„Wir brauchen bessere Aufstiegschancen für alle Frauen. Deshalb kämpfe ich für eine intelligente Frauenquote, die bei den Ursachen für den geringen Frauenanteil in Top-Positionen ansetzt und Unterschiede der Unternehmen und Branchen berücksichtigt.“ Mit diesem Zitat von Frau Dr. Schröder wird in das aktuelle Thema der beruflichen Benachteiligung von Frauen eingestiegen und deutlich gemacht, wie dringend der tatsächlicher Handlungsbedarf in puncto Geschlechtergleichheit im Beruf besteht.
Seit den achtziger Jahren hat die Gleichberechtigungsdiskussion in Deutschland eine neue Richtung angenommen. Im Allgemeinen ist bekannt, dass Frauen in den meisten beruflichen Bereichen schlechter gestellt sind als Männer, die im Durchschnitt weniger verdienen und nur die unteren Stufen der Hierarchie besetzen. Die Gründe für dieses geschlechtliche Ungleichgewicht sind weniger in den verschiedenen Präferenzen und Fähigkeiten zu suchen, vielmehr liegt der Fokus auf den strukturellen Bedingungen einer Gesellschaft, die den Arbeitsprozess anhand von klassischen Rollenverteilung sieht. Die zunehmende Forderung nach der wirklichen Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau im Arbeits- und gesellschaftlichen Leben erfordert eine Implementierung von Maßnahmen, wie zum Beispiel die Frauenquotenregelung.
Frauen in Bezug auf Führungspositionen nicht zu beachten, ist nicht nur aus Gleichstellungspunkten, sondern auch aus ökonomischen Gesichtspunkten sehr bedenklich. Obwohl drei Viertel der weiblichen Berufstätigen in Deutschland ihrer Arbeit nachgehen, sind die Vorstandsmitglieder und Aufsichtsratsgremien aktuell fast ausschließlich männlich.
In den 200 größten Unternehmen auf dem Wirtschaftssektor waren im Jahr 2010 von 833 Vorstandsmitgliedern 21 Frauen tätig, was dem Anteil von 2,5 Prozent entsprach. In dem Vorstandsvorsitz befand sich nur eine Frau. Der Frauenanteil in den Top-Management-Positionen stagniert seit Jahren auf diesem Niveau. Im Finanz- und Versicherungsbereich hat in den Jahren 2006 bis 2009 keine Frau einen Vorstandsvorsitzplatz belegt. In den Aufsichtsräten dagegen befanden sich auf dem Finanzsektor 16,8 Prozent weibliche Mitglieder, bei den Versicherungen betrug der Anteil an Frauen 12,4 Prozent. [...]
Inhaltsverzeichnis:
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1. Einleitung
1.1. Problemstellung
1.2. Ziele und Aufbau der Arbeit
2. Historische Hintergründe
2.1.Der Weg von der Frauenbewegung zur Geschlechterforschung
2.2. Entwicklungsphasen der Frauenpolitik
3. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz
3.1. Zweck der Neuregelung
3.2. Ziel des Gesetzes
4. Status Quo - Fakten, Daten, Zahlen
4.1.Der geschlechtsspezifischer Bildungsstand
4.2. Frauenanteile auf der Führungsebene
4.3. Der demographischer Wandel als Faktor
4.4. Strategien zur Erhöhung der Frauenanteile in Führungspositionen
4.5. Die Flexible Quote
5. Aktueller Stand der Diskussion
6. Zusammenfassung
7. Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: „Mehr Frauen- mehr Vielfalt in Führungspositionen“ 11 Abbildung 2: DAX-Unternehmen und deren Ziele
1. Einleitung
1.1. Problemstellung
„ Wir brauchen bessere Aufstiegschancen für alle Frauen. Deshalb kämpfe ich für eine intelligente Frauenquote, die bei den Ursachen für den geringen Frauenanteil in Top- Positionen ansetzt und Unterschiede der Unternehmen und Branchen berücksichtigt“,1 Kristina Schröder, Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.
Mit diesem Zitat von Frau Dr. Schröder wird in das aktuelle Thema der beruflichen Benachteiligung von Frauen eingestiegen und deutlich gemacht, wie dringend der tatsächlicher Handlungsbedarf in puncto Geschlechtergleichheit im Beruf besteht.
