Die schleswig-holsteinische Erhebung 1848-1851 als Sonderfall der Revolution von 1848

Im Spannungsfeld zwischen dänischem Gesamtstaat und den Entwicklungen in Deutschland


Magisterarbeit, 2012

142 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Der Forschungsstand zur Schleswig-Holsteinischen Erhebung

3. Die Vorgeschichte der Schleswig-Holsteinischen Erhebung
3.1 Schleswig-Holstein im dänischen Gesamtstaat in den ersten drei Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts .
3.2 Uwe Jens Lornsen
3.3 Die Ständeversammlungen
3.4 Der „Offene Brief“ und die Erbrechtsfrage

4. Die Revolution 1848 - das Ringen um Demokratisierung und Einigung Deutschlands
4.1 Ursachen der Revolution
4.2 Der Beginn der Märzrevolution
4.3 Die Nationalversammlung
4.3.1 Das Parlament in der Paulskirche
4.3.2 Reichsverweser und Zentralgewalt
4.3.3 Versuch der Reichseinigung unter dem preußischen König als Kaiser
4.4 Scheitern und Nachwirkung der Revolution

5. Die Erhebung in Schleswig-Holstein
5.1 Reaktionen in Schleswig-Holstein und Dänemark auf die Revolution in Paris
5.2 März 1848 - die Provisorische Regierung
5.3 Eingreifen der deutschen Staaten in den Konflikt
5.4 Das „Staatsgrundgesetz für die Herzogthümer Schleswig-Holstein“
5.5 Malmöer Waffenstillstand und Gemeinsame Regierung
5.6 Schleswig-Holstein auf sich allein gestellt
5.7 Das Scheitern der Erhebung

6. Die Erhebung im Gesamtzusammenhang der Deutschen Revolution 1848/49
6.1 Die Schleswig-Holstein-Frage im Frankfurter Parlament
6.2 Die Rolle Preußens

7. Die Erhebung als Vorläufer der Einigungskriege 1864 - 1870?

8. Die Erhebung aus dänischer Perspektive: Oprør und Borgerkrig

9. Fazit

Literaturverzeichnis

Quellen und Quellensammlungen

Literatur

1. Einleitung

Im Jahre 1848 führten, ausgehend von der Februar-Revolution in Frankreich, Unruhe und Revolution in weiten Teilen Europas zu politischen und gesellschaftlichen Umbrüchen, die auch Schleswig-Holstein in einem vorher nicht denkbaren Ausmaß betrafen.

Gesellschaftliche Umbrüche, die im engen Zusammenhang mit der wirtschaftlichen und politischen Entwicklung in den Jahren der Neuordnung Europas nach den Napoleonischen Kriegen im Rahmen des Wiener Kongresses standen, konnten sich bis dahin nicht ihren Weg in eine konkrete Umgestaltung und Erneuerung der Formen von politischer Partizipation größerer Teile der Bevölkerung bahnen. Das metternichsche reaktionäre System der Kontrolle und Repression der Untertanen hatte bis dahin alle Staaten des Deutschen Bundes fest im Griff.

Unter der Decke der beschaulichen Ruhe der Biedermeierzeit jedoch begannen sich verstärkt liberale1 und demokratische2 Bestrebungen zu entwickeln. Die Euphorie der Befreiungskämpfe gegen Napoleon musste nach der weitgehenden Restauration der alten Fürstenherrschaft zwar schnell in Enttäuschung umschlagen, die einmal geweckten Geister des Nationalgefühls und des Gefühls einer Macht des Volkes - ein Bewusstsein, das die Fürsten zu recht fürchten mussten, war es ihnen auch kurzzeitig nützlich in der Mobilisierung der Bevölkerung im Kampf um die Abschüttelung des französischen Joches - ließen sich jedoch auch durch noch so repressive Maßnahmen nicht mehr einfach verbieten.

Einen wesentlichen Anteil hatte hieran die Studentenschaft, die sich, hauptsächlich ausgehend von Jena, in Burschenschaften zu organisieren begann.3 Daran hatten ebenfalls Studenten aus Schleswig und Holstein Anteil. So erwachte auch in Uwe Jens Lornsen während seiner Studienzeit in Jena das Verlangen nach politischer Veränderung, das Bewusstsein, dass sich in Deutschland etwas ändern müsse.

Für ihn musste die Situation in seinem Heimatland besonders in den Blick rücken: Schleswig und Holstein waren beide je für sich mit Dänemark verbunden und gleichzeitig durch den Ripener Vertrag von 1460 eng miteinander verknüpft.

In seiner Schrift „Über das Verfassungswerk in Schleswigholstein“ entwarf er erste Schritte für eine Distanzierung gegenüber Dänemark, die Gefahr eines Bestrebens der Dänen vor Augen, sich zumindest Schleswig einzuverleiben. Lornsens Hoffnung auf massenhafte Petitionen an den dänischen König in dessen Eigenschaft als Herzog von Schleswig und Holstein wurde zwar enttäuscht. Das Nationalgefühl war aber sowohl auf dänischer wie auf deutscher Seite so weit erwacht, dass es über kurz oder lang zum Konflikt zwischen beiden Seiten kommen musste. Denn dieses erwachende Nationalgefühl implizierte das Entstehen des Gefühls, einer Fremdherrschaft unterworfen zu sein, Untertan eines Herrschers zu sein, der selber einer anderen Nationalität angehörte. Dieses Gefühl kann im 18. Jahrhundert und teilweise bis in das erste Drittel des 19. Jahrhunderts noch nicht festgestellt werden, hier steht noch der Gesamtstaatsgedanke im Vordergrund, der dänische „Helstat“.

Die revolutionäre Entwicklung des Frühjahrs 1848 setzte nun den entscheidenden Impuls für den Ausbruch des Konfliktes: Auch in Kopenhagen gab es einen Regierungswechsel, die nationalliberalen, sogenannten Eiderdänen wurden vom König, wenn auch widerstrebend, in die Regierung eingesetzt. In Schleswig-Holstein bildete sich daraufhin eine Provisorische Regierung, die, aufbauend auf einem gewagten legitimistischen Konstrukt einer angeblichen Unfreiheit des in Kopenhagen residierenden Landesherren, reklamierte, in dessen Namen die Regierung zu übernehmen, bis dieser wieder frei sei, um bis dahin die Herzogtümer vor dem Zugriff der Eiderdänen zu schützen.

Diese ganz spezielle Situation Schleswig-Holsteins im Spannungsfeld zwischen Dänemark und Deutschland,4 zwischen den Entwicklungen im zumindest theoretisch noch intakten dänischen Gesamtstaat und den im Deutschen Bund zusammengefassten deutschen Ländern, soll Gegenstand dieser Arbeit sein.

Beim Blick auf die bisherige Forschung über die sogenannte Erhebung fällt das Übergewicht der Werke aus dem 19. Jahrhundert auf, zum Teil sind diese erst kurz nach Ende oder sogar noch während des Verlaufs der Erhebung verfasst worden. Daneben gibt es die Kategorie der Memorialliteratur, die den Quellen zuzurechnen ist; die jeweiligen Verfasser hatten das Bedürfnis, ihre Erlebnisse, ihre Beteiligung an einem so bedeutenden Ereignis wie der Erhebung Schleswig-Holsteins zu Papier zu bringen. Zuverlässigkeit und Qualität dieser Texte schwanken sehr, bei aller gebotenen Vorsicht sind diese Quellen aber hilfreich beim Versuch der Rekonstruktion und Analyse des Geschehenen.

In neuerer Zeit lässt die Zahl der Publikationen zu diesem Thema erheblich nach, auch wenn die Jahre 1848-1851 in den Gesamtdarstellungen der Geschichte Schleswig-Holsteins durchaus eine prominente Stellung einnehmen. Manche Arbeiten konzentrieren sich im Wesentlichen auf die Darstellung der Ereignisse in einer bestimmten Region der Herzogtümer.5

Es stellt sich die Frage, ob die in jüngerer Zeit eher bescheidene Rezeption der Ereignisse in Schleswig-Holstein von 1848-1851 nicht hauptsächlich daher rührt, dass die Tatsache des Scheiterns der Erhebung zu stark gewichtet wurde, die zunächst unterschwellige Weiterentwicklung des Strebens der Schleswig-Holsteiner nach Lösung von Dänemark - die realistischer Weise nur durch eine wie auch immer gestaltete engere Bindung an die deutschen Staaten zu erreichen war - dagegen unterschätzt und daher die Untersuchung der Zeit der Erhebung vernachlässigt wurde, nicht zuletzt vor dem Hintergrund des Krieges von 1864, in dem es ebenfalls um Schleswig-Holstein ging, und der durch seinen für die deutsche Seite erfolgrei- chen Ausgang einen entscheidenden Schritt zur Reichseinigung darstellte.

Nach Darstellung der aktuellen Forschungslage ist ein Überblick über die Vorgeschichte der Erhebung unerlässlich zum Verständnis der Ereignisse in Schleswig-Holstein ab 1848.

Die Erhebung war trotz aller Unterschiede, die sie zweifellos zu einem Sonderfall machten, doch immer Teil der gesamtdeutschen Entwicklungen. Beide Entwicklungsstränge wirkten kontinuierlich aufeinander ein. Da es sich somit um eine beiderseitige Wechselwirkung handelte, ist eine Darstellung und Analyse sowohl der Erhebung Schleswig-Holsteins als auch der Revolution im ganzen Deutschen Bund unerlässlich. Daraus ergibt sich, dass Grundlage für eine angemessene Einschätzung der Erhebung die Beschäftigung mit den Entwicklungen in Deutschland ist, unter Berücksichtigung auch der nichtdeutschen Bevölkerungsgruppen in den Staaten des Deutschen Bundes.

Für die Entwicklungen in Deutschland von fundamentaler Bedeutung war die Nationalversammlung in Frankfurt, das erste frei gewählte gesamtdeutsche Parlament. Um die Entwicklungen der Revolutionszeit und das letztendliche Scheitern der Ziele der Revolution klar beurteilen zu können, ist ein Blick auf Zustandekommen, parlamentarische Arbeit und Scheitern der Nationalversammlung unerlässlich.

Als zentraler Punkt folgt ein genaueres Eingehen auf die Erhebung 1848-1851, unterteilt in die verschiedenen Phasen der Erhebung, einschließlich einer Bewertung des „Staatsgrundgesetzes für die Herzogtümer Schleswig-Holstein“ als herausragendes Beispiel einer fortschrittlichen Verfassung.

Von besonderem Interesse ist eine separate Analyse der Zusammenhänge und Wechselwirkungen zwischen den Ereignissen in Schleswig-Holstein und in ganz Deutschland sowie eine Beleuchtung der Erhebung im Gesamtzusammenhang der Deutschen Revolution 1848/49.

Dabei verdienen drei Aspekte spezielle Aufmerksamkeit, weil sich durch sie entscheidende Erkenntnisse für die erwähnte Wechselwirkung gewinnen lassen: die Schleswig-Holstein-Frage im Frankfurter Parlament, die Rolle Preußens, das als eine der beiden Großmächte im Deutschen Bund eine Schlüsselrolle spielte6 und, aus einer weitergefassten Perspektive die Fragestellung, ob die Erhebung als Vorläufer der Einigungskriege 1864-1870 bezeichnet werden kann. Denn wenn man über den hier zu untersuchenden Zeitraum hinausblickt, stellt sich die Frage, ob es nicht mehr als Zufall ist, dass der Prozess der Reichseinigung wenige Jahrzehnte später so eng mit dem Krieg um Schleswig-Holstein von 1864 verbunden ist.

