Die Frage, ob der Mensch von Natur aus gerne teilt oder nicht, ist wohl eine sehr weite. Was wir jedoch von den ersten geschichtlichen Aufzeichnungen bis zum heutigen Tag beobachten können ist, dass der Mensch eher ungerne (große) Teile seines Vermögens (sei es in Form von Ländereien, Naturalien oder Geldvermögen) ohne Gegenleistung hergibt. Umso erstaunlicher ist die Erkenntnis, dass die für einen jeden funktionierenden Staat überlebenswichtige „Steuer“ in Deutschland auf genau diese („Negativ-“) Definition zurückgreift. Über die Frage, ob Steuern gezahlt werden sollen oder nicht, lässt sich schnell ein zustimmender Konsens finden. Bei der Folgefrage aber, wie viel Steuer gezahlt werden soll, scheiden sich die Gemüter seit je her. Dementsprechend spiegelt sich im Verhalten jedes Steuerpflichtigen weltweit der Versuch seine „Abgaben“ möglichst gering zu halten. Während früher Teile des Vermögens versteckt und verschwiegen wurden, um sich dadurch ärmer zu stellen als man es in Wirklichkeit war, entwickelte sich dieser Trend bis zum heutigen Tag zu kuriosen Auswüchsen in Form von hoch komplexen „Steuersparmodellen“. Dieses Streben wird in der Bundesrepublik Deutschland auch grundsätzlich anerkannt, denn kein Steuerpflichtiger ist verpflichtet, seine persönlichen Umstände so zu gestalten, dass ein Steueranspruch entsteht. Vielmehr steht es ihm frei, die Steuer zu vermeiden und eine Gestaltung zu wählen, die eine geringere Steuerbelastung nach sich zieht. So berichteten erst vor Kurzem wieder Medien über Konglomerate (auch sog. „Global Player“), die durch höchst komplizierte und aufwändige Gesellschaftsstrukturen das internationale Steuergefälle sowie die Rechtssysteme verschiedenster Länder auf der ganzen Welt ausnutzen, um die Steuerbelastung für das eigene Geschäft zu minimieren. Die Frage, ob solche Vorgehensweisen moralisch richtig sind oder nicht, möchte ich hier bewusst nicht diskutieren. Die Folgefrage jedoch, ob derartige Gesellschaftsstrukturen „rechtlich stabil“ oder (wie so oft) an der Grenze zum Rechtsmissbrauch verlaufen und damit noch im Bereich der legalen Steuervermeidung oder bereits in der illegalen Steuerumgehung/ -hinterziehung liegen, möchte ich in der vorliegenden Arbeit unter dem Aspekt der „tatsächlichen bzw. eigenen wirtschaftlichen Tätigkeit“ einer ausländischen Zwischengesellschaft untersuchen. [...]
Inhaltsverzeichnis
- A. Einleitung
- B. Hinzurechnungsbesteuerung nach dem Außensteuergesetz
- I. Allgemeines
- 1. Historischer Überblick
- 2. Sinn und Zweck der Hinzurechnungsbesteuerung
- II. System der Einkünftezurechnung von Zwischengesellschaften
- III. Exkulpationsmöglichkeit (Gegenbeweis nach § 8 Abs. 2 AStG)
- C. Tatsächliche Ausübung mittels fester Einrichtung auf unbestimmte Zeit
- C. Anti-Treaty-Shopping-Regelung des § 50d Abs. 3 EStG
- I. Allgemeines
- 1. Historischer Überblick
- 2. Sinn und Zweck der Anti-Treaty-Shopping-Regelung
- II. Entlastungsvoraussetzungen des § 50d Abs. 3 EStG
- D. Missbräuchliche Gestaltungen gemäß § 42 AO
- I. Allgemeines
- II. Subsidiarität des § 42 AO
- III. Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten
- IV. Beweislast
- V. Rechtsfolgen
- E. Resümee
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Substanzanforderungen an ausländische Kapitalgesellschaften im deutschen Steuerrecht, insbesondere im Kontext der §§ 8 Abs. 2 AStG, 50d Abs. 3 EStG und § 42 AO. Ziel ist es, die Anforderungen an die „eigentliche wirtschaftliche Tätigkeit“ zu analysieren und die jeweiligen Rechtsfolgen bei Nichterfüllung zu beleuchten.