Seit den achtziger Jahren hat die Gleichberechtigungsdiskussion in Deutschland eine neue Richtung angenommen. Im Allgemeinen ist bekannt, dass Frauen in den meisten beruflichen Bereichen schlechter gestellt sind als Männer, die im Durchschnitt weniger verdienen und nur die unteren Stufen der Hierarchie besetzen. Die Gründe für dieses geschlechtliche Ungleichgewicht sind weniger in den verschiedenen Präferenzen und Fähigkeiten zu suchen, vielmehr liegt der Fokus auf den strukturellen Bedingungen einer Gesellschaft, die den Arbeitsprozess anhand von klassischen Rollenverteilung sieht. Die zunehmende Forderung nach der wirklichen Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau im Arbeits- und gesellschaftlichen Leben erfordert eine Implementierung von Maßnahmen, wie zum Beispiel die Frauenquotenregelung.2
Frauen in Bezug auf Führungspositionen nicht zu beachten, ist nicht nur aus Gleichstellungspunkten, sondern auch aus ökonomischen Gesichtspunkten sehr bedenklich. Obwohl drei Viertel der weiblichen Berufstätigen in Deutschland ihrer Arbeit nachgehen, sind die Vorstandsmitglieder und Aufsichtsratsgremien aktuell fast ausschließlich männlich.3
In den 200 größten Unternehmen auf dem Wirtschaftssektor waren im Jahr 2010 von 833 Vorstandsmitgliedern 21 Frauen tätig, was dem Anteil von 2,5 Prozent entsprach. In dem Vorstandsvorsitz befand sich nur eine Frau. Der Frauenanteil in den Top- Management-Positionen stagniert seit Jahren auf diesem Niveau. Im Finanz- und Versicherungsbereich hat in den Jahren 2006 bis 2009 keine Frau einen Vorstandsvorsitzplatz belegt. In den Aufsichtsräten dagegen befanden sich auf dem Finanzsektor 16,8 Prozent weibliche Mitglieder, bei den Versicherungen betrug der Anteil an Frauen 12,4 Prozent. Eine deutliche Erhöhung der Besetzung mit Frauen in den Aufsichtsräten gegenüber den vergangenen Jahren in der Privatwirtschaft und im Finanzbereich wurde jedoch nicht festgestellt. Der höhere Frauenanteil in den Aufsichtsräten gegenüber den Vorstandsstellen liegt in den in Deutschland geltenden Mitbestimmungsregeln, die abhängig von der Mitarbeiteranzahl in einem Unternehmen ein Drittel oder bis zur Hälfte mit Arbeitnehmerinnen gefühlt werden muss.4
Chancengleichheit von Männern und Frauen in der Privatwirtschaft ist aktuell in Deutschland nicht gegeben, obwohl die Erkenntnis da ist, dass junge Frauen in der Schule und Ausbildung erfolgreicher sind als ihre männlichen Mitschüler. Besonders kritisch ist die Situation für weibliche Personen nicht nur in der IT- und Elektrobranche. Auch die im Jahr 2001 beschlossene freiwillige Vereinbarung zwischen der Bundesregierung und den Spitzenverbänden der deutschen Wirtschaft für Chancengleichheit von Frauen und Männern in der Privatwirtschaft führte nicht zur Annäherung von gleichen Anteilen von Frauen und Männern in Führungspositionen. Am 14. August 2006 trat das AGG in Kraft. Deutschland setzte damit die vier EU- Antidiskriminierungsrichtlinien in nationales Recht um. Am 2. Juli 2001 hat die Bundesregierung mit den Spitzenverbänden der deutschen Wirtschaft eine Vereinbarung zur Förderung der Chancengleichheit von Frauen und Männern in der Privatwirtschaft beschlossen. Die Spitzenverbände haben sich zur Implementierung von fördernden betrieblichen Maßnahmen wie zum Beispiel der Ausbau einer flächendeckenden Kinderbetreuungsinfrastruktur verpflichtet.5
Zahlreiche Unternehmen kritisieren die politischen Pläne und sind gegen eine gesetzliche Frauenquote, vielmehr versuchen sie durch Selbstverpflichtung entgegen zu wirken. Die DAX-Konzerne haben sich zwar bis zum Jahr 2015verpflichtet, dreißig Prozent der Vorstandsmitglieder sollen mit Frauen besetzt werden, jedoch nicht konkretisiert, mit welchen Maßnahmen die Personalpolitik umgesetzt werden soll.6
1.2. Ziele und Aufbau der Arbeit
Vor diesem Hintergrund ist es zu überprüfen, wie sich die Situation der Chancengleichheit im Bezug auf berufliche Ebene in Deutschland seit der Implementierung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes im Jahr 2006 optimiert bzw. entwickelt hat und welche Lösungsansätze sich aus der Seminararbeit ableiten lassen. Dabei wird die aktuelle Diskussion in Betracht gezogen und es wird untersucht, ob die gesetzliche Regelung (AGG) einen positiven Beitrag zur Förderung der weiblichen Kräfte im Berufsleben leistet oder sogar das Problem beseitigen kann. Im zweiten Kapitel werden die historischen Hintergründe der Gleichberechtigung bzw. Frauenbewegungen erläutert, um einen Zusammenhang mit den aktuellen (nicht nur rechtlichen) Geschehnissen zu sehen. Nächstes Kapitel stellt das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz vor, dabei werden das Ziel und der Zweck der Neuregelung sowie die Rahmenbedingungen für eine positive und gezielte berufliche Förderung von weiblichen Arbeitskräften dargestellt. Im vierten Kapitel werden zur Veranschaulichung der Problematik Daten zum geschlechtsspezifischen Bildungsstand sowie Frauenanteile in den Führungspositionen vom Statistischen Bundesamt herangezogen. Durch das Heranziehen der Statistik zur demographischen Entwicklung wird die Notwendigkeit des Einsatzes von Frauen und somit ein Handlungsbedarf noch untermauert. Verschiedene mögliche Strategien zur Erhöhung des Frauenanteils in den Führungspositionen werden diskutiert, wie zum Beispiel die Implementierung der Flexiblen Quote.
