Subkulturelle Identität als diskursive Praxis- Betrachtungen zu Stil, Kommerz und Konsum als Aspekte subkultureller Identität am Beispiel Punk


Magisterarbeit, 2004

121 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis:

1. Einleitung

2. Historischer Rückblick auf die Entwicklung verschiedener subkultureller Phänomene bis hin zu Punk
2.1 Vorläufer
2.1.1 Teddyboys und Halbstarke
2.1.2 Mods
2.1.3 Skinheads
2.1.4 Punk
2.2 Geschichte des Punk
2.2.1 Garage-Punk
2.2.2 Vorläufer/Protopunk in den USA
2.2.3 The Sex Pistols und die Entwicklung des Punk in England
2.3 Weiterentwicklung des Punk weltweit
2.3.1 Punk in Deutschland
2.3.2 Punk’s Not Dead
2.3.3 Für immer Punk?

3. Überblick über verschiedene Subkulturtheorien im Rahmen der Chicago School und der Birmingham Tradition
3.1 Was ist Subkultur?
3.1.1 Der Subkulturbegriff
3.1.2 Subkultur und Gesellschaft
3.1.3 Das Problem einer Definition von Subkultur
3.1.4 Mögliche Alternativen zum Subkulturbegriff
3.2 Entwicklung und zentrale Inhalte verschiedener Subkulturtheorien
3.2.1 Ansätze der Chicago School
3.2.2 Ansätze der Cultural Studies
3.3 Subkulturelle Stile
3.3.1 Stil als bricolage
3.3.2 Die Kommerzialisierung subkultureller Stile
3.4 „Reworking Subculture“: Neuere Ansätze innerhalb der Cultural Studies
3.4.1 Kritik an älteren Ansätzen
3.4.2 Die Bedeutung subkulturellen Kapitals und die Rolle der Medien
3.4.3 Subkulturelle Substanz
3.4.4 Postmoderne Subkulturen ?

4. Stilelemente der Punksubkultur
4.1 Etymologie des Begriffes ‘Punk’
4.2 Musik
4.2.1 Allgemeine musikalische Merkmale
4.2.2 Texte
4.2.3 Verschiedene musikalische Strömungen des Punk-Rock
4.2.4 Verbreitung
4.3 Äußere Erscheinung
4.3.1 Kleidung
4.3.2 Accessoires und Make -Up
4.3.3 Frisuren
4.4 Ideologische Aspekte innerhalb des subkulturellen Phänomens Punk
4.4.1 Abgrenzung und Toleranz
4.4.2 Punk als Negation und Kritik
4.4.3 Politische Aspekte innerhalb des subkulturellen Phänomen Punk
4.4.4 D.I.Y.

5. Subkulturelle Identität als diskursive Praxis
5.1 Subkulturelle Identität und Differenz
5.1.1 Individualität als Ressource für subkulturelle Identität
5.1.2 Insider und Outsider
5.1.3 Individualität und Gruppenzugehörigkeit
5.2 Punk ist nicht gleich Punk
5.2.1 Interne Hierarchisierung
5.2.2 Verschiedene Auffassungen von Punk
5.2.3 Punk und Authentizität
5.3 Punk im öffentlichen Diskurs.
5.3.1 Punk in den Medien
5.3.2 Punk und die Öffentlichkeit, Selbst- und Fremdzuschreibungen
5.3.3 Chaostage
5.4 Punk (vs.) Mode
5.4.1 Punk und Kommerz
5.4.2 Subkulturelle Unternehmen
5.5 Punk und Konsum
5.5.1 Konsumpräferenzen
5.5.2 Konsum und subkulturelles Kapital
5.6 Interner Diskurs
5.6.1 Selbstkritische Tendenzen
5.6.2 Punk und sellout
5.6.3 Punk im Fernsehen

6. Schluss

7. Quellennachweise

8. Anhang

1. Einleitung

Das Thema der vorliegenden Arbeit ist das subkulturelle Phänomen Punk[1]. Es soll untersucht werden, welche zentralen Elemente diese Subkultur ausmachen und welche stilistischen, materiellen, ideologischen und individuellen Aspekte das Phänomen beinhaltet. Unter Einbeziehen verschiedener Perspektiven soll in dieser Arbeit erörtert werden, welche Faktoren subkulturelle Identitäten beeinflussen.

