zwischen den einzelnen Markenwertfaktoren

im Markeneisberg

Abbildung 12: Unterschiedliche Markenwertangaben für BMW, Siemens,

Hypo Vereinsbank und E.on

Abbildung 13: Grundprobleme und Komponenten einer Markenwertmessung

Abbildung 14: Nicht-monetäre Markenbewertungsansätze mit Fokus auf der

Isolierung markenspezifischer Zahlungen

Abbildung 15: Monetäre Markenbewertungsansätze mit Fokus auf der

Isolierung markenspezifischer Zahlungen

Abbildung 16: Markenbewertungsansätze mit Fokus auf der langfristigen

Prognose monetärer markenspezifischer Zahlungen

Abbildung 17: Kriterienkatalog des Interbrand-Modells

Abbildung 18: Kriterienkatalog der Markenbilanz von Nielsen

Abbildung 19: Gewichtung der Hauptfaktoren des Interbrand-Modells

Abbildung 20: Markenwertfaktor-Funktion mittels S-förmiger Kurve im

Interbrand Modell

Abbildung 21: Berechnung des Durchschnittsgewinns und Verknüpfung des

Markenwertfaktors mit dem Gewinn zum Markenwert im

Interbrand-Modell

Abbildung 22: Modifizierte Markenbewertungsmethode von Interbrand

Abbildung 23: Systematik des A.C. Nielsen Brand Performance Ansatzes

Abbildung 24: Ertragswertberechnung zur Ermittlung des Markenwerts für

Pro 7

Abbildung 25: Brand Future Score als 3-Komponenten-Modell von

Brand Rating

Abbildung 26: Aufbau des Markenwertmodells der GfK

Abbildung 27: Ableitung der Indikatorgewichte aus Expertenbefragungen

1 Einleitung

1.1 Die Marke und ihr Wert

Die Marke ist heute nicht mehr nur ein Name, unter welchem ein Produkt vertrieben wird, sondern sie hat sich zu einer bedeutenden Größe und zu einem der wichtigsten Erfolgsfaktoren eines Unternehmens entwickelt.

In früheren Jahren wurden Unternehmen ausschließlich anhand ihrer Substanz beispielsweise Grundstücken, Maschinen, Produkten und deren Umsatz bewertet. Heute sind zunehmend auch immaterielle Größen wie der Markenwert zu einflussreichen Kennzahlen geworden. Insbesondere starke Marken tragen entscheidend zur Steigerung des Gewinns und des Shareholder Value bei und stellen somit für Unternehmen wichtiges Kapital sowie dauerhaftes Vermögen dar.

Zudem ist seit Beginn der 80er Jahre der Aufkauf von Marken im Rahmen einer so genannten Mergers- and Acquisitions- Welle zu einem unternehmensstrategisch sehr bedeutenden Instrument geworden. Spektakuläre Akquisitionen, bei denen der Verkaufspreis beispielsweise das Dreifache des Börsenwerts des verkauften Unternehmens betrug, wurden in der Öffentlichkeit diskutiert. Der Gesamtwert eines Unternehmens besteht demnach sowohl aus dem Anlage- und Umlaufvermögen und vor allem auch aus dem immateriellen Wert seiner Marken. Bei vielen Unternehmen rückten die Marken deshalb ins Zentrum einer wertorientierten Unternehmensführung. Infolge der zunehmenden Globalisierung der Wirtschaft und des wachsenden Wettbewerbdrucks wurden Marken und Markenmanagement zum zentralen Bestandteil der Unternehmenspolitik.[1]

Ausgelöst wurde die Debatte um den Markenwert also vor allem, weil es bei den zahlreichen Käufen und Verkäufen von Markenunternehmen notwendig wurde, den finanziellen Wert der jeweiligen Marken zu ermitteln. Zudem erforderte der zunehmende Aspekt der Lizenzierung und Bilanzierung von Marken[2] eine Bestimmung des monetären Werts der Marke. Aufgrund der heutigen Marktbedingungen hat jedoch neben dem monetären Markenwert besonders die marketingorientierte Markenbewertung an Relevanz gewonnen. Die Ermittlung eines Geldwerts der Marke ist hierbei weniger von Interesse. Vielmehr soll die Bestimmung des Markenwerts dazu dienen, dem Markenmanagement wertvolle Informationen für markenpolitische Entscheidungen zu liefern.

Aus betriebswirtschaftlicher Sicht stellt sich für Unternehmen dementsprechend die Frage, ob es Methoden gibt, die in der Lage sind, objektive Wertansätze für Marken zu ermitteln. Vorweggenommen werden kann, dass bislang keine allgemein akzeptierte Methode zur Ermittlung des Markenwerts existiert, die den Beitrag der Marke zum Unternehmenswert quantifizieren könnte.

1.2 Aufbau der Arbeit

Die vorliegende Arbeit greift diese Fragestellung auf, indem in der Praxis verwendete Markenbewertungsmodelle vorgestellt und anhand ihrer jeweiligen Vor- und Nachteile kritisch hinterfragt werden.

Um ein Markenverständnis zu entwickeln und die Bedeutung von Marken zu erkennen, werden zunächst der Begriff Marke, ihre Funktionen, ihre Erscheinungsformen sowie die Grundlage des Markenschutzes dargestellt. Anschließend werden der Begriff Markenwert, Anlässe sowie Bedeutung der Markenwertermittlung erläutert und Indikatoren, welche den Markenwert bestimmen können, herausgefiltert. Nachfolgend werden Markenbewertungsmodelle mit ihren jeweiligen Vor- und Nachteilen kritisch betrachtet. Ausgesucht wurden dabei Ansätze, die in der einschlägigen Literatur hinreichend klar beschrieben wurden und aus wissenschaftlicher und/oder praktischer Sicht als bedeutsam einzuschätzen sind. Abschließend erfolgt eine allgemeine kritische Würdigung der gegenwärtigen Situation des Markts der Markenbewertungen sowie eine Darstellung der aktuellen Entwicklung.