In der Geschichte der Schleswig-Holsteinischen Erhebung finden sich naturgemäß aufgrund der ganz speziellen rechtlichen und politischen Situation der beiden Herzogtümer auch ganz spezifische Entwicklungsstränge, die es rechtfertigen, hier von einem Sonderfall im Spannungsfeld zwischen dänischem Gesamtstaat und den Entwicklungen in Deutschland zu sprechen.

Es bleibt jedoch aufzuzeigen, dass dessen ungeachtet im Großen und Ganzen sich der gesamtdeutsche Revolutionsverlauf in signifikanter Weise im Geschick der Herzogtümer widerspiegelte.

Die Ereignisse der Jahre der Erhebung in Schleswig-Holstein haben also eine größere Bedeutung für Schleswig-Holstein und für die gesamtdeutsche Entwicklung als in der bisherigen Literatur dargestellt.

Dass sich in Schleswig-Holstein das Ringen um Freiheit und Einheit in einer zwar durch die Verbindung mit Dänemark bedingt ganz spezifischen, andererseits aber auch die Verhältnisse in ganz Deutschland widerspiegelnden Weise darstellt, ist bisher kaum ausreichend gewürdigt und dargestellt worden.

Die Hauptziele der Revolution, bürgerliche Freiheit und deutsche Einheit, verbanden sich in der Erhebung Schleswig-Holsteins zu einer untrennbaren Einheit, die auf die ganze Revolution von 1848 zurückwirkte, und deren Scheitern in Schleswig-Holstein untrennbar mit dem Scheitern der gesamten Revolution verbunden ist.

In der vorliegenden Arbeit soll der Versuch unternommen werden, die Schleswig- Holsteinische Erhebung in ihrer Bedeutung für die Revolution 1848/49 einzuordnen, für deren Verlauf und nicht zuletzt auch deren Scheitern, aber auch Nachwirken.

2. Der Forschungsstand zur Schleswig-Holsteinischen Erhebung

Die Schleswig-Holsteinische Erhebung hat angesichts ihrer - wie im Folgenden zu zeigen sein wird - großen Bedeutung dennoch im Vergleich zu anderen Ereignissen der neueren deutschen Geschichte relativ wenig Interesse in der Forschung gefunden. Das gilt besonders für die Forschung in der Zeit nach der Reichseinigung 1870/71. Der Ausgang des Krieges 1864 war ein anderer als bei der gescheiterten Erhebung, denn am Ende stand ein Erfolg der deutschen Seite. Es sind mithin nicht zuletzt psychologische Momente, die erklären, dass die Niederlage 1848-51 im Gegensatz zu dem Sieg 1864 in der Rezeption der Geschichtswissenschaft verblassen konnte. Die Schleswig-Holsteinische Erhebung wurde in der deutschen Geschichtswissenschaft, die während des Kaiserreiches und zum Teil auch noch danach überwiegend national-konservativ ausgerichtet war, allenfalls als unglückliches Vorspiel gesehen. Die Tatsache, dass es nüchtern betrachtet eine Rebellion gegen den Landesherren war, auch wenn versucht wurde, dies durch legalistische Konstrukte zu verschleiern, passt ebenfalls nicht ins Bild eines nun, 1870/71, von oben her erschaffenen Deutschen Reiches, das eben nicht dadurch entstand, dass eine in Folge der Revolution 1848 frei gewählte Nationalversammlung einem Monarchen die Krone antrug, sondern dass dieser von Seinesgleichen zum Kaiser erkoren wurde.

In den Jahren unmittelbar nach der Erhebung wurde viel über diese geschrieben, meist im Stile der Zeit im nationalistischen Sinne, oft regelrecht dänenfeindlich,7 selten mit dem Versuch der Objektivität. Es gibt manche Memorialliteratur, Beschrei- bungen von Zeitzeugen, Tagebücher und vor allem Lebenserinnerungen der Teil- nehmer der militärischen Operationen wie so oft in solchen Fällen. Diese können durchaus hilfreich sein, ein Gefühl für das Empfinden der damaligen Zeit zu bekommen. Entscheidend ist jedoch die Einordnung in den größeren Zusammen- hang, den ein Zeitgenosse, besonders, wenn sein Blick auf die lokale Ebene und dort auf die militärischen Auseinandersetzungen fixiert ist, kaum haben konnte. Das ist heute besser möglich, die zeitliche und, nicht zu unterschätzen, emotionale Distanz zu den Ereignissen des 19. Jahrhunderts sollte einen freieren und objektiveren Blick auch auf die Schleswig-Holsteinische Erhebung ermöglichen.

Dennoch überrascht, dass dieser Aspekt der deutschen Geschichte, wie schon erwähnt, relativ wenig Aufmerksamkeit erfährt. Das Urteil von V. Weimar aus dem Jahre 1959, dass in Bezug auf die Erhebung „sehr vieles noch nicht untersucht worden ist …“,8 trifft auch heute noch weitgehend zu. Es gibt wenige Arbeiten über die Erhebung aus jüngster Zeit, diese fokussieren sich auf die Ereignisse in Schleswig-Holstein oder einer ausgewählten Region in den Herzogtümern und erwähnen die gesamtdeutsche Revolution lediglich in den wichtigsten Grundzügen. Der Übergang zwischen Geschichtswissenschaft und Heimatforschung ist dabei fließend. Die zuletzt erschienene geschichtswissenschaftliche Untersuchung der Erhebung ist das Buch von Martin Rackwitz über die Märzrevolution in Kiel 1848.9 Wie der Titel schon sagt, liegt hier der Schwerpunkt der Forschung auf der Stadt Kiel, wobei natürlich auch auf die Erhebung als Ganzes eingegangen wird.

Untersuchungen über das Wirken der an der Erhebung beteiligten Personen gibt es nur vereinzelt. Als ein Beispiel für fehlende Untersuchungen sei hier Rudolph Schleiden10 genannt, über den keine wissenschaftliche Arbeit vorliegt,11 und dessen Schriften über die Erhebung seit den Originalausgaben aus dem 19. Jahrhundert nicht erneut herausgegeben wurden.

Eine Gesamtdarstellung der Erhebung aus neuerer Zeit gibt seit 1996 das Buch von Gerd Stolz,12 so dass seitdem die Feststellung von Martin Herrmann aus dem Jahr 1994: „Eine ausführliche Gesamtdarstellung der schleswig-holsteinischen Erhebung liegt nicht vor“,13 nicht mehr gilt. An der Veröffentlichung von Stolz fällt das primäre Interesse des Autors für den militärischen Aspekt der Erhebung auf, der gesamtdeutsche Zusammenhang mit der Revolution 1848/49 steht eher im Hinter- grund. Besonders hervorzuheben ist ein Kapitel in diesem Buch, das die Erhebung knapp aus dänischer Sicht darstellt.14

In der dänischen Geschichtswissenschaft gibt es einige wenige Forschungen über die Erhebung im Rahmen der Geschichte Schleswigs oder Dänemarks als Ganzes, am ausführlichsten das zweibändige Werk von Hjelholt „Sønderjylland under Treårskrigen“.15 Dass hierbei die Deutsche Revolution 1848/49 oder die Frankfurter Nationalversammlung eine prominente Rolle spielen, ist weder zu erwarten noch Anspruch des Werks.

Dagegen wird die schleswig-holsteinische Frage in deutschen Gesamtdarstellungen der Jahre 1848/49 durchaus als wichtig, ja entscheidend für die Entwicklung der Revolution gewürdigt. Das zeigt sich in der ausführlichen Behandlung des Konflikts um Schleswig in einer der jüngsten Arbeiten zur Revolution von 1848/49, verfasst von Frank Engehausen,16 aber auch schon in der allgemein sehr ausführlichen Arbeit von Veit Valentin aus den 1930er Jahren.17

Das Thema der Behandlung der Schleswig-Holstein-Frage in der Frankfurter Nationalversammlung wird ausführlich, mit Schwerpunkt auf dem national umstrittenen Schleswig, in der Habilitationsschrift von Günter Wollstein über die nationalen Ziele der Revolution 1848/49 untersucht,18 Wollstein würdigt die Bedeutung der Schleswig-Frage zu Recht als „das bei weitem wichtigste außenpolitische Einzelproblem für die Abgeordneten der Paulskirche …“19

Die zeitlichen Abläufe der Erhebung, speziell der Ereignisse, die der Installierung der Provisorischen Regierung am 24. März vorangingen und diese mit bedingt haben, sind nicht immer ganz leicht zu rekonstruieren. Die temporären und kausalen Zusammenhänge sind in diesem Fall aber von entscheidender Bedeutung gerade für den Anspruch der Provisorischen Regierung auf Legitimität. Hans Vammen20 rückt hier die Abläufe in den korrekten Zusammenhang, das heißt, auf die Nachricht von der Ständeversammlung in Rendsburg, die noch kein beginnender Aufruhr war, erzwangen die Nationalliberalen in Kopenhagen den Regierungswechsel eben mit der unwahren Behauptung, in Schleswig-Holstein sei ein Aufruhr (dänisch: Oprør) ausgebrochen. Erst nach Eintreffen der Nachricht von der Machtübernahme der Nationalliberalen in Kopenhagen begann in Schleswig-Holstein mit der Zusammenkunft im Kieler Rathaus am Abend des 23. März, die in den frühen Morgenstunden des 24. März mit der Proklamation der Provisorischen Regierung endete, das, was in Dänemark Aufruhr, in Deutschland Erhebung genannt wurde.

In der dänischen Geschichtsschreibung wurden die Zusammenhänge sonst fast durchgehend anders dargestellt: dem Aufruhr in den Herzogtümern sei als Reaktion der Regierungswechsel in Kopenhagen gefolgt, die Kräfte, die zur Bewahrung der territorialen Einheit - speziell mit Blick auf die Bindung von Schleswig an Dänemark - besser gerüstet waren, hätten sich nun aus nationalem Antrieb die Übernahme der Regierung erstritten. Diese Einschätzung wird aber auch von deutschen Historikern so oder ähnlich übernommen. In der „Geschichte Schleswig-Holsteins“ von Otto Brandt wird neben der Wirkung der Rendsburger Ereignisse die „Einwirkung der französischen Revolution“ besonders betont.21

Erfreulicherweise wird die Erinnerung an die Erhebung derzeit in Schleswig-Holstein selber durch eine auf zwei Ausstellungsorte, die Schleswig-Holsteinische Landesbibliothek in Kiel und das Historische Museum Rendsburg, verteilte Ausstellung von Mai bis September 2012 wachgehalten. Allerdings fällt auf, dass auch bei der Ausstellung in Rendsburg die militärgeschichtliche Auseinandersetzung im Vordergrund steht.

3. Die Vorgeschichte der Schleswig-Holsteinischen Erhebung

3.1 Schleswig-Holstein im dänischen Gesamtstaat in den ersten drei Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts

Das 19. Jahrhundert war rückblickend betrachtet ein Jahrhundert großer territorialer Verluste für Dänemark, am Ende des Jahrhunderts war das Staatsgebiet wesentlich kleiner als zu dessen Beginn.

Der quantitativ größte Verlust war der Norwegens im Kieler Frieden 1814, das in eine Union mit Schweden eintrat. Ursache dafür war im Wesentlichen die falsche Bündnispolitik,22 das zu lange Festhalten am Bündnis mit Napoleon, dessen schließliche Niederlage so auch de facto zu einer Niederlage Dänemark wurde: Dänemark hatte erst im Kieler Frieden vom 14.1.1814, nachdem es von der Koalition gegen Napoleon besiegt worden war, gezwungenermaßen die Seiten gewechselt,23 und das zu lange Festhalten am Bündnis mit Napoleon mit dem Verlust Norwegens bezahlen müssen.