In Kapitel 2 sollen verschiedene subkulturelle Phänomene betrachtet werden, die in einem ähnlichen Kontext stehen. An diesem geschichtlichen Überblick soll die Entstehung der Punkbewegung, ihre Entwicklung und die damalige und aktuelle Bedeutung von Punk für die Mitglieder dieser Subkultur genauer betrachtet werden. Im Rahmen dieser Arbeit scheint es wichtig, zunächst die Frage „Was ist eine Subkultur?“ zu beantworten, um Zugang zur Konstitution subkultureller Identitäten zu erlangen. Ein Überblick über verschiedene Ansätze zur Subkulturforschung, mit besonderem Fokus auf den Werken der Cultural Studies soll in Kapitel 3 gegeben werden.

Die Trennung der Geisteswissenschaften von der Naturwissenschaft wurde Anfang des 20. Jahrhunderts vollzogen. Ethnologie entwickelte sich zu einem eigenständigen Bereich und

beschäftigt sich seitdem mit Kultur. Von besonderem Interesse sind fremde Kulturen, wobei hier der Ausgangspunkt stets die Dichotomie ‚Wir – Die Anderen’ ist. Lange Zeit betrachteten die Vertreter der Ethnologie Kultur als Mechanismus, der die Gesellschaft zusammenhält und sie gegenüber anderen abgrenzt. Kultur galt als Quelle von Werten, moralischen und sinnstiftenden Aspekten einer Gesellschaft. Dies führte zur Annahme, Kultur sei ein homogenes, klar abgrenzbares Ganzes (Holismus).

Nach und nach wurde die Vielfalt kultureller Erscheinungsformen erkannt und versucht, das Argument, Kultur sei ein homogenes Ganzes, zu widerlegen. So kommt z.B. Edmund Leach zu dem Schluss: „(...) the fundamental character of human culture is its endless diversity“ (Leach 1982: 51).

Heutzutage ist ein derart starres, statisches und begrenztes Bild von Kultur nicht mehr haltbar. „The representation of cultures in ethnographies as autonomous, integrated and bounded wholes has been called into question“ (Caputo 1995: 19). Zunehmende Globalisierung, sich ständig weiterentwickelnde Medien- und Informationstechnologien beschleunigen den Wandel von und den Austausch zwischen Kulturen (Clifford 1993: 111) und weisen auf die Problematik innerhalb eines statischen Kulturkonzeptes hin (Fox & King 2002).

Während der so genannten Krise der Repräsentation in den 80er Jahren wurde der Kulturbegriff in der Ethnologie hinterfragt. Auch die Rolle der Ethnologen selbst wurde bereits seit den 60er Jahren, im Zuge der interpretativen und literarischen Wende, neu überdacht. In dem Werk Writing Culture (Clifford & Marcus 1986) werden die Einflüsse der subjektiven Interpretation und der politischen, emotionalen und kulturellen Eingebundenheit des Ethnographen auf die Ergebnisse ethnologischer Forschung untersucht.

Einer der Hauptvertreter der Debatte, Clifford Geertz plädierte dafür, Kultur als Netz von einander beeinflussenden Strukturen zu betrachten, von ihm als webs of meaning bezeichnet (Geertz 1983). Seine Schüler wie z.B. George E. Marcus, Michael Fischer und James Clifford entwickelten seine Ideen weiter. Sie betonten, dass Kultur nicht als homogenes Ganzes, als stabiles und feststehendes Konstrukt verstanden werden durfte, sondern vielmehr einen dynamischen, prozesshaften Charakter besäße, der von den kulturellen Akteuren selbst produziert würde und unter subjektiven, politischen und emotionalen Aspekten zu betrachten sei (Clifford & Marcus 1986, Fox & King, 2002: 17). Schon Radcliffe-Brown (1952) hatte einen zu starren Kulturbegriff abgelehnt und den Fokus auf die Sozialstruktur gelenkt. Er sah Kultur nicht als „(...) any sort of entity but a process, the process of social life“ (Radcliffe-Brown 1952: 190).

Dracklé (1996) kritisiert einen zu begrenzten Kulturbegriff in Bezug zu politischer und gesellschaftlicher Eingebundenheit der Ethnographen folgendermaßen:

„Im Konzept der Begrenztheit von Kultur verbirgt sich eine Machtfrage: Nämlich dann, wenn in gesellschaftlichen Machtbeziehungen festgelegt wird, was zum Mainstream von Kultur dazugehört und was nicht – zum Beispiel unterschiedliche Subkulturen oder die so genannte Jugendkultur“ (Dracklé 1996: 15).

