Unterrichtsstunde zu Rilkes "Panther"

Inhaltliche Erschließung und Problematisierung des Gedichts „Der Panther“ von R.M. Rilke


Unterrichtsentwurf, 2013

15 Seiten, Note: 12 Punkte

A. Sauer (Autor:in)


Leseprobe


1. Lerngruppenanalyse

Die Klasse 7d der THS ist eine G9-Klasse innerhalb der Kooperativen Gesamtschule und setzt sich aus insgesamt 29 Schülerinnen und Schülern1 zusammen, wovon 19 männlich und 10 weiblich sind. Ein Schüler befindet sich seit drei Wochen in stationärer Behandlung; er wird erst ab Januar wieder in der Klasse sein. Seit Februar 2012 unterrichte ich die Klasse eigenverantwortlich; in diesem Schuljahr findet der Deutschunterricht in jeweils zwei Doppelstunden im Klassenzimmer statt.

Die SuS haben mich trotz des hohen LehrerInnenwechsels in der Klasse von Anfang an respektiert und verhalten sich mir gegenüber sehr freundlich und aufgeschlossen, sodass ich die Lernatmosphäre insgesamt als gut und lernförderlich bezeichnen kann. Das soziale Miteinander ist in der Klasse insgesamt sehr positiv. Die SuS akzeptieren sich gegenseitig, verhalten sich untereinander hilfsbereit und freundschaftlich. In ihrem Erscheinungsbild ist die 7d jedoch sehr heterogen: Während der Großteil der Jungen extrovertiert, humorvoll und lebhaft ist, weisen die Mädchen eher einen ruhigen und besonnenen, in ihrer Entwicklung schon weiter fortgeschrittenen Charakter auf.

Augenscheinlich, für die Altersstufe jedoch nicht ungewöhnlich, ist auch die Tatsache, dass Jungen und Mädchen bevorzugt unter sich sein wollen. Eine gemischte Zusammenarbeit fällt den SuS vor allem dann schwer, wenn ein einzelnes Mädchen ausschließlich mit mehreren Jungen zusammenarbeiten soll. Zur Förderung der Zusammenarbeit in heterogenen Lerngruppen wird die Erarbeitung II daher in einem Lerntempoduett2 stattfinden. In Bezug auf Disziplin und Aufmerksamkeit gibt es in der Lerngruppe keine ernsthaften Schwierigkeiten. Ein Schüler hat Probleme, sich über einen längeren Zeitraum zu konzentrieren und die Aufgaben selbständig zu erledigen. Man vermutet, dass der Schüler an ADHS leidet, was bislang aber noch nicht nachgewiesen werden konnte. Er kann sein abwesendes bzw. störendes Verhalten jedoch reflektieren und ist bemüht, Emotionen in den Pausen und ohne andere zu stören abzubauen.

Die Leistungsbereitschaft der SuS ist insgesamt als gut zu bezeichnen, da sie meist konzentriert und sorgfältig arbeiten. Auch die gestellten Hausaufgaben werden von den SuS gewissenhaft erledigt. Die Leistungsspitze besteht aus vier SuS, die verteilt im Raum sitzen. Durch ihre kontinuierliche Mitarbeit und ihre selbstständige Ausweitung der Themen auf weitere Wissensgebiete regen sie nicht nur ihre Mit- SuS zum Weiterdenken an, sondern bringen damit auch den Unterricht maßgeblich voran. Nach dem Lesestufenmodell von DESI3 befinden sich diese SuS auf der Stufe 5-6. Sie sind in der Lage, nicht nur den vorangegangenen Text zu reflektieren und Leerstellen sinngemäß zu füllen, sondern auch globale Kohärenzen herzustellen, sodass sie über ein mentales Modell des gesamten Textes verfügen. Das mittlere Leistungsspektrum setzt sich aus 21 SuS zusammen, die noch einmal zu unterscheiden sind.