Kapitel fünf beschäftigt sich mit konkreten strategischen Ansätzen der 30 DAXUnternehmen durch gegebene Zahlen und Daten zur Erhöhung der weiblichen Mitarbeiterinnen in den Führungspositionen innerhalb eines bestimmten Zeitraumes. Im letzten Kapitel lässt sich zusammenfassend konstatieren, dass die gesetzlich vorgeschriebene Frauenquote die Unternehmen bereit sind, mehr weibliches Personal in den Führungspositionen etablieren zu lassen. Positive Änderungen sind aktuell anhand der vorgestellten Statistiken noch nicht zu verzeichnen, jedoch haben sich die Unternehmen verbindliche Ziele gestellt, die sie umsetzen möchten.
2. Historische Hintergründe
2.1. Der Weg von der Frauenbewegung zur Geschlechterforschung
Seit ungefähr 100 Jahren können Frauen offiziell in Deutschland eine höhere Bildung erwerben, Gymnasium besuchen und ein Hochschulstudium absolvieren und eine akademische berufliche Laufbahn anstreben. Dieses Ergebnis der Emanzipationsbewegung ist auf die veränderten Lebensformen, die sich beispielsweise in neuen Familienmodellen mit berufstätigen Frauen abzeichnete, zurück zu führen. Andere Faktoren waren zum Beispiel veränderte gesellschaftliche Bedingungen, wie Globalisierungseffekte, Arbeitslosigkeit, Zuverdienst-Möglichkeiten der Frauen, Wegfall des Modells Mann als Ernährer der Familie. Auch auf der politischen Ebene werden diese Veränderungen diskutiert und Lösungsansätze gefordert.7
2.2. Entwicklungsphasen der Frauenpolitik
Die Frauenbewegung wird als politische sowie soziale Bewegung verstanden, mit dem Ziel, die Benachteiligung (unter anderem) von Frauen in politischen, sozialen und wirtschaftlichen Bereichen zu mildern bzw. zu beseitigen, wobei die Prioritäten in den politischen und gesellschaftlichen Entscheidungsbefugnissen liegen. Dabei werden zwei Phasen der Frauenbewegung unterschieden:
a) Die historische Frauenbewegung gegen Ende 18. Jahrhundert/ Anfang 19.
