Parteiische Kunst. Die pro-nationalistische Wirkung von Murals


Seminararbeit, 2013

17 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Krisenherd Nordirland

2. Murals und ihre pro-nationalistische Wirkung
2.1 Historischer Hintergrund
2.2 Territorialanspruch
2.3 Die Essenz der Murals
2.4 Unionistische Exklusivität
2.5 Die Hochphase der Murals
2.6 Arealtransformation
2.7 Modell zu den Funktionsweisen politischer Murals

3. Ende der Gewalt?

Literaturverzeichnis

1. Krisenherd Nordirland

Der Flaggenstreit und seine nachwirkenden Ausschreitungen Anfang des Jahres beweisen, dass Nordirland, mit seiner Hauptstadt Belfast, nach wie vor ein politischer Brennpunkt in Europa ist. „Auslöser ist die Entscheidung des Stadtrats Anfang Dezember, die seit einem Jahrhundert über dem Rathaus wehende britische Flagge nur noch zu bestimmten Anlässen zu hissen“[1].

Der Antagonismus der zwei Fraktionen, die sich hier gegenüber stehen, lässt sich bis ins 12. Jahrhundert zurückverfolgen.[2] Auf der einen Seite die Unionisten, die sich Großbritannien zugehörig fühlen und denen diese Entscheidung missfällt, auf der anderen Seite die Nationalisten, die das Vereinigte Königreich als kolonialistische Besatzer sehen und nach einer Wiedervereinigung mit der Republik Irland im Süden streben.

Dieser Kontrast spiegelt sich auch in den Wahrzeichen des Landes, den sogenannten Murals (zu deutsch: Wandmalereien) wider, die diese konfliktreiche Vergangenheit plakativ reflektieren. Meine These ist, dass diese pro-nationalistisch wirken. Dazu habe ich ein Modell zu den Funktionsweisen politischer Murals entworfen. Wie sich im Vergleich der Oppositionen zeigen wird, wirken alle Funktionen zu Gunsten der Nationalisten bzw. zu Ungunsten der Unionisten. Um dies zu verstehen, ist es unumgänglich auf die Historie des Landes und der Murals einzugehen.

Dabei beschränke ich mich auf die Murals in Nordirland; politische Wandbemalungen in anderen Teilen der Welt sind nicht Bestandteil dieser Untersuchung. Ebenfalls angemerkt sei, dass der Begriff Mural im englischen Sprachgebrauch für Wandbemalungen im Allgemeinen steht und nicht eindeutig verwendet wird (z.B. in der Frage, ob Graffiti dazu zählt) – ich gebrauche ihn im Folgenden für Malereien an öffentlichen Gebäuden mit bedeutendem Anteil an bildlichen Elementen – reine Textparolen fallen nicht darunter.

2. Pro-nationalistische Wirkung der Murals

2.1 Historischer Hintergrund

Murals sind im politischen Kontext eines historischen Konflikts entstanden. Deshalb gebe ich hier einen kurzen Überblick über den geschichtlichen Hintergrund.[3]

Im 12. Jahrhundert wird Irland von den Normannen aus Großbritannien erobert, ab dem 17. Jahrhundert systematisch besiedelt und seine Bewohner entrechtet und enteignet. Spätestens 1690 mit dem Sieg beim Battle of the Boyne ist die protestantische Vorherrschaft gesichert. 1801 wird Irland in das Vereinigte Königreich eingegliedert und das Parlament aufgelöst. Der Osteraufstand 1916, bei dem eine provisorische, irische Regierung ausgerufen wird, führt 1919 bis 1921 zum Irischen Unabhängigkeitskrieg – mit dem Resultat, dass das Land geteilt wird. Der Süden bleibt bis 1948 Freistaat im Britischen Empire, wird dann zur Republik – der Norden verbleibt bis heute im Vereinigten Königreich. In den 1960er Jahren kommt es auf beiden Seiten zu Gründungen von paramilitärischen Organisationen. Terroristische Anschläge sind keine Seltenheit, bürgerkriegsähnliche Zustände Normalität.

