Jüngst erklärte Deutschlands größte Tankstellenkette Aral die Einführung des Superkraftstoffes E10 in einem Pressegespräch mit der Zeitung „Die Welt“ für gescheitert. Der Vorstandsvorsitzende von Aral Deutschland, Stefan Brok sieht dabei E10 nicht mehr als Zukunftsprodukt.
Grund genug diese Aussage zu überprüfen – Ist E10 wirklich gescheitert oder ist in Zeiten immer stärker steigender Rohölpreise die Beimischung von Biokraftstof-fen unverzichtbar?
Inhaltsverzeichnis
1. Vorwort
2. Einleitung
2.1. Bioethanol - Eckdaten
2.2. Politischer Prozess der E10-Einführung
2.2.1. EU-Gesetzgebung
2.2.2. Umsetzung der Bundesregierung
2.3. Marktsituation
3. Hauptteil
3.1. Herkunft des Bioethanols
3.2. Betrachtung der landwirtschaftlichen Flächen
3.2.1. Landwirtschaftliche Flächen in Deutschland
3.2.2. Biotankstelle Brasilien?
3.2.3. Landgrabbing am Beispiel Addax & Oryx
3.2.4. Szenario der Eigenbedarfsdeckung
3.3. Entwicklung der Lebensmittelpreise seit 1990
3.3.1 Zusammenhänge zwischen Agrotreibstoffen und Lebensmittelpreisen
3.3.2. Beispiel „Tortillakrise“
3.4. Öffentliche Kritik
4. Schluss
4.1. Politische Reaktionen
4.2. Auswirkungen auf die Lebensmittelindustrie
4.3. Ethische Beurteilung
5. Anhang
1. Vorwort
Zu Beginn meiner Recherchen zu dieser Facharbeit zum Thema E10 erklärt Deutschlands größte Tankstellenkette Aral die Einführung des Superkraftstoffes E10 in einem Pressegespräch mit der Zeitung „Die Welt“ für gescheitert1. Der Vorstandsvorsitzende von Aral Deutschland, Stefan Brok sieht dabei E10 nicht mehr als Zukunftsprodukt.
Grund genug diese Aussage zu überprüfen - Ist E10 wirklich gescheitert oder ist in Zeiten immer stärker steigender Rohölpreise die Beimischung von Biokraftstoffen unverzichtbar? Dazu wird neben dem ökonomischen Faktor dieser Beurteilung das Augenmerk vor allem auf eine ökologische und ethische Betrachtung des Kraftstoffes - von der Ernte bis zum Tank - gehen.
Dabei werden in der vorliegenden Ausarbeitung zunächst die Themenbereiche Hunger, Anbaufläche und Lebensmittelpreise beleuchtet, um schließlich eine ethische Bewertung vorzunehmen.
2. Einleitung
2.1. Bioethanol - Eckdaten
Bioethanol ist ein Alkohol2, der aus nachwachsenden Rohstoffen, bevorzugt zucker- und stärkehaltigen Feldfrüchten, vermehrt aber auch zellulosehaltigenPflanzenbestandteilen hergestellt wird. In Deutschland ist die Zuckerrübe der wichtigste Zuckerlieferant, während Kartoffeln und Winterweizen die wichtigsten Rohstoffträger für Stärke darstellen.3 Im internationalen Markt spielen zuckerhaltige Rohstoffe die dominierende Rolle bei der Ethanolerzeugung.4
In Deutschland gibt es im Frühjahr 2013 sieben Produktionsanlagen, welche sich überwiegend im Osten des Landes befinden.5 Dabei werden nach Branchenangaben im deutschen Markt bei der Bioethanolproduktion etwa ein Drittel Zuckerrüben und zwei Drittel Futtergetreidesorten verwendet.6
2.2. Politischer Prozess der E10-Einführung
2.2.1. EU-Gesetzgebung
Die Einführung des Kraftstoffes E10 in Deutschland folgt der ErneuerbarenEnergien-Richtlinie7 der EU. Diese ist eine Reaktion auf die, bis zum Inkrafttreten am 25. Juni 2009 gültige Richtlinie 2003/30/EG, welche von vielen Mitgliedsstaaten nicht oder nicht hinreichend umgesetzt wurde.
Diese neue Richtlinie besagt, dass bis 2020 mindestens 10 % des Endenergieverbrauchs im Mobilitätssektor aus erneuerbaren Energien stammen muss. Die Umsetzung dieser Richtlinie ist den EU-Mitgliedsländern freigestellt und so sind die Ansatzpunkte, wie das 10-Prozent-Ziel erreicht wird, innerhalb der europäischen Gemeinschaft unterschiedlich.
2.2.2. Umsetzung der Bundesregierung
Die Einführung von E10 wurde in der Bundesrepublik schon länger diskutiert. Sowollte der damalige Bundesminister für Umwelt, Sigmar Gabriel, SPD schon 2008einen Kraftstoff mit einem zehnprozentigen Anteil an Bioethanol einführen, verwarf dies jedoch im gleichen Jahr auf Grund der globalen Lebensmittelpreisanstiege8. Vollendet wurde die E10-Einführung durch die in 2.2.1 genannte EURichtlinie, welche für Deutschland durch Bundesminister Gabriel verhandeltwurde. Umgesetzt hat die Bundesregierung diese im Biokraftstoffquotengesetz9, welches eine Beimischungsquote von Biokraftstoffen von acht Prozent bis 2015 und zehn Prozent bis 2020 vorsieht.