17 der 21 SuS beteiligen sich ebenfalls am Unterricht, allerdings meist erst, nachdem ein Impuls aus der leistungsstarken Gruppe gekommen ist, dem sie sich dann anschließen. In kooperativen Arbeitsformen zeigen sie sich arbeitswillig und erledigen die ihnen gestellten Aufgaben sorgfältig. Verbesserungsmöglichkeiten bestehen noch bei der Verwendung der richtigen Fachtermini und der Fähigkeit, präzise und begründet zu sprechen. Letzteres soll vor allem in der Präsentationsphase weiter vertieft werden.4 Bezogen auf das DESI-Lesemodell befinden sich diese SuS auf Stufe 3-4. Die anderen vier SuS zeigen eine schon fast scheue Form der Mitarbeit. Diese SuS beteiligen sich mündlich nur selten; in kooperativen Arbeitsformen fühlen sie sich allerdings sehr wohl und bringen gute Arbeitsergebnisse hervor. Durch Wiederholungen am Stundenbeginn und Motivierungsphasen ist es mir mittlerweile gelungen, dass sie sich gelegentlich im Unterrichtsgespräch von selbst melden.

Vier SuS bilden die Gruppe der leistungsschwächeren Lernenden. Dabei handelt es sich einerseits um zwei Schülerinnen, die auch innerhalb kooperativer Arbeitsformen Probleme aufweisen, da sie nicht gerne laut und mit anderen sprechen. Ihre Ergebnisse im schriftlichen Bereich sind im befriedigenden Bereich zu verorten. Da ich das Klassenklima als sehr harmonisch empfinde, habe ich sie schon mehrfach dazu ermuntert, kürzere bzw. sichere mündliche Beiträge zu leisten, wie zum Beispiel kleine Stundenzusammenfassungen, um ihr Selbstbewusstsein zu stärken und sie für weitere mündliche Aktivitäten zu motivieren, was sie mittlerweile auch sporadisch umsetzen. Andererseits handelt es sich bei den vier leistungsschwächeren Lernenden um zwei Jungen, die aufgrund mangelnden Wissens zum Unterrichtsgespräch wenig beisteuern können. Einer der beiden Schüler hat in den letzten Monaten des Öfteren gefehlt. Seine Eltern haben sich im Sommer getrennt und der Schüler leidet derzeit stark darunter. Bei dem anderen Schüler handelt es sich um den vermeintlichen ADHS-Schüler. Er ist gedanklich oft nicht in der Thematik und macht nur selten seine Hausaufgaben. Bei ihm besteht das Problem, dass er ständig seine Materialien verliert und dadurch stets damit beschäftigt ist, bereits erledigte Hausaufgaben nachzuholen und sich vergangenes Wissen anzueignen. Des Weiteren haben diese beiden Schüler Leseschwierigkeiten und weisen somit eine niedrige Lesekompetenz auf. Nach dem DESI-Modell sehe ich diese SuS auf Stufe 1-2. Zur Förderung ihrer Lesekompetenz und zur Förderung der Lese- und Rezeptionsstrategien bekommen sie zusätzlich regelmäßig kürzere Texte von mir, die sie innerhalb einer bestimmten Zeit zu Hause üben und schriftlich oder mündlich zu einem festgesetzten Zeitpunkt wiedergeben. Zur Aktivierung dieser SuS in der geplanten Stunde dient der an der Lebenswelt der SuS orientierte Einstieg, der der gesamten Lerngruppe die Möglichkeit bietet, sich beteiligen zu können.

