Die Rolle der Kirchen im NS-Regime sowie christlich motivierter Widerstand


Facharbeit (Schule), 2011

20 Seiten, Note: 1,2


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1.Einleitung

2.Die Rolle der evangelischen Kirche
2.1 Offizielle Position
2.2 Die Deutschen Christen
2.3 Die Bekennende Kirche
2.4 Einzelpersönlichkeiten
2.4.1 Dietrich Bonhoeffer
2.4.2 Martin Niemöller

3.Die Rolle der katholischen Kirche
3.1 Offizielle Position
3.1.1 Das Reichskonkordat
3.2 Einzelpersönlichkeiten
3.2.1 Clemens August von Galen
3.2.2 Max Josef Metzger

4.Die Rolle der Zeugen Jehovas

5.Reaktionen der Kirchen nach dem 2. Weltkrieg
5.1 Die Reaktion der evangelischen Kirche
5.2 Die Reaktion der katholischen Kirche

6.Schlusswort

7.Erklärung

8.Literatur- und Quellenverzeichnis

In Hitlers Konzentrationslagern wurden zwischen 1933 und 1945 etwa 6 Millionen Juden ermordet. Der von Hitler provozierte 2. Weltkrieg forderte das Leben von mindestens 50 Millionen Soldaten.

Das bedeutet nach vorsichtigen Schätzungen eine Opferzahl von 56 Millionen Menschen.

Gerade einmal 2% der deutschen Bevölkerung leisteten während Hitlers Terrorregime aktiven Widerstand.

Einleitung

„Sie haben erklärt: Die Sorge für das deutsche Volk überlassen Sie mir. Dazu muss ich erklären, dass weder Sie noch sonst eine Macht in der Welt in der Lage sind, uns als Christen und Kirche die uns von Gott auferlegte Verantwortung für unser Volk abzunehmen.“ [1]

Martin Niemöller gegenüber Adolf Hitler am 25. Januar 1934

Die Rolle der Kirchen im Nationalsozialismus wirft bis heute Fragen auf. Fakt ist, dass weder die evangelische noch die katholische Kirche jemals offiziell als Institution Partei gegen Hitler ergriffen. Zwar gab es gelegentliche kritische Äußerungen, doch blieben diese aus Angst um die kirchlichen Privilegien eher zurückhaltend. Aus heutiger Sicht ist es unvorstellbar, wie sich eine christliche Einstellung mit den Ansichten Hitlers vereinbaren lässt. Und doch gab es sie, die treuen Parteimitglieder, die sonntags auf der Kanzel standen und von Nächstenliebe predigten, die Theologen, die einen Treueid auf Hitler schworen und nicht zuletzt die vielen Wähler der Deutschen Christen, die das Gedankengut der NSDAP endgültig mit der Kirche verschmolzen.

Heute leben wir in einem Rechtsstaat, können die Schrecken der Vergangenheit mit Distanz betrachten und uns grenzenlos darüber empören, wie leicht es Hitler gemacht wurde, seine grausamen Ziele zu verfolgen. Doch selbst in unserem sicheren, angstfreien Alltag ist Zivilcourage nicht selbstverständlich, wie die aktuellen Fälle der Übergriffe auf ältere Menschen an belebten Plätzen wie U-Bahnstationen zeigen. Wem sogar diese Situation zu riskant ist, sollte sein Urteil über die vielen Mitläufer im NS-Regime noch einmal überdenken. Denn Angesichts des allgegenwärtigen Terrors der SS, der regelrechten Gehirnwäsche durch die Propagandamaschinerie und der nur zu berechtigten Todesangst, nicht nur um sich, sondern um Familie und Freunde, braucht es enormen Mut, um sich dagegen aufzulehnen. Die Leute, die diesen Mut damals aufbrachten, werden heute bewundert und als Maßstab für die Gesamtbevölkerung, für die 98% genommen, die sich dem Regime beugten.

Als Einzelner war man angreifbar, leicht auszuschalten. Doch sollte man meinen, dass eine so mächtige Vereinigung wie die christliche Kirche die Courage findet, ihren Einfluss auf die Bevölkerung zu nutzen (95% der Deutschen waren Kirchenmitglieder) und gegen ein in höchstem Maße unchristliches System vorzugehen. Doch dem war nicht so. Wie jeder größeren Institution waren Machterhalt und –gewinn auch den deutschen Kirchen wichtiger als Moral oder Lehre. Davon wird auf den folgenden Seiten die Rede sein, aber vor allem wird es um diejenigen gehen, die sich von der offiziellen Meinung der Kirche lossagten und ihren persönlichen christlichen und moralischen Ansprüchen folgten, ungeachtet der großen Gefahr, in die sie sich begaben.

