Platon zeichnet in seiner Politeia ein Bild vom Tyrannen, der weder Freiheit noch Freundschaft kennt, der menschliche Eingeweide kostet und bereit ist, Seelen zu verkaufen und Tempelraub zu betreiben. Er kommt zu dem Schluss, dass die Tyrannis "die strengste und wildeste Knechtschaft" ist, sodass Tyrannen die ewigen Höllenstrafen erwarten.
Platons Einstellung, die dem des berühmten Gesetzgebers und Reformers Solon sehr nahe kommt, hat maßgeblich zu dem schlechten Ruf beigetragen, in dem alle Tyrannen später standen. Mit diesen von Anekdoten und staatstheoretischen Vorstellungen gefärbten Tyrannentopos innerhalb der antiken Quellen, aber auch der modernen, fast zweihundert Jahre alten (Tyrannis-)Forschung, müssen wir uns als Historiker auseinandersetzen, wenn wir die Tyrannis als Herrschaftsform oder einen namentlichen Tyrannen vorurteilsfrei erklären und in ihrer historischen Funktion beurteilen wollen.
In diesem Kontext verwunderte den Verfasser dieser Arbeit, dass im Hinblick auf Peisistratos von Athen, der von 546/5 v. Chr. bis zu seinem Tode 527 v. Chr. die alleinige Herrschaft über seine Polis hatte, der modernen Forschung als auch in den der Tyrannis negativ gesinnten Quellen ein durchweg positives Bild gezeichnet wird. So gilt seine Herrschaft als "Friedenszeit für Athen", als "Goldene[s] Zeitalter" oder auch als Blütezeit. Diese vom Verfasser dieser Arbeit von vorneherein ausgemachte Paradoxie in der Bewertung der Tyrannis als Herrschaftsform einerseits und der Beurteilung der jahrzehntelangen Herrschaft Peisistratos über Athen andererseits, soll Dreh- und Angelpunkt der Untersuchung sein. Hierbei gilt es Licht in die Frage zu bringen, ob die historische Periode der Alleinherrschaft des peisistratidischen Usurpators als Zwangsherrschaft oder er doch letztlich Initiator eines – wie von Aristoteles beschriebenen - Goldenen Zeitalters war? Ist es darüber hinaus möglich, dass eine Zwangsherrschaft ein Goldenes Zeitalter initiiert?
Diese Fragen werden im Rahmen dieser wissenschaftlichen Arbeit als Grundlage zur näheren und vor allem differenzierten Betrachtung genommen. Zahlreiche Forschungskontroversen werden im Rahmen dieser Arbeit geschildert, wobei der Verfasser bewusst Position bezieht und hiermit zur Diskussion preisgibt. Darpüberhinaus wird die These erstellt, dass Athen selbst in seinen Grundstrukturen von der Tyrannis als Herrschaftsform maßgeblich beeinflusst wurde.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung: Die Tyrannis – Fluch oder Segen?
- 2. Die Tyrannis des Peisistratos in seinem historischen Gefüge
- 2.1 Die Ältere Tyrannis als Teil der archaischen Zeit
- 2.2 Die allgemeinen geschichtlichen Voraussetzungen für das Entstehen der Tyrannis
- 2.3 Die Aristokratie als Nährboden für die Entstehung der Tyrannis?
- 3. Peisistratos' Weg zur Macht
- 3.1 Aristokratische Tyrannisgelüste zur Zeit Solons
- 3.2 Das Ziel im Blickfeld: Peisistratos' unbändiger Wille zur Tyrannisetablierung
- 4. Den eigenen Sturz vor Augen: Peisistratos' Mittel zur Herrschaftsabsicherung
- 4.1 Der Tyrann und die Aristokraten: Eine unliebsame Verbindung?
- 4.2 Peisistratos Verhältnis zur Polisordnung
- 4.3 „Dem Demos ins Maul schauen?“ – Der Tyrann und seine Beziehung zum einfachen Bürger
- 4.4 Peisistratos als Urheber einer Bau-, Religions- und Kulturpolitik?
- 5. Fazit: Peisistratos – Der Identitätsstifter Athens
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Herrschaft Peisistratos' von Athen (546/5 – 527 v. Chr.) und hinterfragt die widersprüchlichen Darstellungen in historischen Quellen. Ziel ist es, die Frage zu beantworten, ob Peisistratos' Herrschaft als Zwangsherrschaft oder als "Goldenes Zeitalter" zu betrachten ist. Die Arbeit analysiert die historische Einbettung der Tyrannis, den Weg Peisistratos' zur Macht und seine Methoden der Herrschaftsabsicherung.
- Die historische Einordnung der attischen Tyrannis im 6. Jahrhundert v. Chr.
- Peisistratos' Weg an die Macht und seine politischen Strategien.
- Die Rolle der Aristokratie und des Demos unter Peisistratos' Herrschaft.
- Peisistratos' politische, wirtschaftliche und kulturelle Maßnahmen.
- Die Bewertung der Peisistratischen Herrschaft: Zwang oder "Goldenes Zeitalter"?
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Die Tyrannis – Fluch oder Segen?: Die Einleitung stellt die kontroverse Bewertung der Tyrannis in der Antike und der modernen Forschung dar. Sie hebt die scheinbar widersprüchliche positive Darstellung der Herrschaft Peisistratos' im Gegensatz zum überwiegend negativen Bild anderer Tyrannen hervor und formuliert die zentrale Forschungsfrage: War Peisistratos' Herrschaft eine Zwangsherrschaft oder der Beginn eines "Goldenen Zeitalters"? Die Arbeit strukturiert sich dreistufig, um die Argumentation nachvollziehbar zu gestalten, beginnend mit der Einordnung der attischen Tyrannis in den historischen Kontext.