2. Sachanalytische Überlegungen

Das Gedicht „Der Panther“ von Rainer Maria Rilke aus dem Jahre 1902 beschreibt einen Panther in Gefangenschaft und dessen zunehmende Selbstentfremdung. In dem Gedicht ist eine Progression von der äußeren Erscheinung hin zum inneren Sein zu erkennen. Das Gedicht beschreibt an sich die Ermüdung und Niedergeschlagenheit des anmutigen und grazilen Tieres durch die Gefangenschaft. Beim Übertragen der Situation des Panthers auf den Menschen lassen sich jedoch Parallelen feststellen: Durch die vielen alltäglichen Zwänge, die dem Menschen durch die Gesellschaft oder durch die eigenen Interessen auferlegt sind, kann auch er in eine solche Situation geraten. Im Gegensatz zu dem Tier kann sich der Mensch meist selbst daraus befreien. Das Gedicht, das auf den ersten Blick als reine Beschreibung des Tieres wirkt, kann im Weiteren als Appell an die Menschen gelten, sich nicht zu sehr von fortwährenden Zwängen gefangen nehmen zu lassen, da ihnen sonst - ebenso wie dem Panther - eine innere Leere droht.

3. Didaktisch-methodische Analyse

Die Unterrichtseinheit „Lyrik“ ist in den Richtlinien des Hessischen Lehrplans5 für die siebte Klasse des gymnasialen Bildungsgangs G9 verankert. Da die SuS der 7d im Allgemeinen „Lyrik doof finden“6 und den Inhalt und die Aussage von Gedichten meist nicht verstehen7, habe ich mich in der kompletten Einheit sowie auch in der geplanten Stunde für den Zugang zu Gedichten über die Alltagswelt der SuS entschieden.

Den Einstieg bildet eine Folie mit einem Panther, den die SuS in seiner Erscheinung charakterisieren. Anschließend hören die SuS das Gedicht „Der Panther“ von Rainer Maria Rilke auf CD und beschreiben, wie der in dem Gedicht beschriebene Panther auf sie wirkt. Ich habe mich für das Hörspiel entschieden, da die Betonung und die untermalende Musik die Grundstimmung des Gedichts unterstützen und den Siebtklässlern somit einen leichteren Zugang zum Gedicht ermöglicht. Zugleich erleben die SuS durch die unterschiedliche Wahrnehmung des Panthers eine Differenzerfahrung. Die Äußerungen der SuS zur Wirkung des Panthers auf sie werden an der Tafel in einem Cluster festgehalten. Das Cluster soll dazu dienen, die Sinneseindrücke der SuS der sammeln und das assoziative Denken in dem kreativen Schreibprozess der zweiten Erarbeitungsphase zu fördern. In der folgenden Erarbeitungsphase I erhalten die SuS das Gedicht in schriftlicher Form, das noch einmal gemeinsam gelesen und anschließend inhaltlich in Partnerarbeit erschlossen wird. Dazu sollen die SuS zu jeder Strophe jeweils einen Satz schreiben. Dies soll dazu dienen, dass sich die SuS intensiv mit dem Inhalt auseinandersetzen und die „Gedichtsprache“ in eine Sprache übersetzen, in der für sie das Gedicht verständlich wird. Die schnelleren Lernenden verfassen einen Kernsatz des Gedichts in der ihnen bekannten Form „TTAT“ (Textsorte, Titel, Autor, Thema). Die Formulierung des Kernsatzes zeigt, inwiefern die SuS die Thematik des Gesichts verstanden haben. Ein anschließender Austausch im Plenum und das Festhalten der Ergebnisse an der Tafel dient dem Abgleich und der Sicherung. Für die leistungsschwächeren Lernenden wird nachfolgend ein Schüler gebeten, den Panther szenisch zu interpretieren. Auf diese Weise haben auch diejenigen SuS, die sich den Gemütszustand des Tieres trotz der inhaltlichen Erarbeitung noch nicht vorstellen können, die Möglichkeit, den Ausdruck des Ermüdens des grazilen Tieres visuell zu erfahren. Gleichzeitig dient das Hineinschlüpfen in die Rolle des Panthers als Übergang zur Erarbeitungsphase II, in der die SuS einen Perspektivenwechsel einnehmen sollen, indem sie einen Monolog des Panthers im Käfig verfassen. Dabei soll deutlich werden, aus welchen Gründen der Panther so niedergeschlagen ist, was er dabei fühlt und wie er die Umwelt wahrnimmt. Das gemeinsame Ziel aller Monologe soll die Erkenntnis der Ausweglosigkeit aus der Gefangenschaft sein. Als Binnendifferenzierung liegen auf dem Pult Umschläge mit Hilfe-Wörter bereit, die den Panther in seiner Gefühlslage beschreiben. Des Weiteren befindet sich daneben ein Bild eines Panthers im Käfig, das denjenigen SuS, die noch Probleme haben, helfen soll, in die Rolle des Panthers und dessen Gemütszustand hineinzuschlüpfen. Der Arbeitsauftrag findet in einem sogenannten Lerntempoduett statt, in der die SuS zunächst für sich alleine arbeiten. Sobald ein Schüler fertig ist, signalisiert er dies durch Aufstehen und wartet, bis der nächste Schüler aufsteht. Diese beiden setzen sich zusammen und tragen sich gegenseitig ihre Ergebnisse vor. In dieser Präsentations- und Sicherungsphase geben sich die SuS gegenseitig und mithilfe des Kriterienkatalogs, den sie in vorherigen Stunden erarbeitet haben, Rückmeldung, inwiefern sie das inhaltliche und sprachliche Ziel erreicht haben. Dieses Feedbackgespräch erlaubt den SuS, Arbeitsergebnisse zu reflektieren, diese mit den eigenen Ergebnissen zu vergleichen und Verbesserungen anzustreben. Die Partner routieren solange, bis sich jeder Schüler mit mindestens einem Duettpartner ausgetauscht hat. Der Vorteil dieser Methode ist, dass hierbei jeder Schüler im eigenen Tempo arbeiten kann. Zudem wurde vereinbart, dass der Lernpartner rein nach dem Lerntempo gewählt wird und nicht auf Freunde gewartet werden darf. Hinsichtlich der in der Klasse gerne gewählten homogenen Gruppierung fördert diese Methode das Miteinanderarbeiten von allen. In der Reflexionsphase stellen einzelne SuS ihre Ergebnisse vor, die wiederum von den Mit-SuS anhand des Kriterienkatalogs analysiert werden. Um dem Gedicht einen direkten Alltags- und Lebensweltbezug zu geben, erläutern die SuS in ihrer Hausaufgabe, in welchen Situationen sich ein Mensch wie der Panther im Gedicht fühlen könnte.