Der innerhalb der dominanten Kultur geführte Diskurs bestimmt demnach, welche Teile einer Kultur von Bedeutung sind, somit als legitim angesehen werden, und welche nicht (Caputo 1995). Vermeintlich unbedeutende Gruppen werden oft als gesellschaftsgefährdende, subversive Elemente dargestellt. Andererseits werden Randgruppen oft ignoriert oder minder beachtet. Dracklé hierzu: „Ausgegrenzt durch diese Kriterien wird Handlung von Menschen aus diesen Randbereichen kontinuierlich nicht oder verfälscht wahrgenommen“ (Dracklé 1996: 15). Hier spielen vor allem die Massenmedien und ihre meinungsbildende Funktion eine ernstzunehmende Rolle, vor allem aber das innerhalb der Gesellschaft herrschende Machtgefälle. Subkulturen wurden von den Medien bisher oft als „folk devils“ (Cohen 1972) dargestellt und werden somit von außen mit bestimmten Attributen belegt. Auf diese äußeren Zuschreibungen und den zur Subkultur der Punks stattfindenden öffentlichen Diskurs soll in Kapitel 5.3 näher eingegangen werden.

Innerhalb der Kultur- und Sozialwissenschaften wurde zunehmend die eigene Position der Ethnologen innerhalb dieser Problematik diskutiert. Mit der in den 70er Jahren von Pierre Bourdieu entwickelten Praxistheorie (Bourdieu 1979) entstand ein Ansatz, der es ermöglichte, die Machtbeziehungen zwischen Individuen und Gesellschaft neu zu betrachten. Macht wurde nun nicht mehr als ein vom Individuum losgelöstes Phänomen angesehen, sondern als praxisbezogene Beziehungsgröße innerhalb der gegenseitigen, handlungsorientierten Beeinflussung von Individuum und Gesellschaft definiert.

Die zunehmende Reflexivität innerhalb der wissenschaftlich diskursiven Praxis hatte auch Auswirkungen auf frühe soziologische Ansätze wie die der Chicago School und Subkulturen wurde in der Folge als ‘strangers within [society, Anm. C. S.]’ mehr Aufmerksamkeit zuteil. Die interdisziplinären Ansätze der Cultural Studies beeinflussten auch die ethnologischen Forschungsansätze zu Jugend- und Subkultur. Die Ethnologie beschäftigte sich vermehrt mit der eigenen, westlichen Herkunftskultur, innerhalb welcher Emigranten, Jugend- und Subkulturen das Fremde darstellten.

Ausgangspunkt war auch hier wieder die Idee des ‘Anderen’. Hierzu Sarah Thornton (1995): „Subcultures (...) are condemmned to and /or enjoy a consciousness of ‘otherness’or difference“ (Gelder & Thornton 1997: 5). In der Ethnologie hat das Fragefeld Punk mit all seinen Facetten – Identität, Ausdruck, Gesellschaft – somit seine Berechtigung. Hierzu Thornton: „Ethnography is a qualitative method that is best suited to emphasising the diverse and the particular“ (Thornton 1995: 107).

Das Aushandeln kultureller und gesellschaftlicher Machtverhältnisse und Differenzen geschieht in subkulturellen Gruppierungen zumeist durch das Schaffen neuen ‚Raums’ - dieser ist sowohl ideologischer als auch tatsächlicher geographischer Art (Hall & Jefferson 1976: 45, Widdicombe & Wooffitt 1995: 24) - und durch das Kreieren eines eigenen Stils. Auch Caputo (1995) fordert, diesen ’Räumen’ mehr Beachtung zu schenken. „The social spaces of difference are important because these sites are constituted by the presence and activity of people whose voices continue to be silenced“ (Caputo 1995: 19).