1.3 Aktuelle Situation in Deutschland

Das Thema Markenbewertung ist zur Zeit topaktuell und wird in der Bundesrepublik Deutschland heiß diskutiert. Das marketingjournal brachte im Januar 2004 ein Themenheft ‘markenwert’ heraus. Die Fachzeitschrift absatzwirtschaft hat in Zusammenarbeit mit PriceWaterhouseCoopers eigens eine Studie aufgelegt, in der neun führende Institute mit ihrem jeweiligen Bewertungsmodell jeder dieselbe fiktive Marke bewerten. In der Ausgabe Februar 2004 wurde aufgrund der Dringlichkeit schon einmal ein ausführliches Dossier über das Thema Markenbewertung präsentiert. Ein wichtiges Fazit der Studie wurde im Vorfeld bekannt gegeben: Bei den errechneten Markenwerten liegen zwischen dem niedrigsten und dem höchsten Bewertungsansatz fast 800 Millionen Euro![3] Ein bedeutendes Problem bei der Markenbewertung ist hier offensichtlich.

Eine Flut unterschiedlicher, nebeneinander bestehender Ansätze zur Markenbewertung von Werbeagenturen, Marktforschungsinstituten und Unternehmensberatungen existiert derzeit in Deutschland. Aus Wettbewerbsgründen - die Konkurrenz schläft nicht - werden die meisten Modelle gar nicht oder nur partiell zugänglich gemacht. In der Praxis sind das insgesamt cirka 30 Modelle, mit denen die Anbieter um die Gunst der Unternehmen werben.

Eine Zahl im dreistelligen Bereich wurde bei der Recherche nach Modellen plus Ansätzen, die sich sowohl aus wissenschaftlicher als auch praktischer Sichtweise als bedeutsam einschätzen lassen und zudem einen entsprechenden Ausarbeitungsgrad aufweisen, ermittelt.[4]

Mit dieser verwirrenden Methodenvielfalt nimmt Deutschland eine internationale Sonderstellung ein. Eine größere Sicherheit zu diesem Thema herrscht in Ländern wie den USA und Großbritannien. Es ist also nicht erstaunlich, wenn nur eine Minderheit von 14 Prozent der deutschen Marketingverantwortlichen den Markenwert regelmäßig messen lassen, obwohl es sowohl unternehmensintern als auch unternehmensübergreifend eine Vielzahl von Möglichkeiten gibt, durch die Unternehmen von einer Markenbewertung profitieren könnten.[5]

2 Die Marke

2.1 Definition von Marken

Etymologisch analysiert leitet sich das Wort Marke aus dem mittelhochdeutschen ‘marc’ ab, was soviel bedeutet wie ‘Grenze, Grenzland und Grenzlinie zur Unterscheidung’. Zusätzlich kann das Wort Marke aus dem französischen Kaufmannswort ‘marque’ abgeleitet werden, d.h. ‘auf einer Ware angebrachtes Zeichen’.[6] Mit Fortschreiten der sprachlichen Entwicklung erhielt die Marke den Bedeutungsinhalt eines Zeichens zur Erkennung. Folgenden Schluss lässt die etymologische Analyse somit zu: „Marken sind zuallererst Zeichen und dienen als solche dazu, dass Dinge wahrgenommen werden.”[7]

Nach klassischem Verständnis wird in die formale und die inhaltliche Begriffsebene unterschieden. Die formale Auffassung entspricht der etymologischen und versteht eine Marke als ein Zeichen zur äußeren Kennzeichnung von Waren und Dienstleistungen. Das 1995 in Kraft getretene Markengesetz definiert in § 3 Abs. 1 eine Marke wie folgt: „Als Marke können alle Zeichen, insbesondere Wörter einschließlich Buchstaben, Zahlen, Hörzeichen, dreidimensionale Gestaltungen einschließlich der Form einer Ware oder ihrer Verpackung sowie sonstige Aufmachungen einschließlich Farben und Farbzusammenstellungen geschützt werden, die geeignet sind, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden.“ Die American Marketing Association folgt ebenfalls diesem Verständnis einer Marke (“Brand”): “A name, term, sign, symbol, or design, or a combination of them intended to identify the goods or services of one seller or a group of sellers and to differentiate them from those of competitors”. Als Grundlage des formalen Verständnisses dienen semiotische Ansätze, die Marken als Symbole verstehen, „...die auf etwas anderes verweisen, beispielsweise Bedeutungen, Inhalte und symbolische Zusammenhänge.“[8] Zuerst werden Produkte zwar durch die Art des Auftretens (z.B. Markenname, Markenzeichen, Verpackungsgestaltung, Inhalt) markiert, wichtig sind aber vor allem die durch sie transportierten Bedeutungsinhalte. Demnach erfolgt die Markenbildung zunächst durch die Markierung der Leistung (Markenzeichen, Verpackung, Namen usw.) und anschließend wird diese markierte Leistung mit Bedeutung versehen. Die jeweilige Bedeutung einer Marke hängt dabei sowohl von den materiellen Gegebenheiten der Leistung als auch von der Interpretationsleistung der Konsumenten ab.

Wichtig wird die Unterscheidung von Marke und Produkt bei einer weiteren Differenzierung. Vereinfacht wird das Produkt vom Unternehmen hergestellt, der Kunde aber kauft die Marke. Demnach wird eine Marke zu eben dieser, wenn sie im Kopf des Konsumenten als eine solche wahrgenommen wird.[9] Das führt zu einer Auseinandersetzung mit der inhaltlichen Begriffsauffassung, die sich in ein Markenverständnis anhand von angebotsorientierten Merkmalskatalogen und in einen nachfrageorientierten wirkungsbezogenen Definitionsansatz unterteilen lässt.