- Hinzurechnungsbesteuerung nach dem Außensteuergesetz (§ 8 Abs. 2 AStG)
- Anti-Treaty-Shopping-Regelung des § 50d Abs. 3 EStG
- Missbräuchliche Gestaltungen gemäß § 42 AO
- Der Begriff der „tatsächlichen wirtschaftlichen Tätigkeit“
- Beweislastverteilung in den verschiedenen Vorschriften
Zusammenfassung der Kapitel
A. Einleitung: Dieses Kapitel führt in die Thematik der Arbeit ein und beschreibt den Untersuchungsgegenstand sowie die Vorgehensweise. Es werden die relevanten gesetzlichen Bestimmungen benannt und der Forschungsfokus auf die Anforderungen an die „eigentliche wirtschaftliche Tätigkeit“ im Kontext der internationalen Steuervermeidung gelegt. Das Kapitel dient der Strukturierung und der Einordnung des Themas in den Gesamtkontext des deutschen Steuerrechts.
B. Hinzurechnungsbesteuerung nach dem Außensteuergesetz: Dieses Kapitel analysiert die Hinzurechnungsbesteuerung nach dem Außensteuergesetz (AStG), insbesondere § 8 Abs. 2 AStG. Es beleuchtet den historischen Kontext, den Sinn und Zweck der Regelung sowie das System der Einkünftezurechnung von Zwischengesellschaften. Ein besonderer Fokus liegt auf der Exkulpationsmöglichkeit durch den Nachweis einer tatsächlichen wirtschaftlichen Tätigkeit. Die Kapitel diskutieren ausführlich die Anforderungen an diese Tätigkeit und die damit verbundene Beweislastproblematik, inklusive der Relevanz der Amtshilferichtlinie und der Rechtsprechung des EuGH, insbesondere des Cadbury Schweppes-Urteils.
C. Tatsächliche Ausübung mittels fester Einrichtung auf unbestimmte Zeit: Dieses Kapitel befasst sich detailliert mit dem Kriterium der „tatsächlichen Ausübung mittels fester Einrichtung auf unbestimmte Zeit“. Es untersucht die verschiedenen Aspekte dieses Kriteriums, wie die Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit, das Vorhandensein einer festen Einrichtung, die Dauer der Tätigkeit und die sachliche sowie personelle Ausstattung. Die Kapitel analysiert die Bedeutung von eigenem Personal, Ausrüstungsgegenständen und der wertschöpfenden Tätigkeit. Der Aspekt der Segmentierung und die Frage der Einkünfte durch eigene Tätigkeit werden ebenso eingehend behandelt, um die Kriterien für eine substantielle wirtschaftliche Tätigkeit im Ausland umfassend zu klären.
C. Anti-Treaty-Shopping-Regelung des § 50d Abs. 3 EStG: Dieses Kapitel widmet sich der Anti-Treaty-Shopping-Regelung des § 50d Abs. 3 EStG. Es analysiert den historischen Hintergrund, den Sinn und Zweck der Regelung sowie die Entlastungsvoraussetzungen für die Gesellschafter. Der Fokus liegt auf der Frage, wann eine eigene wirtschaftliche Tätigkeit vorliegt und welche Anforderungen an einen angemessen eingerichteten Geschäftsbetrieb gestellt werden. Die Kapitel erörtert die Beweislastverteilung und die Rechtsfolgen bei Nichterfüllung der Voraussetzungen, wobei insbesondere die Kriterien „wirtschaftliche oder sonst beachtliche Gründe“ und die Definition von „eigenen“ Erträgen aus der Wirtschaftstätigkeit im Detail untersucht werden.
D. Missbräuchliche Gestaltungen gemäß § 42 AO: Dieses Kapitel behandelt die missbräuchlichen Gestaltungen gemäß § 42 AO. Es untersucht die Subsidiarität dieser Regelung im Vergleich zu § 8 Abs. 2 AStG und § 50d Abs. 3 EStG und analysiert die Anforderungen an eine unangemessene Gestaltung, den Steuervorteil und die Prüfung wirtschaftlicher oder sonst beachtlicher Gründe. Die Kapitel beleuchtet die Bedeutung der eigenen wirtschaftlichen Tätigkeit und die damit verbundenen Substanzerfordernisse, sowie die Beweislast und die Rechtsfolgen im Detail.
