Aufstiegschancen in der spätmittelalterlichen Gesellschaft

Reichtum und Weisheit im Fortunatus


Hausarbeit, 2007

15 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Aufstiegschancen in der spätmittelalterlichen Gesellscha
2.1. Reichtum
2.2 Aufstieg durch Bildun

3 Fortunatu
3.1. Reichtum im Fortunatu

4 Weishe
4.1 Weisheit als Welterfahrun
4.2 Weisheit im Sinne selbstreflektierten Verhalten

5. Fazit: Didax

Literaturlist

Primärliterat

Sekundärliteratu

1. Einleitung

Das Motiv der Wahl zwischen Reichtum und Weisheit wird in der Forschung zum „Fortunatus“ als Hauptmotiv und Kernthema der Erzählung gewertet.[1] Der Verfasser dieser Erzählung widmet sich damit einem Thema, welches seine Wurzeln im Alten Testament, der alttestamentarischen Weisheitslehre und insbesondere der Geschichte um die Weisheitswahl König Salomons findet. Obwohl genaue Angaben zum Verfasser bis in die heutige Zeit nicht rekonstruiert werden können, ist doch wahrscheinlich, dass er aus dem Bürgertum des 15. Jahrhunderts stammt. Die Ereignisse seiner Zeit, die Umbrüche vom feudalen zum frühkapitalistischen Gesellschaftssystem, spiegeln sich in der Erzählung wider und finden ihren Ausdruck nicht zuletzt im Motiv Reichtum gegen Weisheit. Obwohl der Verfasser sich direkt auf die alttestamentarische Weisheitslehre bezieht und angibt, seine didaktischen Absichten ebendieser Lehre unterzuordnen, finden sich in der Geschichte um „Fortunatus“ und seine Abenteuer doch Anhaltspunkte, welche sich der Absicht des Verfassers entgegenstellen und der Lehre des Alten Testaments widersprechen.

Die vorliegende Arbeit wird versuchen, den Grundwiderspruch in der Didaxe aufzudecken.

Da dieser Widerspruch im Kontext des zeitgeschichtlichen Gesellschaftssystems zu verstehen ist, wird sich der erste Abschnitt der Arbeit der Frage widmen, welche der Komponenten - Reichtum oder Weisheit – einen gesellschaftlichen Aufstieg zur damaligen Zeit ermöglichten. Von dieser theoretischen Grundlage ausgehend, führt der zweite Abschnitt der Arbeit direkt in die Erzählung des „Fortunatus“. In diesem Abschnitt soll sowohl die Funktion des Reichtums als auch die Funktion der Weisheit unter Berücksichtigung der im ersten Abschnitt herausgearbeiteten Ergebnisse und anhand der Erzählung überprüft und erläutert werden. Der dritte Abschnitt der Arbeit wird sich schließlich der Diskussion um das Grundproblem der bereits erwähnten widersprüchlichen Didaxe der Erzählung widmen. Ausgehend von den Funktionen des Reichtums und denen der Weisheit soll in diesem Abschnitt die Frage geklärt werden, inwieweit der Autor tatsächlich der vorgegebenen Intention folgt, dass „in alweg vernunfft und weißhait für all schaetz dieser welt / zu begeren und zu erwoelen ist“[2], und inwiefern und auf welche Art und Weise er sich in seiner Erzählung von dieser Didaxe entfernt.

2. Aufstiegschancen in der spätmittelalterlichen Gesellschaft

Der Übergang von der spätmittelalterlichen zur frühneuzeitlichen Gesellschaft ist gekennzeichnet durch eine allmähliche Öffnung und Destabilisierung der Ständeordnung. Sozialer Aufstieg ist fortan nicht mehr zwangsweise an (gottgegebene) adlige Geburt und Erbfolge gebunden, sondern kann durch verschiedene Faktoren erworben bzw. beeinflusst werden. Im Folgenden sollen zwei dieser Faktoren dargestellt und in ihrer Bedeutung näher beleuchtet werden.

2.1. Reichtum

Die Etablierung des Geldes als universelles und personenabstraktes Zahlungsmittel führt im Spätmittelalter zu einer Reihe gesellschaftlicher Turbulenzen. Die Stabilisierung der Finanzwirtschaft lässt den Besitz von Geld bald unentbehrlich werden und wirkt sich empfindlich auf die bestehende Ständeordnung aus. „Die Entfaltung der Geldwirtschaft führt zu einer langsamen Verschiebung der Personen, die auf der sozialen Bühne vertreten sind.“[3] Während der alteingesessene Adel noch lange Zeit an tradierten Vorstellungen der Naturalwirtschaft festhält und Reichtum weitestgehend über Besitz von Land und Leuten definiert, emanzipiert sich das Bürgertum durch den Handel mit Waren und der damit einhergehenden Anhäufung größerer Mengen Geldes. Das aufstrebende Besitzbürgertum orientiert sich in seinem Habitus stark am Erfolgeadel. Der Besitz von Geld erlaubt der neu entstandenen Oberschicht (dem Patriziat) das Führen eines aufwendigen, repräsentativen Lebensstils, wie er bis dato ausschließlich dem Adel vorbehalten war. Zu einem solchen Lebensstil gehört sowohl ein prunkvoller Wohnsitz in Stadtnähe bzw. im Stadtzentrum, als auch Bau und Unterhaltung von Kapellen und Grabstätten. Finanzieller Reichtum findet seinen Ausdruck im Tragen exklusiver Kleidung, im Besitz guter Pferde, Waffen, Wappen und Schilde und nicht zuletzt in der Ausrichtung aufwendiger und ausgedehnter Festlichkeiten.