Beim Verständnis nach Merkmalskatalogen wird von einem Markenartikel gesprochen, wenn einige Merkmale erfüllt sind, welche den wirtschaftlichen Erfolg repräsentieren. Als unbedingt erforderlich sieht Mellerowicz beispielsweise privater Bedarf, Fertigwaren, größerer Absatzraum, Markierung, einheitliche Aufmachung, gleiche Menge und gleich bleibende oder verbesserte Güte, Verbraucherwerbung sowie Verkehrsgeltung an.[10] Dieser Ansatz erscheint aus heutiger Sicht wenig aussagekräftig, da keineswegs nur Fertigwaren von Herstellern, sondern auch Vorprodukte, Dienstleistungen, Ideen und Personen (z.B. Boris Becker) Markenstatus erhalten können.[11]

Von entscheidender Bedeutung ist aber, dass Marken einen über den Produktwert hinausgehenden Wert besitzen. „Über die Unterscheidungsmerkmale hinaus kann eine Marke immaterielle Vorteile, d.h. Zusatznutzen für den Konsumenten bringen. Dies scheint den eigentlichen Markenwert zu generieren.“[12] Als Grundlage dienen hier konsumentenorientierte Ansätze[13], die eine Marke aus der Kundensicht betrachten und auf ihre Bedeutung für den Konsumenten abstellen. Entwickelt wurde von Berekoven ein nachfrageorientierter wirkungsbezogener Ansatz, dessen Grundidee es ist, „...dass die Meinungen der Konsumenten sowie deren Verhalten am Markt bestimmen, welche Produkte Markenartikel sind.“[14] Um den Einfluss der Marken auf die Konsumenten zu verstehen, ist dieser an jenen ausgerichtete Ansatz notwendig und wird auch als äußerst tragfähig eingeschätzt. Demnach wird eine Marke geboren, und zwar wenn sie ein positives, relevantes und unverwechselbares Image bei den Konsumenten aufbauen kann. Somit kann eine Marke verstanden werden als „...ein in der Psyche des Konsumenten verankertes, unverwechselbares Vorstellungsbild von einem Produkt oder einer Dienstleistung.“[15]

In den letzten Jahren wurde eine stärkere Integration der bislang getrennt betrachteten unternehmensbezogenen und konsumentenorientierten Ansätze aufgrund von praktischen Bedürfnissen und theoretischen Überlegungen vorangetrieben. Grundlage ist es, die Marke in einem Beziehungssystem zwischen dem Unternehmen und dem Konsumenten zu betrachten. Einen solchen marktorientierten Ansatz hat Bekmeier-Feuerhahn 1998 entwickelt, „...allerdings noch keine adäquate, griffige Markendefinition vorgeschlagen.“[16]

Abhängig von der jeweiligen Situation sind die unterschiedlichen Ansätze zur Markendefinition alle zweckmäßig. Der nachfrager-/wirkungsbezogene Ansatz ermöglicht es, veränderte Wahrnehmungen von Kunden im Zeitablauf zu erfassen, was aufgrund der zunehmenden Umweltdynamik immer mehr an Bedeutung gewinnt. Aus dem Grund wird ihm in der Literatur oftmals der Vorzug gegeben.[17]

2.2 Funktionen von Marken

2.2.1 Aus Konsumentensicht

Für Konsumenten und andere Anspruchsgruppen stellt die Marke eine komplexe Schlüsselinformation für alle mit ihr verknüpften Assoziationen dar. Vor

allem besitzen Marken eine Orientierungsfunktion für den Konsumenten. Die Identifikation und das Wiedererkennen einer Marke erleichtern ihm die Auswahl aus der Angebotsvielfalt und er kann ohne großen Suchaufwand sein bevorzugtes Produkt herausfinden und wiederkaufen (Entscheidungsentlastungsfunktion). Gleichzeitig wird der Abnehmer durch die Marke in die Lage versetzt, Produkte voneinander zu unterscheiden (Differenzierungsfunktion). Durch die Assoziation zu Bekanntem wird das wahrgenommene Kaufrisiko für den Konsumenten reduziert. Die Garantiefunktion beinhaltet, dass das eingesetzte Vertrauen des Konsumenten hinsichtlich des erwarteten Erlebnisnutzen nicht enttäuscht wird. Die Qualitätsgarantiefunktion bezieht sich vor allem auf die Einhaltung bestimmter technischer Eigenschaften. Dem Konsumenten vermitteln Marken bestimmte Gefühle und Images (Werbefunktion) und tragen letztlich zur Abgrenzung und zur Vermittlung eigener Wertvorstellungen bei. Starke Marken helfen ihm bei der Selbstdarstellung und können auf diese Weise die Integration in Gruppen fördern. Die Werbefunktion beinhaltet sämtliche mit einer Marke verbundenen Assoziationen, Gefühle sowie Einstellungen. Bestimmend für den Markenwert aus Konsumentensicht ist primär der wahrgenommene „zusätzliche Wert“ bei einem Markenkauf gegenüber einem unmarkierten Produkt. „Eine Messung des Markenwerts aus Konsumentensicht sollte daher aus dem Verhältnis zwischen dem wahrgenommenen Wert und den Kosten bestehen.“[18]

