Arbeit mit geistig Behinderten im inklusiven Deutschunterricht der Sekundarstufe I


Masterarbeit, 2013

94 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Zielsetzung der Arbeit
1.2 Herleitung und Problemstellung
1.3 Aufbau der Arbeit

2. Inklusion
2.1 Gesetzliche Grundlage
2.2 Der Aufbau eines inklusiven Bildungssystems in Deutschland
2.2.1 Inklusion als Qualitätsmerkmal?
2.2.2 Das „Doppelsystem“ aus Regel- und Sonderschulen als Hindernis
2.2.3 Die Übergangsphase zur Inklusion

3. Umsetzung eines inklusiven Unterrichts in der Schule
3.1 „Ein Bekenntnis zur Inklusion entspricht einem Bekenntnis zur Heterogenität“
3.2. Innere Differenzierung und Individualisierung
3.2.1 Differenzierender Unterricht
3.2.2 Aufgabenstellungen und Lernziele
3.2.3 Individuelle Förderung und Team-Teaching

4. Die Unterrichtseinheit – Konzeption und Differenzierungsmöglichkeiten
4.1 Der Anspruch an den Deutschunterricht
4.2 Lehr-Lern-Voraussetzungen
4.3 Lerninhalte und Lernziele
4.4 Unterrichtsverlauf und Differenzierungsmöglichkeiten
4.5 Fazit zur Konzeption der Unterrichtseinheit

5. Fazit

6. Literaturverzeichnis

Anhang

Eigenständigkeitserklärung

1. Einleitung

1.1 Zielsetzung der Arbeit

„In der inklusiven Schule entfällt […] die hergebrachte Einteilung nach Behinderungsarten ebenso wie eine klassifizierende und etikettierende Feststellung eines sonderpädagogischen Förderbedarfs. Und es gibt auch nicht mehr Ressourcen für einzelne etikettierte Kinder mit Behinderungen, sondern Ressourcen für heterogene Lerngruppen und heterogene Systeme.“[1]

Nach dieser Aussage zur Inklusion[2] trägt der Titel dieser Arbeit einen Widerspruch in sich: „Arbeit mit Geistig Behinderten im inklusiven Deutschunterricht […]“. Denn das Kriterium der Dekategorisierung, das nach Wocken ein zentrales Merkmal der Inklusion ist[3], wird hier anscheinend übergangen. In dieser Arbeit soll allerdings nicht das Idealkonzept einer durchweg inklusiven Bildungslandschaft aufgegriffen werden. Es wird eher versucht, Spannungsverhältnisse zwischen dem aktuellen Schulsystem und der Idealvorstellung des Rechts auf Inklusion darzustellen und darauf aufbauend eine Unterrichtseinheit für den Deutschunterricht zu entwickeln, die der Phase des Übergangs gerecht werden kann und mögliche Hilfestellungen für die Lehrpersonen aufzeigt.

Der Bezug zum Deutschunterricht ist insofern interessant, als er in seiner aktuellen Ausrichtung vielen Anforderungen gerecht werden muss. So geht es nicht mehr nur um die Vermittlung fachlichen Wissens – in diesem Beispiel um Sprachwandel und Sprachbewusstsein im Teilbereich Reflexion über Sprache – sondern zusätzlich um die Lese- und Sprachförderung sowie die Vermittlung von Medien- und Methodenkompetenz.[4] Die Herausforderung für die Lehrerperson besteht darin, in einem stark heterogenen Klassenzimmer möglichst allen Schülern gerecht zu werden, an geeigneter Stelle zu differenzieren, Hilfs- oder Fördermittel bereitzustellen und gleichzeitig die Anschlussfähigkeit der einzelnen Schüler zu gewährleisten. In der vorgestellten Unterrichtseinheit im vierten Kapitel wird auf diese Ansprüche Bezug genommen und versucht, in einem noch sehr strukturierten und noch nicht inklusiven Schulsystem die Arbeit im inklusiven Klassenzimmer realistisch darzustellen. Die Einbindung und Unterstützung der beiden geistig behinderten Schüler Björn und Lisa[5] spielt dabei eine zentrale Rolle.

1.2 Herleitung und Problemstellung

Seit im März 2009 die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung in Kraft trat, steht das Schulsystem vor einer seiner größten Veränderungen. Der „Druck auf allen Akteursebenen im Bildungssystem [könnte] momentan nicht größer sein“[6] und besonders Schulen und Lehrer werden die „Hauptträger des Prozesses zu mehr gemeinsamem Lernen sein.“[7] Amrhein stellt dazu die entscheidende Frage, „ob die Schule in ihrer gegenwärtigen Verfasstheit überhaupt nachhaltige Veränderungen hin zu mehr gemeinsamem Lernen einleiten kann.“[8] Das gegenwärtige deutsche drei-gliedrige (oder vier-gliedrige, wenn man die Sonderschulen einbezieht) Schulsystem wird vor allem nach dem Beschluss der UN-Behindertenrechtskonvention stark kritisiert: Schule müsse von Grund auf neu gedacht und strukturiert werden, um die besonderen Fähigkeiten und Bedarfe der Kinder zu berücksichtigen, damit sie sich zu autonomen, selbstsicheren und mündigen Personen entwickeln können.[9]

Sowohl das Konzept der inklusiven Bildung als auch die damit verbundene Umstrukturierung auf schulischer und unterrichtlicher Ebene sind derzeit also stark im Aufbau. Es ist nun keine Frage mehr, ob die UN-Behindertenrechtskonvention umgesetzt werden muss, sondern nur noch wie dies geschehen soll.[10] Dieser Prozesscharakter legitimiert den oben angeführten ‚Widerspruch‘ im Titel dieser Arbeit. Auch die von Stangier und Thoms zusammengestellten, sehr praxisorientierten und auf Erfahrungsberichte aufbauenden Unterrichtsvorschläge basieren häufig auf Diagnosen und Etikettierungen. Ihre Erklärung dafür soll auch für diese Arbeit gelten:

„In einem wirklich inklusiven Bildungssystem haben Etiketten wie die sonderpädagogischen Förderschwerpunkte […] ausgedient. Dass sie in diesem Buch dennoch zu finden sind, hat wenig mit Inklusion und viel mit unserer gewachsenen Schulkultur zu tun, in der das Sortieren von Schülern seit Jahrzehnten zur Selbstverständlichkeit geworden ist.“[11]

Bis heute sind Schulen rechtlich gezwungen, Schüler[12] mit Behinderung generell anders zu behandeln als die „Regelschüler“. Überall in Deutschland werden Schüler einem amtlichen Gutachterverfahren unterzogen und mit einem „Förderschwerpunkt“ diagnostiziert, um die nötige sonderpädagogische Unterstützung und die Eingliederungshilfe zu rechtfertigen[13]. Dies „widerspricht jedoch der Inklusion, weil es Normalität verhindert und den Schüler amtlich zum Sonderfall macht. […] Die Entwicklung einer inklusiven Pädagogik wird dadurch massiv behindert.“[14]

In einer sich entwickelnden inklusiven Pädagogik muss das Verständnis von „Behinderung“[15] demnach neu definiert werden. Eberwein und Knauer sowie Stangier und Thoms sehen die Behinderung als Teil der Persönlichkeit[16] an, sie sei ein Merkmal der Person, jedoch nur eines unter vielen. Der Mensch stehe im Vordergrund, nicht seine Behinderung.[17] Aus diesem Grund wird in dieser Arbeit – ganz im Sinne der der Inklusion – auf eine medizinische und soziale Definition einer (geistigen) Behinderung verzichtet.[18] Die bisherigen Ausführungen und auch die anschließende Unterrichtseinheit wird zeigen, dass eine allgemeine Diagnose „geistige Behinderung“ für einen erfolgreichen inklusiven Unterricht prinzipiell[19] unnötig ist.

