„Solidarität, das ist eine Droge, die high macht, andererseits auch abhängig.“ (Fritz Teufel, Kommune I)1
Der Einsatz für gemeinsame Werte und Ziele war das Hauptanliegen der ‚Kommune
I', eine der zentralen Gruppierungen der Achtundsechziger und Beteiligte an den
Studentenrevolten in der BRD, deren Protestformen heute noch als charakteristisch
für diese Zeit gelten. Als Kommune I bezeichnete sich eine Gruppierung von
Studenten sowie arbeitslosen Ex-Studenten, die sich in Berlin
zusammengeschlossen haben und als politisch engagierte Wohngemeinschaft
zusammenlebten. Ihre Mitglieder versuchten, sich mit aller Macht gegen die
bestehenden Gesellschaftsnormen zu wehren und ihren Lebensstil als radikales
Gegenmodell zu präsentieren.2
Seit 1967 bildete die Kommune I den Vorstand der Berliner SDS (Sozialistischer
Deutscher Studentenbund), wurde aber im Mai 1967 wegen diverser Störaktionen,
wie zum Beispiel das „Pudding-Attentat“, vom Verband ausgeschlossen. Die
Kommune beschloss ihre Aktivitäten trotzdem fortzusetzen. Am 24. Mai 1967
verteilten sie vor der Freien Universität Berlin eine Flugblattreihe. Jene Flugblätter, nummeriert mit Nr. 6 bis Nr. 9, bezogen sich auf einen Kaufhausbrand in Brüssel.
Nach der Veröffentlichung der Protestflugblätter wurde die Kommune I wegen
Anstiftung zur schweren Brandstiftung angezeigt.3
Die nachfolgende Arbeit befasst sich mit der Produktion und Rezeption dieser
Flugblätter und stellt den Vergleich zwischen der Intention der Produzenten und der Interpretation der Rezipienten in den Mittelpunkt. Im Laufe der Recherche wurde immer wieder deutlich, dass der Inhalt der Flugblätter durch Mitwirken der Presse deutlich verzerrt wurde: Wegen der ambivalenten Formulierungen wurde das ursprünglich Gemeinte oftmals verkannt. Deshalb stellt sich in erster Linie die Frage, welche unterschiedlichen Interpretationsansätze im Genauen auf die Flugblätter angewandt werden können und welche Auswirkungen dieselben auf die Produzenten und deren Intentionen haben.
Eingeleitet wird die Seminararbeit mit einer kurzen Definition des Flugblattes als Medium und die Nutzung desselben als Mittel des Protests. Anschließend wird der Grundgedanke der Flugblattreihe beispielhaft am Flugblatt Nr. 7 aufgearbeitet. Durch genauere Analyse soll es dem Leser möglich sein, die Intentionen der Kommune I genauer nachvollziehen zu können sowie einen Einblick in die verschiedensten Interpretationsansätze zu erhalten, welche im zweiten Teil der Arbeit aufgearbeitet werden. Um einen gezielten Vergleich anstellen zu können, wird die Reaktion der Medien der Analyse der Gutachter, die am Prozess gegen die KI beteiligt waren, gegenübergestellt.
Entscheidende Fragen, die in dieser Arbeit beantwortet werden sollen, sind zum
einen, inwieweit sich die Intention der Flugblätter von der Interpretation derselben unterscheidet und zum anderen, inwieweit die Ambiguität der Flugblätter und die unterschiedlichen Reaktionen der Rezipientengruppen protestfördernd wirkten.
1 Carini, Marco: Fritz Teufel. Wenn’s der Wahrheitsfindung dient. Eine Biographie. S. 70.
2 Vgl. Taubes, Jacob: Surrealistische Provokation: Ein Gutachten zur Anklageschrift im Prozess
Langhans-Teufel über die Flugblätter der ‚Kommune I‘. In: Merkur 236. S. 1069.
3 Vgl. Bentz, Ralf (u.a.): Protest! Literatur um 1968. S. 164 ff.
Inhaltsverzeichnis
- EINLEITUNG
- DAS FLUGBLATT ALS MEDIUM - EINE DEFINITION
- DAS FLUGBLATT ALS MEDIUM DES PROTESTS
- Die Flugblätter der Kommune I
- Analyse des Flugblattes Nr. 7 als exemplarisches Beispiel
- REZEPTION DER FLUGBLÄTTER DER KOMMUNE I
- Die Massenmedien als Rezipient der Flugblätter der Kommune I
- Das Fazit der Gutachter
- SCHLUSSWORT
- BIBLIOGRAPHIE
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Seminararbeit befasst sich mit der Produktion und Rezeption der Flugblätter der Kommune I und stellt den Vergleich zwischen der Intention der Produzenten und der Interpretation der Rezipienten in den Mittelpunkt. Die Arbeit analysiert die Flugblätter als Medium des Protests und untersucht, inwieweit sich die Intention der Flugblätter von der Interpretation derselben unterscheidet. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Frage, inwieweit die Ambiguität der Flugblätter und die unterschiedlichen Reaktionen der Rezipientengruppen protestfördernd wirkten.
- Das Flugblatt als Medium des Protests
- Die Produktion und Rezeption der Flugblätter der Kommune I
- Die Intention der Produzenten und die Interpretation der Rezipienten
- Die Ambiguität der Flugblätter und deren protestfördernde Wirkung
- Die Rolle der Massenmedien in der Rezeption der Flugblätter
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik der Flugblätter der Kommune I ein und stellt die Hauptanliegen der Arbeit dar. Sie beschreibt die Kommune I als eine der zentralen Gruppierungen der Achtundsechziger und erläutert den historischen Kontext der Flugblätter.
Kapitel 2 definiert das Flugblatt als Medium und erläutert seine historische Entwicklung und Verwendung als Mittel des Protests. Es wird die Bedeutung des Flugblattes als sekundäres Medium und seine Fähigkeit, verschiedene Textsorten zu vereinen, hervorgehoben.
Kapitel 3 analysiert die Flugblätter der Kommune I im Allgemeinen und das Flugblatt Nr. 7 als exemplarisches Beispiel. Es wird die satirische und provokative Sprache der Flugblätter sowie die Intention der Produzenten, die Gesellschaft zu verwirren und zu schockieren, beleuchtet.
Kapitel 4 befasst sich mit der Rezeption der Flugblätter der Kommune I. Es wird die Interpretation der Flugblätter durch die Massenmedien und die Gutachter im Prozess gegen die Kommune I gegenübergestellt. Es wird deutlich, dass die Medien die Flugblätter als Aufforderung zu Straftaten interpretierten, während die Gutachter deren satirischen Charakter betonten.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen das Flugblatt als Medium, die Kommune I, die Achtundsechziger-Bewegung, den studentischen Protest, die Rezeption von Texten, die Ambiguität der Sprache, die Massenmedien, die Interpretation von Texten, die Satire, die Surrealistische Provokation, die protestfördernde Wirkung von Texten und die Rolle der Gutachter im Prozess gegen die Kommune I.
- Arbeit zitieren
- Anna Rauch (Autor:in), 2012, Produktion und Rezeption der Flugblätter der Kommune I am Beispiel des Flugblattes Nr. 7, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/266056