Das Schicksal wird gemeinhin als unpersönliche Macht verstanden, derem Wirken der Mensch ausgesetzt ist.
Seneca bedient sich einer Anthropomorphisierung, um das Schicksal als intentional handelnden Akteur darstellen zu können, der aber nicht zwangsläufig destruktiv agiert. Es setzt den Menschen zum einen immer neuen Situationen aus, die es zu bewältigen gilt, stellt ihm hierzu aber auch die erforderlichen Mittel zur Verfügung. Entsprechend versteht Seneca sogar das Leben als Leihgabe des Schicksals, die zu gegebener Zeit zurückgefordert wird. Da sein Wirken nicht vorhergesehen werden könne, sorge das Schicksal vor allem für belastende Unbeständigkeit, zu deren Bewältigung Seneca ein lebenslanges autodidaktisches Bildungsprogramm in Theorie und Praxis empfiehlt.
In einem ersten Schritt werden die Wirkweisen des Schicksals auf Objekte beleuchtet. Dabei gilt es die Doppelrolle des Schicksals zu berücksichtigen, das einerseits Schaden anrichten, dem Menschen andererseits aber auch zuträglich sein kann. Der Themenbereich des Sterbens und Trauerns erfährt dabei besondere Beachtung, da Seneca den Tod sowohl als „höchsten Trumpf“ des Schicksals, als auch als Ende allen Übels versteht.
Der zweite Teil dieser Arbeit dient der Analyse von Senecas Programm zur Selbstvervollkommnung und Wappnung gegen das Schicksal nach dem Vorbild des idealen Weisen. Es besteht in einer Ausbildung der Tugendhaftigkeit, dem Erlangen der Seelenruhe und der Bekämpfung der Affekte. Im Zuge dessen wird auf Senecas Verwendung von Militärmetaphern und sein Philosophieverständnis eingegangen. Es folgt der Versuch, einen Zusammenhang zwischen Senecas Selbstverständnis, Lehre und Lebensvollzug herzustellen.
Obwohl das Schicksal eine zentrale Rolle in Senecas Werk spielt, wird es in der Forschung nur beiläufig thematisiert. Das Ziel dieser Untersuchung ist es, die Anthropologie und Inkonsistenzen in Senecas Schicksalskonzeption herauszuarbeiten.
Inhaltsverzeichnis
- I. Das Schicksal als Gegner und Helfer..
- II. Wirken des Schicksals...
- 2.1 Innere und äußere Güter..
- 2.2 Tod und Trauer........
- III. Wappnung gegen Schicksalsschläge......
- 3.1 Tugendhaftigkeit.....
- 3.2 Seelenruhe als Bedingung für naturgemäßes Leben........
- 3.3 Die Bekämpfung der Affekte......
- 3.4 Das Ideal des Weisen........
- IV. Senecas Selbstbild, Lehre und Lebensvollzug...
- V. Kritik der senecaischen Schicksalskonzeption.........
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit untersucht Senecas Schicksalskonzeption im Kontext seiner philosophischen Schriften, insbesondere in seinen Dialogen und Briefen. Sie zielt darauf ab, Senecas anthropologische Sichtweise und die Inkonsistenzen in seiner Konzeption des Schicksals aufzudecken.
- Die Rolle des Schicksals als sowohl destruktive als auch unterstützende Kraft im Leben des Menschen.
- Senecas Unterscheidung zwischen inneren und äußeren Gütern und die Vergänglichkeit des menschlichen Lebens.
- Die Bedeutung von Tugendhaftigkeit, Seelenruhe und der Bekämpfung der Affekte als Mittel zur Bewältigung von Schicksalsschlägen.
- Senecas Verwendung von Militärmetaphern und sein Philosophieverständnis.
- Die Verbindung zwischen Senecas Selbstverständnis, seiner Lehre und seinem Lebensvollzug.
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel I beleuchtet Senecas Sichtweise des Schicksals als eine unpersönliche Macht, der der Mensch ausgesetzt ist. Es wird erörtert, wie Seneca das Schicksal als intentionalen Akteur darstellt, der jedoch nicht notwendigerweise destruktiv handelt. Zudem werden die Wirkweisen des Schicksals auf Objekte untersucht, wobei die Doppelrolle des Schicksals als sowohl schädigend als auch zuträglich hervorgehoben wird.
Kapitel II analysiert Senecas Programm zur Selbstvervollkommnung und Wappnung gegen das Schicksal. Es wird die Bedeutung von Tugendhaftigkeit, Seelenruhe und der Bekämpfung der Affekte für die Bewältigung von Schicksalsschlägen erläutert.
Kapitel III behandelt Senecas Selbstbild, seine Lehre und seinen Lebensvollzug im Kontext seiner Schicksalskonzeption.
Schlüsselwörter
Schicksal, Seneca, Stoa, Tugendhaftigkeit, Seelenruhe, Affekte, innere und äußere Güter, Tod, Trauer, Selbstvervollkommnung, Militärmetaphern, Anthropologie.
- Arbeit zitieren
- Mona Dreisow (Autor:in), 2011, Das Konzept des Schicksals in Dialogen und Briefen Senecas, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/266941