Der Beschluss zum Recht auf Inklusion hat in erster Linie dazu geführt, dass das „Thema jeden etwas angeht.“[20] Besonders Schulen müssen sich nun aktiv um die Realisierung einer inklusiven Bildung bemühen. Trotz aller Schwierigkeiten wird Inklusion in Deutschland also praktiziert. Erfahrungsberichte von Lehrern und Sonderpädagogen[21] sowie Studien und Ländervergleiche werden und wurden genutzt, um Konzepte für eine erfolgreiche inklusive Bildung zu erstellen. Da für die vorliegende Arbeit besonders die unterrichtliche Ebene von Bedeutung ist, werden hier vor allem Methoden und Unterrichtsstrukturen vorgestellt, die sich bisher als wegweisend im Umgang mit stark heterogenen Klassen erwiesen haben. Als Definition für inklusionstaugliche Didaktikmodelle lässt sich die folgende anbringen:

„[Es sind] Konzepte, die das Lernen des Kindes als individuellen Prozess in Kooperation mit anderen Menschen verstehen und die aktive Auseinandersetzung des Kindes mit seiner Umwelt ermöglichen und den Prinzipien der Gerechtigkeit, der Gleichwertigkeit, der Freiheit, der Autonomie, der Selbstbildung, der Selbstbestimmung, Solidarität, der Kooperation und des Dialogs entsprechen.“[22]

Vor allem Formen der Individualisierung und inneren Differenzierung haben sich im heterogenen Klassenzimmer als sinnvoll erwiesen. Die Vielfalt soll genutzt und anerkannt werden, damit allen Kindern das gleiche Recht auf Differenz zuerkannt wird. Für die Schulen und Lehrpersonen bedeutet das eine Umstrukturierung ihrer bisherigen Methoden und Gewohnheiten. Die Lehrerrolle verändert sich vom Hauptakteur zum Beobachter und Förderer, der Unterricht wird offener und differenzierter, die Selbstverantwortung der Schüler steigt. All dies ist jedoch ohne eine diagnostische Kompetenz seitens der Lehrpersonen nicht möglich. Sobald die Schüler selbstverantwortlich und differenziert lernen, sind eine genaue Leistungsrückmeldung sowie die Erstellung von Förderplänen unerlässlich. Hierbei wird nicht unterschieden zwischen den Schülern mit und ohne Behinderung.[23] Die Förderpläne stellen Stärken und Schwächen aller Kinder dar, dennoch benötigen sowohl die Erstellung als auch die Festlegung konkreter und adäquater Fördermaßnahmen (nicht nur) bei geistig behinderten Kindern häufig sonderpädagogische Kenntnisse. Jedoch – und hier setzt diese Arbeit an – haben Regelschullehrer im Normalfall keine sonderpädagogische Ausbildung erhalten und auch eine Ausrichtung des Studiums auf den Umgang mit stark heterogenen Klassen in Form von Differenzierung und Individualisierung ist und war in der Regel nicht Bestandteil der allgemeinen Lehrerausbildung.

1.3 Aufbau der Arbeit

Im ersten Teil dieser Arbeit (Kapitel zwei und drei) werden – vorbereitend auf den Praxisbezug – zunächst das (Ideal-) Konzept der Inklusion sowie die Problematik, die sich bei der Umsetzung im aktuellen deutschen Schulsystem ergibt, vorgestellt. Zudem wird der Umgang mit Heterogenität durch den adäquaten Einsatz von innerer Differenzierung und Individualisierung aufgeführt, da diese die zentralen Bezugspunkte für die Aufgabenstellungen in der anschließenden Unterrichteinheit sein werden. Letztere umfasst elf Unterrichtsstunden zum Thema Entwicklungen der deutschen Gegenwartssprache: Anglizismen, die für eine Regelklasse konzipiert und mit Differenzierungsmöglichkeiten und besonderen Hilfestellungen für die geistig behinderten Schüler Lisa und Björn ergänzt werden. Besonderer Dank gilt an dieser Stelle Daniela Dorgau (Diplom-Heilpädagogin, Fachdienstleitung Familienunterstützender Dienst, Lebenshilfe Witten), Carina Gottwald (Diplom-Heilpädagogin, Psychosoziale Beraterin, Sozialwerk St. Georg Gelsenkirchen) und Hanna Martin (Diplom-Heilpädagogin, Fachdienstleitung Ambulant Betreutes Wohnen, Lebenshilfe Witten und Sonderpädagogin im Studium) für ihre Unterstützung und Beratung hinsichtlich der Arbeit mit den beiden Schülern.

2. Inklusion

2.1 Gesetzliche Grundlage

Nach Artikel 24 der UN-Behindertenrechtskonvention[24] haben Menschen mit Behinderungen das Recht auf inklusive Bildung, „ohne Diskriminierung und auf der Grundlage der Chancengleichheit.“[25] Die Konvention beschreibt das Ziel, „Menschen mit Behinderungen zur wirklichen Teilhabe an einer freien Gesellschaft zu befähigen.“ Die Staaten verpflichten sich u.a. dazu, sicherzustellen, dass „wirksame individuell angepasste Unterstützungsmaßnahmen in einem Umfeld, das die bestmögliche schulische und soziale Entwicklung gestattet, angeboten werden.“[26]

Das Behinderungsverständnis der UN-Behindertenrechtskonvention ist dabei „anders gelagert“ als die rein medizinische und die rein soziale Definition[27], denn sie versteht unter einer Behinderung die gesellschaftlich bedingte Einschränkung von individuellen Rechten. Es ist also eine Akzentverschiebung des Behinderungsverständnisses festzustellen, die Aichele wie folgt formuliert: „[…] ‚man ist nicht behindert, sondern man wird im gleichberechtigten Gebrauch der fundamentalen Rechte behindert‘.“ Eine weitere Verschiebung stellt sich in Form des Rechtscharakters der Inklusion dar, denn sie sei nicht mehr nur ein guter Wille zur, sondern das „Recht auf Selbstbestimmung und Gleichheit.“[28] Im Vergleich mit der zuvor praktizierten, noch nicht rechtskräftigen Integration[29] stehe Inklusion nun für „den Politikwechsel von einer Politik der Fürsorge zu einer Politik der Rechte.“[30]

Seit Dezember 2006 haben sich der UN-Behindertenrechtskonvention über 150 Staaten angeschlossen, die anerkennen, dass Menschen mit einer Behinderung „ein Recht auf den Zugang zum allgemeinen Schulsystem haben.“[31] Aus diesem Grund sind ihnen dort „sinnvolle Bildungsangebote zu machen.“[32] Nach der Konvention „soll der generelle Ort dieser Angebote für alle, ob mit oder ohne Behinderung, die allgemeine Schule sein.“[33] In Deutschland stehen die Bundesländer damit vor der Herausforderung, „mit zügigen, zielgerichteten und wirksamen Schritten ein inklusives Bildungssystem aufzubauen und zu unterhalten.“[34]

2.2 Der Aufbau eines inklusiven Bildungssystems in Deutschland

2.2.1 Inklusion als Qualitätsmerkmal?

„Inklusiver Unterricht“ wird häufig mit „gutem Unterricht“ gleichgesetzt. Ein auf heterogene Klassen ausgerichteter Unterricht bedeutet im allgemeinen Konsens eine Qualitätsverbesserung des Unterrichts.[35] Diese Aussagen stützen sich u.a. auf die Ergebnisse unterschiedlicher Studien der letzten Jahre.[36] Der Bildungsökonom Klemm belegt mit den ihm vorliegenden (und teilweise auch selbst durchgeführten) Studien, „dass Förderschülerinnen und -schüler in integrativen Settings gegenüber denen in institutionell separierenden Unterrichtsformen einen deutlichen Leistungsvorsprung aufweisen.“[37] Er nennt beispielsweise eine Studie von Ginnold (2008), die den Übergang von Jugendlichen mit einer Lernbehinderung von der Schule in den Beruf untersucht und zu dem Ergebnis gelangt, dass insgesamt die Jugendlichen aus Integrationsschulen mehr und höherwertige schulische und berufliche Qualifikationen erreichten als die Jugendlichen aus den Sonderschulen.[38]

Das spiegelt sich in den statistischen Auswertungen zum getrennten Unterricht wider: Mehr als 76 Prozent der Förderschüler erreichten 2010 bundesweit keinen Hauptschulabschluss und insgesamt kommt über die Hälfte der Schulabgänger ohne Hauptschulabschluss aus Förderschulen.[39] Auch Blanck/Edelstein/Justin bewerten die Bilanz der Sonderschulen als „verheerend“, da ihre Absolventen kaum Chancen auf einen erfolgreichen Übergang in das Berufsleben und häufig mit dem „Stigma der ‚Anormalität‘“ zu kämpfen haben.[40] Besorgniserregend sind diesbezüglich außerdem Feststellungen einer sehr aktuellen Studie der Bertelsmann Stiftung. Hier erklärt Klemm, dass der Inklusionsanteil an den Schulen seit dem Rechtsbeschluss bundesweit um ein Drittel (von 18,4 auf 25 Prozent) gestiegen sei. Dies jedoch habe nicht dazu geführt, dass weniger an Sonderschulen unterrichtet werde, da bei immer mehr Schülern ein sonderpädagogischer Förderbedarf diagnostiziert werde: Der Anteil der Sonderschüler an der gesamten Schülerschaft[41] bleibe dadurch nahezu konstant, was bedeute, dass beinahe eine halbe Million (6,4 Prozent) Schüler sonderpädagogischen Förderbedarf haben.[42]

Auch wenn Inklusion in Deutschland „an Fahrt aufnimmt“, wie Dräger, Vorstand der Bertelsmann Stiftung sagt, so habe das Doppelsystem aus Regelschulen und Förderschulen in Deutschland unverändert Bestand.[43] „Solange das Doppelsystem aus Regel- und Förderschulen in der heutigen Form besteht, ist erfolgreiche Inklusion schwierig, weil die Förderschulen jene Ressourcen binden, die dringend für den gemeinsamen Unterricht benötigt werden.“[44] Um qualifizierten inklusiven Unterricht anbieten zu können, brauchten Schulen jedoch Unterstützung und genügend gut ausgebildetes Personal.[45]

