Im Gegensatz zu anderen Staaten ist die Höhe des Beitragssatzes zur Arbeitslosenversicherung in Deutschland derzeit unabhängig von der Personalpolitik eines Unternehmens. Da aber unterschiedliche Verhaltensweisen beim Entlassungsverhalten der Unternehmen auch zu unterschiedlichen Kosten für die Arbeitslosenversicherung führen, bedeutet eine dies ignorierende einheitliche Beitragserhebung eine fehlende Internalisierung der verursachten Kosten, was zu Wettbewerbsverzerrungen und Wohlfahrtsverlusten führt. Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung hat in seinem Jahresgutachten nun eine Reform zur unternehmensspezifischen Ausgestaltung der Arbeitgeberbeitragssätze angeregt. Danach sollen sich in Zukunft die Beitragssätze für Unternehmen an den in einem festgelegten Zeitraum vor der Beitragssatzermittlung durch Freisetzungen verursachten Kosten für die Arbeitslosenversicherung orientieren. Die Ziele einer solchen Reform sieht der Sachverständigenrat zuvorderst in der Beseitigung der oben genannten Wettbewerbsverzerrungen, in einer verstärkten Überprüfung der Notwendigkeit von Entlassungen, einem zielgenaueren Kündigungsschutz und einer Unterstützung von Arbeitssuchenden durch ihren vorherigen Arbeitgeber.
Im Rahmen dieser Arbeit werden die Gründe für die Notwendigkeit einer Reform der Beitragserhebung betrachtet und der Reformvorschlag mit Zielen und Handlungsinstrumenten bei einer konkreten Ausgestaltung vorgestellt. Es werden die Auswirkungen einer solchen Reform betrachtet, sowohl in Hinblick auf Unternehmen, deren Belastungen und die Einstufungsvorgänge zu den einzelnen Beitragsklassen, wie auch die Auswirkungen auf Wettbewerb und Arbeitnehmer, speziell auch im Hinblick auf Kündigungsschutz, Sozialauswahl und zusätzlicher Unterstützung bei der Arbeitssuche durch den Arbeitgeber.
Die Auswirkungen auf Unternehmen führen zu Anpassungen in der Personalpolitik, die im anschließenden Kapitel untersucht werden sollen. Neue Kostenfaktoren führen zu neuen Ausgaben, aber auch zu neuen Einsparmöglichkeiten, die mit einer angepassten Personalpolitik hinsichtlich Freisetzungszahlen, Auswahl und Unterstützung der Mitarbeiter wahrgenommen werden können. Im darauf folgenden Kapitel werden die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen betrachtet – kann die Reform die im Gutachten beschriebenen Ziele erreichen? Es schließt sich ein Resümee an, in dem die gewonnenen Ergebnisse aufbereitet und zusammengefasst dargestellt werden.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Einleitung
- 2 Grundlagen der Arbeitslosenversicherung
- 2.1 Entstehung und Entwicklung
- 2.2 Die Bundesagentur für Arbeit
- 2.2.1 Aufgaben der Bundesagentur für Arbeit
- 2.2.2 Finanzierung der Bundesagentur für Arbeit
- 2.2.3 Haushalt der Bundesagentur für Arbeit
- 2.2.4 Finanzierungsproblematiken der Bundesagentur für Arbeit
- 3 Reform der Beitragserhebung auf Unternehmensseite
- 3.1 Gründe für Reformen
- 3.1.1 Fehlende Internalisierung der durch Entlassungen verursachten Kosten
- 3.1.2 Quersubventionierung von Unternehmen und Branchen
- 3.1.3 Ungewünschte volkswirtschaftliche Effekte
- 3.2 Der Reformvorschlag des Sachverständigenrates
- 3.2.1 Umsetzung der Reformvorschläge in der Praxis
- 3.2.2 Rückkopplung von Entlassungsverhalten und Beitragssatz
- 3.3 Konkrete Ausgestaltung
- 3.3.1 Voraussetzungen für die Einführung
- 3.3.2 Umsetzung des „Experience Rating“ in den USA