Als Ersatz für den Verlust Norwegens an Schweden erhielt Dänemark das Herzogtum Lauenburg.24 Von einer echten Kompensation kann jedoch schon allein aufgrund der geringen Größe dieses Herzogtums keine Rede sein. Den vor allem für den Schiffbau nötigen Holzreichtum Norwegens konnte es bei weitem nicht ersetzen, eine emotional-kulturelle Bindung wie zwischen den skandinavischen Völkern25 gab es naturgemäß zu den Bewohnern des neuen Territoriums nicht.

Eine Konsequenz aus dieser Territorialverschiebung war, dass nun das deutsche Element ein größeres Gewicht innerhalb des Gesamtstaates bekam.

Die Zeit der napoleonischen Kriege wirkte sich auch auf die Herzogtümer Schleswig und Holstein aus. Nach Ende des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation im Jahre 1806 wurde Holstein durch ein Inkorporationspatent der dänischen Monarchie als „ungetrennter“ Teil einverleibt - was durch den Wiener Kongress wieder revidiert wurde, denn Holstein wurde ab 1815 Teil des Deutschen Bundes - , die für die Verwaltung der Herzogtümer zuständige Deutsche Kanzlei in Kopenhagen wurde in Schleswig-Holsteinische, ab 1816 Schleswig-Holstein-Lauenburgische Kanzlei umbenannt. 1813 gab es einen Staatsbankrott, eine einheitliche Reichsbank wurde gegründet, die eigene Silberwährung der Herzogtümer abgeschafft und deren Bewohner in besonders starkem Maße bei der Deckung der neuen Papierwährung belastet.26

Noch schlimmer traf die Herzogtümer, dass sie am Ende des Jahres 1813 selber zum Kriegsschauplatz wurden und über ein Jahr von einer schwedisch-russisch- preußischen Armee besetzt blieben.

Durch ihre Zugehörigkeit zum mit Napoleon verbündeten dänischen Gesamtstaat, der nicht wie z.B. Schweden rechtzeitig die Seiten wechselte, waren also auch die Herzogtümer von der Niederlage Napoleons betroffen. Dieses Gefühl, gezwungenermaßen auf der falschen Seite zu stehen, während andere Teile Deutschlands gegen Napoleon kämpften, zum Teil unter Beteiligung von Freischaren, ließ das Nationalbewusstsein der Deutschen innerhalb des Gesamt- staates wachsen. Besondere Beachtung verdient der Umstand, dass auf diese Weise Schleswig-Holsteiner durch die Zugehörigkeit zu den dänischen Truppen Deutschen auf der anderen Seite gegenüberstanden, obwohl sie sich mit ihnen bedeutsam identifizierten. Unter diesem Druck mussten die Betroffenen nun ihr nationales Zugehörigkeitsgefühl mehr reflektieren als zuvor, so dass die Identifikation mit der deutschen Seite anwuchs. Deutlich wird das unter anderem daran, dass die endgültige Niederlage Napoleons 1815 bei Waterloo an der Kieler Universität wie ein erlebte „[i]hre erste große Blütezeit (…) zu Beginn des 19. Jahrhunderts.“ Frandsen, Steen Bo: Dänemark - der kleine Nachbar im Norden. Aspekte der deutsch-dänischen Beziehungen im 19. und 20. Jahrhundert. Darmstadt 1994, S. 64.

Sieg gefeiert wurde; einen Grund zu feiern gab es wohl aus deutscher, nicht jedoch aus dänischer Sicht.

Anläßlich der Feier zum Sieg über Napoleon hielt der Historiker Friedrich Christoph Dahlmann am 7.7.1815 seine berühmte „Waterloo-Rede“, in der er die Hoffnung aussprach, die Freude über den Sieg über Napoleon, die „… durch alle Gaue des übrigen Deutschlands sich verbreitet und ein neues Eintrachtsband schlingt, möge (…) auch hier im Lande, möge (…) in unsern beiden Herzogthümern so empfunden werden. (…) Wenn auch der Schleswiger nie im deutschen Bunde gewesen ist, er gehörte ihm und gehört ihm durch den verbrüderten Holsteiner an …“.27 Dahlmann sprach damit ein Problem an, das sich durch die weiteren Jahrzehnte ziehen sollte und besonders in der Jahrhundertmitte, zur Zeit der Revolution und der Schleswig- Holsteinischen Erhebung, akut werden sollte: Der unterschiedliche staatsrechtliche Status Schleswigs und Holsteins. Die von Dahlmann erwähnte Zugehörigkeit Schleswigs zu einem „Deutschen Bund“, hier im ideellen Sinne gemeint, entsprach eben nicht der staatspolitischen Realität eines 1815 gegründeten Staatenbundes namens „Deutscher Bund“, dem zwar Holstein, nicht aber Schleswig angehörte. Von den studentischen Zuhörern wurde Dahlmanns Bekenntnis zu Deutschland jedoch nicht mit ungeteilter Zustimmung aufgenommen, sie musste vielmehr aus gesamt- staatlicher Sicht als provozierend empfunden werden,28 denn zu dieser Zeit überwog noch die Loyalität zum dänischen Gesamtstaat.29 Diese Loyalität lässt sich damit erklären, dass, abgesehen von den letzten Jahren der Napoleonischen Ära, die Territorien des dänischen Königs seit dem Nordischen Krieg - im Gegensatz zu vielen anderen Teilen Europas - von Kriegen weitgehend verschont geblieben waren, es sich vereinfacht gesagt unter der dänischen Herrschaft „gut leben ließ“. Mindestens ebenso wichtig war aber, dass es ein Bewusstsein nationaler Unter- schiede eben noch nicht in dem Ausmaß wie im späteren 19. Jahrhundert gab.

Bezeichnend dafür ist, dass bei der erwähnten Inkorporation Holsteins 1806 „von Opposition oder entschiedenem Widerstand (…) keine Rede [war]“.30

Das änderte sich jedoch im Laufe der nächsten Jahre, nicht zuletzt durch Dahlmanns Wirken. Dieser wurde 1815 Sekretär der Fortwährenden Deputation der Schleswig- Holsteinischen Prälaten und Ritterschaft, eines Überrestes der Ständevertretung. Der nexus socialis der Ritterschaft hatte vor allem Bedeutung als Symbol der Unteilbar- keit der beiden Herzogtümer.31 Alle Appelle an König Friedrich VI., einen Landtag einzuberufen, führten zu keinem Ergebnis; dieser bestätigte 1816 der Ritterschaft zwar ihre Privilegien, tat dies aber getrennt für Schleswig und Holstein, stellte also die Einheit in Frage; das gleiche galt für eine Verfassungskommission, die im selben Jahr nur für Holstein eingesetzt wurde, jedoch in den drei Jahren ihres Bestehens kein Ergebnis zustande brachte.32

1822 reichte Dahlmann in Namen und Auftrag der Fortwährenden Deputation eine Klageschrift bei der Bundesversammlung in Frankfurt ein, worin eine Anerkennung der nach Meinung der Ritterschaft seit 1460 unverändert gültigen Verfassung der beiden Herzogtümer - und damit der Privilegien der Ritterschaft - und die Zusage, dass diese nur auf verfassungsmäßigem Wege geändert werden könne, erbeten wurde. Die keinem Nationalbewusstsein, sondern dem Prinzip des autoritären Machtstaats verpflichtete Bundesversammlung erklärte sich jedoch für nicht zuständig.

Dass die Aktivitäten der Ritterschaft und ihres Sekretärs den dänischen König dennoch sehr beunruhigte, zeigt sich daran, dass nach diesem Vorfall Eingaben an den Deutschen Bund fortan der Zensur unterlagen.

Dahlmann verließ 1829 Schleswig-Holstein. Im folgenden Jahr trat mit Uwe Jens Lornsen eine Persönlichkeit an die Öffentlichkeit, die bleibende Wirkung im Kampf der Herzogtümer um ihre Selbständigkeit innerhalb des Gesamtstaates hinterließ.

3.2 Uwe Jens Lornsen

Im November 1830 erschien eine wenige Seiten umfassende Schrift mit dem Titel „Ueber das Verfassungswerk in Schleswigholstein“.33 Autor war Uwe Jens Lornsen (1793-1838). Kurz zuvor war dieser, nach mehrjähriger Tätigkeit in Kopenhagen in der für die Verwaltung der Herzogtümer zuständigen Schleswig-Holstein- Lauenburgischen Kanzlei, zum Landvogt seiner heimatlichen Insel Sylt ernannt worden.

Er studierte Jura in Kiel und Jena, wo er sich der politischen Jugendbewegung der Burschenschaften anschloss und „ein glühender Vertreter eines freiheitlichen deutschen Nationalgedankens …“34 wurde.

Schon der Titel seiner Schrift war Programm: Lornsen schrieb eben nicht „Schleswig-Holstein“, trennte die beiden Landesteile nicht durch einen Bindestrich, wie es auch heute üblich ist zur Bezeichnung des nördlichsten Bundeslandes der Bundesrepublik Deutschland, sondern fügte sie zu einem Wort zusammen. Das konnte von der dänischen Seite nur als eine Provokation aufgefasst werden. Zwar wurden die Herzogtümer in einer gemeinsamen Kanzlei verwaltet, jedoch aus rein pragmatischen und historischen Gründen, eine Einheit der Herzogtümer in Abgrenzung zum übrigen Staatsgebilde sollte damit keinesfalls ausgedrückt oder in irgendeiner Weise in die Wege geleitet werden.

1830 war das Jahr der Julirevolution in Frankreich. Auch diese Revolution in Frankreich hatte, wie die von 1789 und später die von 1848, erhebliche Auswirkun- gen auf das übrige Europa. In Schleswig-Holstein gab es keine revolutionären Unruhen. An der Aufforderung des Bundestag an die Regierung in Kopenhagen, für Holstein eine Verfassung zu erlassen, wie es Artikel 13 der Bundesakte35 für alle Teile des Deutschen Bundes vorsah, zeigte sich jedoch die Besorgnis, dass es auch dort zu Unruhen kommen könne. Denn in Holstein war, wie in den meisten Staaten des Deutschen Bundes, die im Artikel 13 der Bundesakte geforderte Landständische Verfassung noch immer nicht eingeführt worden.

Der dänische König, beunruhigt wegen der Ereignisse in Frankreich und der diesem Beispiel folgenden Unruhen besonders in den Niederlanden und Polen, schickte am 18. Oktober den Deputierten Høpp nach Kiel, zufällig mit dem gleichen Schiff mit dem auch Lornsen reiste, um die Stimmung in den Herzogtümern zu beruhigen.36

Die Furcht vor Unruhen auch im Deutschen Bund veranlasste viele deutsche Fürsten, nicht nur selber, sofern es noch nicht geschehen war, Pläne zum Erlass einer solchen Verfassung aufzugreifen, sondern auch andere an diese Pflicht zu erinnern. So wurde der dänische König Friedrich VI. vom Fürsten Metternich37 und von Preußen und Hannover dazu gedrängt.38

Auch Lornsen nahm gleich am Anfang seiner Schrift auf besagten Artikel 13 der Bundesakte Bezug.39 In seinen weiteren Ausführungen verlangte er diese Verfas- sung für beide Herzogtümer.40 Er forderte im wesentlichen Offenlegung der Finanz- verhältnisse, Umgestaltung der Administration, eine aus zwei Kammern bestehende Landesversammlung für beide Herzogtümer mit Steuerbewilligungsrecht, Teilnahme an der Gesetzgebung und dem Recht zur Gesetzesinitiative. Der König sollte ein ab- solutes Veto haben.