Die Durchführung eines Gemeinsamen Unterrichts allein genügt demnach nicht. Das Konzept der Inklusion ist kein Garant für qualitativen, „guten“ Unterricht. Dies wird auch im Bundesländervergleich deutlich: Einer der größten Unterschiede lässt sich im Vergleich Schleswig-Holstein und Bayern feststellen. Die Inklusionsquoten[46] der beiden Länder zeigen über längere Zeit gegenläufige Entwicklungen. Während sie in Bayern kontinuierlich sank, stieg sie in Schleswig-Holstein sogar an.[47] Die Autoren bringen in diesem Vergleich die unterschiedlichen politischen Gegebenheiten in den Bundesländern mit der steigenden oder sinkenden Inklusionsquote in Verbindung.[48] Sie kommen schließlich zu dem folgenden Ergebnis:

„Für das Gelingen inklusiver Schulreformen und damit die Umsetzung der sich aus der Konvention ergebenden menschenrechtlichen Verpflichtungen braucht es einen klaren politischen Willen, vor allem aber eine systematische und langfristig angelegte Strategie zur Überwindung bestehender Reformhindernisse.“[49]

Dies entspricht auch Klemms Ergebnis, der die Hauptursache von nicht gelingender schulischer Inklusion in einer „laissez-faire-Politik“ sieht, die sogar eine Verfestigung der noch bestehenden Doppelstruktur zur Konsequenz habe. Auf der anderen Seite nutzt er positive Beispiele wie Schleswig-Holstein, um alle Beteiligten zu ermutigen, „den Auftrag der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen ernsthaft anzunehmen.“[50]

2.2.2 Das „Doppelsystem“ aus Regel- und Sonderschulen als Hindernis

Das deutsche Schulsystem ist gekennzeichnet durch seine Drei- bzw. Viergliedrigkeit, wenn man die Sonderschulen mit einbezieht. Dies ist auch einer der Kritikpunkte des Sonderberichterstatters des Menschenrechtsausschusses Muños, der außerdem noch den Föderalismus und die frühe Selektion als Hauptprobleme des deutschen Bildungssystems anbringt.[51] Amrhein schließt sich dem an und beschäftigt sich ausführlich mit den Verhältnissen im deutschen Schulsystem.[52] Sie gelangt schließlich zu dem Fazit, dass sich gerade Lehrkräfte in einer paradoxen Situation befinden: „Sie haben den Auftrag der individuellen Förderung einer jeden Schülerin/eines jeden Schülers und zugleich übernehmen sie Selektionsfunktionen im gegliederten System.“[53] Etwas stärker auf Inklusion bezogen bedeutet das:

„Sie sollen einerseits Verschiedenheit akzeptieren, dürften und sollten aber gleichzeitig auf Instrumente wie Klassenwiederholung und Abstufung im Versuch der Homogenisierung einzelner Lerngruppen zurückgreifen. Somit verhindert in Deutschland schon die äußere Schulorganisation den bejahenden Umgang mit Heterogenität.“[54]

Eine Umsetzung der UN-Konvention bedeutet für Deutschland demnach eine vollkommene Veränderung des gesamten Schulsystems. Vor allem eine Auflösung des Sonderschulsystems bringt auf der einen Seite hohen organisatorischen und finanziellen Aufwand mit sich, Verwaltung und pädagogische Praktiken müssen angepasst und auch die (Sonderschul-)Lehrerausbildung muss reformiert werden. Hinzu kommt das Selbstverständnis der Sonderpädagogen als „Sachverständige“, die – auch zugunsten ihrer beruflichen Sicherheit – starkes Interesse daran haben, das Sonderschulwesen aufrecht zu erhalten.[55] Dass ein inklusives Bildungssystem aber besonders in der Aufbauphase sehr auf sonderpädagogische Arbeit angewiesen ist, und dass im inklusiven Unterricht generell ein verändertes Lehrer- und auch Schülerbild vorliegt, zeigt in dieser Arbeit vor allem die Konzeption der Unterrichtseinheit im vierten Kapitel. Fest steht jedoch: Die UN-Konvention ist „kein Selbstläufer. In Deutschland gibt es massive Reformhindernisse, denn das Sonderschulwesen ist hier gesellschaftlich tief verwurzelt.“[56]

Der nun rechtlich verankerte Anspruch auf gleichberechtigte Teilhabe wird an Deutschlands Schulen trotz Reformhindernissen nach und nach umgesetzt. Unterstützung finden Schulen auf ihrem Weg zur Inklusion beispielsweise im „Index for Inclusion“[57]. Der Index wurde, wie Boban und Hinz in ihrer deutschen Fassung erklären, „in Großbritannien in dreijähriger Arbeit von einem Team aus LehrerInnen, Eltern, Schulvorständen, ForscherInnen und einem Vertreter von Behindertenorganisationen erarbeitet, die viel Erfahrung mit inklusiver Schulentwicklung haben.“[58] Der Index ist ein Hilfsmittel, das Schulen ermöglichen soll, ein inklusives Leitbild zu entwickeln und dazu die Sichtweisen der unterschiedlichen Akteure sichtbar zu machen.[59] Weitere Hilfestellungen liefern die Autoren eines international ausgerichteten Buches, das ebenfalls Theorie und Praxis verbinden und inklusive Erziehung unterstützen will.[60] Mit zahlreichen Rastern werden hier Hilfestellungen angeboten, wie Inklusion auf schulischer, unterrichtlicher und kooperativer Ebene erreicht werden kann. Besondere Schwerpunkte liegen auf der Reflexion der schulischen Gegebenheiten, der (eigenen) Unterrichtsdurchführung sowie auf der Erstellung individueller Erziehungspläne. Die Autoren widmen außerdem ein vollständiges Kapitel den sonderpädagogischen Maßnahmen in inklusiven Schulen. Sie heben hervor, dass die Sonderpädagogik einem Paradigmenwechsel unterliegt, „der zu einem neuen Verständnis in den Bereichen der Diagnostik und Therapie führt.“[61] Sonderpädagogen im Regelschulwesen arbeiten auf derselben Ebene wie die Klassenlehrer und nehmen dabei die Rolle der Experten an, „die über das Wissen und die Erfahrung verfügen, Lehrende in der herausfordernden Rolle als ‚Begleiter‘ aller Lernenden zu unterstützen.“[62]

Deutlich wird in diesen Ausführungen, dass die Entwicklung eines inklusiven Schulsystems und der Umsetzung einer Schule für alle in der Theorie als allgemeingültig angesehen werden kann. Das auf Selektion und äußere Differenzierung ausgerichtete deutsche Schulsystem, nicht-unterstützende politische Maßnahmen sowie die Unsicherheit vieler Lehrkräfte erschweren die Umsetzung allerdings erheblich. Dennoch:

„Die UN-Konvention für die Rechte von Menschen mit Behinderungen hat das Sonder-/Förderschulwesen aus seinem Schattendasein herausgeholt. Chancengleichheit ist wieder zu einer akzeptierten bildungspolitischen Leitkategorie geworden […]. Die ‚Eine Schule‘ für alle ist vielerorts zum Leitbild der Schulentwicklung geworden.“[63]

2.2.3 Die Übergangsphase zur Inklusion

Viele sprechen hinsichtlich der Realisierung von Inklusion von einer „Vision“. Dies ist einerseits ein Zeichen dafür, dass Inklusion in Deutschland noch nicht erreicht wurde und man, so Wocken, besser beraten sei, sich den „Träumereien und Illusionen“ einer inklusiven Schule und einer inklusiven Gesellschaft nicht hinzugeben.[64] Andererseits wird diese „Vision“ häufig als Antrieb[65] und Wegweiser charakterisiert. Bei Feyerer heißt es zum Beispiel:

„Auch wenn die Bedingungen heute noch sehr schlecht sind und eine inklusive Gesellschaft und Schule wirklich noch sehr realitätsfern erscheint, ist die Vision einer Schule für alle wichtig, weil sie für das pädagogische, politische und administrative Handeln richtungsweisend sein kann. In diesem Sinne ist der Traum von einer inklusiven Bildungslandschaft nicht bloß Utopie oder Illusion, sondern Wegweiser.“[66]

Wichtig ist jedoch auch die Überzeugung, dass Inklusion Realität werden kann. Wenn auch die Zielsetzung der UN-Konvention noch nicht einmal annähernd erreicht wurde, so äußert sich Klemm, sei Inklusion dennoch erreichbar, nämlich durch den zügigen Ausbau inklusiver Angebote und dem Bestehen der Doppelstruktur von Regel- und Sonderschulen nur für eine Übergangszeit.[67] 2013 ist diese Übergangszeit noch Gegenwart und sie wird es auch noch viele Jahre bleiben. Inklusion ist das Ziel, aber es wird nur langsam und schrittweise erreicht[68] oder anders gesagt:

