Ist die EU ein optimaler Währungsraum?


Hausarbeit, 2012

19 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Wechselkurssystem und Stufen der Integration
2.1 Wechselkurssysteme
2.2 Integrationsstufen
2.3 Die Rolle der Geld- und Fiskalpolitik in der EWWU

3. Nutzen-Kostenanalyse einer Währungsunion
3.1 Nutzen einer Währungsunion
3.2 Kosten einer Währungsunion

4. Die EWWU als optimaler Währungsraum anhand von
traditionellen Kriterien
4.1 Faktormobilität
4.2 Offenheitsgrad
4.3 Produktdiversifikation

5. Fazit

A Abkürzungen

B Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die Finanzkrise, welche im Herbst 2008 ihren Ursprung fand, hat dem europäischen Anpassungsprozess mit anhaltender Wirkung zugesetzt. Die Stabilität der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion hat durch hohe Staatsverschuldungen und Leistungsbilanzdefizite einen Rückschlag erlitten, für den bis zum jetzigen Zeitpunkt nach nachhaltigen Lösungen gesucht wird. Die Abgabe nationaler Anpassungsinstrumente durch den Beitritt zur EWWU führt in viele europäische Staaten zu Stabilitätsproblemen. Ziel dieser Arbeit ist die Untersuchung sowie Bewertung der EU als optimaler Währungsraum. Anhand der Darstellung von Vorläufern der EWWU, einer Betrachtung verschiedener Wechselkurssysteme, einer Nutzen- und Kostenanalyse sowie der Betrachtung traditioneller OCA-Kriterien soll diese Fragestellung diskutiert werden.

Zu den Vorläufern der EWWU zählt das Europäische Währungssystem I. Dieses bezeichnet ein System fester Wechselkurse zwischen Ländern Europas, das am 13.03.1979 errichtet und durch den Europäischen Rat erlassen wurde.[1] Vor der Einführung des EWS I sollte das Bretton-Woods-System Europa als Wirtschaftszentrum nach dem zweiten Weltkrieg stabilisieren. Durch den ersten und zweiten Weltkrieg wurden viele Nationen geschwächt und standen kurz vor der Zahlungsunfähigkeit. Wechselkurse zwischen den Währungen sollten stabilisiert werden, um den Welthandel zu stimulieren und Handelsbarrieren abzuschaffen. Leitwährung war dabei der US-Dollar, für den eine Parität von 35 US-Dollar pro Unze Gold festgelegt wurde. Die USA war damit zum An- und Verkauf zu diesem Preis verpflichtet. Durch den zunehmenden Kapitalexport kam es zu stetigen Defiziten der amerikanischen Zahlungsbilanz und zu einem Anstieg der Dollarreserven im Ausland, die die Goldreserven der USA bei weitem überstiegen. Die USA verfolgte gegen Ende der 1960er Jahre eine, bedingt durch den Vietnamkrieg, sehr inflationäre Politik und war daher nur beschränkt zur Stabilität des US-Dollar bereit. Darüber hinaus divergierten die beteiligten Länder stark in ihren wirtschaftlichen Entwicklungen und es kam aufgrund von unterschiedlichen Inflationsraten zu Zahlungsbilanzungleichgewichten. Dies trug in Folge zum Zusammenbruch des Systems bei. Die währungspolitische Zusammenarbeit setzte sich mit dem EWS I fort, bei dem sich zum Start alle neun Staaten der Europäischen Gemeinschaft beteiligten. Ziel des Europäischen Währungssystems war es, in Europa eine Zone der Währungsstabilität durch die Einführung fester, jedoch anpassungsfähiger Wechselkurse zu schaffen. Dies sollte den Waren-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr zwischen den EG-Ländern vor Wechselkursrisiken bewahren. Das Kernelement war der Wechselkurs- und Interventionsmechanismus. Demnach durfte der Wechselkurs der Teilnehmerstaaten nur innerhalb einer Bandbreite von ± 2,25 % zwischen den EWG-Währungen schwanken. Näherte sich der Wechselkurs einer Währung der Grenze der Bandbreite, intervenierten die beteiligten Notenbanken, indem sie die schwache Währung aufkauften und die starke verkauften. Die Rechnungseinheit der Europäischen Gemeinschaft war zur Zeit des EWS I die ECU (European currency unit). Diese war eine künstliche Korbwährung, die für jede der beteiligten Währungen ein Austauschverhältnis gemäß gesamtwirtschaftlicher Kriterien festlegte. Vor allem wurde der nationale Anteil am Bruttosozialprodukt der EG und der Anteil des Staates am EG- Binnenhandel dabei berücksichtigt. Die Deutsche Mark hatte im März 1979 mit 33,98 % die größte Gewichtung im EG- Währungskorb. Darüber hinaus diente die ECU als Rechengröße bei Finanzoperationen und als Reserveinstrument der Zentralbanken untereinander. Im August 1993 kam es durch Spekulationen auf dem Devisenmarkt zu einer Krise des EWS, was dazu führte, dass die Bandbreite der meisten EWS Wechselkurse auf ± 15 % angehoben werden musste.[2] Das Europäische Währungssystem wurde mit der Einführung des Euro am 1. Januar 1999 beendet. Für alle Staaten, die noch nicht Mitglied der Währungsunion sind, wurde im Rahmen des EWS II der Wechselkursmechanismus II (WKM II) eingeführt.[3]