[...]


1 Im Folgenden wird der Ausdruck „Schülerinnen und Schüler“ mit SuS abgekürzt.

2 Vgl. Didaktisch-Methodische Überlegungen, Punkt 3.

3 Vgl. Willenberg (2007): S. 11-13

4 Vgl. Didaktisch-Methodische Überlegungen, Punkt 3

5 Vgl. Hessisches Kultusministerium (2010):Lehrplan Deutsch. S. 27.

6 Vgl. Titel meiner Examensarbeit: „Lyrik ist doof“ - ….

7 Konnte durch die Anfangsevaluation zur Lyrik-Einheit belegt werden 2

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Unterrichtsstunde zu Rilkes "Panther"
Untertitel
Inhaltliche Erschließung und Problematisierung des Gedichts „Der Panther“ von R.M. Rilke
Note
12 Punkte
Autor
Jahr
2013
Seiten
15
Katalognummer
V263370
ISBN (eBook)
9783656521495
ISBN (Buch)
9783656524052
Dateigröße
929 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Der Entwurf ist nach aktuellen kompetenzorientierten Vorgaben im Rahmen einer Lernaufgabe erstellt worden. ACHTUNG: Fotos müssen selbst ergänzt werden. Diese sind aus urheberrechtlichen Gründen nicht beigefügt (Quellen sind genannt).
Schlagworte
Rilke Der Panther, Der Panther, Der Panter, Unterrichtsentwurf Der Panther, Lyrik Rilke
Arbeit zitieren
A. Sauer (Autor:in), 2013, Unterrichtsstunde zu Rilkes "Panther", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/263370

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