„Für die Integration von ca. 15 Prozent behinderter Kinder hat Deutschland ca. 25 Jahre gebraucht. Mit einem kompletten Systemwechsel […] wird Deutschland – dafür bedarf es keiner hellseherischen Prophetie – wohl das restliche 21. Jahrhundert beschäftigt sein.“[69]

Besonders in der Übergangsphase werden Probleme des Systemwechsels deutlich. Ein Beispiel für ein solches, bisher weitgehend ungelöstes Problem ist die Leistungsbewertung. Nicht erst seit dem Beschluss der UN-Konvention wird die Leistungsbewertung in der Schule kritisiert, doch mit der Frage nach der Realisierbarkeit des gemeinsamen Unterrichts bekommt das Thema neue Aktualität und Dringlichkeit. Leistungsmessung und Standardisierung bemessen ausschließlich den kognitiven Lernzuwachs[70] und sind daher v.a. in einem inklusiven Bildungssystem nicht brauchbar, denn die Form der Beurteilung muss mit den Prinzipien der angewandten Pädagogik übereinstimmen.[71] Da es in der inklusiven Schule weniger um eine objektive Selektion als um eine subjektive Förderung geht, sind Noten aus einigen Gründen hinderlich: Sie entmutigen viele Schüler, verursachen Angst, sagen wenig über Leistungsfähigkeit und -bereitschaft aus, sind häufig ungerecht und konkurrenzfördernd und „vergiften das pädagogische Klima“.[72] Auch bisher angewandte Methoden der Leistungsbewertung, wie der sogenannte Nachteilsausgleich oder „Sternchennoten“[73] speziell für behinderte Schüler sind im Endeffekt nicht sehr inklusiv und ein Zeichen für die Übergangsphase, in der zwar versucht wird, den gemeinsamen und chancengerechten Unterricht zu realisieren, in der aber das traditionelle selektierende Schulsystem mit seinem „Zensurenunwesen“[74] noch die Oberhand hat. Eine Chance zur gerechten Leistungsbeurteilung liegt im Entwicklungsbericht, den Feyerer/Prammer[75] für unterschiedliche Fächer erarbeitet haben.[76]

Im folgenden Kapitel werden jedoch zunächst Methoden und Herangehensweisen vorgestellt, die der ‚Pädagogik der Vielfalt‘ entsprechen und die sich als erfolgreich erwiesen haben. Der Fokus dieser Ausführungen liegt auf der inneren Differenzierung, da diese die beste – wenn nicht gar einzige – Möglichkeit ist, auf eine starke Heterogenität im Klassenzimmer zu reagieren. Die Zusammenarbeit mit Sonderpädagogen wird gekennzeichnet und als unverzichtbar hervorgehoben. Die hier aufgeführten Aspekte werden in der anschließenden Unterrichtseinheit aufgegriffen und damit direkt auf die Möglichkeiten praktischer Anwendung bezogen.

3. Umsetzung eines inklusiven Unterrichts in der Schule

3.1 „Ein Bekenntnis zur Inklusion entspricht einem Bekenntnis zur Heterogenität“

Mit dem rechtlichen Beschluss zum gemeinsamen Unterricht behinderter und nicht behinderter Schüler wird die Schere der Heterogenitätsmerkmale innerhalb einer Klasse weiter geöffnet. Daher gehört der Umgang mit Heterogenität nun mehr denn je zu den zentralen Herausforderungen des Unterrichts[78] und jede Form der Heterogenität kann (zumindest phasenweise) nach Berücksichtigung im Unterricht verlangen.[79] Inklusion ist somit kein Teilbereich der Sonderpädagogik (mehr), sondern eine Reform der Regelpädagogik.[80][77]

„Daher kann die Integration behinderter Kinder auch als Motor einer inneren Schulreform an Sekundarstufenschulen bezeichnet werden. Der gemeinsame Unterricht behinderter und nichtbehinderter Kinder ist somit keineswegs nur ein Konzept für behinderte Kinder, sondern bietet auch Antworten auf ungelöste Probleme der allgemeinen Schulen der Sekundarstufe.“[81]

Als Reaktion auf die starke Heterogenität der Klassen wird gegenwärtig eine neue Lernkultur entwickelt, die geprägt ist von der Selbstständigkeit der Schüler, der Orientierung auf die Lernprozesse und die Kompetenzen zu ihrer Steuerung, von der Hinwendung zu komplexen, alltagsnahen Aufgaben, der Partizipation der Schüler und der Demokratisierung der Lernkultur insgesamt.[82] In der inklusiven pädagogischen Arbeit wird Heterogenität als Chance und Herausforderung angesehen. Sie setzt an den Stärken der Kinder an, fördert, verlangt eine differenzierte Leistungsbewertung und erfordert Kooperation unter den Lehrkräften und mit den Sonderpädagogen. So lauten einige der Leitlinien der inklusiven pädagogischen Arbeit, wie sie bei Werning[83] zusammengestellt wurden.[84] „Integration wird dabei als gemeinamer Schulentwicklungsauftrag verstanden.“[85]

Die Ausrichtung des Unterrichts geht mehr und mehr von der Idee der Heterogenität als von der der Homogenität aus, doch kann inklusiver Unterricht nur dann gelingen, „wenn versucht wird, der Heterogenität aller SchülerInnen durch umfassende didaktisch-methodische Maßnahmen gerecht zu werden.“[86] Der Unterricht muss offen und schülerzentriert sein, es geht um Differenzierung und Individualisierung und damit um Diagnostik, Förderung und angemessene Leistungsbeurteilung. Feyerer[87] fasst die wichtigsten Qualitätsprinzipien des inklusiven Unterrichts schlagwortartig zusammen:

- mehr Heterogenität, weniger Homogenität
- mehr Miteinander, weniger Gegeneinander
- mehr Team- und Gruppenarbeit, weniger Einzelarbeit
- mehr Förderung, weniger Selektion
- mehr Wertschätzung, weniger Beschämung
- mehr Rückmeldung, weniger Bewertung
- mehr innere, weniger äußere Differenzierung
- mehr Schülerzentriertheit, weniger Lehrer- bzw. Stoffzentriertheit
- mehr Projektunterricht, weniger parzellierter Fachunterricht

Im Folgenden werden einige Methoden dargestellt, mit denen man den „Spagat zwischen selektionsorientierten Rahmenbedingungen und den Ansprüchen eines gemeinsamen Unterrichts sehr gut“ schaffen kann.[88] Der Fokus liegt dabei auf Formen der Differenzierung und Individualisierung als Reaktion auf die Arbeit mit stark heterogenen Klassen. Spezielle Beachtung gilt außerdem den Möglichkeiten und Förderschwerpunkten der geistig behinderten Schüler Björn und Lisa (s. Förderpläne im Anhang 1A und 1B).

3.2. Innere Differenzierung und Individualisierung

Differenzierung und Individualisierung bedingen sich. Individualisierung wird von den einen als „Höchstform von Differenzierung“[89] bezeichnet, für andere sind differenzierende Aufgaben Teil einer individualisierenden Didaktik.[90] Beide Prinzipien orientieren sich in erster Linie am Individuum mit dem Ziel der individuellen Förderung des einzelnen Schülers und bieten sich daher besonders im inklusiven Unterricht an. Dabei sollte die äußere Differenzierung[91] weitgehend entfallen und auf Formen der inneren Differenzierung (auch Binnendifferenzierung) zurückgegriffen werden. Diese bewegen sich nämlich stark auf der unterrichtlichen Ebene und lassen „sich aus den Heterogenitätsmerkmalen in Verbindung mit den Unterrichtszielen ableiten“.[92] Es sind soziale, methodisch-mediale und thematische Ebenen, die den Grad oder die Art und Weise der inneren Differenzierung beeinflussen, wie u.a. das Lerntempo, die Leistung, der Umfang und die Ziele.[93]

Für einen differenzierten Unterricht und die damit einhergehende individuelle Förderung der Schüler ist demnach die Diagnose von Lernständen und Kompetenzen wichtig, denn die Diagnose ist die Voraussetzung für individuelles Fördern.[94] In diesem Kapitel sollen keine umfassenden Diagnosekriterien und -verfahren vorgestellt werden. Ziel dieses Kapitels ist es, Möglichkeiten und Ressourcen sowie Kriterien für einen guten inklusiven Unterricht aufzuführen, bevor im anschließenden Kapitel eine konkrete Unterrichtsreihe und Arbeitsmöglichkeiten u.a. (mit) der Nichtleserin Lisa vorgestellt werden. Letzteres ist besonders interessant, denn „für Lehrkräfte gehört die Arbeit mit Schülern mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung und mit (Noch-) Nichtlesern im Sekundarstufenbereich sicher mit zu den größten Herausforderungen.“[95]

3.2.1 Differenzierender Unterricht

Im inklusiven Unterricht ist es nicht die Aufgabe der Lehrer, spezielle Maßnahmen für Kinder mit Behinderungen in einem ansonsten gleichschrittigen Unterricht zu finden, sondern individuelle Arbeit und gleichberechtigten Austausch für alle Kinder zu ermöglichen. Eine didaktische Reduzierung ist dabei nicht sinnvoll, da durch sie schnell der fachliche Zusammenhang und der Sinn einer Aufgabe für die Kinder verloren gehen. Um den ‚Kern der Sache‘ zu erfassen sind offene, komplexe und herausfordernde Anlässe notwendig: „Die gemeinsam zu erschließende ‚Sache‘ wird über die Vielfalt der Zugangsweisen reicher.“[96] Dies umzusetzen ist schwierig. Besonders die Arbeit mit Lisa zeigt, dass eine didaktische und inhaltliche Reduzierung oftmals nicht zu vermeiden sind. Dennoch kann durch eine sinnvolle soziale Einbindung und die Übernahme inhaltlicher Teilaufgaben ein fachlicher Zusammenhang wieder hergestellt werden (s. Kapitel 4 dieser Arbeit).