2.Die Rolle der evangelischen Kirche

2.1 Offizielle Position

"Sie haben, mein Führer, die bolschewistische Gefahr im eigenen Land gebannt und rufen nun unser Volk und die Völker Europas zum entscheidenden Waffengang gegen den Todfeind aller Ordnung und aller abendländisch-christlichen Kultur auf. Die Deutsche Evangelische Kirche ist mit allen ihren Gebeten bei Ihnen und bei unseren unvergleichlichen Soldaten, die nun mit so gewaltigen Schlägen daran gehen, den Pestherd zu beseitigen, damit in ganz Europa unter Ihrer Führung eine neue Ordnung entstehe und aller inneren Zersetzung, aller Beschmutzung des Heiligsten, aller Schändung der Gewissensfreiheit ein Ende gemacht werde."[2]

Telegramm des geistlichen Vertrauensrates der

Deutschen Evangelischen Kirche an Hitler am 30. Juni 1941

Das obige Zitat ist charakteristisch für die allgemeine Auffassung der Kirche gegenüber der Weimarer Republik. Gerade von protestantischer Seite wurde diese „neue Ordnung“ herbeigesehnt, denn ihre ehemalige Machtposition, wie sie im Kaiserreich 47 Jahre lang gepflegt worden war, fand in der demokratischen Neuordnung keinen Platz mehr. Das Bedürfnis nach einer starken Führungspersönlichkeit, nach einem engen Zusammenwirken von Staat und Kirche war bei der evangelischen Bevölkerung extrem ausgeprägt, waren dies doch seit jeher Bestandteile protestantischer Tradition. In den Wirren der Weimarer Republik wurde dieses hierarchische System vermisst; das parlamentarische Chaos widerstrebte dem konservativen preußisch geprägten Christen.

Dazu kam noch die Angst vor dem Kommunismus, die in dem Zitat ebenfalls deutlich zu Tage tritt. All diese Problematiken schienen nur von nationalistisch eingestellter Seite erkannt zu werden, die das Kaiserreich idealisierten, den „Bolschewismus“ bzw. die KPD bekämpften und sich für eine machtmonopolistischere Regierungsform einsetzten.

Diese nicht etwa religiös, sondern politisch motivierte Einstellung bescherte Hitlers NSDAP sowie der ähnlich eingestellten Deutschnationalen Volkspartei viele Wählerstimmen vom protestantischen Lager, das im übrigen zwei Drittel der christlichen Bevölkerung in Deutschland ausmachte.

Diese Politisierung ist sicherlich eine der Hauptursachen, weshalb die Kirche während des Nationalsozialismus derartig versagte. Sie verstand sich sowohl während der Weimarer Republik als auch nach Hitlers Machtergreifung vor allem als Institution mit machtpolitischen Interessen. Widerstand gegen das Regime war viel zu riskant, hätte er doch Sanktionierung in Form von Privilegienkürzungen oder Machtverlust zur Folge gehabt. Deshalb wurde vielmehr versucht, sich mit dem Führer gut zu stellen, Zugeständnisse zu machen, alles in der Hoffnung, ebenfalls zuvorkommend behandelt zu werden. Dass dies nicht immer funktionierte, wird vor allem bei der Affäre um das Reichskonkordat (Vgl. 3.1.1) deutlich.

Nur in einem Punkt lehnten sich beide Kirchen gegen Hitlers Pläne auf: Die Gleichschaltung, die auch vor religiösen Organisationen keinen Halt machte, stieß auf vehementen Widerspruch („Kirchenkampf“, vgl. 2.2 bzw. 2.3). Allerdings begrüßte die evangelische Kirche zumindest die Idee einer „Reichskirche“, wie sie Hitler vorschwebte- denn dieses Konzept entsprach dem bereits angesprochenen monarchisch-konservativen Idealbild, das noch von der Kaiserzeit geprägt war.

2.2 Die Deutschen Christen

Am 6. Juni 1932 wurde die Glaubensbewegung „Deutsche Christen“ (DC) von Gauleiter Wilhelm Kube gegründet. Sie ging weitgehend aus der NSDAP hervor und vertrat dementsprechend deren Kernansichten. Die Deutschen Christen waren gleich nach ihrer Gründung sehr erfolgreich und erhielten in ihrem Gründungsjahr bei den Kirchenwahlen schon zwei Drittel der Stimmen.