Nach Ansicht der Bundesregierung gebe es keine andere Möglichkeit diese Ziele umzusetzen, als den Kraftstoff E10 einzuführen. Die Markteinführung erfolgte mit Beginn der Jahres 2011 an den deutschen Tankstellen.
2.3. Marktsituation
Bei den Verbrauchern stieß die Einführung von E10 auf Ablehnung. Auf der einen Seite hatten viele Verbraucher keinerlei Informationen, ob ihr Kraftfahrzeug den neuen Kraftstoff verträgt, auf der anderen Seite kritisierten viele Umweltverbände den Kraftstoff als „Greenwashing“10.
Seit der Einführung vor gut zwei Jahren hat sich der Kraftstoff jedoch etabliert. Der Marktanteil betrug Ende 2012 14,64 Prozent, die Tendenz ist - auch auf Grund des Preisunterschiedes gegenüber konventionellem Superbenzin bei weiter steigenden Mineralölpreisen - ansteigend.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
3. Hauptteil
3.1. Herkunft des Bioethanols
In Deutschland wurden 2011 nach Angaben der Bioethanolwirtschaft 0,58 Mio.Tonnen Bioethanol hergestellt. Rein rechnerisch sind somit bei einer bundesweiten Beimischung von ca. 1,24 Mio. Tonnen, etwa 0,66 Mio. Tonnen des für dieKraftstoffbeimischung eingesetzten Bioethanols importiert worden.13 Darausergibt sich, dass Bioethanol zu 50 Prozent importiert wurde. Nach Angaben vonOxfam Deutschland waren 2010 die Hauptexportländer für Bioethanol in die EU,Brasilien mit 315,634 Mio. Litern und die USA mit 151,499 Mio. Litern, weiteregroße Exportländer sind Ägypten, Bolivien, Peru, Guatemala und der Sudan.14 Offizielle Daten über die Herkunftsländer gibt es - auch auf telefonische Anfragebeim Bundesumweltamt, der Fachagentur für Nachwachsende Rohstoffe unddem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle - nicht.15 Diese würdennicht veröffentlich, heißt es aus den Behörden.
3.2 Betrachtung der landwirtschaftlichen Flächen
3.2.1. Landwirtschaftliche Flächen in Deutschland
Die landwirtschaftlich genutzte Fläche betrug in Deutschland 2011 16,7 Mio. ha.Davon wurden für die Bioenergie 2 Mio. ha, also in etwa zwölf Prozent, genutzt.16 Darunter fallen neben den Flächen für Agrokraftstoffe auch diejenigenfür Biogasanlagen. Da in Zukunft auf Grund der demografischen Entwicklung weniger landwirtschaftliche Flächen benötigt werden, um eine nationale Versorgung mit Lebensmitteln zu gewährleisten, und weil die Erträge sich durch modernere und rationalere Anbaumethoden weiter verbessern, ist es wahrscheinlich, dass weitere Anbauflächen für Bioenergie genutzt werden. Die Agrarindustrie spricht von einer Verdopplung der Flächen bis 2020 auf 4 Mio. ha.17
[...]
1 Vgl. http://www.welt.de/wirtschaft/article113429870/Aral-erklaert-E10-Einfuehrung-fuer-gescheitert.html (Abgerufen am 07.02.2013, 18:49 Uhr)
2 Bioethanol entspricht Ethanol mit der chemischen Halbstrukturformel C2H5OH
3 Vgl. Schmitz, Norbert (Hrsg.): Bioethanol in Deutschland. Münster (Landwirtschaftsverlag) 2003, S. 38
4 Ebd. S. 38
5 Vgl. http://www.bdbe.de/branche/marktdaten/ (Abgerufen am 19.02.2013, 15:08 Uhr)
6 Ebd. (Abgerufen am 19.02.2013, 15:08 Uhr)
7 Richtlinie 2009/28/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen und zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinien 2001/77/EG und 2003/30/EG
8 Vgl. http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/bio-sprit-e10-unfreiwillige-wende-zum-gruenen-benzin-1607894.html (Abgerufen am 01.03.2013, 16:06 Uhr)
9 Gesetz zur Einführung einer Biokraftstoffquote durch Änderung des Bundes- Immissionsschutzgesetzes und zur Änderung energie- und stromsteuerrechtlicher Vorschriften
10 Siehe auch 3.4. Öffentliche Kritik
11 Daten nach http://www.bafa.de/bafa/de/energie/mineraloel_rohoel/amtliche_mineraloeldaten/index.html(Abgerufen am 07.03.2013, 18:35 Uhr)
12 Q = Quartal
13 Vgl. http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/106/1710617.pdf (Abgerufen am 07.03.2013,20:04 Uhr)
14 Vgl. http://www.oxfam.de/ethanol-grafiken (Abgerufen am 11.03.2013, 15:52 Uhr)
15 Telefonkontakt am 11.03.2012 - Herr Jaschinski (UBA), Herr Mönch (FNR), Herr Kind (BAFA)
16 Vgl. Agentur für Erneuerbare Energien e.V. (Hrsg.): Der volle Durchblick in Sachen Energiepflanzen. Berlin 2012, S.7
17 Vgl. Ebd., S.6
- Arbeit zitieren
- Michael Kruse (Autor:in), 2013, Tank oder Teller!? E10 und die Auswirkungen auf die globale Lebensmittelindustrie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/264034