Man kann im inklusiven Unterricht durchaus auf bewährte Konzepte offenen Unterrichts zurückgreifen, der besondere Fokus liegt hier aber auf der „konsequenten Weiterentwicklung eines individualisierenden und differenzierenden Unterrichts mit besonderem Augenmerk auf der sozialen Dimension des Unterrichts.“[97] Das Konzept des „Offenen Unterrichts“ nach Feyerer und Prammer (2003) wird von Feyerer als die „unter den momentanen Bedingungen praktikabelste Form einer inklusiven Pädagogik.“[98] bezeichnet. Auch Schöler sieht im Offenen Unterricht für alle Kinder die Möglichkeit gegeben, mit unterschiedlichem Lerntempo und unterschiedlichen Interessen ihren eigenen Lernweg zu finden, „dies gilt für alle Kinder, ist aber für die Kinder mit Förderbedarf von besonderer Wichtigkeit.“[99]

„Im Offenen Unterricht werden Unterrichtsangebote so gestaltet, dass Kinder möglichst selbständig und selbstverantwortlich arbeiten und ihre Handlungskompetenzen ausbauen können. Während hochbegabte SchülerInnen z.B. an Grammatikübungen (mit Selbstkontrollmöglichkeit) arbeiten, erlernen Kinder mit geistiger Behinderung Buchstaben oder suchen bestimmte Laute in Wörtern. Alle Kinder lernen im Bereich der Sprachbetrachtung, jedes aber nach seinem individuellen Können.“[100]

Beispiele für offene Unterrichtsformen sind die Wochenplan- und die Freiarbeit, Projekt- und Werkstattunterricht und das Stationenlernen.[101] Jedoch erfordert die Durchführung eines Offenen Unterrichts gewisse schulische und personelle Voraussetzungen. Es müssen genügend und entsprechend ausgestattete Räumlichkeiten zur Verfügung stehen sowie eine konstante zweite Lehrkraft, um während der Arbeitsphasen eine intensive Betreuung der Kinder (v.a. derer mit geistiger Behinderung) zu gewährleisten.[102] Generell müssen Schüler in offenen Unterrichtsphasen häufiger und länger an einem Stück arbeiten, d.h. der 45-Minuten-Takt sollte in Richtung Doppelstunden oder Blockphasen erweitert werden.[103] Bei einer freien und selbstständigen Arbeit ist außerdem für die Kinder mit einer geistigen Behinderung – je nach Schwere der Behinderung – eine Eins-zu-Eins-Betreuung notwendig, die in Form von Integrationshelfern zwar für einige Stunden, jedoch häufig nicht durchweg gegeben ist. Genauso steht das Team-Teaching in vielen Schulen noch nicht an der Tagesordnung, sodass ein Lehrer oftmals mit seiner heterogenen Klasse allein gelassen wird. Selbstverständlich stellen offene Unterrichtsformen dennoch hervorragende Voraussetzungen für das differenzierende und individualisierende Lernen dar, denn z.B. der Wochenplan unterscheidet sich „durch qualitative (Schwierigkeitsgrad, Lernausgangslage, [...] berücksichtigend) und quantitative Differenzierungsformen (notwendiger Arbeitsaufwand, Anzahl der Aufgaben, [...])“[104] und ermöglicht es den Lehrern beratend, diagnostisch und fördernd tätig zu sein.[105]

Ein weiteres wichtiges Element inklusiven Unterrichts stellen kooperative Lernformen dar. Gruppenarbeitsformen beispielsweise reagieren ganz besonders auf die Forderung, sich an den Stärken und Interessen der Schüler zu orientieren und Vielfalt als Bereicherung anzusehen. Die Schüler können unterschiedliche Rollen einnehmen und ihre besonderen Stärken und Interessen einbringen. Dadurch wird eine positive Abhängigkeit zwischen den Gruppenmitgliedern erzeugt und die Übernahme von Verantwortung für den Arbeits- und Lernprozess sowie die Selbstständigkeit und Teamfähigkeit der Schüler gefördert.[106] Die Lehrperson sollte kooperative Lernformen gezielt einsetzen und den Schülern zur Orientierung nötige Strukturierungshilfen während der Gruppenarbeitsphase anbieten/vorschreiben.[107] Stangier und Thoms grenzen die traditionelle Gruppenarbeit vom kooperativen Lernen eben dadurch ab, dass die Lernumgebung besonders strukturiert ist und die Arbeitsphasen rhythmisiert sind (think-pair-share). Nach ihnen stellt das kooperative Lernen demnach keine Methode, sondern eine Unterrichtsstruktur dar, die „das Lernen im Wechsel von individuellen und kooperativen Phasen berücksichtigt.“[108] Gerade durch die Strukturiertheit, so Stangier und Thoms, gebe das kooperative Lernen einen sicheren Rahmen für die Gruppenmitglieder und davon profitierten sowohl lernschwache als auch lernstarke Schüler. „Lernbeeinträchtigte Schüler erhalten die Möglichkeit, ihre Gruppenmitglieder zu informieren und sich somit als kompetent zu erleben. Lernstarke Schüler werden durch die Bearbeitung von anspruchsvollen Spezialaufgaben zusätzlich gefördert.“[109] Die gezielte Vorbereitung und Strukturierung dieser Verfahren hängt zwar zunächst mit einigem Aufwand für die Lehrperson zusammen, dennoch kann durch den Einsatz von schülerkooperativen Verfahren und eigenverantwortlichem, freiem Arbeiten die Lehrperson hinsichtlich der individuellen Förderung entlastet werden, denn

„den unterschiedlichen Schülertalenten gerecht zu werden bedeutet nicht, dass ihnen ein grenzenloser Wahlunterricht mit ebenso grenzenloser Individualisierung geboten werden muss.“[110]

Eine zu starke Ausrichtung des Unterrichts auf Individualisierung führe, so Klippert, sogar zu Gefahren.

„Die Aufgabe einer auf Inklusion und Chancengerechtigkeit ausgerichteten Schule ist […] das Verbinden und Verbünden der Schüler/innen in einer Weise, dass sie ihre fachliche wie soziale Anschlussfähigkeit in der Klassengemeinschaft wahren können. Rigide Individualisierung leistet genau dieses nicht. Sie trennt eher, als dass sie verbindet. Sie entmutigt eher, als dass sie in der Breite inspiriert. Darüber hinaus setzt sie ein Maß an Eigeninitiative und Selbststeuerungskompetenz voraus, das viele Schüler/innen beim besten Willen nicht haben. So gesehen ist Vorsicht angesagt. Vorsicht ist aber auch deshalb geboten, weil rigide Individualisierung viele Lehrkräfte förmlich ‚zerreißt‘, die den Spagat zwischen Unterrichten auf der einen und individualisierter Beobachtung, Diagnose, Förderplanung, Materialerstellung und Beratung auf der anderen Seite einfach nicht schaffen.“[111]

Diese Feststellung Klipperts ist durchaus ernst zu nehmen und steht im Zusammenhang mit dem Anspruch dieser Arbeit, nämlich aufzugreifen, dass sowohl schulisch-strukturelle und personelle Voraussetzungen als auch die bisherigen Lehrerausbildungen dem Anspruch eines durch und durch inklusiven Bildungssystems (noch) nicht gerecht werden können. Es gilt daher, zunächst eine „recht effektiv[e]“[112] Differenzierung zu gewährleisten, die sich weitgehend an das schulische Umfeld anpasst und die Lehrkräfte nicht überfordert.[113] Dies kann geschehen durch „prozessimmanente Differenzierungsgelegenheiten“, sprich durch die Arbeit der Schüler an gleichen Basismaterialien durch unterschiedliche bzw. offene Aufgabenstellungen, wechselnde Kooperationsmöglichkeiten und breit gefächerte Lerntätigkeiten, -pro-dukte und -methoden.[114] Hier schließen auch die Ausführungen von Kress an, deren Beitrag „kein Plädoyer für eine komplette Umstellung des Unterrichts auf Freiarbeit oder Projektarbeit“ sein soll, sondern sich an die richtet, die innere Differenzierung und individuelle Förderung „umsetzen müssen, und zwar nicht in einer bildungspolitischen Schulutopie, sondern tagtäglich in sehr unterschiedlichen Unterrichtsrealitäten.“[115] Die in Kapitel vier vorgestellte Unterrichtseinheit ist ebenfalls darauf ausgerichtet und wird daher nicht als offener Unterricht konzipiert.