2.2.2 Aus Herstellersicht

Die ursprünglich geltende Herkunftsfunktion von Marken hat sich in eine sachliche Indentifizierungsfunktion gewandelt. In erster Linie ist die Marke für die Hersteller ein Kommunikationsinstrument, durch das der Dialog zwischen Hersteller und Konsumenten hergestellt wird. Eine Marke transportiert spezifische Inhalte, die zu einer bevorzugten Wettbewerbsstellung führen können (Profilierungsfunktion). Das eigene Angebot wird durch die Marke vom Angebot der Konkurrenten abgegrenzt (Differenzierungsfunktion). Über den direkt hergestellten Kontakt zu den Abnehmern realisiert eine starke Marke eine höhere Markenloyalität und –bindung. Dadurch kann eine Stabilisierung des Absatzes erreicht werden und die Abhängigkeit gegenüber Konjunkturschwankungen wird reduziert (Absatzförderung- und sicherheit). Zudem ist es günstiger einen markentreuen Kundenstamm zu halten, als die Kosten der Neukundenakquisition zu tragen. Die Schutzfunktion ergibt sich aus dem rechtlichen Schutz der Marke, soweit diese unter einem Markenschutzgesetz registriert ist. Dieses Recht zur alleinigen Nutzung einer Marke gewährt einen monopolistischen Spielraum (Markteintrittsbarriere für Newcomer), welchen der Hersteller als Wettbewerbsvorteil für sich nutzen kann.[19]

2.3 Erscheinungsformen von Marken

In der Praxis gibt es die unterschiedlichsten Erscheinungsformen von Marken. Um die wichtigsten Markenerscheinungsformen zu klassifizieren sind die zahlreichen Klassifikationskriterien zur Unterscheidung von Marken auf zehn Merkmalskategorien reduziert worden, die für diesen Zweck als ausreichend erscheinen.[20] Tabelle 1 zeigt eine Klassifikation der Erscheinungsformen von Marken:

Tabelle 1: Klassifikation der Erscheinungsformen von Marken

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: (Bruhn 2001: 43)

Im Folgenden werden einige Details zur vorherigen Tabelle ergänzt. Grenzt man nach der Art der institutionellen Stellung des Trägers der Marke ab, lassen sich Hersteller-, Handels- und Dienstleistungsmarken unterscheiden. Handelsmarken, bei denen das markenrechtliche Eigentum bei einem Handelsunternehmen liegt, werden des weiteren unterschieden in klassische Handelsmarken (auch als Eigenmarken des Handels oder Private Labels bekannt) sowie Gattungsmarken (Synonym: No-Names, Weiße Ware, Generika, Generics).[21] Klassische Handelsmarken sind exklusiver Sortimentsbestandteil von Handelsunternehmen, die unter eigenem Namen angeboten werden. Gattungsmarken sind versteckte Handelsmarken in unauffälligen Verpackungen. Als Markennamen führen sie quasi die entsprechende Gattungsbezeichnung der Produkte.

Im Hinblick auf die Herkunft der Marke kann zudem unterschieden werden, ob ein traditionelles Offline-Brand oder ein Online-Brand vorliegt. Offline-Brands entstammen dem Ursprung nach aus der „realen Welt“, Online-Brands sind ausschließlich im Internet verbreitet.

In die Merkmalskategorie Vertikale Reichweite der Marke im Warenweg sind Premiummarke und Handelsmarke hinzuzufügen. Als Resultat von „Trading-up-Strategien“ angesichts sich polarisierender Märkte ergeben sich Premiummarken. Es wird versucht durch eine Erlebnisprofilierung einen Zusatznutzen zu erzeugen, der wesentlich größer als der ursprüngliche Produktnutzen ist. Basierend auf einer ausgeprägten Qualitäts- und Leistungsorientierung ist es das Ziel der Premiummarke, eine exklusive Markenidentität zu schaffen (z.B. Porsche).[22]

Die unterschiedlichen Markentypen werden in der Praxis sowohl innerhalb der Merkmalskategorien als auch zwischen diesen miteinander kombiniert. „Unter Berücksichtigung der vielfältigen Erscheinungsformen von Marken wird es das Ziel eines Unternehmens sein, durch die Verknüpfung der verschiedenen

Markentypen eine unternehmensindividuelle Kombination von Markenausprägungen zu finden, die der gewählten Markenstrategie am ehesten entspricht.“[23]

2.4 Rechtlicher Schutz für Marken

„Zwingende Voraussetzung für markenpolitische Entscheidungen ist ein wirksamer Markenrechtsschutz.“[24] Genießt eine Marke Schutz durch das Markengesetz, steht ausschließlich dem Inhaber das Recht zu, die Marke für Waren der angemeldeten Art im Geschäftsverkehr zu verwenden. Demnach ist eine Marke umso wertvoller, je umfassender der rechtliche Schutz hinsichtlich Warenkategorie und geographischer Verwendung einer Marke ausgestaltet ist.[25]

2.4.1 Grundlagen zum Markenrechtschutz

Das im Jahr 1995 in Kraft getretene Markengesetz (MarkenG) gilt als nationale Rechtsgrundlage des Markenschutzes. Durch das neue MarkenG „...können alle Zeichen, insbesondere Wörter einschließlich Personennamen, Abbildungen, Buchstaben, Zahlen, Hörzeichen, dreidimensionale Gestaltungen einschließlich der Form einer Ware oder ihrer Verpackung sowie sonstige Aufmachungen einschließlich Farbe und Farbzusammenstellung [als Marke, Anm. d. Verf.] geschützt werden, die geeignet sind, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden.“ (§ 3 Abs. 1 MarkenG). In § 3 Abs. 1 MarkenG wird die Grundvoraussetzung zur Erlangung von Markenschutz die Markenfähigkeit des Zeichens erläutert.[26] Zeichen können demnach Wortzeichen, Bildzeichen oder eine Kombination, d.h. Wort-Bildzeichen sein. Weitere Schutzmöglichkeiten bestehen beispielsweise durch Patent-, Geschmacks- und Gebrauchsmusterschutz, Urheber- und Wettbewerbsrecht (§ 1 und § 3 UWG), BGB (Namensrecht § 12 BGB, Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb § 823 Abs. 1 BGB) sowie HGB (formloser Firmenschutz § 37 Abs. 2 HGB).[27] In seinem Produktbereich besitzt der Markeninhaber das ausschließliche Nutzungsrecht für Markennamen und Markenzeichen.[28]