Schlüsselwörter
Hinzurechnungsbesteuerung, Außensteuergesetz (§ 8 Abs. 2 AStG), Anti-Treaty-Shopping-Regelung (§ 50d Abs. 3 EStG), § 42 AO, Tatsächliche wirtschaftliche Tätigkeit, Feste Einrichtung, Substanzanforderungen, Beweislast, Missbrauch, Internationale Steuervermeidung, EuGH-Rechtsprechung, Amtshilferichtlinie.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Arbeit: Substanzanforderungen an ausländische Kapitalgesellschaften im deutschen Steuerrecht
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Die Arbeit untersucht die Substanzanforderungen an ausländische Kapitalgesellschaften im deutschen Steuerrecht. Der Fokus liegt auf der Analyse der Anforderungen an die „eigentliche wirtschaftliche Tätigkeit“ im Kontext der §§ 8 Abs. 2 AStG, 50d Abs. 3 EStG und § 42 AO und den Rechtsfolgen bei Nichterfüllung dieser Anforderungen.
Welche gesetzlichen Bestimmungen werden behandelt?
Die Arbeit behandelt die Hinzurechnungsbesteuerung nach dem Außensteuergesetz (§ 8 Abs. 2 AStG), die Anti-Treaty-Shopping-Regelung des § 50d Abs. 3 EStG und missbräuchliche Gestaltungen gemäß § 42 AO. Ein zentraler Begriff ist dabei die „tatsächliche wirtschaftliche Tätigkeit“.
Was sind die zentralen Themen der Arbeit?
Zentrale Themen sind die Anforderungen an die „tatsächliche wirtschaftliche Tätigkeit“, die Beweislastverteilung in den verschiedenen Vorschriften, die Bedeutung einer festen Einrichtung und die Rechtsfolgen bei Nichterfüllung der Substanzanforderungen. Die Arbeit analysiert auch die Relevanz von EuGH-Rechtsprechung und der Amtshilferichtlinie.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit gliedert sich in eine Einleitung, Kapitel zur Hinzurechnungsbesteuerung nach AStG, zur Anti-Treaty-Shopping-Regelung, zu missbräuchlichen Gestaltungen nach § 42 AO und ein Resümee. Jedes Kapitel analysiert die jeweilige Rechtsvorschrift detailliert und beleuchtet den historischen Kontext, Sinn und Zweck sowie die Anforderungen an die wirtschaftliche Tätigkeit.
Was wird im Kapitel zur Hinzurechnungsbesteuerung (§ 8 Abs. 2 AStG) behandelt?
Dieses Kapitel analysiert die Hinzurechnungsbesteuerung, den historischen Kontext, den Sinn und Zweck, das System der Einkünftezurechnung von Zwischengesellschaften und die Exkulpationsmöglichkeit durch den Nachweis einer tatsächlichen wirtschaftlichen Tätigkeit. Die Beweislastproblematik und die Relevanz der Amtshilferichtlinie und der EuGH-Rechtsprechung (z.B. Cadbury Schweppes-Urteil) werden ausführlich diskutiert.
Was wird im Kapitel zur Anti-Treaty-Shopping-Regelung (§ 50d Abs. 3 EStG) behandelt?
Dieses Kapitel behandelt den historischen Hintergrund, den Sinn und Zweck der Regelung und die Entlastungsvoraussetzungen. Der Fokus liegt auf der Frage, wann eine eigene wirtschaftliche Tätigkeit vorliegt und welche Anforderungen an einen angemessen eingerichteten Geschäftsbetrieb gestellt werden. Die Beweislastverteilung und die Rechtsfolgen bei Nichterfüllung werden erörtert.
Was wird im Kapitel zu missbräuchlichen Gestaltungen (§ 42 AO) behandelt?
Dieses Kapitel behandelt die Subsidiarität von § 42 AO im Vergleich zu § 8 Abs. 2 AStG und § 50d Abs. 3 EStG. Es analysiert die Anforderungen an eine unangemessene Gestaltung, den Steuervorteil und die Prüfung wirtschaftlicher oder sonst beachtlicher Gründe. Die Bedeutung der eigenen wirtschaftlichen Tätigkeit, die Beweislast und die Rechtsfolgen werden detailliert beleuchtet.
Welche Schlüsselwörter charakterisieren die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Hinzurechnungsbesteuerung, Außensteuergesetz (§ 8 Abs. 2 AStG), Anti-Treaty-Shopping-Regelung (§ 50d Abs. 3 EStG), § 42 AO, Tatsächliche wirtschaftliche Tätigkeit, Feste Einrichtung, Substanzanforderungen, Beweislast, Missbrauch, Internationale Steuervermeidung, EuGH-Rechtsprechung, Amtshilferichtlinie.
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- Roman Deringer (Author), 2013, Die „eigene/ tatsächliche wirtschaftliche Tätigkeit“ im Steuerrecht, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/264458