Innerhalb der Cultural Studies wurde diesen marginalisierten Gruppen mehr Aufmerksamkeit zuteil. Jugendliche Subkulturen wurden in einem hegemonialen Geflecht zwischen Jugend und Erwachsenenkultur angesiedelt. Sie wurden als eigenständige ‘Zellen’ innerhalb der Massenkultur angesehen[2], die eigene Werte, Normen und insbesondere einen eigenen Stil (Hebdige 1979) besitzen. Anhand oben genannter Aspekte entwickeln Subkulturen eigene (sub-) kulturelle Identitäten, die sich von der Massenkultur abgrenzen. Hier zeigt sich eine Analogie zum bereits erwähnten Holismus, also der Annahme, Kulturen seien homogene Entitäten.

In dieser Arbeit sollen die für die subkulturelle Identität innerhalb der Punksubkultur wichtigen Faktoren heraus gearbeitet werden. Dafür ist es notwendig, die bisherigen Forschungsansätze zu subkulturellen Phänomenen genauer zu betrachten.

Subkulturen wurden in Verbindung mit der jeweiligen Gesellschaft in der sie auftraten, zumeist unter soziologischen und politischen Aspekten untersucht (Cohen, P. 1972, Clarke 1979, Hall & Jefferson 1983). Die verschiedenen Forschungsansätze entstanden zunächst in den 20er Jahren innerhalb der von soziologischen Ansätzen geprägten Chicago School und dem 40 Jahre später, 1964, gegründeten Centre for Contemporary Cultural Studies mit Sitz in Birmingham. Mit Hilfe des dort entwickelten, interdisziplinären Projekts der Cultural Studies sollten alternative Herangehensweisen zu bisherigen Vorstellungen von Kultur entwickelt werden (Hörning & Winter 1999).

„Kultur ist für die Cultural Studies nicht stabil, homogen und fest gefügt, sondern durch Offenheit, Widerspruch, Aushandlung, Konflikt, Innovation und Widerstand gekennzeichnet. Kultur wird als Prozess sozialer Ungleichheit betrachtet, in dem um Macht gekämpft und gerungen wird“ (Hörning & Winter 1999: 9).

Einige für diese Arbeit relevante Ansätze und Theorien der Chicago School und der Cultural Studies sollen in Kapitel 3 zusammengefasst werden.

In der Ethnologie wird angenommen, dass die jeweilige Kultur, in welcher sich ein Individuum bewegt, zentrale Bedeutung für die Konstitution sozialer Identitäten hat. Diesem Punkt schließe ich mich an. In dieser Arbeit soll dargestellt werden, dass auch die Zugehörigkeit zu bestimmten Subkulturen eigene Identitätskonstruktionen aufweist. Die Betrachtung von Subkultur wird in der vorliegenden Arbeit anhand eines dynamischen Kulturbegriffes stattfinden. Als kulturell gelten diejenigen Prozesse, die die gleichzeitige Produktion und Aneignung kultureller Werte, politischer, moralischer Auffassungen, sozialer Formen und wirtschaftlicher Aktivitäten umfassen. Kultur wird gleichzeitig produziert und konsumiert. Die Akteure sind somit aktiv in ihre jeweilige Kultur eingebunden und gestalten diese mithilfe der jeweiligen kulturellen Praxis.

Kulturelle Identität wurde innerhalb der Cultural Studies nicht als feststehende Einheit betrachtet, sondern als verhandelbarer Prozess, in welchen die Individuen durch aktive Teilnahme eingebunden sind. Kultur wird als alltäglich vollzogene Praxis verstanden, die die Handlungsmöglichkeiten der Akteure in den Vordergrund rückte und somit auch die soziale Dimension von Kultur betonte (Hörning 1999: 91). Kultur wird als komplexes Wissen betrachtet, welches sich durch Handlungen materialisierte (Hörning 1999: 98ff, Thornton 1995).

Soziale Praxis bedarf eines reichen, kulturellen Repertoires, eines „performativen Charakter[s] des Wissens“, dem „enacted knowledge“, entlang dessen sich die sozialen Akteure in ihren Handlungen orientieren (Hörning 1999: 100, Anm. C. S.). Mitglieder einer Subkultur nutzen zusätzlich eine Art von subkulturellem Kapital[3], welches innerhalb der Subkultur Anwendung findet (Thornton 1995). Ich werde diese Thematik in Kapitel 3.4.2 der vorliegenden Arbeit behandeln, um zu zeigen, welche Arten von subkulturellem Kapital existieren und inwiefern subkulturelles Kapital für die Bildung von subkultureller Identität von Bedeutung ist.