2.4.2 Die Marke als Vermögensgegenstand

Im neuen Markengesetz sind Markenrechte unabhängig von einem zugrunde liegenden Geschäftsbetrieb.[29] Für den Markeninhaber stellt die Marke somit einen selbständigen Vermögenswert dar. Im rechtlichen Sinne ist die Marke ein selbständiges, übertragbares, immaterielles Vermögensrecht mit eigenem Wert.[30] Eine Marke kann also weiterverwertet werden durch Übertragung (z.B. Verkauf), Übergang (z.B. Vererbung), Pfändung und Zwangsvollstreckung[31] und natürlich auch zur Absicherung von Krediten eingesetzt werden. Große Bedeutung als Verwertungsform hat der Markenverkauf. Eine Markenveräußerung ist nicht an das Unternehmen des Markeninhabers oder an Teile davon gebunden. Ist eine Marke für mehrere Produkte registriert, kann der Verkauf einen Teil der Produkte oder alle Produkte beinhalten (§ 27 MarkenG). Für den Markeninhaber stellt die Option, die Marke verkaufen zu dürfen, einen besonderen Anreiz dar. Jener wird natürlich daran interessiert sein, den (Verkaufs-) Wert seiner Marke zu erhöhen. Zunehmend erkennen die Unternehmen, dass Marken Investitionsobjekte darstellen und die Markenführung unter Beachtung und Erhaltung dieses Vermögensgegenstands erfolgen sollte. „Marken stellen kostbare Vermögensgegenstände dar, es bestehen jedoch Zweifel hinsichtlich der Bestimmung der Größe dieser Werte.“[32]

2.5 Bedeutung der Marke und ihres Werts für die Unternehmensentwicklung

Für den Erfolg eines Unternehmens bilden Marken einen wichtigen oder sogar den wichtigsten Werttreiber. Sowohl in der Konsumgüter- als auch in der Industriegüterbranche wird versucht, die bis zu einem bestimmten Grad substituierbaren Produkte und Dienstleistungen an starke, unverwechselbare Marken zu binden.[33] Erhebliche Werte können Unternehmen insbesondere auf markenpräferierenden Teilmärkten durch Marken generieren. Marken und besonders starke Marken stellen somit einen dauerhaften Wert für ein Unternehmen dar. Investitionen in die Marke sind folglich Investitionen in die Zukunft und in den bedeutendsten Wert eines Unternehmens. Durch die wachsende Bedeutung von Marken für den Unternehmenserfolg wird den Unternehmen bewusst, dass das immaterielle Gut Marke einen Wert besitzt.

Der Wert einer Marke kann erst einmal in zweierlei Hinsicht analysiert werden: Aus konsumentenorientierter und aus finanzorientierter Perspektive. Aus der Sicht des Verbrauchers besitzt der Markenwert einen nicht-monetären Charakter, der durch die Wertschätzung des Konsumenten ausgedrückt wird. Die Wertschätzung ist das Resultat aller Anmutungen, Assoziationen und Vorstellungen bezüglich der Marke. Eine Marke ist demnach für den Hersteller, Kapitalanleger und Einzelhändler wertvoll, wenn diese bei den Konsumenten eine hohe Anerkennung erreicht hat. Aus dieser Perspektive ist es also von großer Bedeutung zu verstehen, wie der Wert einer Marke in der Vorstellung des Verbrauchers entsteht und welche Auswirkungen dies auf Kaufentscheidungen des Konsumenten hat.

Der Markeninhaber denkt natürlich aus finanzorientierter Sicht und für ihn ist der Markenwert zweifellos eine monetäre Größe. Diese entspricht dem Gewinn, der eindeutig auf die Marke zurückzuführen ist, und welchen der Markeninhaber ohne Besitz der Marke nicht hätte realisieren können. Der Wert einer Marke kann sowohl aus der Sicht des Herstellers, der Kapitalanleger, des Einzelhändlers und des Konsumenten diskutiert und bewertet werden. Eine einseitige sowie eine Perspektive, die angeblich für alle Bewertungsfälle genutzt werden kann, erscheint aber bezüglich ihrer Zweckmäßigkeit zweifelhaft.

Sämtliche Mess- und Bewertungsansätze haben demnach das gleiche Grundproblem: Die Erträge zu isolieren, die erst durch die Verwendung der Marke erzielt worden sind. Aus dem Grund sollte eine Begriffsauffassung sowohl die Perspektive des Markeninhabers als auch die des Konsumenten berücksichtigen.

Trotz des starken Interesses an der Marke, ist das Feld der Markenbewertung hauptsächlich von der Praxis besetzt, die verschiedene Ansätze und Modelle zur Markenwertbestimmung entwickelt hat. Empirische Studien über die Natur und die Entstehung eines Markenwerts sowie dessen genaue Effekte existieren nur wenige.[34]

3 Begriff des Markenwerts und der Markenstärke

3.1 Unterschiede bei der Begriffsbestimmung

Der Markenwert ist die zentrale Steuerungsgröße für den Aufbau und den Erhalt einer starken Marke. Seit einiger Zeit hat er sich zu einem der wichtigsten Ziele der Markenführung entwickelt, demnach kommt auch seiner Bestimmung eine große Bedeutung zu. Bisher haben allerdings weder Wissenschaft noch Praxis eine einheitliche Terminologie des Markenwerts herausgebildet. Zahlreiche Begriffe angefangen bei ‘starken, bekannten und berühmten Marken’ (Juristen) über ‘Markenware’, ‘-artikel’ oder einfach (starke) ‘Marken’ (Marketing und Markenführung) bis hin zu ‘Markenkapital’, ‘Brand Equity’, ‘Brand Value’ (Finanzwissenschaft) usw. schwirren uneinheitlich in der Gegend herum.