[...]


[1] Wocken, Hans: Integration und Inklusion. Ein Versuch die Integration vor der Abwertung und die Inklusion vor Träumereien zu bewahren. In: Stein, Anne-Dore/ Krach, Stefanie/Niediek, Imke (Hrsg.): Integration und Inklusion auf dem Weg ins Gemeinwesen. Möglichkeitsräume und Perspektiven. Bad Heilbrunn 2010, S. 204-234, S. 224.

[2] Diese Aussage zur inklusiven Schule wird vom Autor selbst als eine antreibende Vision beschrieben. Zwar stellt er das Ziel der Inklusion dar, räumt jedoch ein, dass es in der Ausprägung mit allen relevanten gesellschaftlichen und schulischen Veränderungen vermutlich „niemals erreicht werden kann“ (Wocken 2010. S. 225).

[3] vgl. Wocken 2010, S. 224.

[4] vgl. Lanig 2013, S. 16ff.

[5] Björn und Lisa sind fiktive Schüler, die zwar realen Vorbildern, aber keiner Eins-zu-Eins-Beschreibung realer Personen entsprechen.

[6] Amrhein, Bettina: Inklusion in der Sekundarstufe. Eine empirische Analyse. Bad Heilbrunn 2011, S. 56.

[7] Amrhein 2011, S. 56.

[8] Amrhein 2011, S. 56.

[9] vgl. Feyerer, Ewald: Allgemeine Qualitätskriterien inklusiver Pädagogik und Didaktik. In: Zeitschrift für Inklusion, Nr.3 2012. (online einsehbar unter http://www.inklusion-online.net/index.php/inklusion/issue/view/14, letzter Zugriff am 10.06.2013).

[10] vgl. Moser, Vera: Standards für die Umsetzung von Inklusion im Bereich Schule. In: Moser, Vera (Hrsg.): Die inklusive Schule. Standards für die Umsetzung. Stuttgart 2012, S. 7-10, S. 7.

[11] Mittendrin e.V./Stangier, Stephanie/Thoms, Eva-Maria (Hrsg.): Eine Schule für alle – Inklusion umsetzen in der Sekundarstufe, Mülheim an der Ruhr 2012, S. 147.

[12] Hier und im Folgenden wird wegen der besseren Lesbarkeit auf die differenzierende Ausführung „Schülerinnen und Schüler“ sowie „Lehrerinnen und Lehrern“ verzichtet.

[13] vgl. Mittendrin e.V./Stangier/Thoms 2012, S. 9.

[14] Mittendrin e.V./Stangier/Thoms 2012, S. 9.

[15] Die Formulierungen „(geistig) Behinderte“, „Schüler mit (geistiger) Behinderung“, „Schüler mit Förderschwerpunkt geistige Entwicklung“ etc. werden hier synonym verwendet. Die aktuellen Begriffsdebatten werden in dieser Arbeit nicht wiedergegeben, da sie nicht zentral für die Themenstellung sind. Bei dem in dieser Arbeit definierten Behinderungsbegriff (s. die folgenden Zeilen im Fließtext) ist beispielsweise der Einwand, der Behinderungsbegriff sei pädagogisch unverantwortlich, da er diskriminierend sei und, von einer normativen Dimension ausgehend, nur auf Defizite verweise, nicht greifend (vgl. Eberwein, Hans/ Knauer, Sabine: Integrationspädagogik als Ansatz zur Überwindung pädagogischer Kategorisierungen und schulischer Syteme. In: Eberwein, Hans/ Knauer, Sabine (Hrsg.): Handbuch Integrationspädagogik. Kinder mit und ohne Beeinträchtigung lernen gemeinsam. 7. durchgesehene und neu ausgestattete Auflage, Weinheim und Basel 2009, S. 17-35, S. 21f.).

[16] vgl. Eberwein/ Knauer 2009, S.25.

[17] vgl. Stangier/ Thoms 2012, S. 12.

[18] In der einschlägigen Fachliteratur gibt es derzeit ohnehin keine allgemein anerkannte Definition für Kinder und Jugendliche mit geistiger Behinderung. Für die inklusive Pädagogik gilt es hauptsächlich zu beachten, dass Schüler mit dem Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung nicht als homogene Gruppe beschrieben werden können, da jeder Einzelne seine individuellen Voraussetzungen und Persönlichkeitsmerkmale trägt (vgl. Stangier/Thoms 2012, S. 172). Eine Diagnose ist daher für die integrative Beschulung nicht wichtig. Aus medizinischer Sicht berücksichtigt eine Diagnose zumeist nur das abstrakt-logische Denken, obwohl, so Schöler, andere Faktoren wesentlicher seien: Schöler nennt diesbezüglich das Verhalten der Eltern gegenüber der Behinderung ihres Kindes, die Frühförderung und Erfahrung im Umgang mit anderen nicht behinderten Kindern, das Sozialverhalten und die Fähigkeiten des Kindes (vgl. Schöler, Jutta: Alle sind verschieden. Auf dem Weg zur Inklusion in der Schule. Weinheim und Basel 2009, S. 147).

[19] Zur Zeit ist eine Diagnose für sonderpädagogischen Förderbedarf allerdings rechtlich notwendig, um den einzelnen Schulen oder Klassen die (zeitweise) Unterstützung durch einen Sonderpädagogen gewährleisten zu können (vgl. Claßen 2013, S. 14).

[20] Vortrag von Marianne Wilhelm: Inklusion – wie geht das? Vortrag in Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung im November 2011. Einsehbar unter http://www.youtube. com/watch?v=FDR_ePjvlm4 (10.06.2013).

[21] In Stangier/Thoms 2012 werden z.B. einige Erfahrungsberichte u.a. von Lehrern und Sonderpädagogen der Gesamtschule Köln-Holweide wiedergegeben, die bereits seit 1985 (damals im Rahmen eines Schulversuchs) gemeinsamen Unterricht anbietet.

[22] Wilhelm et.al. (2002), zitiert in Feyerer, Ewald: Der Umgang mit besonderen Bedürfnissen im Bildungswesen. In: Zeitschrift für Inklusion, Nr.4 2012. (online einsehbar unter http://www.inklusion-online.net/index.php/inklusion/article/view/106/107, letzter Zugriff am 10.06.2013).

[23] Die Differenzierung der Menschen mit und ohne Behinderung ist nach Stangier und Thoms der Kern des Problems mit dem Begriff Behinderung, da damit zwei unterschiedliche Gruppen konstruiert werden, „von denen die eine als normal definiert ist und die andere eben nicht als normal“ (Stangier/Thoms 2012, S. 11).

[24] Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderung (vom 3.Mai 2008): durch Deutschland ratifiziert am 24. Februar 2009.

[25] Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderung 2008, Artikel 24 Satz 1.

[26] Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderung 2008, Artikel 24 Satz 2.

[27] vgl. Aichele, Valentin: Das Recht auf inklusive Bildung gemäß Artikel 24 der UN-Behinderten-rechtskonvention: Inhalt und Wirkung. In: Hinz, Andreas/ Körner, Ingrid/ Niehoff, Ulrich (Hrsg.): Auf dem Weg zur Schule für alle. Barrieren überwinden – inklusive Pädagogik entwickeln. Marburg, 2011. S. 11-25, S. 13f.

[28] Wocken 2010, S. 220.

Wocken stellt u.a. das Recht auf Inklusion als Abgrenzung zur Integration heraus. Es heißt: „Integration appellierte an den guten Willen, an Humanität und an Freiwilligkeit; Inklusion stellt sich nicht zur Diskussion und beruft sich auf ein einklagbares Recht. […] Das Ethos eines sozialen Humanismus wird nun ersetzt durch die rechtlich kodifizierte Gleichwertigkeit aller Menschen.“ (Wocken 2010, S. 219). Nach all seinen Ausführungen plädiert Wocken schließlich dennoch für eine „bedingungslose Freigabe und unterschiedslose Wortwahl“ (S. 230) der beiden Termini, u.a. da die theoretischen Konzepte der Integration immer schon inklusiv gewesen seien (vgl. S. 208). Die Debatte um die Termini Integration und Inklusion soll in dieser Arbeit nicht aufgegriffen werden. Beide Begriffe meinen hier dasselbe. Zu weiteren (nicht immer einheitlichen) Auseinandersetzungen mit den Begrifflichkeiten siehe z.B. Werning, Rolf/Löser, Jessica M.: Inklusion: aktuelle Diskussionslinien, Widersprüche und Perspektiven. In: Schule und Inklusion Die Deutsche Schule, 102. Jahrgang 2010, Heft 2, S. 103-114; Amrhein 2011; Eberwein/ Knauer 2009: Einführende Bemerkungen; Aichele 2011.