Dick Hebdige (1979), ein Vertreter der Cultural Studies, konzentrierte sich insbesondere auf die ca. Mitte der 70er Jahre entstandene Subkultur der Punks. Da diese über für Außenstehende sehr auffällige subkulturelle Merkmale verfüg(t)en, widmete sich Hebdige zunächst dem Stil der Punks, der als subkulturspezifisches Abgrenzungsmerkmal deutlich hervorstach. Subkultureller Stil wurde von ihm als symbolische Kommunikationsform mit soziokulturellem Kontext verstanden.

„Style, as it is manifested through dress, look, sound, performance, and so on, is a powerful means of giving a group validation and coherence (...) it allows a group to recognize itself and to be recognized (...) it makes a ‘statement’(...)”(Gelder 1997c: 373).

In dieser Arbeit soll erarbeitet werden, welche Eigenschaften und Auffälligkeiten der Stil der Punksubkultur aufweist, welche Botschaften er vermittelt/ transportiert und was er für die Mitglieder der Subkultur bedeutet. In den Arbeiten der Cultural Studies wurde dem Stil subkultureller Gruppierungen eine besondere Rolle zugeschrieben. Die verschiedenen Elemente, die den Punkstil ausmachen, werden von mir in Kapitel 4 genauer untersucht.

Im Zuge der Vermarktung und Aneignung subkultureller Stile durch die mainstreamorientierten Märkte und Medien, ist es mittlerweile fraglich, ob Subkulturen ihre noch als abgegrenzte ‘Zellen’ funktionieren, oder einer starken Stil- und Elementvermischung durch die Kulturindustrie[4] ausgesetzt sind und, so, ihrer Authentizität beraubt, langsam im Sog der Massenkultur verschwinden (Hebdige 1979: 92 ff). Ich vertrete in meiner Arbeit die Meinung, dass dies nicht der Fall ist. Wie oben angedeutet, gehe ich von einem dynamischen Kulturbegriff aus, welcher durch Veränderungen und Prozesse gekennzeichnet ist, an denen die Kulturmitglieder aktiv teilhaben.

Anhand der Merkmale subkulturelle Ideologie, Stil und der Aneignung desselben durch entsprechendes Konsumverhalten möchte ich zeigen, dass die den Subkulturen zugeschriebenen rebellischen, widerständischen Merkmale (Clarke 1979, Hall & Jefferson 1983, Hebdige 1979) durchaus gegen die Vermarktungsstrategie der Massenkultur bestehen (Thronton 1995, Hodkinson 2002). Durch die Existenz der oben genannten Merkmale werden innerhalb der Subkultur eigene Strategien und Wege entwickelt, der ‘Vermarktung’ entgegenzustehen. Verkauft wird letztendlich das Image einer Subkultur, nicht jedoch ihr tatsächliches subkulturelles Kapital. Dies soll in Kapitel 5.4 bis 5.6 der vorliegenden Arbeit gezeigt werden.

Gerade in Bezug auf Kommerzialisierung und Konsum scheint mir das Phänomen Punk als Untersuchungsgegenstand geeignet. Als eine der auffälligeren Jugendsubkulturen mit stilistischen Eigenheiten wie Musik, Kleidung und dem in der Ideologie verankertem Widerstandpotential, scheint die Attraktivität für jüngere und ältere Mitglieder, Medien und Kulturwissenschaftler anzudauern. In den Kapiteln 5.5 und 5.6 sollen anhand des Konsumverhalten und des intern stattfindenden Diskurs um die subkulturelle Identität, verdeutlicht werden, welche Strategien innerhalb der Subkultur vorherrschen oder entwickelt werden, um sich gegen die Massenkultur abzuheben. Hierbei spielen sowohl die innerhalb der Studenten- und Kunstszene, der englischen Arbeiterklasse und der politischen Linken zu suchenden Wurzeln des Punk-Rock, das erste Auftauchen von Punks in den frühen 70er Jahren, als auch die Weiterntwicklung in eine zunehmend politische Richtung des Phänomens in Großbritannien, den USA und Europa eine Rolle.