Während das Besitzbürgertum nun derartig im gesellschaftlichen Gefüge nach vorne strebt und nicht zuletzt aufgrund seiner monetären Besitzverhältnisse an Stärke und Macht gewinnt, fällt es besonders dem niederen Adel zusehends schwerer, sich in Rang und Stellung zu behaupten. Der Adel, in seinem Habitus auf Faulheit ausgerichtet[4], gerät zunehmend in Geldnot. Um mit dem auf demonstrativen Konsum angelegten Gebaren des Besitzbürgertums mitzuhalten, „erhebt [er] die Verschwendung, die Verschuldung, zur Tugend seiner Kaste“[5]. Die Folgen sind verheerend. Leidtragende des Geschehens finden sich vor allem in der sozialen Unterschicht, in der Schicht der Bauern, welche bald nicht nur durch steigende Zinsen belastet werden, sondern oft genug dem sich ausbreitenden Raubrittertum anheimfallen.

Besitz wird zum zentralen Faktor für sozialen Aufstieg und greift die Vormachtstellung der adligen Geburt an. Bürgern bzw. Nichtadligen bietet sich nun aufgrund monetärer Besitzverhältnisse die Möglichkeit zur Nobilitierung.

Die Kehrseite der durch Geldbesitz gewonnenen neuen Freiheit findet sich im Verlust von Sicherheiten. Ein Unglück im Warenhandel schlägt sich im Verlust von Geld nieder und hat als Konsequenz meist den Abstieg in eine rangniedere Position zur Folge. Dem sozialen Aufstieg mittels Reichtum (in Form von Geldbesitz) folgt mitunter der soziale Abstieg und der Verlust von Macht durch den Mangel baren Geldes.

2.2 Aufstieg durch Bildung

Die zunehmende Komplexisierung der Welt macht im Spätmittelalter eine auf Spezialisierung der Professionen und Handwerke ausgerichtete Arbeitsteilung unumgänglich. Eine solche Spezialisierung erfordert entsprechende Kenntnisse, die nur durch Bildung erworben werden können. Für die geschulte bürgerliche Mittelschicht öffnet sich hier ein neues Terrain. Bürgerliche üben sich in Jurisprudenz und Finanzverwaltung, bekleiden Stellen im erstarkenden Beamtenwesen und werden aufgrund ihrer Fachkenntnisse bald unabkömmlich für das Funktionieren des frühkapitalistischen Systems.

Ebenso besteht für die Handel treibende Oberschicht die Notwendigkeit der Aneignung von Bildung und Wissen. Durch die Expansion des Handelsverkehrs in immer fernere Gefilde wird überdies das Erlernen von Fremdsprachen zur Bedingung für erfolgreiche Geschäfte.

Sozialer Aufstieg aufgrund spezifischer Qualifikationen ist ebenso in der Handwerkssparte möglich. Als Beispiel sei hier auf die Goldschmiedekunst verwiesen, welche in ihrem sozialen Ansehen zwischen Mittel- und Oberschicht rangiert, sich vom Stand des einfachen Handwerks abhebt und der Stellung des gut betuchten Bürgertums nähert.

Resümierend lässt sich feststellen, dass der Bildungsgrad eine Rolle für soziales Emporkommen spielen konnte, dieser aber letztendlich der Macht des Geldes unterlag. Sozialer Aufstieg durch Bildung, Fachkenntnis oder Qualifikation ist möglich, sozialer Aufstieg durch monetären bzw. herrschaftlichen Besitz jedoch wahrscheinlich.

[…]


[1] Vgl. Heise, Walter: Die deutschen Volksromane vom Fortunatus bis zum Simplicissimus in ihrer poetischen Struktur. Göttingen 1952, S. 15.

[2] Fortunatus. Studienausgabe nach der Editio princeps von 1509. Hg. von Hans-Gert Roloff, Stuttgart 1996, S. 5.

[3] Duby, Georges: Die drei Ordnungen. Frankfurt am Main 1986, S. 466.

[4] Ebd. S. 467.

[5] Ebd. S. 468.

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Aufstiegschancen in der spätmittelalterlichen Gesellschaft
Untertitel
Reichtum und Weisheit im Fortunatus
Hochschule
Universität Potsdam  (Institut für Erziehungswissenschaft)
Veranstaltung
Fortunatus
Note
1,7
Autor
Jahr
2007
Seiten
15
Katalognummer
V263837
ISBN (eBook)
9783656526339
ISBN (Buch)
9783656528159
Dateigröße
474 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
aufstiegschancen, gesellschaft, reichtum, weisheit, fortunatus
Arbeit zitieren
Iwa Juschak (Autor:in), 2007, Aufstiegschancen in der spätmittelalterlichen Gesellschaft, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/263837

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