Zur Umgestaltung der Administration forderte er im Einzelnen die Verlegung aller Landeskollegien von Kopenhagen in die Herzogtümer, mit einem obersten Staatsrat in Kiel als Regierung beider Herzogtümer und je einem Regierungskollegium in Schleswig bzw. in Kiel, Trennung von Verwaltung und Justiz, sowie einen obersten Gerichtshof für beide Herzogtümer.

Lornsen ging von einer Personalunion aus, eine vollständige Unabhängigkeit war nicht sein Ziel: „Laßt uns Hand in Hand als Brüder, jeder in freier, selbstständiger Entwickelung, den König an unserer Spitze, der Zukunft entgegen gehen. Nur der König und der Feind sey uns gemeinschaftlich.“41

Der König sollte im Winterhalbjahr in den Herzogtümern, in Schleswig (gemeint ist Schloss Gottorf) residieren.42

Lornsens Vorstellungen eines zukünftigen Staates Schleswig-Holstein waren dem- nach weniger an nationale als an konstitutionelle Ziele geknüpft, es ist also verfehlt, ihn als Vorkämpfer der Deutschen Einheit in Schleswig-Holstein in Anspruch zu nehmen.43

Der Schlusssatz „Unser König ist kein gemachter, sondern ein geborner Bürgerkönig“44 spielt auf den „Bürgerkönig“ Louis Philippe an, den die Julirevolution in Frankreich an die Macht brachte, und unterstreicht noch einmal Lornsens Anspruch auf eine friedliche, nicht auf eine revolutionäre Bewegung. Seine Hoffnung, der dänische König werde sich als Bürgerkönig zeigen und einsehen, dass seine, Lornsens, Vorschläge der beste Weg für diese friedliche Entwicklung seien, kann man als naiv oder auch als mutig und weitsichtig bezeichnen, als realistisch hat sie sich jedenfalls nicht erwiesen.

Lornsens Erwartung, die Veröffentlichung seiner Schrift werde solches Aufsehen erregen, dass daraufhin massenhafte Petitionen zur Unterstützung seiner Forderungen an den König gerichtet würden, erfüllte sich nicht. Er versuchte Mitstreiter zu gewinnen, was nicht im gewünschten Umfang gelang. Die Stimmung in den Herzogtümern war noch nicht reif zu einem solchen Schritt.45 Seine Prognose „Wir stehen am Vorabende großer Ereignisse … “46 sollte sich - noch - nicht erfüllen.47

Dass die Schrift Lornsens „Regierung und Staat ins Wanken (…) gebracht … “ habe,

wie Stolz behauptet,48 erscheint eine doch zu dramatische Darstellung der in der Realität eher bescheidenen unmittelbaren Wirkung von Lornsens Wirken; dass dadurch „zugleich aber auch die Verfassungsfrage erneut auf die Tagesordnung gebracht“ worden war,49 ist durchaus richtig. Dass Lornsens Agitation überflüssig in Hinsicht auf die Verfassungsfrage gewesen sei, da die Regierung sich schon vorher verpflichtet gefühlt habe, eine Verfassung zu geben,50 unterschätzt wiederum Lornsens Bedeutung. Seine Schrift war einer von mehreren Faktoren, die die politische Entwicklung hin zu den Ständeversammlungen voranbrachten. Seine Intention war zweifellos, bereits kurzfristig Veränderungen im „verfassungs- und nationalpolitischen“51 Sinn zu bewirken. Stattdessen trug er zu mittel- und langfristigen Entwicklungen bei: Sein Wirken führte dazu, dass neben den bisher an der nationalen Frage interessierten Gruppen, der Ritterschaft und den Kieler Professoren, nun auch weitere Bevölkerungsgruppen einbezogen wurden. Damit wurde die national-deutsche Bewegung entscheidend gestärkt.52

Brock bringt die Wirkung von „Ueber das Verfassungswerk in Schleswigholstein“ auf den Punkt, wenn er schreibt: „Lornsens Flugschrift bezeichnet den Beginn der eigent- lichen politischen Agitation in Schleswig-Holstein, sie ist die erste, die sich an das auf die Herzogtümer und Dänemark nicht beabsichtigte. Vgl. Fabricius: Tidsrummet 1805 - 1864, S. 157.

ganze Volk und seinen Willen gewendet hat.“53 Daneben wirkten seine Gedanken über seinen Tod hinaus auch in der Zeit der Erhebung nach.54

3.3 Die Ständeversammlungen

Die weitgehenden und ihrer Zeit weit vorauseilenden Forderungen Uwe Jens Lornsens blieben zwar unerfüllt, dass die Verfassungsfrage aber nicht immer weiter verschoben werden konnte, ohne die Unzufriedenheit in den Herzogtümern stetig anwachsen zu lassen, wurde immer klarer.

Im sogenannten Januarreskript vom 11.1.1831 kündigte König Friedrich VI. seine Absicht an, eine Ständeverfassung zu erlassen. Bereits hier wurde klar, dass es keine gemeinsame Ständeversammlung geben55 und deren Charakter lediglich ein beratender sein sollte: „dass für Jedes der gedachten Herzogthümer berathende Stände einzuführen sind …“.56 Die Preußische Ständeverfassung wurde ausdrück- lich als Vorbild genannt: „sind die Grundsätze der im Jahre 1823 für die Preussischen Staaten erlassenen (…) Verfügungen im Wesentlichen zu Grunde zu legen.“57 Versprochen wurden ferner die „Trennung der Administration von der Justiz …“ und dass „für beide Herzogthümer ein gemeinschaftliches Oberappellationsgericht (…) errichtet werden soll ...“.58

Am 28. Mai 1831 wurde ein „Allgemeines Gesetz wegen Anordnung von Provinzial- ständen in den Herzogthümern Schleswig und Holstein“ erlassen. Insgesamt wurde die Einrichtung je einer Ständeversammlung für die dänischen Inseln, Jütland, Schleswig und Holstein angekündigt.

§ 4 des Gesetzes bestimmte, dass der jeweiligen zuständigen Ständeversammlung zur Beratung „die Entwürfe solcher allgemeinen Gesetze, welche Veränderungen in Personen- und Eigenthumsrechten und in den Steuern und öffentlichen Lasten zum Gegenstande haben …“ vorgelegt werden sollten.59 Nach § 5 wollte Friedrich VI. nach Empfang der „Vorschläge und Anträge …“ und „Bitten und Beschwerden …“ seine „Beschlüsse ertheilen“.60 Einberufen werden sollten die Versammlungen laut § 7 vom König-Herzog, in der Regel jedes zweite Jahr, auch die Dauer der Versammlungen sollte von diesem bestimmt werden.61 Künftige Abänderungen der die Ständeversammlungen betreffenden Gesetze wollte er laut § 8 „nur nach vorgängiger Berathung mit den Ständen jedes Herzogthums treffen“.62

Diese Ständeverfassung wurde jedoch erst am 15. Mai 1834 publiziert.63 Vorbild waren die 1823 in Preußen eingeführten Provinzialstände, ferner gab es einen Entwurf einer Verfassungskommission aus dem Jahre 1818.64

Für Schleswig-Holstein wurden zugleich eine gemeinsame Provinzialregierung in Schleswig und ein Oberappellationsgericht in Kiel geschaffen.

Die Ständeversammlungen sollten lediglich beratende Funktion haben, der Absolutismus wurde damit nicht abgeschafft.65

Die Ständeversammlung für das Herzogtum Schleswig trat in der Stadt Schleswig zusammen, die für das Herzogtum Holstein in Itzehoe. Die Zusammensetzung sah wie folgt aus:66

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Holstein hatte entsprechend seiner höheren Einwohnerzahl auch mehr Abgeordnete. In dieser „Zusammensetzung spiegelte [sich] die Privilegiengesellschaft wider“,67 eine Vertretung der unteren Schichten der Bevölkerung war nicht vorgesehen, diese hatten weder aktives noch passives Wahlrecht.

Wahlberechtigt waren alle unbescholtenen68 Männer christlichen Glaubens über 25 Jahre, die folgendes Vermögen besaßen: In den Landdistrikten einen Hof mit einem Steuerwert von mindestens 3.200 Reichstalern, in den Städten ein Eigentum von mindestens 1.600 Reichstalern Brandversicherungswert. Für das passive Wahlrecht galten die doppelten Vermögenswerte und ein Mindestalter von 30 Jahren. Diese aus heutiger Sicht sehr rigiden Beschränkungen gewährten lediglich ca. 2 % der Bevölkerung das aktive Wahlrecht.69

Die Wahlbeteiligung an der ersten Ständewahl war - außer unter den Gutsbesitzern - mit 72-81 % recht hoch.70

Erstmals traten die Ständeversammlungen schließlich 1835/36 in Itzehoe bzw. 1836 in Schleswig zusammen, danach in einem Abstand von zwei Jahren.

Wenn den Delegierten auch keine politische Macht im eigentlichen Sinne zustand, so ist die Wirkung der Ständeversammlungen für die Entstehung einer politischen Kultur nicht zu unterschätzen. Das betrifft zum einen eine Debattierkultur, die sich in Versammlungen dieser Größe entwickeln konnte, besonders aber auch die Ausbildung politischer Richtungen. Eine klare Trennung wie im modernen Parlamen- tarismus war in diesem frühen Stadium der Parlamentarisierung noch nicht verwirklicht, je nach Thema gingen die Trennlinien quer durch die einzelnen Gruppierungen. Eine Unterscheidung zwischen einem rechten, konservativen71 und einem eher linken, liberalen72 Flügel war aber bereits sichtbar. Will man eine politische Mitte definieren, so ist diese in den Altliberalen zu sehen.73 Die bäuerlichen Abgeordneten entzogen sich weitgehend einer solchen Schematisierung, denn ihr Anliegen war in erster Linie die Verbesserung der bäuerlichen Lebensbedingungen, bei einer kritischen Haltung gegenüber allen Beamten, aber unbedingter Loyalität zu König und Verfassung.74

Von ungefähr 1839 bis 1844 lässt sich im politischen Spektrum der Herzogtümer, in diesem Fall im Herzogtum Holstein, die Bewegung der „Neuholsteiner“ ausmachen.75 Diesen Linksliberalen um Theodor Olshausen und H.R. Claussen war eine demokratische Entwicklung Holsteins wichtiger als die dauerhafte Verbindung beider Herzogtümer. Diese waren sie nötigenfalls bereit aufzugeben, da sie das national gemischte und nicht dem Deutschen Bund angehörende Schleswig als Hemmschuh für eben diese demokratische Entwicklung betrachteten. Bemerkenswert ist hier die Übereinstimmung mit den Zielen der Eiderdänen, die ihrerseits - zumindest in der Zeit vor der Verhärtung der nationalen Gegensätze - bereit waren Holstein aufzugeben, um dafür Schleswig dauerhaft an Dänemark zu binden.

Die „Neuholsteiner“ gaben um 1844 diese Absichten auf,76 ihr Auftreten führte aber zu einer Spaltung der Liberalen. Neue und größte Gruppe waren die als „Landespartei“ bekannten gemäßigten Liberalen, deren Programm für Schleswig- Holstein auf rechtshistorischer Argumentation gründete. Der bisherige radikalliberale Mehrheitsführer Peter Hjort Lorenzen schloss sich dagegen der dänischen Bewegung an.77

Die Mehrheit der Liberalen wurde zu Nationalliberalen. Das Gleiche galt für die dänischen Liberalen,78 so dass eine friedliche Verständigung über die Frage der Zukunft Schleswigs und Holsteins zwischen beiden Nationalitäten kaum mehr denkbar war.