Wie wird also durch Konsum innerhalb der Massenkultur eine eigene, autonome Identität als Subkulturangehöriger geschaffen und aufrechterhalten? Wie werden Konsumartikel, welche für die Masse bestimmte Bedeutung haben, von der Subkultur aufgegriffen und transformiert? Herrschen innerhalb der Subkultur andere Konsumpräferenzen? Inwiefern ist die Subkultur ein Teil der Massenkultur? Ändern sich die dem Punk zugrunde liegenden Ideologien, sobald sie mitsamt den restlichen Stilmitteln der Subkultur auf ebay ersteigert werden können oder bei H&M an der Kleiderstange hängen? Ist Punk -Revival Ausverkauf oder Einstieg für nachkommende Anhänger? All dies sind Fragen, die während eingehenden Nachdenkens über den Marktwert von Punk aufkommen.

Meine Untersuchung stützt sich neben den mir zur Verfügung stehenden wissenschaftlichen Arbeiten zu Punk, auch auf die Analyse verschiedener subkultureigener Medien wie Fanzines (vgl. Glossar, Abb. 12) oder Tonträger. Auszüge aus in Fanzines erschienenen Artikeln oder aus Texten verschiedener Bands[5] sollen dazu dienen, die Innensicht der Beschriebenen hervorzuheben oder die subkulturelle Rhetorik zu einem bestimmten Thema aufzuzeigen. Ergänzend werden Aussagen von Informanten in unstrukturierter Form in die Arbeit einfließen.

Um das Interesse an den Jugendsubkulturen zu erklären, scheint es sinnvoll, zunächst einen kurzen historischen Überblick über verschiedene, der Punksubkultur vorausgegangen, Subkulturen zu geben.

2. Historischer Rückblick auf die Entwicklung verschiedener subkultureller Phänomene bis hin zu Punk.

„There´s the rockabilly cats with their pomps real high.

Wearin´ black drape coats, all the real gone guys.

The cool skinheads with their roll up jeans.

Looking real tough and mighty mean.

There`s a rumble in Brighton tonight“

(Stray Cats: “Rumble in Brighton”, 1996).

Bereits vor den 50er Jahren stachen jugendliche Gruppierungen, die sich anhand ihres Äußeren und ihrer musikalischen Vorlieben von anderen Jugendlichen unterschieden, hervor. Doch erst mit dem Aufkommen der durch den Rock ’n’ Roll beeinflussten Teddyboys wurde diesen Phänomenen zunehmend die Aufmerksamkeit der Forschung zuteil.

Elvis Presley, Bill Haley und andere Interpreten wurden zum Symbol der „teenage rebellion“ (Chambers 1986: 154). „Als Rock ’n’ Roll auftauchte, muss die Hölle los gewesen sein. Die Jugend rebellierte, die Erwachsenenwelt hatte eine Scheißangst“ (Baroni 1997: 177). Großbritannien kann eine besondere Stellung in Sachen Jugendsubkulturen zugesprochen werden. Der Fokus dieses Kapitels soll daher auf die vornehmlich aus der britischen Arbeiterklasse stammenden Subkulturen gerichtet sein, welche von verschiedenen Vertretern der Cultural Studies eingehend untersucht worden sind (Cohen 1972, Clarke et al. 1979, Hebdige 1979).

Es muss angemerkt werden, dass diese Subkulturen weltweit anzutreffen sind. So gibt es Teds in Frankreich, Punks in Thailand, Skinheads in Skandinavien und Mods in Südamerika. Der Fokus in Kapitel 2.1 soll dennoch auf den in Großbritannien entstandenen Subkulturen liegen, da auch die in dieser Arbeit verwendeten Forschungsansätze aus britischen Akademikerkreisen stammen. In Kapitel 2.2 soll auf die geschichtliche Entwicklung des Punkphänomens eingegangen werden, da diese, wie später deutlich wird, für diese Arbeit, sowie für das gesamte Punk-Konzept relevant ist.

2.1 Vorläufer

Hebdige (1979) sieht die Wurzeln der verschiedenen Jugendsubkulturen im schwarzen Jazz der 20er und 30er Jahre begründet. Die Entwicklung der Musik und Kleidungsstile der Schwarzen fanden Anklang bei weißen Jugendlichen und mündeten schließlich in den 60ern in Existenzialisten szene, Avantgarde und der Beatgeneration[6] (Hebdige 1979: 46 ff, Chambers 1979: 157) Diese Subkulturen traten verstärkt in Amerika auf. „Without a significant black presence in Britain`s working class communities, the equivalent hipster option was simply not available” (Hebdige 1979: 49). In England waren es vielmehr Immigranten von den westindischen Inseln, die durch Musikstile wie Ska, Rocksteady und Reggae (siehe Glossar) die englischen Arbeiterklassesubkulturen beeinflussten. Wie zuvor beim Rock ’n’ Roll griffen weiße Musiker den Stil der farbigen Musiker auf, wodurch die gesellschaftliche Kluft zwischen weißen und schwarzen Jugendlichen zumindest im musikalischen Bereich aufgelöst wurde. Gegen die Elternkultur wurde mit den den Jugendlichen zur Verfügung stehenden Mitteln wie Musik und Kleidungsstil öffentlich rebelliert.