[29] s. dazu Fußnote 28.

[30] Aichele 2011, S. 12.

[31] vgl. Convention and Optional Protocol Signatures and Ratifications, einsehbar unter http://www.un.org/disabilities/countries.asp?navid=12&pid=166 (letzter Zugriff am 10.06.2013).

[32] Aichele 2011, S. 24.

[33] Aichele 2011, S. 24.

[34] Aichele 2011, S. 24.

[35] Werning, Rolf: Inklusive Schulentwicklung. In: Moser, Vera (Hrsg.): Die inklusive Schule. Standards für die Umsetzung. Stuttgart 2012, S. 49-61, S. 53.

[36] vgl. dazu Klemm, Klaus: Gemeinsam lernen. Inklusion leben. Status Quo und Herausforderungen inklusiver Bildung in Deutschland. Erstellt im Auftrag der Bertelsmann Stiftung. Gütersloh. 2010.

[37] Klemm 2010, S. 24.

[38] vgl. Klemm 2010, S. 26.

Schon ältere Studien zeigten, dass sich Gemeinsamer Unterricht außerdem positiv auf das Leistungsselbstkonzept und ein höheres Selbstwertgefühl von Schülern ohne sonderpädagogischen Förderungsbedarf auswirkte (vgl. Klemm 2010, S. 26).

[39] vgl. Stein, Anette/Funcke, Antje: Zu wenige inklusive Bildungsangebote in Nordrhein-Westfalen. Erstellt im Auftrag der Bertelsmann Stiftung. Gütersloh 2010.

[40] Blanck, Johanna/Edelstein, Benjamin/Powell, Justin J.W.: Der steinige Weg zur Inklusion. Schulreformen in Deutschland und die UN-Behindertenrechtskonvention. In: WZB Mitteilungen, Heft 138, Dezember 2012, S. 17-20, S. 18.

[41] nach der von Klemm durchgeführten Studie von 2010 lag der Anteil der Schüler mit sonderpädagogischem Unterricht bei 6 Prozent. 82 Prozent dieser Schüler wurden in separaten Förderschulen unterrichtet. Interessant dabei ist, dass von den Schülern mit dem Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung, der etwa 16,0 Prozent der Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf ausmacht, nur 3,3 Prozent inklusiv unterrichtet wurden. Hier hat „inklusiver Unterricht praktisch keine Bedeutung.“ (Klemm 2010, S. 18).

[42] vgl. Bertelsmann Stiftung: Inklusion im deutschen Bildungssystem kommt nur eingeschränkt voran. Pressemitteilung vom 18.03.2013. (einsehbar unter http://www.bertelsmann-stiftung.de/cps/rde/xchg/SID-967DAA46-172BD797/bst/hs.xsl/nachrichten_115622.htm, letzter Zugriff am 10.06.2013).

[43] vgl. Dräger, zitiert in Bertelsmann Stiftung: Inklusion im deutschen Bildungssystem kommt nur eingeschränkt voran. Pressemitteilung vom 18.03.2013.

[44] Klemm, zitiert in Bertelsmann Stiftung: Inklusion im deutschen Bildungssystem kommt nur eingeschränkt voran. Pressemitteilung vom 18.03.2013.

[45] vgl. Dräger, zitiert in Bertelsmann Stiftung: Inklusion im deutschen Bildungssystem kommt nur eingeschränkt voran. Pressemitteilung vom 18.03.2013.

[46] wobei Inklusion hier nur bedeutet, dass Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf an einer allgemeinen Schule unterrichtet werden, was vom aktuellen Verständnis von Inklusion abweicht (vgl. Blanck/Edelstein/Powell 2012).

[47] vgl. Blanck/Edelstein/Powell 2012.

[48] „Sind inklusive Strukturen zum Zeitpunkt ihres Inkrafttretens bereits weitreichend eingeführt […], so unterstützt die Konvention laufende Reformprozesse. Dies ist in Schleswig-Holstein der Fall […]. In Bayern hingegen steht die schulische Integration und Inklusion immer noch am Anfang. Unter diesen Bedingungen vermag die Konvention zwar die Stellung reformorientierter Kräfte und die Legitimität der inklusiven Schulentwicklung stärken. Zugleich wurden durch die UN-Behindertenrechtskonvention aber auch Reformgegner mobilisiert, die gerade in der besonders sensiblen Anfangsphase wichtige Schritte zur inklusiven Bildung verhindern könnten.“ (Blanck/Edelstein/Powell 2012.)

[49] Blanck/Edelstein/Powell 2012.

[50] Klemm 2010, S. 31.

[51] vgl. die erste Presseerklärung von Vernor Muños von 2006, wiedergegeben in Amrhein 2011, S. 31.

[52] vgl. dazu Amrhein 2011.

[53] Amrhein 2011, S. 36.

[54] Amrhein 2011, S. 36.

[55] vgl. Blanck/Edelstein/Powell 2012.

[56] Blanck/Edelstein/Powell 2012.

[57] Booth, Tony/Ainscow, Mel: Index for inclusion. Developing learning and participation in schools. 2002 (online einsehbar unter http://www.eenet.org.uk/resources/docs/Index%20English.pdf, letzter Zugriff am 10.06.2013).

[58] Boban, Ines/Hinz, Andreas: Index für Inklusion Lernen und Teilhabe in Schulen der Vielfalt entwickeln. Halle-Wittenberg 2003, S. 8. (online einsehbar unter http://www.eenet.org.uk/resources /docs/Index%20German.pdf, letzter Zugriff am 10.06.2013).

[59] vgl. Boban/Hinz 2003, S.8.

[60] Wilhelm, Marianne/Eggertsdóttir, Rósa/Marinósson, Gretar L.: Inklusive Schulentwicklung. Planungs- und Arbeitshilfen zur neuen Schulkultur. Weinheim und Basel 2006, S. 14 und 7.

[61] Wilhelm/ Eggertsdóttir /Marinósson 2006, S. 177.

[62] Wilhelm/ Eggertsdóttir /Marinósson 2006, S. 176f..

[63] Demmer, Marianne: Aus den Pisa-Studien lernen: Warum ein inklusives Schulsystem mit den Ergebnissen der internationalen Vergleichsstudien begründet werden kann. In: Hinz, Andreas/Körner, Ingrid/Niehoff, Ulrich (Hrsg.): Auf dem Weg zur Schule für alle. Barrieren überwinden – inklusive Pädagogik entwickeln. Marburg, 2011, S. 130-142, S. 140.

[64] vgl. Wocken 2010, S. 227.

[65] Wilhelm 2011.

[66] Feyerer, Ewald: Offene Fragen und Dilemmata bei der Umsetzung der UN-Konvention. In: Zeitschrift für Inklusion. Nr. 2 2011.

[67] Klemm 2010, S. 18.

[68] vgl. Feyerer 2012b.

[69] Wocken 2010, S. 227.

[70] vgl. Schwohl, Joachim/Sturm, Tanja: Inklusion als Herausforderung schulischer Entwicklung. Eine Einführung, In: Schwohl, Joachim/ Sturm, Tanja (Hrsg.): Inklusion als Herausforderung schulischer Entwicklung. Widersprüche und Perspektiven eines erziehungswissenschaftlichen Diskurses. Bielefeld 2010, S. 13-26, S. 16.

[71] vgl. Feyerer, Ewald/Prammer, Wilfried: Gemeinsamer Unterricht in der Sekundarstufe 1. Anregungen für eine integrative Praxis. Manuskript vom 12.9.2002. (online einsehbar unter http://bidok.uibk.ac.at/library/feyerer-unterricht.html, letzter Zugriff am 10.06.2013).

[72] Feyerer/Prammer 2002.

[73] vgl. Maikowski, Rainer: Gemeinsames Lernen in der Sekundarstufe I. Eine Standortbestimmung. In: Eberwein, Hans/Knauer, Sabine (Hrsg.): Handbuch Integrationspädagogik. Kinder mit und ohne Beeinträchtigung lernen gemeinsam. 7. durchgesehene und neu ausgestattete Auflage, Weinheim und Basel 2009, S. 201-208, S. 205.

[74] Iben, Gerd: Das Versagen der allgemeinen Schule gegenüber Behinderten und Benachteiligten. In: Eberwein, Hans/Knauer, Sabine (Hrsg.): Handbuch Integrationspädagogik. Kinder mit und ohne Beeinträchtigung lernen gemeinsam. 7. durchgesehene und neu ausgestattete Auflage, Weinheim und Basel 2009, S. 69-77, S.70.

[75] Feyerer/Prammer 2002.

Ein Beispiel für einen Entwicklungsbericht ist online einzusehen unter http://bidok.uibk.ac.at/ download/feyerer-unterricht.zeugnis.pdf (letzter Zugriff am 10. Juli 2013) (vgl. Feyerer/Prammer 2002).

