Je bekannter ein Stück, je verehrter sein Verfasser, desto schwieriger ist es diesen Text auf die Bühne zu bringen und damit zudem noch Wohlgefallen zu ernten. Wer eine jede Zeile des zur Aufführung gebrachten Dramas auswendig mitsprechen kann, dem fällt es in der Regel nicht leicht mit Kürzungen und anderen Eingriffen des Regisseurs umzugehen. Über ihn wird entsprechend Schimpf und Schande gestreut, während zugleich die Forderung nach Werktreue laut wird. Doch bedeutet Inszenierung nicht immer schon auch Deutung und Transformation? Und kann es einer Inszenierung nach Art des sogenannten, kritisch konnotierten Begriffs des ‚Regietheaters‘ nicht ebenfalls, vielleicht sogar besser möglich sein in die Gegenwart übersetzt auszudrücken, was dem Stück an Aussagen immanent ist?
Derartige Fragen sollen anhand einer auszughaften Untersuchung des Stücks „Die Räuber“ von Friedrich Schiller in der Inszenierung Nicolas Stemanns angerissen und beantwortet werden. Stemann ist bekannt für seine intelligente, häufig unkonventionelle Art aufzuführen und zeichnet sich dadurch aus, vor großen Texten nicht kleinlaut zurückzuschrecken. Zu dem Zweck der Analyse werden zwei Techniken beleuchtet, deren Anwendung und Rezeption beispielhaft für das Wechselspiel Drama-Regisseur stehen: das chorische Sprechen und die hiermit einhergehende, abgewandelte Figurenkonstellation, sowie dramaturgische und inhaltliche Änderungen am Stück.
Zuvor jedoch wird eine kurze Definition der Begriffe ‚Regietheater‘ und ‚Werktreue‘ stehen, unter deren Gesichtspunkten die Stemann’sche Interpretation des Textes untersucht werden soll. Die Debatte dieser konträren Positionen wird am Schluss dieser Arbeit unter Rückgriff auf die Rezeption der Stemann’schen „Räuber“ in Augenschein genommen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Regietheater vs. Werktreue - Grundzüge eines fortwährenden Streits
- Bedeutung und Antagonismus beider Positionen
- [D]ie umgeschmolzenen Räuber“? Schillers Klassiker in der Inszenierung von Nicolas Stemann
- Vier für alle, alle in vieren - Das chorale Quartett
- Ein (un)gleiches Brüderpaar…
- ,,Wortkonzert“
- Ein- oder Übergriffe? Dramaturgische Abweichungen vom Drama
- Ideal und Realität – Verschachtelung der Szenen 2.3 und 3.1
- [D]em Mann kann geholfen werden“? Wie Stemann Karl Moor zum Brudermörder macht und ihm das Elysium verwehrt
- Regietheater! Werktreue! Spiegelung einer Feuilletondebatte in der Rezeption der ,,Räuber“-Inszenierung Nicolas Stemanns
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht die Inszenierung von Friedrich Schillers „Die Räuber“ durch Nicolas Stemann, um die Kontroverse zwischen Regietheater und Werktreue zu beleuchten. Ziel ist es, die Bedeutung dieser beiden Positionen und ihre Auswirkungen auf die Interpretation des Dramas zu erforschen.
- Die unterschiedlichen Ansätze des Regietheaters und der Werktreue
- Der Einfluss des Regisseurs auf die Deutung des Dramas
- Die Rezeption der Stemann'schen „Räuber“-Inszenierung
- Die Transformation des Dramas durch die Inszenierung
- Der Konflikt zwischen Tradition und Innovation im Theater
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema der Arbeit ein und beleuchtet die Herausforderung, Klassiker auf die Bühne zu bringen, insbesondere im Hinblick auf die Erwartungen des Publikums und die Forderung nach Werktreue. Sie stellt die zentralen Fragen der Arbeit vor, die anhand der Stemann'schen Inszenierung von Schillers „Die Räuber“ untersucht werden sollen. Das zweite Kapitel beleuchtet die Debatte um Regietheater und Werktreue und definiert die Begriffe im Kontext des 20. Jahrhunderts. Es wird auf die Entstehung des Regietheaters und die damit verbundenen kritischen Stimmen eingegangen.
Das dritte Kapitel befasst sich mit der Stemann'schen „Räuber“-Inszenierung. Es analysiert die von Stemann vorgenommenen Veränderungen des Dramas, insbesondere die chorische Sprechweise und die veränderte Figurenkonstellation, sowie die dramaturgischen und inhaltlichen Abweichungen.
Schlüsselwörter
Regietheater, Werktreue, „Die Räuber“, Friedrich Schiller, Nicolas Stemann, Dramaturgie, Inszenierung, Theaterwissenschaft, Interpretation, Rezeption, Figurenkonstellation, chorische Sprechweise.
- Arbeit zitieren
- Anja Redecker (Autor:in), 2011, Regietheater. Der Klassikerfeind?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/265281