2.1.1 Teddyboys und Halbstarke

Jene Jugendliche „(...) die diese vom Rock ’n’ Roll initiierte Abnabelung [von der Elternkultur] öffentlich zur Schau stellen wollten (…)“ (Baroni 1997: 177, Anm. C. S.) wurden zu Teds oder Teddy Boys, benannt nach ihrem Kleidungsstil. Die Jugendlichen aus der britischen Arbeiterklasse fanden schon in den frühen Anfängen des Rock ’n’ Roll das zur Musik passende Outfit: Herrenjacken im Stil König Edwards 7., dessen Spitzname zur Namensgebung diente und Creepers, Schuhe mit sehr dicken Crepe-Gummisohlen wurden von männlichen; pencil skirts, Petticoats und hochhackige Schuhe von den weiblichen Jugendlichen getragen. Die Bezeichnung Teddyboy wurde zu mehr als nur dem Kleidungsstil eines jugend- und subkulturellen Phänomens, welches seinen Höhepunkt um 1965 (Baacke 1992: 71) hatte, sie umfasste einen kompletten Lebensstil. Wie später den Punks wurde den Teds ein starkes Medienecho zuteil und die Bereitschaft, dem verbreiteten Medienklischee zu entsprechen wuchs auch innerhalb der Szene. Das Bild des juvenile delinquent, des jugendlichen Straftäters, wurde in den Stil der Teddyboys integriert.

Die der Mode der englischen Teds nacheifernden Jugendlichen in Deutschland nannte man Halbstarke. Nach dem Vorbild Marlon Brandos in dem Film „The Wild One“ von Laslo Bendeck (1954), kleideten sie sich in schwarze Lederjacken, Bluejeans und Motorradstiefel und rebellierten gegen die Erwachsenenwelt. „The American ‘young rebels’ movies served as models for German juvenile fashions, dances, and mannerisms, and even for the riots themselves.“ (Poiger 2000: 71). Genau wie die englischen Teds gefielen sich die Jugendlichen in der Rolle des Outlaw, des Krawallmachers und wurden in der Öffentlichkeit auch als solche wahrgenommen.

2.1.2 Mods

Mitte der 60er Jahre bildete sich in den Arbeitervierteln Londons eine neue Jugendsubkultur. Hebdige (1983) führt an, dass der Begriff Mod z unächst alles bezeichnete, was irgendwie mit dem Begriff des ’swinging London’ der 60er Jahre in Verbindung gebracht wurde, oder auch mit Akademie-Studenten, die sich ausgefallen kleideten (Hebdige 1983: 87), eben Modernists (Ruf 1997). Die Mods waren zumeist Jugendliche aus der mittleren Arbeiterschicht, deren Stil „eine, wenn auch unzulängliche Waffe gegen eine als herablassend empfundene Erwachsenenkultur (…)“ (Wienkopp 1989: 37, vgl. auch Hebdige 1979, Clarke 1979) darstellte. Entgegen dem deutlich rebellischen Auftreten der Teddyboys war der Stil der Mods einer Art eleganter Gangstermanier nachempfunden (Hebdige 1976: 89).

„Unlike the defiantly obtrusive teddy boys, the mods were more subtle and subdued in appearance: they wore apparently conservative suits in respectable colours, they were fastidiously neat and tidy (...) pushing neatness to the point of absurdity “ (Hebdige 1979: 52).