2. Wechselkurssysteme und Stufen der Integration

2.1 Wechselkurssysteme

Grundsätzlich bestehen zwischen mindestens zwei Ländern verschiedene Möglichkeiten der Wechselkurssysteme. Freie oder flexible Wechselkurssysteme richten sich ausschließlich nach Angebot und Nachfrage der Währungen auf den Finanzmärkten und Eingriffe von Notenbanken stellen eher die Ausnahme dar. Die Geldpolitik ist in diesem Fall ein wirkungsvolles Instrument zur Stimulierung der Volkswirtschaft. Beispielsweise führt eine Erhöhung der Geldmenge zu einer Senkung des inländischen Zinsniveaus. Die daraus resultierenden Kapitalflüsse führen zu einer Abwertung der heimischen Währung. Durch verstärkten Export wird somit die Konjunktur angeregt.[4] Bei Wechselkursbandbreiten, oftmals auch Floaten oder Währungsschlange bezeichnet, können die beteiligten Währungen innerhalb einer bestimmten Bandbreite frei schwanken. Abweichungen der Bandbreite haben bilaterale Eingriffe der Notenbanken zur Folge. Wertete die deutsche DM im Vergleich zum französischen Franc zu stark auf, so kaufte die deutsche Notenbank französische Franc auf. Im Gegenzug verkaufte die französische Notenbank deutsche Mark, um Überschreitungen der Bandbreite zu verhindern.[5] Durch diese, im Vergleich zu flexiblen Wechselkursen, strikte Regelung sollten die Auswirkungen auf die volkswirtschaftlichen Entwicklungen durch die sich schnell ändernden Wechselkurse verhindert werden. Dieses System erwies sich im EWS über 15 Jahre als erfolgreich. Durch Spekulationen am Devisenmarkt 1993 musste jedoch die Bandbreite erhöht werden und das System existierte im Endeffekt nicht mehr.[6]

Für die Ausweitung des internationalen Handels kann es vorteilhafter sein, ein System fester Wechselkurse anzustreben. Bereits 1976 schlug der deutsche Ökonom Roland Vaubel vor, optimale Währungsräume anhand der realen Wechselkursvariabilität anzugrenzen. Für die längerfristige Planung der Wirtschaft bietet ein fester, berechenbarer Rahmen mehr Planungssicherheit, als eine sich ständig verändernde Größe. Außenhandel und Direktinvestitionen werden durch die Verringerung von Wechselkursrisiken und Kurssicherungskosten gefördert. Der internationale Güterverkehr wird durch Liefer- und Abnahmeverträge abgewickelt, die in der Regel längere Zeit vor dem Transaktionstermin abgeschlossen werden. Für diese Transaktionen bestehen bei flexiblen Wechselkursen Währungsrisiken, die umso größer sind, je stärker die beteiligten Währungen schwanken. Durch Kurssicherungsgeschäfte wie Devisentermingeschäfte werden diese Risiken ausgeschlossen, jedoch sind die Kosten dafür nicht unerheblich. Durch ein System fester Wechselkurse, bei dem ein konstantes Austauschverhältnis zwischen Währungen gegeben ist, werden diese Kosten vermieden.[7] Auch die Autonomie der Geldpolitik bringt bei flexiblen Wechselkursen ihre Gefahren mit sich. Wird durch politische Gruppen, wie Regierungen oder Gewerkschaften Druck auf die Notenbank ausgeübt und dadurch eine inflationäre Geldpolitik betrieben, ist das Ziel der Preisstabilität in Gefahr. Bei flexiblen Wechselkurssystemen können diese Inflationsimpulse einen Abwertungsdruck auf die heimische Währung haben. Die Geldmenge kann nur durch den Verkauf von Devisen gesenkt und die Inflation somit reduziert werden. Bei Festkurssystemen ist das nicht möglich, daher entsteht eine disziplinierende Wirkung auf die nationale Geldpolitik, die einen Schutz gegen inflationäre Geldmengenausweitungen bietet.[8]