Der „Landespartei“ unter Führung des Advokaten Wilhelm Hartwig Beseler waren nun die konservative Schleswig-Holsteinische Ritterschaft und der erzkonservative Herzog von Augustenburg und dessen Bruder, der Prinz von Noer, in ihren Zielen näher.

1844 verabschiedete die holsteinische Ständeversammlung die „Fundamentalsätze des schleswig-holsteinischen Landesrechts“, welche sich als eine „Alleruntertänigste Vorstellung“ an den dänischen König richteten: Die Herzogtümer sind selbständige Staaten, sie sind miteinander untrennbar verbunden, und in ihnen herrscht der Mannesstamm.79 Der letzte Punkt war besonders im Interesse der des Herzogs von Augustenburg, denn die Erbfolgefrage war, zumindest aus Sicht der Landespartei, ungeklärt, und auch von dänischer Seite konnte nicht geleugnet werden, dass zumindest in Bezug auf Holstein die Rechtmäßigkeit einer Erbfolge in weiblicher Linie strittig war.

Waren die Ständeversammlungen vom König als Mittel zur Beruhigung politischer Unzufriedenheit und Kanalisierung derselben in kontrollierbare Bahnen gedacht, indem man den Ständeversammlungen ein Gefühl der Wichtigkeit gab, ohne sie tatsächlich mitregieren zu lassen und - soweit es das Herzogtum Holstein betraf - als ein halbherziger Schritt zur Verwirklichung des Verfassungsversprechens, so ist festzustellen, dass diese Rechnung nicht aufging. Die Ständeversammlungen wurden vielmehr Bühnen zur Einübung parlamentarischen Handelns, was später den schleswig-holsteinischen Abgeordneten im Frankfurter Parlament zugutekommen sollte, genauso wie den Abgeordneten aus den Versammlungen anderer deutscher Staaten. In den Ständeversammlungen bildeten sich erste Vorläufer der politischen Parteien.

Wesentlich haben die Ständeversammlungen dazu beigetragen, dass der Nationalismus sich weiter entwickeln und ein offizielles Auditorium finden konnte, und zwar sowohl auf deutscher wie auf dänischer Seite. Dass die Ständeversammlungen nicht öffentlich waren, und die regelmäßigen Anträge auf Öffentlichkeit mit ebensolcher Regelmäßigkeit abgelehnt wurden, konnte nicht verhindern, dass das Bewusstsein der nationalen Gegensätze sich verstärkte. Die fehlende Öffentlichkeit war höchstens für eine gewisse Verzögerung gut, mehr aber nicht.

Die nationalen Gegensätze mussten über kurz oder lang zwangsläufig in der Schleswigschen Ständeversammlung aufeinanderstoßen, bei der die deutschsprachigen und deutschgesinnten Mitglieder in der Mehrheit, die dänischen dagegen in der Minderheit waren.

Schon auf der ersten Ständeversammlung in Schleswig im Jahre 1836 stellte der Bauer Nis Lorenzen den Antrag, dänische Gerichtssprache dort einzuführen, wo Dänisch die Kirchen- und Schulsprache war.80 Der Antrag wurde nicht aufgegriffen, und erst ein erneuter Antrag in der nächsten Versammlung 1838 wurde mit einer knappen Mehrheit beschlossen. Als Reaktion auf diesen Beschluss wurde 1840 das sogenannte Sprachreskript erlassen, in dem, wie in Lorenzens Antrag gefordert, in Gebieten mit dänischer Kirchen- und Schulsprache auch Dänisch als Gerichtssprache eingeführt wurde.

Als die Ständeversammlung 1840 wieder in Schleswig zusammentraf, gab es nun eine große Mehrheit, die gegen das Sprachreskript protestierte. Im Sommer 1840, vor dem Zusammentritt der Versammlung, hatte der Herzog von Augustenburg eine heftige Pressekampagne gegen das Sprachreskript und die einzelnen Liberalen initiiert, die 1838 dem diesen vorausgehenden Antrag zugestimmt hatten.81

Der Konflikt über das Sprachreskript spitzte sich weiter zu und führte zu heftigen Auseinandersetzungen um die Frage, ob in der schleswigschen Ständeversammlung Dänisch gesprochen werden dürfe. Bisher war Deutsch die alleinige Sprache gewesen. Hier bot sich den dänisch Gesinnten ein dankbarer Angriffspunkt. Es war Peter Hjort Lorenzen, der im Zusammenhang mit den Auseinandersetzungen über das Sprachreskript vom deutschen ins dänische Lager gewechselt war, und der in einer Rede vor der Ständeversammlung 1842 mitteilte, dass er in Zukunft nur noch in dänischer Sprache reden werde.82 Das führte zu Unruhe im Ständesaal, die Reden Lorenzens wurden fortan nicht mehr protokolliert, und die Frage dem König zur Entscheidung vorgelegt. Diese Entscheidung ließ bis zur folgenden Ständeversamm- lung 1844 auf sich warten. Das Ergebnis war, dass nur die dänisch-sprechenden Abgeordneten, die kein Deutsch konnten, auf Dänisch reden durften. Die dänische Sprache wurde nur geduldet, von einer Gleichwertigkeit war keine Rede, zumal auch die meisten dänisch Gesinnten Deutsch sprechen konnten.83

König Christian VIII. war nicht daran gelegen, die Spannungen dadurch zu verschär- fen, dass er sich eindeutig auf die dänische Seite stellte. Zwar stand ihm die dänische Sprache und Kultur zweifellos näher, wie sich daran erkennen lässt, dass er sich schon in seiner Zeit als Kronprinz für die Sache der Dänen in Nordschleswig einsetzte; seinem Eingreifen ist es zum Beispiel zu verdanken, dass die Erlaubnis zu Druck und Veröffentlichung des dänisch orientierten Blatts „Dannevirke“ erteilt wurde.84 Die ganze Sprachangelegenheit war ihm jedoch eher lästig, es war klar, dass es sich dabei um einen Störfaktor für die Einigkeit seines Reiches handelte, an dem er nicht interessiert sein konnte. Die Dynastie nahm in dem Konflikt aus Gesamtstaatsinteressen heraus eine vermittelnde Haltung ein.85

Die Nationalitäts- und Sprachgegensätze ließen sich aber nicht mehr leugnen. Außerhalb der Ständeversammlungen wurde die nationale Sache der einen wie der anderen Seite durch Publikationen und Vereinsgründungen vorangetrieben. Im Juni 1838 erschien die erste Nummer des Blattes „Dannevirke“. Ziel dieses Blattes der dänisch Gesinnten war in erster Linie, für das Recht der Muttersprache und den Anschluss Schleswigs an Dänemark zu wirken.86 Eine Gruppe von im Königreich ansässigen Schleswigern gründete dänische Leihbüchereien. 1844 wurde in Nord- schleswig die erste dänische Volkshochschule gegründet, „Rødding folkehøjskole“. 1843 wurde als erster nationalpolitischer Verein der Schleswigsche Verein, dänisch „Den slesvigske Forening“, gegründet, als deutsches Gegenstück 1845 der „Schleswig-Holsteinische patriotische Verein“.87

Eine weitere Möglichkeit dieser Zeit, sich mit Gleichgesinnten zu versammeln, waren große Feste. Auf deutscher Seite muss insbesondere das Sängerfest in Schleswig im Sommer 1844 erwähnt werden, auf dem erstmals das Lied „Schleswig-Holstein meerumschlungen“ öffentlich vorgetragen wurde,88 auf dänischer die Skamlingsbanke-Feste.89

Die ohnehin angespannte Situation zwischen den Nationalitäten, die durch die Verhandlungen in den Ständeversammlungen noch gesteigert wurde, erhielt durch die Frage der Erbfolge noch weiteren Konfliktstoff.

3.4 Der „Offene Brief“ und die Erbrechtsfrage

1844 beantragte der Abgeordnete Algreen-Ussing, Bürgermeister von Kopenhagen, in der Ständeversammlung für die dänischen Inseln in Roskilde, der König möge erklären, dass das ganze Dänische Reich unteilbar nach dem Königsgesetz vererbt werde.90 Das 1665 unterzeichnete Königsgesetz, dänisch „Kongelov“, auch unter der lateinischen Bezeichnung „Lex Regia“ bekannt, war das einzige absolutistische Staatsgesetz, das die Machtvollkommenheit des Herrschers rechtlich fixierte.91 Darin wurde unter anderem die agnatisch-cognatische Erbfolge festgelegt. Zum Streitpunkt wurde im 19. Jahrhundert schließlich, ob diese Erbfolgeregel auch für Schleswig und Holstein Geltung haben könnte, in denen das deutsche Lehnsrecht und damit die agnatische Erbfolge galten. Von dänischer Seite wurde nun behauptet, durch die Erbhuldigung der schleswigschen Stände 172192 sei das Königsgesetz und damit zugleich dessen Erbfolgeregelungen auch in Schleswig gültig geworden.93

Mit der geforderten Erklärung des Königs sollte jede Spekulation und, auf schleswig- holsteinischer Seite, Hoffnung auf eine Trennung der Herzogtümer vom dänischen Staat für den Fall, dass das regierende Herrscherhaus keinen männlichen Nachfolger mehr haben sollte, von vorherein verhindert werden.

Von dänischer Seite wurde damit ganz klar verlangt, dass der König sich unzweideu- tig auf die Seite einer Nation, der dänischen, gegen die deutsche in Holstein und Teilen Schleswigs, stellen sollte. Der dänische König sollte in dieser Eigenschaft die Interessen der dänischen Nationalität über die der deutschen Nationalität stellen, deren Souverän er ja in der Gestalt eines Herzogs von Schleswig und Holstein war. Hier zeichnete sich bereits der Punkt ab, an dem später die Provisorische Regierung ansetzen sollte: Das Konstrukt des unfreien Landesherrn. Die Tatsache der in ein und demselben Individuum personifizierten widerstreitenden nationalen Interessen entbehrt nicht einer gewissen Schizophrenie, ist jedoch ein Relikt aus der Zeit vor dem Entstehen der Nationalstaaten, in der unter einer absolutistischen Herrschaft eine solche Konstellation noch nicht die Probleme hervorrief wie im 19. Jahrhundert.