- 4 Auswirkungen der Reform
- 4.1 Auswirkungen auf Unternehmensseite
- 4.1.1 Belastungen bei Entlassungen mit undifferenzierten Beitragssätzen
- 4.1.2 Mittlere durch Freisetzungen verursachte Kosten
- 4.1.3 Der Risikoquotient zur Einstufung des Unternehmens
- 4.1.4 Bildung von Risikoklassen
- 4.1.5 Einteilung der Risikoklassen
- 4.1.6 Abhängigkeit des Risikoquotienten von individuell verursachten Kosten
- 4.1.7 Beeinflussungsmöglichkeiten des Risikoquotienten
- 4.1.8 Glättungswirkung bei Berechnung über mehrere Perioden
- 4.2 Auswirkungen auf den Wettbewerb
- 4.2.1 Internalisierung der Kosten der Beschäftigungsanpassungen
- 4.2.2 Verringerung von Wettbewerbsverzerrungen durch Quersubventionierungen
- 4.3 Auswirkungen auf Arbeitnehmerseite
- 4.3.1 Derzeitiger gesetzlicher Kündigungsschutz
- 4.3.2 Kündigungsschutz durch Kosteninternalisierung
- 4.3.3 Betrachtung der Gesamtzahl freigesetzter Mitarbeiter
- 4.3.4 Betrachtung von Höhe und Dauer der gezahlten Arbeitslosengelder
- 4.3.5 Unterstützung von Unternehmensseite bei der Beschäftigungssuche
- 4.3.6 Auswirkungen auf Arbeitnehmer nach Industriesektoren
- 4.3.7 Sozialauswahl durch Kosteninternalisierung
- 5 Neuausrichtung der Personalpolitik auf Unternehmensseite
- 5.1 Neubewertung der Kosten von Kündigungen
- 5.2 Maßnahmen zur Kostensenkung bei betrieblichen Kündigungen
- 5.2.1 Kostensenkung durch Anpassung der Zahl freizusetzender Personen
- 5.2.2 Auswahl freizusetzender Mitarbeiter nach Höhe der Bezüge
- 5.2.3 Auswahl freizusetzender Mitarbeiter nach Dauer der Bezüge
- 5.2.4 Einordnung von Arbeitnehmern nach zu erwartenden Freisetzungskosten
- 5.2.5 Unterstützung der Mitarbeiter bei Qualifizierung und Suche
- 5.2.6 Verhalten von Unternehmen bei maximalem Beitragssatz
- 5.3 Einstellungskriterien im Hinblick auf Kündigungskosten
- 5.3.1 Beeinflussung der Kündigungskosten durch Einstellungspolitik
- 5.3.2 Bildung eines Arbeitsmarkt zwischen Unternehmen
- 5.4 Stärkere Beeinflussung der Kosten durch Unternehmen
- 6 Gesamtwirtschaftliche Betrachtung
- 6.1 Verhaltensanpassung auf Unternehmensseite
- 6.1.1 Freisetzungszahlen
- 6.1.2 Ausgestaltung der Freisetzungen
- 6.1.3 Unterstützung freigesetzter Arbeitskräfte
- 6.2 Änderungen im Wettbewerb
- 6.3 Verhaltensanpassung auf Arbeitnehmerseite
- 7 Zusammenfassung und Resümee
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Diplomarbeit untersucht die Auswirkungen einer Reform der Erhebung von Arbeitgeberbeiträgen zur Arbeitslosenversicherung auf die Kosteninternalisierung von Beschäftigungsanpassungen. Ziel ist es, die Konsequenzen des Reformvorschlags des Sachverständigenrates zu analysieren und deren Auswirkungen auf Unternehmen, Arbeitnehmer und den Wettbewerb zu bewerten.
- Internalisierung von Entlassungskosten
- Auswirkungen auf die Personalpolitik von Unternehmen
- Wettbewerbswirkungen der Reform
- Folgen für Arbeitnehmer und den Arbeitsmarkt
- Gesamtwirtschaftliche Effekte
Zusammenfassung der Kapitel
1 Einleitung: Die Einleitung führt in die Thematik der Reformbedürftigkeit sozialer Sicherungssysteme in Deutschland ein und fokussiert auf die Arbeitslosenversicherung. Sie stellt den Reformvorschlag des Sachverständigenrates vor, der eine unternehmensspezifische Ausgestaltung der Arbeitgeberbeitragssätze zur Arbeitslosenversicherung anregt, um die fehlende Internalisierung von Entlassungskosten zu beheben und damit Wettbewerbsverzerrungen und Wohlfahrtsverluste zu reduzieren.
