„Der Lyriker bringt seine Gefühle zum Markt wie der Bauer seine Ferkel.“ Wilhelm Busch (1832-1908) spricht in seinem Zitat zunächst den emotionalen Einfluss des Autors auf die Lyrik an. Sowohl Dichter als auch Leser können ihr Verhalten und Handeln mithilfe lyrischer Texte reflektieren. Ein Beispiel bietet Goethes Gedicht „Neue Liebe, neues Leben“, in der die Reflexion des lyrischen Ichs über eine Liebesbeziehung, welche es als Einengung empfindet thematisiert wird. So wird auch dem Leser eine Reflexionsmöglichkeit bezüglich seiner eigenen Erfahrungen geboten. Vor allem aber der junge Goethe selbst verarbeitet eigene Erfahrungen in seinen Gedichten, wie er es selbst über seine Sesenheimer Lieder schrieb: „Unter diesen Umgebungen trat unversehens die Lust, zu dichten, die ich lange nicht gefühlt hatte, wieder hervor. Ich legte für Friederike manche Lieder bekannten Melodien unter.“ Diese Gefühle aber werden - laut Busch - „zum Markt gebracht“. Das heißt, dass Texte bewusst vom Autor gemacht werden, um eine bestimmte Intention an den Leser zu überbringen. So war es bei Kafka, dass er beispielsweise seinen Tagebucheintrag in eine Parabel (plötzliche Spaziergang) umschrieb, um bewusst den Leser zu erreichen und auch ihm einen Anreiz bei seinem persönlichen Selbstfindungsprozess zu geben. Deutlich macht das Zitat Buschs, dass es einerseits Funktion der Lyrik ist, den Leser zur Selbstreflexion zu bewegen, andererseits dient es dem Verfasser, seine eigenen Gefühle und Empfindungen zu verarbeiten. Wie es bereits Peter Fröhling formulierte, müsse man Idealist und Realist zugleich sein, um jedes von beiden richtig zu sein. Sowohl idealistische als auch realistische Strömungen sollten expressive und persuasive Kunst vereinbaren, um eine nachhaltige Wirkung zu erzielen. All diese Strömungen sind allerdings erst im Nachhinein in ein Muster konstruiert worden und somit nicht zu pauschalisieren. Verallgemeinernd kann man von einem roll-back Prinzip zwischen Idealismus und Realismus sprechen. [...] Expressiv geprägte Lyrik dient der Reflexion des eigenen Handels. Der Autor lässt in seinen Gedichten eigene Erfahrungen in seine Texte mit einfließen, um diese zu verarbeiten (vgl. Goethe : Sesenheimer Lieder. Denn wie Kupke es formulierte „Lyrik ist Sprache in die Seele gemalt“.
Idealismus vs. Realismus
am Beispiel von: Eichendorff – „Der Jäger Abschied“ & Erich Fried „Neue Naturdichtung“
Bedeutung von Lyrik
„Der Lyriker bringt seine Gefühle zum Markt wie der Bauer seine Ferkel.“
Wilhelm Busch (1832-1908) spricht in seinem Zitat zunächst den emotionalen Einfluss des Autors auf die Lyrik an. Sowohl Dichter als auch Leser können ihr Verhalten und Handeln mithilfe lyrischer Texte reflektieren. Ein Beispiel bietet Goethes Gedicht „Neue Liebe, neues Leben“, in der die Reflexion des lyrischen Ichs über eine Liebesbeziehung, welche es als Einengung empfindet thematisiert wird. So wird auch dem Leser eine Reflexionsmöglichkeit bezüglich seiner eigenen Erfahrungen geboten. Vor allem aber der junge Goethe selbst verarbeitet eigene Erfahrungen in seinen Gedichten, wie er es selbst über seine Sesenheimer Lieder schrieb: „Unter diesen Umgebungen trat unversehens die Lust, zu dichten, die ich lange nicht gefühlt hatte, wieder hervor. Ich legte für Friederike manche Lieder bekannten Melodien unter.“ Diese Gefühle aber werden - laut Busch - „zum Markt gebracht“. Das heißt, dass Texte bewusst vom Autor gemacht werden, um eine bestimmte Intention an den Leser zu überbringen. So war es bei Kafka, dass er beispielsweise seinen Tagebucheintrag in eine Parabel (plötzliche Spaziergang) umschrieb, um bewusst den Leser zu erreichen und auch ihm einen Anreiz bei seinem persönlichen Selbstfindungsprozess zu geben. Deutlich macht das Zitat Buschs, dass es einerseits Funktion der Lyrik ist, den Leser zur Selbstreflexion zu bewegen, andererseits dient es dem Verfasser, seine eigenen Gefühle und Empfindungen zu verarbeiten. Wie es bereits Peter Fröhling formulierte, müsse man Idealist und Realist zugleich sein, um jedes von beiden richtig zu sein. Sowohl idealistische als auch realistische Strömungen sollten expressive und persuasive Kunst vereinbaren, um eine nachhaltige Wirkung zu erzielen. All diese Strömungen sind allerdings erst im Nachhinein in ein Muster konstruiert worden und somit nicht zu pauschalisieren. Verallgemeinernd kann man von einem roll-back Prinzip zwischen Idealismus und Realismus sprechen. Der Wandel der epochalen Literaturströmungen, basiert auf den historischen Ereignissen der Zeit, durch welche das Leben der Menschen geprägt wird. Falsch wäre es eine Grenze zwischen Idealismus und Realismus zu ziehen, da sich die Problematiken der Menschheit im Wandel der Zeit nicht verändert. Was sich ändert, ist einzig der Umgang mit diesen Problemen. Während sich die emotive Funktion oberflächlich betrachtet der Romantik zuordnen lässt, so ist die appellative Funktion in der Moderne wiederzufinden. Doch genauso, wie sich emotive und appellative Funktion (vgl. Oragon-Modell nach Karl Bühler) ergänzen, kann auch zwischen den Epochen Romantik und Moderne keine strikte Grenze gezogen werden. Auch bei dem Vergleich des Gedichtes „Der Jäger Abschied“ (Joseph von Eichendorf), welches während der Epoche der Romantik entstand, mit dem Gedicht aus der Moderne „Neue Naturdichtung“ (Erich Fried) werden neben den epochalen Unterschieden auch einige Parallelen erkennbar. In meinem Aufsatz werde ich folgend die beiden Gedichte hinsichtlich Unterschiede und Gemeinsamkeiten untersuchen und daran anknüpfend abstrahierend auf die Aufgabe von Lyrik eingehen.