Das Interesse am Thema Markenwert resultiert aus verschiedenen Ursachen. Infolgedessen existieren zahlreiche unterschiedliche Forschungsansätze und dementsprechend auch heterogene Definitionen. Aufgrund der aufgezeigten Perspektiven (finanzwirtschaftliche und verhaltenswissenschaftliche) auf den Gegenstand Marke entwickelten sich im wesentlichen zwei Definitionsansätze. Dabei handelt es sich um finanzorientierte und konsumentenorientierte Begriffsauffassungen des Markenwerts. Allein diese verschiedenen Begriffsverständnisse führen zu verschiedenen Ansätzen der Markenwertmessung, die bei der Markenwertbestimmung einer speziellen Marke für stark voneinander abweichende Ergebnisse verantwortlich sein können.

Eine „gebräuchliche“ Markenwertdefinition bieten Erichson und Maretzki (1999) an, wobei zwischen (der von Konsumenten zugewiesenen) Markenstärke (Brand Strength) und dem (monetären) Markenwert (Brand Equity) unterschieden wird.[35] In der Praxis wird der verhaltensorientierte Markenwert anhand von markenwertbildenden Faktoren oder anderer vergleichbarer Kriterien dargestellt. Dieser (nicht-monetäre) Punktewert kann als Markenstärke bezeichnet werden. Beispielsweise wird im Brand Asset Valuator von Young & Rubicam[36] für den verhaltenswissenschaftlichen Markenwert der Begriff Brand Strength benutzt. Allerdings wird dieser nicht mit Markenstärke, sondern mit Markenvitalität übersetzt.

Dagegen ist der finanzorientierte Markenwert das Resultat einer nach bestimmten Methoden vorgenommenen monetären Bewertung. Für diesen finanziellen Markenwert werden auch die Begriffe Brand Equity und Markenkapital verwendet. Markenkapital kann als Synomym für den finanziellen Markenwert verstanden werden und Brand Equity[37] gilt hierbei als Übersetzung aus der englischen Sprache.

Gemeinsam ist allen bekannten Definitionsansätzen zumindest, dass sie versuchen, „...die Gesamtwirkung einer Marke zu quantifizieren und - teilweise - in einen monetären Wert zu überführen.“[38] Zur umfassenden Betrachtung des Markenwerts ist es erforderlich beide Sichtweisen darzustellen.

3.2 Finanzorientierte Definitionen

Die finanzorientierte Kategorie betrachtet den Markenwert[39] als monetäre Kenngröße. Diese Definitionen kennzeichnen den Wert einer Marke aus der Perspektive des Markeninhabers und zielen auf einen zu berechnenden finanziellen Wert ab.

Dem klassischen betriebswirtschaftlichen Definitionsansatz des Markenwerts von Kaas folgend, ist das Markenkapital „...der Barwert aller zukünftigen Einzahlungsüberschüsse, die der Eigentümer aus der Marke erwirtschaften kann.“[40] Als evaluatives Zielmaß einer Leistungsmessung gibt der Ansatz Auskunft über den Erfolg einer Marke. Unmittelbar enthalten ist im finanzorientierten Markenwert der Zukunftsaspekt, bei dem es vor allem um das in der Marke vorhandene zukünftige Potential geht. Als Grundlage dient hier das Markenwissen der Anspruchsgruppen, wie es im verhaltenswissenschaftlichen Ansatz nachfolgend definiert wird.[41]

Problematisch erscheint beim Ansatz von Kaas allerdings z.B. die eindeutige Abgrenzung sowie Zuordnung von Erlösen und Kosten, um eindeutige und nachvollziehbare Ergebnisse zu erhalten. Überdies lassen sich aus diesem Ansatz keine Indikatoren zum Zwecke einer aktiven Markenkontrolle und –steuerung entwickeln.[42] Inwieweit das Management eines Unternehmens gut gewirtschaftet hat (Erfolg der Markenführung), wird mit diesem Ansatz zwar beantwortet, es werden aber keine Aussagen über das Bild des Käufers von der Marke getroffen. Offen bleibt demnach die entscheidende Frage hinsichtlich des Markenwerts und zwar, welchen Wert die Marke im Kopf der Konsumenten besitzt und welche Wertschöpfung mit dieser Marke erzielbar sein sollte. Der finanzorientierte Markenwert lässt also keine Rückschlüsse auf die Gründe für den Markenerfolg zu.

Aus der Marketingperspektive, bei der es vorrangig um die Markensteuerung geht, ist deshalb ein Markenwertbegriff zweckmäßiger, der eine Markendiagnose und entsprechende therapeutische Maßnahmen zur besseren Markenführung ermöglicht. In einer Fachzeitschrift wurde dazu geschrieben, dass der Wert einer Marke im Herz und Hirn des Verbrauchers und nicht in der Bilanz abzulesen ist.[43] Will man also den Wert einer Marke ergründen, muss man am Entstehungsort ansetzen: Den Köpfen der Anspruchsgruppen.