Die Gewalt hält bis zum Waffenstillstand 1994 an; 1998 findet man eine politische Lösung. Diese beinhaltet, dass die paramilitärischen Einheiten ihre Waffen niederlegen und die Republik Irland nicht mehr nach Wiedervereinigung mit Nordirland strebt, jedoch ist die Möglichkeit einer Wiedervereinigung eingeräumt, sollte dies die Mehrheit der Nordiren befürworten.[4]

2.2 Territorialanspruch

Der Konflikt der beiden Fraktionen spielt sich auf mehreren Ebenen ab. Auf der einen Seite stehen die britisch-stämmigen, protestantischen Unionisten/Loyalisten und auf der anderen Seite die irisch-stämmigen, katholischen Nationalisten/Republikaner (die Bezeichnungen Loyalisten/Republikaner beziehen sich auf den radikalen Flügel mit seinen paramilitärischen Verbänden). Letztere sind Minderheit in Nordirland, während Erstere in Gesamtirland die Minderheit stellen.

Letzten Endes dreht sich der Konflikt um das Territorium der historischen Provinz Ulster und den Anspruch darauf. Wer diesen hat, ist nicht zu klären. Die unionistische Gruppe der Ulster Scots zum Beispiel argumentiert, sie seien lediglich Rückkehrer, da deren Vorfahren, bevor sie nach Schottland auswanderten, vor Jahrhunderten schon in Irland heimisch gewesen sind.[5] Die Nationalisten sehen die Unionisten hingegen als kolonialistische Besatzer. Vor der normannischen Invasion hat es jedoch gar keine einheitliche irische Nation gegeben, sondern lediglich einzelne verfeindete Herrscher – laut Kockel ist die Besiedlung Folge der Hilferufe irischer Oberhäupter im Krieg untereinander, keine geplante Kolonisationsstrategie, und hat so erst ein irisches Volk geschaffen.[6] Aber auch bei den Siedlern hat es sich um keine homogene Gemeinschaft gehandelt. Die Oberschicht ist anglikanisch gewesen, die Bauern presbyterianischen Glaubens – so ist es auch hier zu Differenzen gekommen.[7] Bis heute ist die unionistische Fraktion eine gespaltene Gemeinschaft, insbesondere in der Frage, ob Nordirland von Großbritannien regiert werden soll oder ob man sich selbst autonom verwaltet.[8]

2.3 Die Essenz der Murals

Für die Entstehung der Murals halte ich drei zeitlich weit zurückliegende Einflüsse für essentiell.

Erstens, die prähistorische Höhlenmalerei. Sie ist Indikator dafür, dass Menschen schon zu Urzeiten ein Bedürfnis nach Graphik hatten, um das Gesehene bildlich umzusetzen und damit festzuhalten oder um Neues entstehen zu lassen und damit eine Geschichte zu erzählen. Es ist davon auszugehen, dass dies ein ureigenes, natürliches, menschliches Bedürfnis ist.

[...]


[1] o.A. „Zahlreiche Verletzte bei Krawallen in Nordirland“. Entn.<http: www.zeit.de/politik/ausland/2013-01/nordirland-belfast-ausschreitungen>, 2013. Letzter Zugriff: 05.03.13.

[2] J.C. Beckett. Geschichte Irlands. Stuttgart: Alfred Kröner, 41997. S.13.

[3] Der folgende Absatz gibt historische Fakten wieder. Siehe z.B. J.C. Beckett.

[4] o.A. „The Northern Ireland Peace Agreement“. Entn.<http: peacemaker.un.org/sites/peacemaker.un.org/files/ie%20gb_980410_northern%20ireland%20agreement.pdf>, o.J. Letzter Zugriff: 01.03.13.

[5] Ullrich Kockel. S.134.

[6] Ullrich Kockel. S.132.

[7] Bill Rolston. Politics and Painting – Murals and Conflict in Northern Ireland. London: Associated University Presses, 1991. S.15.

[8] Ullrich Kockel. S.131.

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Parteiische Kunst. Die pro-nationalistische Wirkung von Murals
Hochschule
Ludwig-Maximilians-Universität München  (Theaterwissenschaft)
Note
1,7
Autor
Jahr
2013
Seiten
17
Katalognummer
V266757
ISBN (eBook)
9783656570363
ISBN (Buch)
9783656570356
Dateigröße
486 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Murals, Nordirland, Nordirlandkonflikt, Troubles, Wandmalerei, IRA, Street Art, Graffiti
Arbeit zitieren
Thomas Vasniszky (Autor:in), 2013, Parteiische Kunst. Die pro-nationalistische Wirkung von Murals, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/266757

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