2 Grundlagen der Arbeitslosenversicherung: Dieses Kapitel beschreibt die Entstehung und Entwicklung der Arbeitslosenversicherung, die Aufgaben und Finanzierung der Bundesagentur für Arbeit sowie die damit verbundenen Finanzierungsproblematiken. Es legt die Basis für das Verständnis der Notwendigkeit und der Ziele der vorgeschlagenen Reform.
3 Reform der Beitragserhebung auf Unternehmensseite: Dieses Kapitel analysiert die Gründe für eine Reform der Beitragserhebung, insbesondere die fehlende Internalisierung der durch Entlassungen verursachten Kosten und die daraus resultierende Quersubventionierung. Es stellt detailliert den Reformvorschlag des Sachverständigenrates vor, der eine Rückkopplung zwischen den durch Entlassungen verursachten Kosten und den Arbeitgeberbeiträgen zur Arbeitslosenversicherung beinhaltet. Die Kapitel beschreibt die Umsetzung in der Praxis, einschließlich der Herausforderungen bei der Einführung und dem Vergleich mit dem "Experience Rating" in den USA.
4 Auswirkungen der Reform: Dieses Kapitel untersucht die Auswirkungen der Reform auf Unternehmensseite, indem es die Belastungen bei Entlassungen, die Berechnung des Risikoquotienten zur Einstufung von Unternehmen und die Bildung von Risikoklassen analysiert. Weiterhin werden die Auswirkungen auf den Wettbewerb und die Arbeitnehmerseite beleuchtet, mittels einer Betrachtung des Kündigungsschutzes, der Gesamtzahl freigesetzter Mitarbeiter, der Höhe und Dauer der Arbeitslosengelder und der Unterstützung durch den Arbeitgeber bei der Arbeitssuche.
5 Neuausrichtung der Personalpolitik auf Unternehmensseite: Dieses Kapitel befasst sich mit der Neubewertung der Kosten von Kündigungen und den daraus resultierenden Maßnahmen zur Kostensenkung auf Unternehmensseite. Es werden verschiedene Strategien zur Auswahl freizusetzender Mitarbeiter analysiert, sowie die Rolle der Unterstützung bei Qualifizierung und Arbeitssuche. Die Auswirkungen auf die Einstellungskriterien und die Entstehung eines internen Arbeitsmarktes werden ebenfalls diskutiert.
6 Gesamtwirtschaftliche Betrachtung: Das Kapitel untersucht die gesamtwirtschaftlichen Folgen der Reform. Es analysiert Verhaltensanpassungen auf Unternehmens- und Arbeitnehmerseite, einschließlich der Auswirkungen auf die Freisetzungszahlen, die Ausgestaltung der Freisetzungen und die Unterstützung freigesetzter Arbeitskräfte, und die Veränderungen im Wettbewerb.
Schlüsselwörter
Kosteninternalisierung, Beschäftigungsanpassung, Arbeitslosenversicherung, Arbeitgeberbeiträge, Reform, Sachverständigenrat, Wettbewerbsverzerrung, Risikoquotient, Personalpolitik, Kündigungsschutz, Arbeitnehmer, Unternehmen, Gesamtwirtschaft.
Häufig gestellte Fragen zur Diplomarbeit: Reform der Arbeitgeberbeiträge zur Arbeitslosenversicherung
Was ist das zentrale Thema dieser Diplomarbeit?
Die Diplomarbeit untersucht die Auswirkungen einer Reform der Arbeitgeberbeiträge zur Arbeitslosenversicherung auf die Kosteninternalisierung von Beschäftigungsanpassungen. Im Fokus steht die Analyse der Konsequenzen eines Reformvorschlags des Sachverständigenrates und deren Auswirkungen auf Unternehmen, Arbeitnehmer und den Wettbewerb.
Welche Aspekte der Arbeitslosenversicherung werden behandelt?