[76] Für eine einzelne Unterrichtssequenz wie der in Kapitel vier, bieten sich eher Verfahren wie das Lerntagebuch oder das Portfolio an, um die individuelle Leistungsentwicklung zu veranschaulichen, weshalb in dieser Arbeit kein beispielhafter Entwicklungsbericht eingefügt wird.

[77] Eberle, Thomas/Kuch, Helge /Track, Sabine: Differenzierung 2.0. In: Eisenmann, Maria / Grimm, Thomas (Hrsg.): Heterogene Klassen – Differenzierung in Schule und Unterricht. Hohengehren 2011, 1-36, S. 30.

[78] vgl. Helmke 2004, zitiert in Eberle/Kuch/Track 2011, S. 4.

[79] vgl. Eberle/Kuch/Track 2011, S. 4.

[80] vgl. Grubich, Rainer: Autismus und Integration – das Wiener Modell als Beispiel des Gelingens. In: Stein, Anne-Dore/Krach, Stefanie/ Niediek, Imke (Hrsg.): Integration und Inklusion auf dem Weg ins Gemeinwesen. Möglichkeitsräume und Perspektiven. Bad Heilbrunn 2010, S. 131-145, S.142.

[81] Feyerer/Prammer 2002.

[82] vgl. Winter, Felix: Leistungsbewertung. Eine neue Lernkultur braucht einen anderen Umgang mit den Schülerleistungen. In: Grundlagen der Schulpädagogik, Band 49. Hohengehren 2010, S. 6.

Der Autor fokussiert hier besonders die Kultur der Leistungsbewertung und plädiert für eine Präsentationskultur. Er begründet sie durchaus nach den Prinzipien in heterogenen Klassen, jedoch kann eine Präsentationskultur nicht immer auf die Arbeit mit (geistig) Behinderten angewendet werden: „Ich sehe diese Aufgabe in engem Zusammenhang mit den Versuchen, die Leistungsbeurteilung von ihren tradierten Fesseln zu befreien und eine stärker schüleraktive Lernkultur zu etablieren. Eine Lernkultur, bei der die Schülerinnen und Schüler erfahren, dass das, was sie erarbeiten, auch für andere wichtig sein kann; eine Lernkultur bei der sie spüren, dass ihre persönliche Entwicklung nicht egal ist, sondern wohlwollend begleitet und – wo nötig – auch herausgefordert wird. Eine entwickelte Präsentations- und Rückmeldekultur an Schulen realisiert darüber hinaus aber noch weit mehr, sie stellt meiner Ansicht nach einen wesentlichen Beitrag zur Demokratie in der Schule und in der Gesellschaft dar“ (Winter, Felix: Mehr als nur Technik – die Rolle der Präsentation in einer neuen Lernkultur (Vortrag auf der Fachtagung „Präsentieren“ des LISUM Berlin am 5.12.06), S. 10. Online einsehbar unter http://www.portfolio-schule.de/go/doc/doc_download.cfm?3495EB60F4324B098DDBE47 15417CA54, letzter Zugriff am 10.06.2013)).

[83] Werning 2010, S. 55.

[84] vgl. dazu auch die sieben Qualitätskriterien in: Prengel, Annedore: Humane entwicklungs- und leistungsförderliche Strukturen im inklusiven Unterricht. In: Moser, Vera (Hrsg.): Die inklusive Schule. Standards für die Umsetzung. Stuttgart 2012, S. 175-181.

[85] Werning 2010, S. 55.

[86] Feyerer 2012a.

[87] Feyerer 2012a.

[88] Feyerer 2012a.

[89] Eberle/Kuch/Track 2011, S. 5.

[90] vgl. Groeben, Annemarie von der: Verschiedenheit nutzen. Besser lernen in heterogenen Gruppen. Berlin 2012, S. 75.

[91] Kriterien für die äußere Differenzierung sind nach Eberle/Kuch/Track (2011, S. 3) der institutionelle Charakter der Maßnahmen, die räumliche Trennung und die Unterrichtung durch verschiedene Personen oder zu verschiedenen Zeiten. Die Autoren liefern außerdem ein übersichtliches Schaubild zu allen Formen der Differenzierung (S. 6).

[92] Eberle/Kuch/Track 2011, S. 8.

[93] vgl. Eberle/Kuch/Track 2011, S. 8.

[94] vgl. Eberle/Kuch/Track 2011, S. 10.

[95] Stangier/Thoms 2012, S. 175.

[96] Seitz, Simone: Inklusive Didaktik. Der Reichtum geht von den Kindern aus. In: Pädagogik, Nr.10 2012, 44-47, S. 45f.

[97] Seitz 2012, S. 44.

[98] In Anlehnung an die in der Einleitung gegebene Definition inklusionstauglicher Didaktikmodelle können nach Feyerer jedoch alle reformpädagogischen Konzepte, das Konzept der entwicklungslogischen Didaktik von Feuser (1995), die subjektive Didaktik nach Kösel (1995) und das Konzept des handlungsorientierten Unterrichts bzw. Projektunterrichts z.B. nach Frey (2002) als inklusionstauglich bezeichnet werden. Er nennt außerdem u.a. die Konstruktivistische Didaktik von Reich (2002), den entwickelnden Unterricht nach Siebert (2006), die kritisch-konstruktive Didaktik nach Klafki (2007) und das Konzept des „Offenen Unterrichts“ nach Feyerer und Prammer (2003) (Feyerer 2012b).

[99] Schöler 2009, S. 40.

Schöler merkt zudem an, dass es ein „Dilemma“ sei, im inklusiven Unterricht Ziffernnoten vergeben zu müssen. Ihrer Meinung nach machen Offener Unterricht, Binnendifferenzierung und Inklusion nur dann Sinn, wenn es keine Ziffernnoten bzw. wenigstens zusätzliche verbale Rückmeldungen gibt (vgl. S. 62ff.). An dieser Stelle soll jedoch nicht erneut auf die Problematik der Leistungsbewertung eingegangen werden.

[100] Feyerer/Prammer 2002.

[101] Vorstellung und Beispiele u.a. in Feyerer/Prammer 2002 und Klippert 2010 (S. 100ff.)

[102] vgl. Feyerer/Prammer 2002.

[103] vgl. Klippert, Heinz: Heterogenität im Klassenzimmer. Wie Lehrkräfte effektiv und zeitsparend damit umgehen können. Weinheim und Basel 2010, S. 87.

[104] Feyerer/Prammer 2002.

[105] vgl. Feyerer/Prammer 2002.

[106] vgl. Stangier/ Thoms 2012, S. 64.

[107] Detaillierte Anregungen zur Gruppen- und Gruppenarbeitsorganisation sowie zur Partnerarbeit liefert Klippert 2010.

[108] Stangier/ Thoms 2012, S. 64.

[109] Stangier/ Thoms 2012, S. 64.

[110] Klippert 2010, S. 219.

[111] Klippert 2010, S. 219.

[112] Klippert 2010, S. 221.

[113] denn „Deutschlands Lehrkräfte [stehen] in aller Regel allein vor Klassen mit durchschnittlich 20-30 Schüler/innen, die zeitgleich zu unterrichten, zu beobachten, einzuschätzen und individuell zu beraten wären.“ (Klippert 2010, S. 220).

[114] vgl. Klippert 2010, S. 221.

[115] Kress, Karin: Binnendifferenzierung in der Sekundarstufe – Das Praxisbuch. Profi-Tipps und Materialien aus der Lehrerfortbildung. Donauwörth 2012, S. 5.

In ihrem Buch stellt Kress verschiedene Methoden vor, mit denen die unterschiedlichen Differenzierungsebenen realisiert werden können. So führt sie bspw. das Gruppenpuzzle als geeignete Methode zur Leistungsdifferenzierung an, den Monatsplan als Methode für die Lerntempodifferenzierung, das Themenportfolio oder Projektarbeit für Neigungsdifferenzierung und das Stationenlernen für das Lernen durch vielfältige Lernzugangsweisen.

Ende der Leseprobe aus 94 Seiten

Details

Titel
Arbeit mit geistig Behinderten im inklusiven Deutschunterricht der Sekundarstufe I
Hochschule
Ruhr-Universität Bochum
Note
1,0
Autor
Jahr
2013
Seiten
94
Katalognummer
V267137
ISBN (eBook)
9783656572565
ISBN (Buch)
9783656572480
Dateigröße
1143 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Inklusion, inklusiver Deutschunterricht, Unterrichtseinheit Deutsch Inklusion, inklusiver Unterricht, Arbeit mit geistig Behinderten, Förderung geistig Behinderte, Sonderpädagogik, Sonderschule, Regelschule, Teamteaching
Arbeit zitieren
Carina Zebrowski (Autor:in), 2013, Arbeit mit geistig Behinderten im inklusiven Deutschunterricht der Sekundarstufe I, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/267137

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