Nach seiner Machtübernahme erkannte Hitler schnell, dass er die Kirche für seine Zwecke nutzen konnte. Er bezog die Deutschen Christen in seine Propaganda ein und löste damit einen enormen Mitgliederzuwachs aus. Auch in den Kirchenwahlen von 1933 erhielten sie die Mehrheit der Stimmen und durften alle wichtigen Ämter besetzen.

Allmählich wurde deutlich, dass Hitler sein Konzept der „Gleichschaltung“ auch auf die Kirchen übertragen wollte. Das bedeutete zum einen, eine staatlich kontrollierte „Deutsche Reichskirche“ zu gründen, also die 28 einzelnen Landeskirchen zu einer großen Organisation zusammenzufassen. Das stieß in großen Teilen der Kirchenmitglieder auf Zustimmung, da das föderalistische Landeskirchensystem als kompliziert und unübersichtlich empfunden wurde. An der Spitze sollte ein Reichsbischof stehen. Dieser sorgte für ersten Konfliktstoff, da die NSDAP diesen selbst ernennen wollte, um ihre Macht über die Kirche sicherzustellen.

Ein weiterer Kernpunkt der Gleichschaltung war der Arierparagraph, der die Besetzung von Kirchenämtern, sogar den Beitritt in die Kirchengemeinde „Ariern“ vorbehielt. Zusätzlich sollte das „jüdische“ Alte Testament aus der Glaubenslehre gestrichen werden.

Diese Regelungen des Arierparagraphen sowie die große Einflussnahme der Regierung auf die Kirche wollten nicht alle Mitglieder hinnehmen und formierten sich zur „Jungreformatorischen Bewegung“. Zusammen mit dem von Martin Niemöller gegründeten „Pfarrernotbund“ bildete sie die Grundlage für die „Bekennende Kirche“. Die Jungreformatoren stimmten bei der Besetzung des Reichsbischofs für Friedrich von Bodelschwingh, einen „Pastor (…), der das Vertrauen tätiger, gläubiger Gemeinden genießt“[3]. Er war Direktor der Bethel-Anstalten, einer diakonischen Einrichtung, in der behinderte Menschen betreut wurden. Der Kandidat der Deutschen Christen war Ludwig Müller, einer ihrer Mitbegründer und NSDAP-Mitglied der ersten Stunde. Tatsächlich gewann von Bodelschwingh die Wahl, doch trat er kaum einen Monat nach Amtsantritt wieder zurück: Die Deutschen Christen hatten alle Hebel in Bewegung gesetzt, um das Wahlergebnis als ungültig darzustellen, und Hitler persönlich trug den Rest dazu bei, um Bodelschwingh aus dem Amt zu vertreiben. Nachfolger wurde erwartungsgemäß Ludwig Müller, der zunächst alle Widersacher aus den höheren Ämtern beseitigte und im Dezember 1933 die evangelischen Jugendverbände in die Hitler-Jugend eingliederte.

2.3 Die Bekennende Kirche

"Ich bin einmal so blöd gewesen und wollte zwanzig Länderpäpste vereinigen." [4]

Adolf Hitler, 1942

Tatsächlich konnte die Bekennende Kirche die totale Auflösung der Kirche im Staat abwenden, und dies ist wohl auch der einzige Verdienst, der der institutionellen Kirche angerechnet werden kann. Denn auch die Bekennende Kirche ging als Organisation nicht geschlossen gegen Hitlers Politik vor. Ihre Ziele lagen alle innerhalb der kirchlichen Organisationsweise, die durch die Gleichschaltung nachhaltig abgeändert werden sollte.

Im Mai 1934 kam die Vereinigung in Wuppertal-Barmen zusammen und formulierte die „Barmer Theologische Erklärung“, in der ihre grundlegenden theologischen Ansichten und Vorstellungen von Glauben und Religion festgeschrieben waren:

[...]


[1] Klempnauer: Über Lebenschancen, S. 100

[2] http://www.dalank.de/jens/ek_ns.html

[3] http://www.hachtel.de/Volker/Texte/Fritz/kirchenkampf.html#CHRONOLOGISCHER

[4] http://www.dalank.de/jens/ek_ns.html

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Die Rolle der Kirchen im NS-Regime sowie christlich motivierter Widerstand
Note
1,2
Autor
Jahr
2011
Seiten
20
Katalognummer
V263993
ISBN (eBook)
9783656530046
Dateigröße
674 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
rolle, kirchen, ns-regime, widerstand
Arbeit zitieren
Sara Mann (Autor:in), 2011, Die Rolle der Kirchen im NS-Regime sowie christlich motivierter Widerstand, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/263993

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