2. Die Tyrannis des Peisistratos in seinem historischen Gefüge: Dieses Kapitel bietet eine umfassende Darstellung des historischen Kontextes der attischen Tyrannis. Es untersucht die ältere Tyrannis als Teil der archaischen Zeit, die allgemeinen geschichtlichen Voraussetzungen für ihr Entstehen und die Rolle der Aristokratie als potenzieller Nährboden für die Tyrannis. Das Kapitel legt den Grundstein für das Verständnis der politischen und sozialen Dynamiken, die Peisistratos' Aufstieg ermöglichten.
3. Peisistratos' Weg zur Macht: Dieses Kapitel konzentriert sich auf die detaillierte Analyse von Peisistratos' Weg an die Macht. Es beleuchtet seine aristokratischen Ambitionen zur Zeit Solons und analysiert seine Entschlossenheit und Strategien zur Erlangung der Alleinherrschaft. Der Fokus liegt auf der Beschreibung seiner politischen Manöver und der gezielten Nutzung der bestehenden sozialen und politischen Spannungen in Athen.
4. Den eigenen Sturz vor Augen: Peisistratos' Mittel zur Herrschaftsabsicherung: Dieses Kapitel untersucht die Methoden, die Peisistratos zur Sicherung seiner Macht einsetzte. Es analysiert sein Verhältnis zu den Aristokraten und dem Demos, seine politische Strategie und seine Rolle als Förderer von Bauprojekten, religiösen und kulturellen Aktivitäten. Der Schwerpunkt liegt auf der Darstellung seiner Herrschaftspraxis und deren Auswirkungen auf die athenische Gesellschaft.
Schlüsselwörter
Peisistratos, Tyrannis, Athen, archaische Zeit, Aristokratie, Demos, Herrschaftsabsicherung, "Goldenes Zeitalter", politische Strategien, soziale und wirtschaftliche Entwicklung.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu: Die Tyrannis des Peisistratos in Athen
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit untersucht die Herrschaft des Peisistratos in Athen (546/5 – 527 v. Chr.) und analysiert die widersprüchlichen Darstellungen seiner Herrschaft in historischen Quellen. Das Hauptziel ist es, die Frage zu beantworten, ob Peisistratos' Herrschaft als Zwangsherrschaft oder als "Goldenes Zeitalter" zu betrachten ist.
Welche Aspekte der Herrschaft Peisistratos' werden behandelt?
Die Arbeit analysiert die historische Einbettung der Tyrannis in Athen, Peisistratos' Weg zur Macht, seine Methoden der Herrschaftsabsicherung, sein Verhältnis zur Aristokratie und zum Demos, sowie seine politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Maßnahmen.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit gliedert sich in fünf Kapitel: Eine Einleitung, die die Forschungsfrage und den methodischen Ansatz beschreibt; ein Kapitel zur Einordnung der attischen Tyrannis in den historischen Kontext; ein Kapitel zu Peisistratos' Weg an die Macht; ein Kapitel zu seinen Methoden der Herrschaftsabsicherung; und schließlich ein Fazit, das die Ergebnisse zusammenfasst.
Welche historischen Quellen werden verwendet?
Die Arbeit bezieht sich auf antike historische Quellen, die unterschiedliche Perspektiven auf die Herrschaft Peisistratos' bieten. Die Arbeit analysiert diese Quellen kritisch und hinterfragt ihre jeweiligen Bias und Perspektiven.
Welche Forschungsfrage steht im Mittelpunkt?
Die zentrale Forschungsfrage lautet: War Peisistratos' Herrschaft in Athen eine Zwangsherrschaft oder kann sie als positives "Goldenes Zeitalter" beschrieben werden? Die Arbeit untersucht diese Frage, indem sie die verschiedenen Facetten seiner Herrschaft analysiert.
Welche Schlussfolgerung zieht die Arbeit?
Das Fazit der Arbeit fasst die Ergebnisse zusammen und gibt eine abschließende Bewertung der Herrschaft Peisistratos', wobei die widersprüchlichen Aspekte seiner Herrschaft berücksichtigt werden. Es beantwortet die Frage nach der positiven oder negativen Bewertung seiner Herrschaft im Lichte der gesammelten Erkenntnisse.
Welche Schlüsselwörter beschreiben den Inhalt der Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Peisistratos, Tyrannis, Athen, archaische Zeit, Aristokratie, Demos, Herrschaftsabsicherung, "Goldenes Zeitalter", politische Strategien, soziale und wirtschaftliche Entwicklung.
Welche Kapitel gibt es und worum geht es in ihnen?
Die Arbeit enthält folgende Kapitel: Einleitung (Einordnung der Thematik und Forschungsfrage), Die Tyrannis des Peisistratos im historischen Kontext (historische Voraussetzungen und Einordnung), Peisistratos' Weg zur Macht (Analyse seiner Strategien und Machtergreifung), Peisistratos' Methoden zur Herrschaftsabsicherung (Analyse seiner Politik gegenüber Aristokratie und Demos), Fazit (Zusammenfassung und Bewertung der Herrschaft Peisistratos'). Jedes Kapitel behandelt detailliert die im jeweiligen Kapiteltitel genannten Aspekte.
- Arbeit zitieren
- Arian Sahitolli (Autor:in), 2013, Schreckensherrschaft oder Initiator eines Goldenen Zeitalters? Die Tyrannis des Peisistratos von Athen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/263739