Das 1810 veröffentlichte Gedicht Eichendorfs thematisiert anhand der beiden Dichotome Realität und Utopie den Lebensweg des lyrischen Ichs und dessen Wandel. Das lyrische Ich sehnt sich nach seiner Jugend, ist sich aber dabei dem Schein der Idylle bewusst und wendet sich daher schwermütig von seiner idealisierten Vergangenheit ab, um seine neu gewonnenen Erfahrungen in der Realität (bzw. Zukunft) umsetzen zu können. Der Glaube an Gott dient ihm dabei als Wegweiser für seine Lebensführung.
Bereits die Überschrift „Der Jäger Abschied“ des Gedichtes aus dem Jahre 1810 verrät, dass es sich hier um eine Veränderung handelt, welche einen neuen Abschnitt einleitet. Auffällig werden zwei unterschiedliche Lebenssichtweisen. Zum einen wird ein utopisches Bild des Waldes kreiert. Zum anderen wird dem die Realität, durch die die aufgebaute Idylle zerstört wird, gegenüber gestellt.
In der ersten Strophe wird die Natur vergöttlicht. Deutlich wird, dass das lyrische Ich seinen Lebensweg reflektiert. Denn der Wald steht hier symbolisch für die scheinbar unbeschwerte Kindheit des lyrischen Ichs, von der er sich nun aber mit den Worten „Lebe wohl, du schöner Wald“(vgl. V. 5f+11f+17f+23f) verabschiedet. Die im ersten Vers gestellte Frage ist eine rhetorische, wodurch die Vergöttlichung des Waldes akzentuiert wird, da ein Wald bzw. die Natur an sich entsteht und nicht von jemandem oder etwas geformt wird. Auch nimmt das lyrische Ich eine Wertung mit der Formulierung „hoch da droben“(V. 2) vor, wodurch der Wald erneut als etwas Übermenschliches dargestellt wird. Gleichzeitig wird der Symbolcharakter des Waldes verdeutlicht, da dieser in seiner Übernatürlichkeit für die Sehnsucht nach der Ferne des lyrischen Ichs steht. Auch befindet sich der Wald so näher am Himmel und liegt damit näher bei Gott, womit er wiederholt als ein Werk Gottes bezeichnet wird. Die Anwesenheit Gottes scheint für das lyrische Ich von großer Bedeutung zu sein, da er sowohl zu Beginn des Gedichtes (V.3) als auch am Schluss erwähnt wird (V.24). Somit geht es hier nicht alleine um den irdischen Lebensweg des lyrischen Ich, sondern auch um sein Leben im Jenseits, was im Vers 4 zum Ausdruck kommt. Denn hier dankt das lyrische Ich Gott, für sein scheinbar unbeschwertes vergangenes Leben. Gemeint könnte hier auch der Tod des lyrischen Ichs gemeint sein, weshalb es nun sein Leben zu reflektieren scheint. Der Erzähler macht sich also Gedanken um seine Zukunft, in der es eine Wende erwartet und welche in Kontrast zu seiner sorgenfreien Vergangenheit steht. Erneut kann diese Wende als das Lebensende bzw. der Beginn des Lebens nach dem Tod aufgefasst werden. Die Wortwahl „aufgebaut“(V.2) zeigt die Bedeutsamkeit des Waldes für das lyrische Ich. Es sieht den Wald nicht als selbstverständlich an, sondern bewundert die Vollkommenheit dessen. Die idyllische Grundstimmung wird unterstützt durch den harmonisch klingenden vierhebigen Trochäus, durch welchen Akzent auf das Personalpronomen 'dich' (V. 3) gesetzt wird. Diese Apostrophe zeigt, dass es sich hier um eine Traumvorstellung des lyrischen Ichs handelt, da es vom Wald keine Antwort erwarten kann. Die letzten zwei Verse sind in allen Strophen, mit Ausnahme der letzten, gleich. Durch die Anapher „Lebe wohl“(V.5f), wird hier die Wehmut des lyrischen Ichs deutlich. Dennoch ist es entschlossen, dieses Paradies zu verlassen. Für das lyrische Ich beginnt nun ein neuer Lebensabschnitt. Gemeint ist der Tod des lyrischen Ichs, welchen dieses aber nicht mit Angst und Befangenheit entgegentretet, sondern mit Hoffnung und Entschiedenheit.
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- Arbeit zitieren
- Nika G. (Autor:in), 2011, Idealismus vs. Realismus am Beispiel von Eichendorff „Der Jäger Abschied“ & Erich Fried „Neue Naturdichtung“, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/266596
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