Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich im Rahmen des Hauptseminars „Geschichte der Juden in Südwestdeutschland“ sowohl mit den allgemeinen Ursachen der spätmittelalterlichen Pestpogrome, als auch mit den jeweiligen Motiven der ausführenden Kräfte. Vor diesem Hintergrund müssen die Basisfaktoren bezüglich der Judenverfolgungen, welche zweifelsohne als die schwerwiegendste jüdische Katastrophe vor dem Holocaust angesehen werden kann, einer differenzierten Analyse unterzogen werden. Zu diesen überregional wirksamen Konstanten, welche für die Gesamtheit der Pestpogrome gelten können, zählen neben den poltischen und ökonomischen Aspekten im Reich auch die Stellung der Juden innerhalb der Gesellschaft. Diesbezüglich gilt es insbesondere das sich im Spätmittelalter konstant verschlechternde Verhältnis zwischen der christlichen Gesellschaft und den Juden zu untersuchen. Die Darstellungen hinsichtlich dieser Aspekte werden eingebettet in den Gesamtrahmen des „Schwarzen Todes“, welcher sowohl die Pesttheorien des Spätmittelalters als auch den tatsächlichen Verlauf der tödlichen Seuche beinhaltet. All jene Faktoren, die in Teilen nur scheinbar peripher mit der Thematik der vorliegenden Arbeit zusammenhängen, sind notwendig, um ein Gesamtbild der Situation in der Mitte des 14. Jahrhunderts zu erhalten.
Der zweite Teil der Arbeit beschäftigt sich mit drei speziell ausgewählten Beispielen, welche einen tieferen Einblick in die Einzelkomponenten der Pestpogrome erlauben. In diesem Kontext wird vornehmlich die Thematik der angeblichen Brunnenvergiftung durch die Juden sowie deren vordergründige Verwendung zur Anklage gegen dieselben näher betrachtet. Auch wenn die exemplarischen Beispiele nur einen Ausschnitt aus dem Gesamtbild der Pestpogrome widergeben können - sind doch die einzelnen Verläufe in aller Regel sehr vielschichtig und komplex, so sollen die Ereignisse der Städte Freiburg im Breisgau, Nürnberg und Straßburg stellvertretend behandelt werden. Der Fokus liegt dabei insbesondere auf den Umbrüchen innerhalb der urbanen Räume, welche sich hauptsächlich in den Machtkämpfen zwischen Patriziern und den sukzessiv in die Räte drängenden Zünften widerspiegelten. Welche Rolle der jüdischen Bevölkerung in diesem Konflikt zukam und inwiefern die zu Beginn angesprochenen fiskalischen Interessen der Gewalttäter als wirkliches Motiv für das Judenmorden angeführt werden können, sollen die Analysen im letzten Teil der Arbeit aufzeigen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Europa am Vorabend der Pest - Das 14. Jahrhundert in der Krise
- Agrarkrise und gesamtwirtschaftliche Rezession
- Spätmittelalterliche Pesttheorien - Versuche der Deutung und Begründung der Pestilencia Magna
- Tatsächlicher Ursprung und Verlauf des „Schwarzen Todes“
- Die Stellung der Juden im Spätmittelalter – Ein Verhältnis der Ausgrenzung
- Gewalttätigkeiten an Juden im Spätmittelalter – Voraussetzung für die Pestpogrome?
- Legenden um Hostienschändung und Ritualmord -Die Vorwände für Gewalttätigkeiten gegen die jüdische Bevölkerung
- Die angebliche Brunnenvergiftung jüdischer Verschwörer – Die spätmittelalterliche Gesellschaft zwischen Hysterie und Judenhass
- Die Pestpogrome: Verlauf und Ursache anhand drei exemplarischer Beispiele
- Unrast in den Städten – Das spätmittelalterliche System im Umbruch…
- Der Pestpogrom in Freiburg i. Breisgau
- Der Pestpogrom in Nürnberg
- Der Pestpogrom in Straßburg
- Die Rolle der Geißler im Kontext der Pestpogrome
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit den Hintergründen und Ursachen der Pestpogrome im 14. Jahrhundert. Sie untersucht sowohl die allgemeinen Ursachen dieser Pogrome als auch die jeweiligen Motive der ausführenden Kräfte. Im Zentrum der Analyse steht die Frage, wie sich die Stellung der Juden im Spätmittelalter auf die Ereignisse auswirkte und welche Rolle die politischen, ökonomischen und gesellschaftlichen Bedingungen spielten.
- Die Agrarkrise und die gesamtwirtschaftliche Rezession des 14. Jahrhunderts als Hintergrund für die Pestpogrome
- Spätmittelalterliche Pesttheorien und die verbreiteten Mythen um die Verbreitung der Seuche
- Die Ausgrenzung der Juden im Spätmittelalter und ihre Rolle als Sündenbock
- Die Rolle der Brunnenvergiftung als Vorwand für die Judenverfolgungen
- Die Machtkämpfe zwischen Patriziern und Zünften in den Städten als Kontext der Pestpogrome
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel widmet sich der Einleitung und führt den Leser in die Thematik der Pestpogrome im 14. Jahrhundert ein. Es beleuchtet die historischen Hintergründe und die Komplexität des Themas.
Kapitel zwei beleuchtet die Situation Europas am Vorabend der Pest. Es untersucht die Agrarkrise und die gesamtwirtschaftliche Rezession des 14. Jahrhunderts als wichtige Vorläufer der Pestpandemie.
Kapitel drei beleuchtet die spätmittelalterlichen Pesttheorien und die Versuche, die Entstehung und Ausbreitung der Pestilencia Magna zu erklären.
Kapitel vier befasst sich mit dem tatsächlichen Ursprung und Verlauf des „Schwarzen Todes“ und beschreibt die Ausbreitung der Seuche in Europa.
Kapitel fünf beleuchtet die Stellung der Juden im Spätmittelalter und zeigt die zunehmenden Ausgrenzungsprozesse auf, die als Voraussetzung für die Pestpogrome betrachtet werden können.
Kapitel sechs untersucht die verbreitete Legende der Brunnenvergiftung durch jüdische Verschwörer als Vorwand für die Judenverfolgungen und beleuchtet die spätmittelalterliche Gesellschaft zwischen Hysterie und Judenhass.
Kapitel sieben untersucht die Pestpogrome anhand dreier exemplarischer Beispiele: Freiburg i. Breisgau, Nürnberg und Straßburg. Der Fokus liegt dabei auf den urbanen Umbrüchen und den Machtkämpfen innerhalb der Städte.
Kapitel acht untersucht die Rolle der Geißler im Kontext der Pestpogrome und deren Beteiligung an den antijüdischen Ausschreitungen.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit den Themen Pestpogrome, Spätmittelalter, Judenverfolgung, Brunnenvergiftung, Judenhass, Hostienschändung, Ritualmord, Agrarkrise, gesamtwirtschaftliche Rezession, Pesttheorien, Schwarzer Tod, Geißler, Urbanisierung, Machtkämpfe, Patrizier, Zünfte.
- Arbeit zitieren
- Jonathan Haß (Autor:in), 2010, Hintergründe und Ursachen der Pestpogrome im 14. Jahrhundert, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/263228