Nachdem eine von ihm eingesetzte Kommission sich mit der Erbfolgefrage befasst hatte, äußerte sich König Christian VIII. im „Offenen Brief“ vom 8.7.1846 zur umstrittenen Erbrechtsfrage: Da bei manchen „Unterthanen unklare und irrige Vorstellungen über die Successionsverhältnisse in der Monarchie herrschen, und (…) diese Vorstellungen dazu benutzt werden, um Unruhe und Bekümmerniß über die Zukunft des gemeinsamen Vaterlandes für den Fall hervorzurufen, daß einst (…) [der] Mannsstamm erlöschen sollte…“ habe er es für seine „landesväterliche Pflicht erkannt, durch eine (…) Commission alle diese Erbverhältnisse betreffenden Acten und Documente (…) prüfen und zugleich eine genaue und gründliche Untersuchung aller bezüglichen Verhältnisse vornehmen zu lassen.“94

Es überrascht nicht, dass als Ergebnis der Prüfung durch die vom König eingesetzte Kommission dieser „darin die volle Bekräftigung gefunden [hat], daß (…) kein Zweifel obwaltet, [daß] die gleiche Erbfolge des Königsgesetzes im Herzogthum Schleswig (…) in voller Kraft und Gültigkeit besteht.“95 Schwieriger war es in Bezug auf Holstein: „Dagegen hat die angestellte Untersuchung ergeben, daß mit Rücksicht auf einzelne Theile des Herzogthums Holstein Verhältnisse obwalten, welche Uns verhindern, Uns mit gleicher Bestimmtheit über das Erbrecht Unserer sämmtlichen Königlichen Erbsuccessoren an diesem Herzogthum auszusprechen.“96

Den „getreuen Unterthanen …“ lässt Christian VIII. jedoch „die allergnädigste Versicherung ertheilen, daß Unsere unablässigen Bestrebungen auch fernerhin darauf gerichtet seyn werden, die zur Zeit vorhandenen Hindernisse zu beseitigen und die vollständige Anerkennung der Integrität des Dänischen Gesammtstaats zu Wege zu bringen, so daß die unter Unserm Scepter vereinigten Landestheile niemals voneinander getrennt werden…“, zugleich wird den „getreuen Unterthanen im Herzogthum Schleswig (…) eröffnet (…), daß es nicht (…)beabsichtigt wird, durch diesen Unsern offenen Brief der Selbständigkeit dieses Herzogthums (…) in irgend einer Weise zu nahe zu treten, oder irgend eine Veränderung in den sonstigen Verhältnissen vorzunehmen, welche gegenwärtig dasselbe mit dem Herzogthum Holstein verbinden …“. Dem Herzogtum Schleswig wird weiterhin gesonderte Verwaltung zugesichert, „als ein[ ] (…) mit Unserer Monarchie unzertrennlich verbundene[r], aber zugleich selbständige[r] Landestheil[…]…“.97

Die hier vorgebrachte Argumentation lässt vermuten, dass Christian VIII. nicht nur um jeden Preis am Zusammenhalt des Gesamtstaates festhalten wollte, sondern es für möglich hielt, ein Gesamtstaatsbewusstsein weiterhin aufrecht zu erhalten und darauf bauen zu können. Der auf den Offenen Brief folgende Proteststurm in den deutsch besiedelten Gebieten Schleswigs98 und in Holstein verdeutlicht, dass die Zeiten eben dieser Anhänglichkeit an den Gesamtstaat aber längst vorbei waren. Dafür, dass das erwachende Nationalbewusstsein nicht mehr ignoriert werden konnte, spricht die Reaktion im übrigen Deutschland. Verschiedene Landtage erklärten ihre Unterstützung für die Sache der Herzogtümer.99

In Neumünster kam es bereits am 20. Juli zu einer Massenversammlung, ebenso gab in Kiel Unruhen, der Höhepunkt war schließlich eine Massenversammlung in Nortorf am 14. September, die noch rechtzeitig beendet wurde, ehe es zu einer gewaltsamen Auflösung durch eine Kavallerietruppe kam.100

[...]


1 Der Begriff „Liberalismus“ ist aus der Zeit des Vormärz und der Revolution 1848/49 nicht wegzudenken, er wurde „im Laufe der vierziger Jahre (…) zu einem der meistgebrauchten politischen Schlagwörter ….“. Vierhaus, Rudolf: Stichwort „Liberalismus im Vormärz“, in: Artikel „Liberalismus“, in: Brunner, Otto / Conze, Werner / Koselleck, Reinhart (Hg.): Geschichtliche Grundbegriffe. Historisches Lexikon zur politisch-sozialen Sprache in Deutschland. Stuttgart 1982. (8 Bände, Studienausgabe 2004), Band 3, S. 741 - 785, hier: 764 - 774, hier: S. 772. „Der L[iberalismus] war eine Bewegung, die sich zunächst in geistig-polit[ischen] Strömungen, sodann in Gruppen- und Parteibildungen manifestierte mit bestimmten Wertvorstellungen von einer Ordnung der Wirtschaft, der Gesellschaft und des Staates. (…) Die große Bedeutung des L[iberalismus] wird daraus erkennbar, daß alle wesentl[ichen] Aufgaben im Bereich des Politischen, Ökonomischen und Sozialen sowie sämtl[iche] bedeutenden Entwicklungen auf dem Gebiet der Wissenschaft und Philo- sophie im 19. und zu Beginn des 20. Jh. durch den L[iberalismus] beeinflußt wurden und diesen wie- derum beeinflußten.“ Fuchs, Konrad / Raab, Heribert: Wörterbuch Geschichte. München 2001 (Erst- ausgabe 1972), S. 489. Der Begriff „Liberalismus“ wird häufig, wie zum Beispiel in diesem Wörterbuchartikel, für zwei The- menkomplexe verwendet, die jedoch deutlich unterschieden werden sollten: zum einen für „eine Libe- ralisierung aller Lebensbereiche“, also „Liberalismus als Kern allseitiger, gesamteuropäischer Moder- nisierung“, zum anderen für eine politische Bewegung, „eine bestimmte Ideologie, bestimmte Artikula- tionsformen und praktisch-politische Ansätze …“. Brandt, Peter: Liberalismus. In: Niethammer, Lutz u.a. : Bürgerliche Gesellschaft in Deutschland. Historische Einblicke, Fragen, Perspektiven. Frankfurt am Main 1990, S. 143 - 165, hier: S. 143. Im Folgenden wird unter „Liberalismus“ der zweite, politi- sche Inhalt verstanden. Die nach heutigem Verständnis „Liberalen“ nannten sich im hier untersuchten Zeitraum jedoch meist selber „Konstitutionelle“. „‘[L]iberal‘ als Selbstbezeichnung war ihnen [den konstitutionellen Vereinen] noch kaum geläufig. ‚Konstitutionell‘ hieß in der Sprache der Zeit, den Königsgedanken mit der geschriebenen Verfassung zu versöhnen.“ Siemann, Wolfram: Die deutsche Revolution von 1848/49. Frankfurt am Main 1985 (Neue Historische Bibliothek. Herausgegeben von Hans-Ulrich Wehler. edition suhrkamp. Neue Folge Band 266), S. 104.

2 Der Bedeutungsinhalt von „Demokratie“ ist für den zu untersuchenden Zeitraum nicht immer klar zu bestimmen. „Offensichtlich verstärkte sich um 1840 die Neigung, ‚Demokratie‘ (…) mit ‚Republik‘ gleichzusetzen. Der Brockhaus (1840) bezeichnete ‚Demokratie‘ als dasselbe, was man in neueren Zeiten unter dem Namen Republik versteht (…). Im Laufe der vierziger Jahre wurde ‚Demokratie‘ je- doch zunehmend inhaltlich konkretisiert. Zu ihr gehörten: Volkssouveränität, Nationaleinheit und Völ- kerverbindung, politische (und zunehmend auch soziale) Gleichheit mit Konsequenzen für die Wahl- rechtsforderungen und weitere ‚Volksrechte‘ “. Conze, Werner: Stichwort „Die Situation um 1848“, in: Ders. u.a. : Artikel „Demokratie“, in: Brunner, Otto / Conze, Werner / Koselleck, Reinhart (Hg.): Geschichtliche Grundbegriffe. Historisches Lexikon zur politisch-sozialen Sprache in Deutschland. Stuttgart 1982. (8 Bände, Studienausgabe 2004), Band 1, S. 821 - 899, hier: S. 880 - 886, hier: S. 884 (Hervorhebung im Original). 1848 sammelten sich „die Demokraten in ihren Vereinen und auf ihren beiden deutschen Kongressen (…) links vom Liberalismus unter der Parole der ‚demokratischen Republik‘ (…), [es] gelang ihnen [je]doch nicht, ihre Demokratie eindeutig zu definieren. (…) Blieb auch die Grenze zum Liberalismus fließend, so hatte die Revolution doch die Scheidung zwischen Liberalismus und Demokratie beschleunigt und verschärft.“ Ebd. S. 885.

3 Vgl. Geisthövel, Alexa: Restauration und Vormärz 1815-1847. Paderborn 2008, S. 20. Die Burschenschaften wurden 1819 durch den § 3 des in den Karlsbader Beschlüssen enthaltenen Bundes-Universitätsgesetzes verboten: “Die seit langer Zeit bestehenden Gesetze gegen geheime oder nicht autorisirte Verbindungen auf den Universitäten sollen in ihrer ganzen Kraft und Strenge aufrechterhalten, und insbesondere auf den seit einigen Jahren gestifteten, unter dem Namen der allgemeinen Burschenschaft bekannten Verein (…) ausgedehnt werden …“. Die Karlsbader Beschlüs- se (1819), Bundes-Universitätsgesetz, in: Hardtwig, Wolfgang / Hinze, Helmut (Hg.): Deutsche Ge- schichte in Quellen und Darstellungen. Band 7: Vom Deutschen Bund zum Kaiserreich 1815-1871. Stuttgart 2007 (Erstausgabe 1997), S. 81.

4 Die Verwendung des Begriffes „Deutschland“ ist für den hier untersuchten Zeitraum zumindest defi- nitionsbedürftig, da es ja keinen Nationalstaat im heutigen Sinne gab. Der Deutsche Bund umfasste einerseits auch Gebiete, die überwiegend oder sogar ausschließlich von Angehörigen anderer Natio- nalitäten bewohnt wurden, andererseits waren überwiegend von Deutschen bewohnte Gebiete nicht inbegriffen. Wenn im Folgenden von Deutschland die Rede ist, so sind damit alle Gebiete mit Deut- scher Bevölkerung gemeint, die an der Revolution mit dem Ziel der Deutschen Einheit teilnahmen. Veit Valentin spricht im Zusammenhang mit dem Deutschen Bund von der „souveränen Staatenwelt, deren Summe geographisch Deutschland hieß.“ Valentin, Veit: Geschichte der Deutschen Revolution

5 Im zuletzt zum Thema erschienenen Werk steht mit Kiel jedoch eines der wesentlichen Zentren der Entwicklung im Mittelpunkt, so dass in diesem Fall von „Provinzialismus“ nicht die Rede sein kann: Rackwitz, Martin: Märzrevolution in Kiel 1848. Erhebung gegen Dänemark und Aufbruch zur Demokratie. Heide 2011 (Sonderveröffentlichungen der Gesellschaft für Kieler Stadtgeschichte herausgegeben von Jürgen Jensen, Band 68).

6 Die andere Großmacht, Österreich, spielte im Zusammenhang mit Schleswig-Holstein ein weit geringere Rolle, da Österreich wegen der größeren geografischen Entfernung, besonders aber wegen der internen Probleme in seinem Herrschaftsbereich ein deutlich geringeres Engagement in diesen nördlichsten Teilen Deutschlands zeigen konnte.

7 Baudissin ließ sich gar zu einer regelrechten Verunglimpfung der Dänen und ihrer Sprache hinrei- ßen: „ [D]er Däne (…) ist süßlich freundlich, kriechend höflich, listig und schlau, und nur wo er sich als den Stärkeren fühlt, brutal und grausam. (… ) [D]ie Dänische Sprache [ist] eine entartete Tochter der Deutschen Sprache …“. Baudissin, Adelbert Graf: Geschichte des Schleswig-Holsteinischen Kriegs. Hannover 1862, S. 148 f. Davon abgesehen ist das Werk wegen seiner Ausführlichkeit und Materialfülle aber durchaus heute noch von Nutzen.