2.2 Integrationsstufen

Wirtschaftliche Integration bezeichnet sowohl die Verflechtung wirtschaftlicher Aktivitäten von Unternehmen und Individuen über Landesgrenzen hinweg, als auch die wirtschaftspolitische Integration, welche durch die Koordination des Handels und die teilweise Abgabe von Kompetenzen an supranationale Institute erreicht wird. Ziel dessen ist es, ökonomische Vorteile zu realisieren und somit die Wohlfahrt der beteiligten Länder zu steigern.[9] Wenn überhaupt, lässt sich dieses Ziel nur auf lange Frist erreichen und bedarf der Umsetzung operationaler Maßnahmen. Zentrales Element jeder wirtschaftlichen Integration ist der Abbau von tarifären- und nichttarifären Handelshemmnissen im Warenverkehr zwischen den Mitgliedsländern. Tarifäre Handelshemmnisse betreffen Import- und Exportzölle, wohingegen nichttarifäre Handelshemmnisse eine ganze Reihe von handelspolitischen Maßnahmen betreffen, wie beispielsweise Export-beschränkungen, Einfuhrquoten, Einfuhrsteuern, technische und rechtliche Vorschriften.[10] Somit kann vorab festgehalten werden, dass wirtschaftliche Integration zumindest teilweise auf die Vorteile des Freihandels abzielt. Während im Integrationsraum vorrangig danach gestrebt wird Handelshemmnisse so weit wie möglich abzubauen, bleiben Handelsbeschränkungen gegenüber Drittländern in der Regel erhalten.[11] Abhängig davon, welche Stufe der Integration gewählt oder umgesetzt wird, treten neue Notwendigkeiten der Koordination in Kraft. In einem Präferenzraum gewähren sich zwei oder mehrere Länder Vorzugsbestimmungen für den Handel mit bestimmten Gütern. Beispiel hierfür wären niedrige Zölle oder höhere Ein- und Ausfuhrquoten. In der Freihandelszone werden die Handelshemmnisse für den gesamten Güterverkehr größtenteils abgebaut. Gegenüber Drittländern werden keine Vorzugsbedingungen eingeräumt, somit kann jedes Land seine Außenhandelspolitik frei festlegen. Innerhalb einer Zollunion wird neben dem Freihandel im Inneren auch eine gemeinsame Politik gegenüber Drittländern festgelegt. Diese betrifft vor allem einen gemeinsamen Außenzoll. Die seither dargestellten Integrationsformen zielen vorrangig auf einen Abbau der Handelshemmnisse des Güterverkehrs ab, allerdings nicht auf die Freiheit von Faktorbewegungen. Bei der Schaffung eines gemeinsamen Marktes verständigen sich die Mitgliedsländer in aller Regel zunächst auf die Liberalisierung des Kapitalverkehrs, bevor sie in den nächsten Schritten die Freizügigkeit von Arbeitnehmern und eine Niederlassungsfreiheit von Unternehmen schaffen.[12] Darüber hinaus beinhaltet eine Wirtschafts- und Währungsunion die Harmonisierung aller wirtschaftspolitischen Bereiche. Abgesehen von außerökonomischen Gegebenheiten wie Kultur und Sprache, wird die Herstellung von gleichen wirtschaftlichen Verhältnissen in der Region angestrebt. Voraussetzung dafür sind absolut feste Paritäten, die nur bei einer weitgehend abgestimmten Wirtschaftspolitik erreichbar sind. Konsequenz dessen ist nun der Verzicht auf nationale Stabilisierungsinstrumente. Wenn die Ziele der Wirtschaftsunion erreicht sind und die wirtschaftspolitische Harmonisierung der Länder erfolgt ist, steht einer Zusammenfassung der unterschiedlichen Währungen zu einer Einzigen nichts mehr entgegen. Die letzte Stufe der Integration bildet die politische Union. Dabei geben die Mitgliedsländer ihre politische Souveränität auf und die Entscheidungs- und Handlungskompetenzen werden an gemeinschaftlich gebildete supranationale Institutionen abgegeben.[13]

[...]


[1] Rübel (2009), S. 184

[2] Rübel (2009), S. 184 f

[3] Engelkamp; Sell (2005), S. 314

[4] Clausen (1999), S. 749

[5] Weeber (2009), S. 65 f

[6] Ebenda, S. 67

[7] Dieckheuer (2001), S. 258

[8] Ebenda, S. 261 f

[9] Clemens; Reinfeldt ; Wille (2008), S. 260

[10] Dieckheuer (2001), S. 192

[11] Ebenda, S. 193 f

[12] Sell (2003), S. 222

[13] Sell (2003), S. 223

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Ist die EU ein optimaler Währungsraum?
Hochschule
Universität Hohenheim
Autor
Jahr
2012
Seiten
19
Katalognummer
V263006
ISBN (eBook)
9783656518518
ISBN (Buch)
9783656517801
Dateigröße
630 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Europäische Schuldenkrise, Europäische Währungsunion, Europäische Union
Arbeit zitieren
Tim Hampel (Autor:in), 2012, Ist die EU ein optimaler Währungsraum?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/263006

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