Jahrhundert, überwiegend aus den USA und westeuropäischen Ländern stammend. Ausganspunkt war die Französische Revolution (1978), in der Frauen an die Gleichberechtigung bzw. Gleichbehandlung appellierten.8
b) Im Zuge der Problematik wurde in Deutschland im Jahr 1949 das Grundgesetz
(GG) implementiert.9 Ende der 60er Jahre entstand die zweite Phase der Frauenbewegung, die Ziele waren die Durchsetzung von Gleichstellung zwischen Männern und Frauen und der Abbau von Diskriminierung von Frauen auf der gesellschaftlichen und politischen Ebene.10
Als Antwort darauf wurde im Jahr 1976 die Bundesrepublik Deutschland durch die EG- Richtlinie 76/207 verpflichtet, den Grundsatz der Gleichbehandlung von Männern und Frauen tatsächlich zu verwirklichen (Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 4), indem Maßnahmen zur Förderung der Chancengleichheiten von Männern und Frauen und Beseitigung von tatsächlich bestehenden Ungleichheiten zu implementieren sind.11
Das Problem der tatsächlich rechtlichen Durchsetzung von Chancengleichheit und Diskriminierung bestand jedoch weiterhin. Nach Art. 3 GG sind der Bürger zwar vor einer willkürlichen Handlung durch den Staat zu schützen, jedoch hat dieses Gesetz keine unmittelbare Wirkung auf das Verhältnis zwischen Privatpersonen. Im Fall einer Schädigung war bislang nur die Möglichkeit, aus BGB §§ 826, 249 Abs. 112 seine Rechte einzuklagen, was oft mit schwerer Durchsetzung verbunden war.13
Durch AGG § 22 ist es nun möglich, im Falle einer Benachteiligung nach AGG § 1 unter der Beweiserleichterung, nur mittels Indizien, das Recht auf Gleichbehandlung einzufordern ( siehe BAG 21.06.2012 - 8 AZR 364/11 ).14
3. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz
3.1. Zweck der Neuregelung
Um einen wirksamen Schutz vor Benachteiligungen auf Grund der Rasse oder des Geschlechts oder ethischen Herkunft, Religion und Weltanschauung etc. (vgl. § 1 AGG) zu gewährleisten, wurde das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz im Jahre 2006 implementiert, dadurch wurden die Vorgaben der Antirassismus-Richtlinie 2000/43EG vom 29. Juni 200015 und 2000/78/ EG vom 27.11.2000 sowie 2002/73/EG16 umgesetzt, die ein umfassendes Diskriminierungsverbot im öffentlichen Bereich sowie den Privatrechtsverkehr und Regeln für die wirksame gerichtliche Durchsetzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes bieten.17
3.2. Ziel des Gesetzes
Ziel des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes wird im § 1 verankert. Die Benachteiligungen aus Gründen der Rasse, Religion, des Geschlechts, Weltanschauung oder wegen der ethnischen Herkunft, des Alters oder der sexuellen Identität sind zu verhindern oder zu beseitigen. Der Begriff Benachteiligungen wird statt “ Diskriminierung“ bewusst verwendet, da nicht jeder benachteiligender Sachverhalt einen diskriminierenden Charakter aufweist.18
Die praktische Bedeutung erlangt § 1 nur in Verbindung mit anderen Vorschriften des Gesetzes, da es sich im § 1 AGG um keinen eigenen Tatbestand handelt und keine bestimmte Rechtsfolge geregelt werden kann.19
[...]
1 Vgl. BMFSFJ (2013). URL: https://www.flexi-quote.de/funktionsweise-der-flexi-quote.html. Abruf am 06.08.2013.
2 Vgl. Döring (1996), S. 176f.
3 Vgl. Brandt (2012), S. 29.
4 Vgl. Holst, Wiemer (2010). URL: http://www.diw.de/documents/publikationen/73/diw_01.c.356535.de/dp1001.pdf. Abruf am 16.08.2013.
5 Vgl. Seyfferth (2008), S. 9f.
6 Vgl. Öchsner, Büschemann (2011) , S.1. URL: http://www.sueddeutsche.de/karriere/pro-und-contra- frauenquote-weckruf-oder-fatales-signal-1.1166791. Abruf am 10.08.2013.
7 Vgl. Hermann (2004), S. 13.
8 Vgl. ebd., S. 13.
9 Vgl. Adomeit, Mohr (2007), S. 39, Rn. 114.
10 Vgl. Hermann (2004), S. 14.
11 Vgl. Döring (1996), S. 187f. und EurLex (2013) .Richtlinie 76/207/EWG.
12 Vgl. Beck (2011), S. 214 und S. 43.
13 Vgl. Gaier, Wendland (2006), S. 3f.; § 1,Rn. 6.
14 Vgl. Wedde (2013), S. 132f. §22, Rn. 1,2, 2a, 3. und Bundesarbeitsgericht (2012) .URL: http://juris.bundesarbeitsgericht.de/cgi- bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bag&Art=en&nr=16258. Abruf am 15.08.2013.
15 Vgl. Gaier, Wendlandt (2006), S. 167.
16 Vgl. Schleusener et al. (2008)., S. 20f. , §1 Rn. 2 und Gaier, Wendlandt (2006), S. 173ff.
17 Vgl. Gaier, Wendtland (2006), S. 3., § 1 Rn. 5.
18 Vgl. Dornbusch et al. (2010), S. 38, § 1 Rn. 1.
19 Vgl. Bauer et al. (2008), S. 39, § 1 Rn. 1.
- Arbeit zitieren
- Dagmar Käding (Autor:in), 2013, Frauenquote: Senkung der beruflichen Benachteiligung von Frauen?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/262302