8 Weimar, Volker: Der Malmöer Waffenstillstand von 1848. Neumünster 1959 (Quellen und Forschungen zur Geschichte Schleswig-Holsteins. Herausgegeben von der Gesellschaft für Schleswig- Holsteinische Geschichte. Band 40), S. 11.

9 Rackwitz, Martin: Märzrevolution in Kiel 1848. Erhebung gegen Dänemark und Aufbruch zur Demokratie. Heide 2011 (Sonderveröffentlichungen der Gesellschaft für Kieler Stadtgeschichte herausgegeben von Jürgen Jensen, Band 68).

10 Rudolph Schleiden (1815-1895), zuvor hoher Beamter im Dienste des Gesamtstaates, späterer Reichstagsabgeordneter, entfaltete als Vertreter der Provisorischen Regierung und auch später in der Zeit der Erhebung überwiegend außerhalb der Herzogtümer eine rege diplomatische Tätigkeit. Er war sowohl Mitglied des Vorparlaments als auch des Fünfziger-Ausschusses. Sein Wirken und seine Be- deutung werden aber weitgehend verkannt. Während Wollstein Schleidens Tätigkeit kurz erwähnt (Wollstein: ‚Großdeutschland‘ der Paulskirche, S. 37), taucht sein Name im „neuen Schleswig-Holstein Lexikon“ (Lorenzen-Schmidt, Klaus-Joachim / Pelc, Ortwin (Hg.): Das neue Schleswig-Holstein Lexi- kon. Neumünster 2006 (Erstausgabe 2000)) nicht auf, und auch in den Standardwerken zur Geschich- te Schleswig-Holsteins wird er überhaupt nicht (Lange: Geschichte Schleswig-Holsteins) bzw. nur als Autor, nicht als handelnder Teilnehmer der Erhebung erwähnt (Brandt: Geschichte Schleswig- Holsteins).

11 Sieht man von einem Artikel zu seinem 100. Todestag in der Zeitschrift „Badische Heimat“ ab (Schleiden verbrachte seine letzten Lebensjahre in Freiburg im Breisgau): Steinsdorfer, Helmut: Rudolph Schleiden (1815 - 1895). Zur Erinnerung an den Wahl-Freiburger Rudolph Schleiden, eines hanseatischen Diplomaten, deutschen Politiker und Publizisten aus Schleswig-Holstein - anläßlich seines 100. Todestages. In: Badische Heimat 4 (1995), S.721 - 736.

12 Stolz, Gerd: Die schleswig-holsteinische Erhebung. Die nationale Auseinandersetzung in und um Schleswig-Holstein von 1848/51. Husum 1996.

13 Herrmann, Martin (Hg.): Andenken an Schleswig-Holstein. Nicolai Johannes Ernst Nielsen - Carl Gräf - Zwei Lebenserinnerungen aus der Zeit der Erhebung. Flensburg 1994, S. 327.

14 Verfasst von Inge Adiansen, Ph.D., „Der Dreijährige Krieg - ein Bürgerkrieg im dänisch-deutschen Gesamtstaat“, in: Stolz: Erhebung, S. 184-191.

15 Hjelholt, Holger: Sønderjylland under Treårskrigen. Et Bidrag til dets politske Historie. 1. del: Fra Revolutionens Udbrud til Våbenstilstandens Obhør Foråret 1849. København 1959 sowie ders.: Sønderjylland under Treårskrigen. Et Bidrag til dets politske Historie. 2. Del: Fra Foråret 1849 til Freden med Preussen Juli 1850. København 1961.

16 Engehausen, Frank: Die Revolution von 1848/49. Paderborn 2007, hier besonders die Seiten 105- 112.

17 Valentin, Veit: Geschichte der Deutschen Revolution von 1848-1849. Erster Band. Bis zum Zusammentritt des Frankfurter Parlaments. Berlin 1930 sowie ders.: Geschichte der Deutschen Revolution von 1848-1849. Zweiter Band. Bis zum Ende der Volksbewegung von 1849. Berlin 1931. Trotz des Alters immer noch ein Standardwerk, besonders wegen der großen Menge an Quellenmaterial, das Valentin für sein Werk heranzog.

18 Wollstein, Günter: Das ‚Großdeutschland‘ der Paulskirche. Nationale Ziele in der bürgerlichen Revolution 1848/49. Düsseldorf 1977.

19 Ebd. S. 23.

20 Vammen, Hans: Die Casino- „Revolution“ in Kopenhagen 1848. In: Zeitschrift der Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische Geschichte, Band 123 (Neumünster 1998), S. 57 - 90.

21 Brandt, Otto: Geschichte Schleswig-Holsteins. Ein Grundriss. Verbessert und ergänzt von Dr. Wilhelm Klüver. Kiel 1981 (Erstausgabe 1925), S. 253.

22 Lauring (Lauring, Palle: Geschichte Dänemarks. Neumünster 1964, S. 181) nennt das Bündnis mit Napoleon „dumm, aber verständlich ...“. Verständlich deshalb, weil zuvor die Briten, der Gegner Napoleons, Kopenhagen beschossen und einen Großteil der dänischen Flotte geraubt hatten.

23 So hatte der später in Schlacht von Idstedt am 25. Juli 1850 im Kampf gegen die Schleswig- Holsteinische Armee gefallene dänische Generalmajor Schleppegrell an der Schlacht von Waterloo als Volontäroffizier auf preußischer Seite teilgenommen. Vgl. Stolz, Gerd: Kriegsgräber von 1848/51 und 1864 im Kreis Schleswig-Flensburg. Ein historischer Wanderführer. Herausgegeben von der Idstedt-Stiftung. Schleswig 1980.

24 Das zunächst im Kieler Frieden Dänemark zugesprochene Schwedisch-Vorpommern wurde mit Preußen gegen Lauenburg (und zwei Millionen Taler) getauscht.

25 Ein Beispiel für diese Bindung sind die beiden berühmten, in Kopenhagen lebenden und schreiben, aus Norwegen stammenden Dichter Johan Herman Wessel (1742- 1785) und Ludvig Baron Holberg (1684-1754), die noch heute in Dänemark sehr populär sind. Die Trennung von Norwegen war auch und gerade psychologisch ein tiefer Einschnitt, er lief der zeitweise populären Idee des Skandinavis- mus entgegen. Der Skandinavismus, die Idee eines Zusammenschlusses der nordischen Länder,

26 Vgl. Bleek, Wilhelm: Friedrich Christoph Dahlmann. Eine Biographie. München 2010, S. 78 f. 14

27 Friedrich Christoph Dahlmann: Waterloo-Rede (7.7.1815), in: Deutscher Grenzverein e.V. (For- schungsrat) / Landesinstitut Schleswig-Holstein für Praxis und Theorie der Schule (Hg.): Quellen zur Geschichte Schleswig-Holsteins. Teil II: Vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis 1920. Kiel 1980, S. 8.

28 Vgl. Frandsen, Steen Bo: Das Herzogtum Holstein im dänischen Gesamtstaat. In: Zeitschrift der Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische Geschichte, Band 136. Neumünster 2011, S. 163-178, hier: S. 167.

29 Vgl. Bleek: Dahlmann, S. 84.

30 Findeisen, Jörg-Peter: Dänemark. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. Regensburg 2008 (Erstausgabe 1999), S. 181.

31 Vgl. Carr, William: Schleswig-Holstein 1815-48. A Study in National Conflict. Manchester 1963, S. 52.

32 Vgl. Brandt: Geschichte Schleswig-Holsteins, S. 234 f. 16

33 Lornsen, Uwe Jens: Ueber des Verfassungswerk in Schleswigholstein. Kiel 1830.

34 Stolz: Erhebung, S. 21.

35 „In allen Bundesstaaten wird eine Landständische Verfassung statt finden“. Die Deutsche Bundes- akte, Artikel 13, in: Hardtwig / Hinze (Hg.): Deutsche Geschichte in Quellen und Darstellungen. Band 7, S. 42.

36 Vgl. Fabricius, Knud: Tidsrummet 1805 - 1864. København 1937 (La Cour, Vilh. u.a. (Hg.): Sønderjyllands Historie. Fremstillet for det Danske Folk. IV. Bind), S. 161.

37 ”... at man i høj Grad ønskede, at den danske Konge paa egen Haand vilde give Holsten den lovede Forfatning.” Ebd. S. 154.

38 Vgl. ebd. S. 159. Vgl. auch Skovmand, Roar: Die Geburt der Demokratie 1830 - 1870, in: Skovmand, Roar / Dybdahl, Vagn / Rasmussen, Erik: Geschichte Dänemarks 1830-1939. Die Auseinandersetzungen um nationale Einheit, demokratische Freiheit und soziale Gleichheit. Neumünster 1973, S. 11 - 208, hier: S. 51.

39 „Der 13te Artikel (…) ist für das Herzogthum Holstein noch nicht in Erfüllung gegangen.“ Lornsen: Verfassungswerk in Schleswigholstein, S. 3.

40 „Eine Trennung des Herzogthums Schleswig von dem Herzogthum Holstein (…) ist jedem Schleswigholsteiner schlechthin undenkbar.“ Ebd. S. 3 f. Für das weiter vgl. ebd. S. 4 ff.

41 Ebd. S. 11.

42 Vgl. ebd.

43 Vgl. Johannsen, Jörg: Das Erbrecht an den Herzogtümern Schleswig und Holstein. Eine Untersu- chung zu den Ansprüchen der Herzöge von Augustenburg (1848-1884). Diss. Bochum 1991, S. 100.

44 Lornsen: Verfassungswerk in Schleswigholstein, S. 14.

45 Vgl. Lange, Ulrich (Hg.): Geschichte Schleswig-Holsteins. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. Neumünster 2003 (Erstausgabe 1996), S. 428.

46 Lornsen: Verfassungswerk in Schleswigholstein, S. 12. Lornsen übernahm diesen Ausspruch vom belgischen Revolutionär de Potter. Dessen Bewegung gelang es tatsächlich, Belgien 1830 von den Niederlanden loszureißen, was Lornsen jedoch in Bezug

47 Lornsen wurde von der Obrigkeit als Unruhestifter angesehen und wegen der Veröffentlichung sei- ner Schrift zu einem Jahr Festungshaft verurteilt, wanderte später nach Brasilien aus, und beging nach seiner Rückkehr nach Europa 1838 in Genf Selbstmord. Zeit seines Lebens beschäftigte er sich mit dem Schicksal der Herzogtümer, sein Scheitern beim Versuch zur Verbesserung deren Lage bei- zutragen war mit ursächlich für seinen frühen Tod. Sein Freund Franz Hermann Hegewisch nannte ihn in seinem Nachruf einen „… Feldherr[n] ohne Heer.“ In: Lornsen, Uwe Jens: Politische Briefe. Bearbei- tet von Alexander Scharff. Heide in Holstein 1938, S. 114. Aufschluss über seine Gedanken geben besonders seine Briefe an Franz Hermann Hegewisch (Pauls, Volquart (Hg.): Uwe Jens Lornsens Briefe an Franz Hermann Hegewisch. Schleswig 1925). In einem der letzten Briefe vor seinem Tod schrieb er (ebd. S. 285): „Es ist ein arges Lebensloos, das mir zugefallen ist (…); ich bin unglücklich und werde doch verspottet (…) Leben Sie wohl und fahren Sie fort, der gerechten Sache unseres Landes nach Kräften zu dienen“.