Als Bindeglied zu den konsumentenorientierten Definitionen kann der weit verbreitete Ansatz von Aaker gesehen werden, da dieser stärker erklärend den verhaltenwissenschaftlichen Aspekt berücksichtigt. Demnach umschreibt „Der Markenwert..eine Gruppe von Vorzügen und Nachteilen, die mit einer Marke, ihrem Namen oder Symbol in Zusammenhang stehen und den Wert eines Produkts oder Dienstes...mehren oder mindern.“[44] Bestimmt wird der Markenwert durch die Determinanten Markentreue, die Bekanntheit des Markennamens und -symbols, die angenommene Qualität[45], die Markenassoziationen sowie andere Markenvorzüge (z.B. Patente, Warenzeichen, Absatzwege). Als Form der Erfassung des Markenwerts ist dieser Ansatz zwar anschaulich, scheidet aber aufgrund einiger Ungenauigkeiten aus. Beispielsweise wird die Markentreue durch die Markenbekanntheit und das Markenimage wesentlich beeinflusst, d.h. es bestehen zum Teil enge Verknüpfungen der Dimensionen miteinander. Zudem weist auch Aaker darauf hin, dass der Wert einer Marke nicht im Unternehmen liegt, sondern sich in den Köpfen der Konsumenten reflektiert.[46]

3.3 Konsumentenorientierte Definitionen

Kennzeichen der verhaltenswissenschaftlichen Ansätze ist demnach die plausible Annahme, dass der Wert einer Marke für ein Unternehmen wesentlich von ihrer Wahrnehmung, Images[47] und Bildern in den Köpfen der Anspruchsgruppen abhängt.

Wichtig zu erwähnen ist, dass der Wert einer Marke nicht abstrakt ist, sondern es bei der Bestimmung des Werts immer darauf ankommt, „...wie die Marke in das gesamte Marken-Portfolio passt, welches Entwicklungspotential sie mitbringt und wie das Unternehmen dies nutzen kann, aber auch wie der wechselseitige Transfer von Images funktioniert.“[48] Dieselbe Marke kann also im

Besitz des einen Unternehmens einen viel höheren Wert aufweisen als für ein anderes Unternehmen, da einer Marke erst durch ihre Anerkennung im Markt ein bestimmter Wert zugeschrieben werden kann. „Als Quelle des Markenwerts muss damit die Wahrnehmung einer Marke durch den Konsumenten angesehen werden. Alle Assoziationen, Anmutungen und Vorstellungen des Konsumenten gegenüber einer Marke resultieren in einer bestimmten Wertschätzung des Konsumenten für diese Marke und stellen somit den Markenwert aus Sicht des Konsumenten dar.“[49]

Aus dieser verhaltenswissenschaftlichen Sicht definiert, „...ist der Markenwert das Ergebnis unterschiedlicher Reaktionen von Konsumenten auf Marketingmaßnahmen einer Marke im Vergleich zu identischen Maßnahmen einer fiktiven Marke aufgrund spezifischer, mit der Marke im Gedächtnis gespeicherten Vorstellungen.“[50] Einen positiven Markenwert besitzt die Marke demnach, wenn Verbraucher auf ein Produkt und dessen Vermarktung aufgrund der Marke günstiger reagieren als auf ein Produkt und seiner Vermarktung einer fiktiven Marke oder auf ein nicht markiertes Produkt.[51] Die gespeicherten Vorstellungen der Marke im Gedächtnis des Konsumenten sind das diagnostische Zielmaß der Leistungsmessung, welches Rückschlüsse auf die Gründe für einen Markenerfolg zulässt. Auf Basis der Diagnose können gegebenenfalls entsprechende therapeutische Maßnahmen zur Verbesserung der Markenführung ergriffen werden.

Der verhaltenswissenschaftliche Ansatz stellt den Konsumenten ins Zentrum der Betrachtung, um langfristig die Effektivität und Effizienz von Marketingmaßnahmen sowie die Markenführung zu verbessern. Es wird dabei versucht, die Faktoren des Markenwerts qualitativ zu erklären sowie durch operationale Messung psychologischer Konstrukte die Markenstärke zu bestimmen.

Markenstärke ist hierbei das Resultat aus einem qualitativen Bewertungsverfahren eines verhaltensorientierten Ansatzes und „...liegt dann vor, wenn eine Marke in den Köpfen der Konsumenten über einzigartige und relevante Vorstellungen verfügt, die über produkt- oder branchengenerische Vorstellungen hinaus gehen.“[52] Über die Menge und den Preis ist Markenstärke im Markt kapitalisierbar. Zudem sind Rückschlüsse auf zukünftige Absatz- und Umsatzzahlen möglich. Markenstärke lässt sich beispielsweise in dem semantischen Netzwerk[53] der Sektvariante Freixenet aufgrund der zahlreichen Assoziationen, die über die reine Produktvorstellung von Sekt hinaus mit Freixenet verbunden sind (z.B. erotisch, feurig, sinnlich), aufzeigen. Bei Rüttgers- Sekt existiert außer ‘billig’ keine weitere Vorstellung, d.h. es liegt Markenschwäche vor.

Abbildung 1: Markenstärke bei Freixenet und Markenschwäche bei Rüttgers- Sekt

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: (Esch 2004: 529)

[...]


[1] Vgl. (Esch 2004: 64; Ü. Yüksel, A. Yüksel 2003: 7).

[2] In den Ländern, in denen eine Bilanzierung von Marken zulässig ist.

[3] Vgl. (absatzwirtschaft Februar 2004: 3, 26 ff.). Studienergebnisse von absatzwirtschaft und

PriceWaterhouseCoopers über (www.absatzwirtschaft.de) erhältlich. Thema: Marken-

bewertung. Die Tank AG: Wie neun Bewertungsexperten eine fiktive Marke bewerten.

[4] Vgl. (Bentele et al. 2003: 36).

[5] Vgl. (absatzwirtschaft. sonderheft zum Marken-Award 2004: 134) und vgl. Kapitel 4:

Anlässe und Bedeutung der Markenwertbestimmung.

[6] Vgl. (Bruhn 2001: 14).

[7] (Cheridito 2003: 22).

[8] (Bentele et al. 2003: 4).

[9] Vgl. (Bentele et al. 2003: 5).

[10] Vgl. (Mellerowicz 1963: 40; Cheridito 2003: 23 f.).

[11] Vgl. (Esch 2004: 19 f.; Cheridito 2003: 23).