Die Arbeit beleuchtet die Entstehung und Entwicklung der Arbeitslosenversicherung, die Aufgaben und Finanzierung der Bundesagentur für Arbeit und die damit verbundenen Finanzierungsproblematiken. Ein Schwerpunkt liegt auf der Reform der Beitragserhebung auf Unternehmensseite, einschließlich der Gründe für die Reform, dem Reformvorschlag des Sachverständigenrates und dessen Umsetzung in der Praxis (inkl. Vergleich mit dem "Experience Rating" in den USA).
Wie wird die Reform der Beitragserhebung konkret beschrieben?
Die Reform zielt auf eine unternehmensspezifische Ausgestaltung der Arbeitgeberbeiträge ab. Der Beitragssatz soll an die durch Entlassungen verursachten Kosten gekoppelt werden, um die fehlende Internalisierung dieser Kosten zu beheben und damit Wettbewerbsverzerrungen und Wohlfahrtsverluste zu reduzieren. Die Arbeit beschreibt detailliert den Reformvorschlag, die Berechnung des Risikoquotienten zur Einstufung von Unternehmen und die Bildung von Risikoklassen.
Welche Auswirkungen der Reform auf Unternehmen werden untersucht?
Die Arbeit analysiert die Belastungen von Unternehmen bei Entlassungen mit undifferenzierten bzw. differenzierten Beitragssätzen, die Berechnung des Risikoquotienten und die Bildung von Risikoklassen. Es wird untersucht, wie Unternehmen ihren Risikoquotienten beeinflussen können und welche Glättungswirkung die Berechnung über mehrere Perioden hat. Die Auswirkungen auf die Personalpolitik, insbesondere die Neubewertung der Kosten von Kündigungen und Maßnahmen zur Kostensenkung, werden ebenfalls detailliert betrachtet.
Welche Auswirkungen hat die Reform auf den Wettbewerb und Arbeitnehmer?
Die Reform soll die Internalisierung von Entlassungskosten fördern und dadurch Wettbewerbsverzerrungen durch Quersubventionierungen reduzieren. Für Arbeitnehmer werden die Auswirkungen auf den Kündigungsschutz, die Gesamtzahl freigesetzter Mitarbeiter, die Höhe und Dauer der Arbeitslosengelder und die Unterstützung durch den Arbeitgeber bei der Arbeitssuche analysiert. Die Arbeit untersucht auch die Auswirkungen auf die Sozialauswahl und die Entstehung eines internen Arbeitsmarktes.
Wie werden die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen der Reform bewertet?
Die Arbeit analysiert die gesamtwirtschaftlichen Folgen der Reform, indem sie die Verhaltensanpassungen auf Unternehmens- und Arbeitnehmerseite untersucht. Dies beinhaltet die Auswirkungen auf die Freisetzungszahlen, die Ausgestaltung der Freisetzungen, die Unterstützung freigesetzter Arbeitskräfte und die Veränderungen im Wettbewerb. Die Arbeit betrachtet die möglichen gesamtwirtschaftlichen Effekte der Reform umfassend.
Welche Schlüsselwörter beschreiben die Arbeit am besten?
Kosteninternalisierung, Beschäftigungsanpassung, Arbeitslosenversicherung, Arbeitgeberbeiträge, Reform, Sachverständigenrat, Wettbewerbsverzerrung, Risikoquotient, Personalpolitik, Kündigungsschutz, Arbeitnehmer, Unternehmen, Gesamtwirtschaft.
Welche Kapitel umfasst die Diplomarbeit?
Die Arbeit gliedert sich in sieben Kapitel: Einleitung, Grundlagen der Arbeitslosenversicherung, Reform der Beitragserhebung auf Unternehmensseite, Auswirkungen der Reform, Neuausrichtung der Personalpolitik auf Unternehmensseite, Gesamtwirtschaftliche Betrachtung und Zusammenfassung und Resümee. Jedes Kapitel wird in der Arbeit ausführlich zusammengefasst.
- Quote paper
- Christian Obitz (Author), 2004, Kosteninternalisierung von Beschäftigungsanpassungen - Auswirkungen einer Reform der Erhebung der Arbeitgeberbeiträge zur Arbeitslosenversicherung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/26468