48 Stolz: Erhebung, S. 22.

49 Ebd.

50 Diese Ansicht wird aus dänischer Sicht geäußert in: Fabricius: Tidsrummet 1805 - 1864, S. 160.

51 Wollstein: ‚Großdeutschland‘ der Paulskirche, S. 28.

52 Vgl. ebd.

53 Brock, Johannes: Die Vorgeschichte der Schleswig-Holsteinischen Erhebung von 1848. Göttingen 1916, S. 42.

54 Selbst noch 1920, in der durch den Versailler Vertrag festgelegten Abstimmung über den nördlichen Teil Schleswigs, wurde Lornsen für die Wahlpropaganda der deutschen Seite bemüht. (Z.B. in einem Flugblatt mit Lornsens Portrait und der Aufschrift „Uwe Jens Lornsen: Meine Sache ist so klar wie die Sonne. Stimmt für das Deutsche Vaterland“, in: Rerup, Lorenz: Slesvig og Holsten efter 1830. Copenhagen 1982 (Danmarks Historie 5), S. 340.

55 „Um die Zusammengehörigkeit und die verfassungsrechtliche Einheit der Herzogtümer nicht aner- kennen zu müssen, setzte der Präsident der Schleswig-Holst[ein]-Lauenburgischen Kanzlei, Graf Otto Joachim Moltke, getrennte Repräsentationen für sie durch …“. Brandt: Geschichte Schleswig- Holsteins, S. 239.

56 Januarreskript (11.1.1831), in: Deutscher Grenzverein / Landesinstitut Schleswig-Holstein (Hg.): Quellen Teil II, S. 18.

57 Ebd.

58 Ebd.

59 Allgemeines Gesetz wegen Anordnung von Provinzialständen in den Herzogthümern Schleswig und Holstein, in: Deutscher Grenzverein / Landesinstitut Schleswig-Holstein (Hg.): Quellen Teil II, S. 20.

60 Ebd.

61 Vgl. ebd. S. 21.

62 Ebd.

63 Gründe für die lange Zeitspanne zwischen Erlass der Verordnung und deren Publikation, das heißt dem Konkret werden der Ständeverfassung, sind die Choleraepedemie des Sommers 1831, vor allem aber der zweite Höhepunkt (nach dem ersten der Karlsbader Beschlüsse) der Reaktion im Deutschen Bund mit der Frankfurter Zentral-Untersuchungskommission und den Wiener Beschlüssen. Vgl. Brock: Vorgeschichte der Erhebung, S. 47. Der Druck von Seiten des Deutschen Bundes auf den dänischen König, dem Verfassungsversprechen nachzukommen, ließ dadurch merklich nach.

64 Vgl. Hector, Kurt: Die politischen Ideen und Parteibildungen in den schleswigschen und holsteinischen Ständeversammlungen 1836 bis 1846. Erster Teil. Diss. Neumünster 1938 (Quellen und Forschungen zur Geschichte Schleswig-Holsteins. Herausgegeben von der Gesellschaft für SchleswigHolsteinische Geschichte. Zwanzigster Band), S. 1.

65 Vgl. Lange: Geschichte Schleswig-Holsteins, S. 429. 22

66 Nach: ebd.

67 Lange: Geschichte Schleswig-Holsteins, S. 429.

68 Vgl. als zeitgemäße Definition für „unbescholten“ die entsprechende Bestimmung im „Wahlgesetz für die zur Feststellung der schleswig-holsteinischen Staatsverfassung zu berufende Versammlung“ vom 13. Juli 1848, in: Krech, Joachim: Das schleswig-holsteinische Staatsgrundgesetz vom 15. Sep- tember 1848. Entstehung und verfassungsrechtliche Einordnung unter Berücksichtigung des monar- chischen Prinzips und der Volkssouveränität. Frankfurt am Main 1985 (Europäische Hochschulschrif- ten Reihe II - Rechtswissenschaft - , Bd. 454), S. 297 - 302, hier: S. 297 f. : „Wahlberechtigt sind (…) alle Einwohner (…) welche (…) nicht wegen eines in der öffentlichen Meinung entehrenden Verge- hens oder Verbrechens verurtheilt sind, oder wegen eines solchen Vergehens oder Verbrechens in der gerichtlichen Untersuchung sich befinden.“

69 Vgl. Lange: Geschichte Schleswig-Holsteins, S. 431. Ebd. wird zum Vergleich erwähnt, dass der Anteil der Wahlberechtigten in England zur selben Zeit nur wenig höher, in Frankreich und Preußen noch niedriger war. Konkrete Zahlen für die erste Ständewahl im Herbst 1834 finden sich bei Rerup: Slesvig og Holsten efter 1830, S. 43: ” ... i Slesvig 1.222 byvælgere (2.13 %), 6.331 landvælgere (2.25 %) og 75 godsejere, i Holsten 3.324 by- (2.78 %), 5.843 landvælgere (1.85 %) samt 95 godsejere.”

70 Vgl. ebd. S. 43.

71 In Schleswig unter der Führung des Herzogs Christian August von Augustenburg, in Itzehoe unter der von Joseph Graf Reventlow-Criminil. Vgl. Lange: Geschichte Schleswig-Holsteins, S. 432.

72 Hierzu zählen u.a. in Schleswig der Haderslebener Kaufmann Peter Hjort Lorenzen, in Itzehoe der Advokat Georg Löck. Vgl. ebd.

73 Zu den Altliberalen werden gezählt der Vertreter der Universität Kiel, Prof. Nicolaus Falck, der Advokat G.L.F. Balemann und der Flensburger Kaufmann H.C. Jensen. Vgl. ebd.

74 Vgl. ebd.

75 Vgl. ebd. S. 436. Das folgende nach ebd.

76 Vgl. ebd. auch für das Folgende.

77 Zu Lorenzen siehe Skau, Laurids: Peter Hjort Lorenzen. Et Bidrag til den dansk-slesvigske Sags Historie. Kjøbenhavn 1865. Orla Lehmann, der Führer der Eiderdänen, nennt Lorenzen im Vorwort zu Skaus Buch (ebd. S. III) „en af den danske Sags modigste Riddere“, worin sich deutlich die Verehrung von Lorenzen als Vorkämpfer der dänischen Sache ausdrückt. Die intellektuellen Köpfe der dänischen Bewegung waren die Kieler Professoren Christian Paulsen und Christian Flor. Vgl. Lange: Geschichte Schleswig-Holsteins, S. 434.

78 Vgl. ebd. S. 437.

79 Vgl. Brandt: Geschichte Schleswig-Holsteins, S. 248.

80 Vgl. Fink, Troels: Geschichte des schleswigschen Grenzlandes. København 1958, S. 120

81 Vgl. ebd. S. 126 f.

82 Beeinflusst in diesem Entschluss wurde er vom ebenfalls dänisch gesinnten Kieler Professor Christian Flor. Vgl. ebd. S.128.

83 Vgl. ebd. S. 133.

84 Vgl. ebd. S. 123. Ebd. heißt es über den späteren König: „Er besass eine warme Vaterlandsliebe, und im Gegensatz zu Friedrich VI. hatte er Verständnis für nationale Probleme. Er wünschte die Pflege dänischer Sprache und Kultur in Nordschleswig zu unterstützen, um auf diese Weise Schleswig näher mit dem Königreich zu verbinden.“

85 Vgl. Wollstein: ‚Großdeutschland‘ der Paulskirche, S. 31.

86 Vgl. Fink: Geschichte des schleswigschen Grenzlandes, S. 123.

87 Die Entwicklung des Nationalismus und damit einhergehend die Bedeutungsverschiebung des Be- griffs „patriotisch“ lässt sich u.a. daran erkennen, dass bereits 1786 in Kiel eine „Schleswig- Holsteinische patriotische Gesellschaft“ gegründet worden war. „Deren Wirken scheint sich (…) je- doch darauf beschränkt zu haben, seit 1787 die Schleswig-Holsteinischen Provinzialberichte heraus- zubringen, das bezeichnendste Publikationsorgan der Aufklärung im Lande …“. Lohmeier, Dieter: Die Universität Kiel als Stätte der Aufklärung. In: Bohnen, Klaus / Jørgensen, Sven-Aage (Hg.): Der däni- sche Gesamtstaat - Kopenhagen - Kiel - Altona. Tübingen 1992 (Wolfenbütteler Studien zur Aufklä- rung, Band 18 - Zentren der Aufklärung IV), S. 69 - 90 , hier: S. 83 (Hervorhebung im Original).

88 1839 wurde in Schleswig, 1841 in Eckernförde eine Liedertafel gegründet, in den folgenden Jahren entstanden in allen Städten der Herzogtümer und in einigen Landgebieten Gesangsvereine. Vgl. Lange: Geschichte Schleswig-Holsteins, S. 437.

89 Auf dem gleichnamigen Hügel trafen im Mai 1843 ca. 6.000, im Juli 1844 immerhin 12.000 Men- schen zusammen, davon einige Tausend aus dem Königreich und sogar 120, die mit dem Dampfschiff aus Kopenhagen gekommen waren. Vgl. Rerup: Slesvig og Holsten efter 1830, S. 90.

90 Droysen sprach vom „Antrag an den König, den man als Staatsstreich bezeichnet hat …“. Droysen, Johann Gustav: Kleine Schriften Heft I. Zur Schleswig-Holsteinischen Frage. Berlin 1863, S. 67

91 Vgl. Johannsen: Erbrecht, S. 56.

92 Vorausgegangen war das Okkupationspatent von 1713, in dem der dänische König auch den bisherigen gottorfischen Landesteil in Besitz nahm und im Inkorporationspatent 1721 mit dem königlichen Anteil vereinte, woraufhin die Städte und Untertanen des bisher von Gottorf verwalteten Territoriums ihm als ihren Herzog von Schleswig huldigten. Dem Haus Gottorf blieb nur der herzogliche Anteil an Holstein erhalten. Vgl. ebd. S. 62.

93 Johannsen (ebd. S. 67) kommt zu dem Schluss, dass „… einer Argumentation, nach der 1721 die Lex Regia in Schleswig Gesetzeskraft gewonnen hat, nicht beigepflichtet werden [kann] …“

94 Offener Brief König Christians VIII. vom 8.7.1846, in: Deutscher Grenzverein / Landesinstitut Schleswig-Holstein (Hg.): Quellen Teil II, S. 31.

95 Ebd.

96 Ebd. S. 32.

97 Ebd.

98 Anders sah es unter den Dänen in Nordschleswig aus, hier wurde der Offene Brief mit großem Wohlwollen aufgenommen. Vgl. Fink: Geschichte des schleswigschen Grenzlandes, S. 137.

99 So appellierte der Hannoversche Landtag an den Bundestag, sich deutlich für die Verteidigung der Unabhängigkeit und der deutschen Nationalität der Herzogtümer auszusprechen. Vgl. Carr: Schleswig-Holstein 1815-48, S. 256.

100 Vgl. ebd. S. 253.

Ende der Leseprobe aus 142 Seiten

Details

Titel
Die schleswig-holsteinische Erhebung 1848-1851 als Sonderfall der Revolution von 1848
Untertitel
Im Spannungsfeld zwischen dänischem Gesamtstaat und den Entwicklungen in Deutschland
Hochschule
FernUniversität Hagen
Note
1,3
Autor
Jahr
2012
Seiten
142
Katalognummer
V262438
ISBN (eBook)
9783656506300
ISBN (Buch)
9783656506966
Dateigröße
1003 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
erhebung, sonderfall, revolution, spannungsfeld, gesamtstaat, entwicklungen, deutschland
Arbeit zitieren
M.A. Andreas von Bezold (Autor:in), 2012, Die schleswig-holsteinische Erhebung 1848-1851 als Sonderfall der Revolution von 1848, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/262438

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