[12] (Bentele et al. 2003: 5).

[13] Konsumentenorientierte Ansätze werden in der Kundenansprache auch als wirkungs-

bezogene Ansätze bezeichnet. Vgl. (Bentele et al. 2003: 5).

[14] (Cheridito 2003: 24).

[15] (Meffert, Burmann 1998: 81 zitiert nach Esch 2004: 23; vgl. auch Ü. Yüksel, A. Yüksel

2003: 20).

[16] (Bentele et al 2003: 6 f.).

[17] Vgl. (www.markenlexikon.de).

[18] (Ü. Yüksel, A. Yüksel 2003: 27; vgl. auch Cheridito 2003: 27; Esch 2004: 25; Bentele et al.

2003: 10).

[19] Vgl. (Ü. Yüksel, A. Yüksel 2003: 27; Cheridito 2003: 27; Esch 2004: 25; Bentele et al. 2003:

10).

[20] Vgl. (Bruhn 2001: 36 ff.).

[21] Vgl. (Sattler 2001: 40).

[22] Vgl. (Ü. Yüksel, A. Yüksel 2003: 25).

[23] (Bruhn 2001: 43).

[24] (Sattler 2001: 42).

[25] Vgl. (Ü. Yüksel, A. Yüksel 2003: 33).

[26] Vgl. (Sattler 2001: 52).

[27] Vgl. (Sattler 2001: 42).

[28] Zur vertiefenden Diskussion der Entstehung des Markenschutzes, Schutzhindernisse usw.

vgl. (Sattler 2001: 42 ff.).

[29] Akzessorietätsgrundsatz, d.h. das Prinzip der Bindung der Marke an einen Geschäftsbetrieb,

gilt nicht mehr. Vgl. (Wadle 2001: 118; Sattler 2001: 59; Ü. Yüksel, A. Yüksel 2003: 35).

[30] Vgl. (Repenn 1998: 28).

[31] (§ 27 MarkenG).

[32] (Ü. Yüksel, A. Yüksel 2003: 35).

[33] Vgl. (Cheridito 2003: VII).

[34] Vgl. (Drees 1999: 3; Ü. Yüksel, A. Yüksel 2003: 7).

[35] Vgl. (Schunk et al. 2004: 12 ff. in Anlehnung an Erichson, Maretzki 1999), wobei der

Begriff Markenstärke nach (Schneider et al. 2003: 90 f.) nicht etabliert ist und ebenso die

Begriffe Markenkapital und Brand Equity nicht gefestigt sind.

[36] Vgl. Kapitel 6.3.1: Brand Asset Valuator von Young & Rubicam.

[37] In der angloamerikanischen Forschung wird für den monetären Markenwert der Ausdruck

Brand Equity genutzt. Einige Autoren nutzen Brand Value für den immateriellen Marken

wert, Brand Equity entspricht dem bilanziellem Aktivposten. Vgl. (Bentele et al. 2003: 12;

Drees 1999: 14; Ü. Yüksel, A. Yüksel 2003: 12 in Anlehnung an Homburg, Kromer 2003:

538).

[38] (Bentele et al. 2003: 12).

[39] Finanzieller Markenwert: Eine absolut in Geld messbare Größe als Resultat einer

quantitativen Markenbewertung. Vgl. (Bentele et al. 2003: 13; Cheridito 2003: 28 f.).

[40] (Kaas 1978 zitiert nach Cheridito 2003: 28 f.; vgl. Bentele et al. 2003: 12 f.; Ü. Yüksel,

A. Yüksel 2003: 21).

[41] Vgl. (Esch 2003: 63).

[42] Vgl. (Bentele et al. 2003: 13).

[43] Vgl. (Musiol, Nickel. Marken treffen Kopf und Herz. markenartikel Januar 2004; vgl. auch

Ü. Yüksel, A. Yüksel 2003: 21).

[44] (Aaker 1992: 31; vgl. auch Esch 2004: 67).

[45] Gemeint ist, eine subjektiv wahrgenommene Qualität im Sinne eines Markenimages.

[46] Vgl. (Esch 2003: 67).

[47] Das Markenimage gilt allgemein als wesentliche Grundlage des Markenwerts.

Vgl. (Esch 2003: 69 in Anlehnung an Aaker 1991, Esch, Andresen 1994, Keller 1993).

[48] (Bentele et al. 2003: 12; vgl. auch Ü. Yüksel, A. Yüksel 2003: 21).

[49] (Sander 1994: 44 ff. zitiert nach Bentele et al. 2003: 14).

[50] (Esch 2004: 63 in Anlehnung an Keller 1993).

[51] Vgl. (Ü. Yüksel, A. Yüksel 2003: 21).

[52] (Esch 2004: 529).

[53] Markenassoziationen von Kunden werden durch so genannte Schemata repräsentiert.

Markenschemata lassen sich durch semantische Netzwerke bestehend aus Knoten und

Kanten darstellen. Knoten umfassen die Eigenschaften zur Marke, Kanten spiegeln die

Beziehung zwischen Eigenschaften und Marke wieder. Vgl. (Esch 2004: 68).

Ende der Leseprobe aus 105 Seiten

Details

Titel
Der Wert einer Marke. Markenbewertungsmodelle und deren kritische Würdigung
Hochschule
Fachhochschule Kiel  (Marketing)
Note
2,0
Autor
Jahr
2004
Seiten
105
Katalognummer
V26211
ISBN (eBook)
9783638286213
ISBN (Buch)
9783638815987
Dateigröße
3932 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Wert, Marke, Markenbewertungsmodelle, Würdigung
Arbeit zitieren
Anke Baum-Nilsson (Autor:in), 2004, Der Wert einer Marke. Markenbewertungsmodelle und deren kritische Würdigung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/26211

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