Unauffällige, enge Hosen, Jacken und Schuhe in italienischem Stil, sowie eine Vespa und ein gut gekleidetes Mädchen an der Seite waren typische Identitätssymbole und bestimmten den Stil der Szene, der gerade aufgrund dieser übertrieben zur Schau gestellten Ordentlichkeit den Erwachsenen unheimlich war (Hebdige 1979: 52, Hebdige in Clarke 1979: 167, Wienkopp 1989: 37). „Sie [die Mods ] schienen bewusst die mit eleganter Kleidung verbundenen Werte umzukehren, absichtlich die Konventionen in Frage zu stellen und die aus solchen Quellen hergeleiteten Erfahrungen zu widerlegen“ (Hebdige in Clarke 1979: 159, Anm. C. S.).

Weitere identitätsstiftende Aspekte der Mod -Szene waren Drogen (Amphetamine und Alkohol) und Musik. Bands wie The Who, The Animals und The Hollies, oder auch Secret Affair, Merton Parkas, oder Small Hours, die im Zuge des ‚ Mod-Revival ’ um 1979 entstanden, sowie Northern Soul und Rythm` and Blues waren die musikalischen Vorlieben der Mods. Diese waren die derzeit wohl am deutlichsten freizeit- und konsumorientierte Subkultur und richteten ihre Aktivitäten dementsprechend auf das Wochenende. Bestimmte Clubs und Diskotheken, oder der so genannte Soul Allnighter, sowie Schallplattengeschäfte und Bekleidungsboutiquen wurden zu Szene-Treffpunkten. Das Leben der Jugendlichen fand in einer Art Zwischenwelt statt „(...) which lay hidden beneath the ’straight world’ against which it was ostensibly defined“ (Hebdige 1979: 53). Mitte der 60er Jahre teilte sich die Szene: eher gemäßigte, auf Mode- und Musikkonsum orientierte Jugendliche grenzten sich von den Hard-Mods ab.

Die zunehmende Berichterstattung in der Presse, ausgelöst durch Schlägereien[7] zwischen Mods und anderen Gruppierungen in den englischen Seebädern und Küstenkurorten Mitte der 60er, machte die Jugendlichen schnell zu folk devils und auch die Kommerzialisierung der subkulturellen Stilelemente trug entscheidend dazu bei (Hebdige 1979: 93, Cohen, S. 1972, Farin & Seidel-Pielen 1995: 28).

2.1.3 Skinheads

Aus der ‚radikaleren’, meist mittelloseren Gruppe der sich spaltenden Subkultur der Mods entwickelte sich nach und nach eine neue ‘Strömung’. „Aggressively proletarian, puritanical and chauvinist, the skinheads dressed down in sharp contrast to their mod antecendents (...)” (Hebdige 1979: 55). Auf den dandyhaften Stil der Mods wurde bald gänzlich verzichtet. Kurz geschorene Haare, grobe, schwere Stiefel, Jeans, Polo- Shirts und gestreifte oder karierte Hemden, dem Kleidungsstil der jamaikanischen Rude Boys (Hebdige 1983: 144 ff, siehe Glossar) nachempfunden, bestimmten die neuen Kleidungsvorlieben, die auch vor allem mit dem Dresscode der Arbeiterkleidung sympathisierten (Baacke 1992: 81). Bier wurde den Aufputschmitteln vorgezogen, das Wochenende wieder auf der Straße anstatt in teuren Clubs verbracht. Nachdem mehr und mehr der bei den Mods beliebten Musikgruppen außerhalb der engen Grenzen der Subkultur Anklang fanden und zu weltweiten Karrieren ansetzten, wendeten sich die Skinheads dem jamaikanischen Ska und Reggae[8] zu (Hebdige 1983: 149). Dennoch war die „(…) Sympathie gegenüber der schwarzen Bevölkerung (…) beileibe nicht bei allen Kurzhaarigen so groß wie gegenüber ihrer Musik“ (Farin 1995: 34) und aus der anfangs multikulturellen Bewegung wurde eine zunehmend einwandererfeindliche. Die politische Lage in Großbritannien tat ihr übriges, um die Situation zu verschärfen. „Das Einwanderungs- ‚Problem’“ (Farin 1995: 41) wurde in den 60er Jahren zu einem Dauerthema und der allgemeine Fremdenhass färbte auch auf die Arbeiterjugend ab, zumal die westindischen Einwanderer, die durch die Musik und den Stil der Skinheads eng mit den weißen Jugendlichen verbunden waren, begannen, ihre eigene Herkunft stärker zu betonen und somit die englischen Jugendlichen mehr und mehr ausschlossen (Hebdige 1979: 59).

Erst in den 90er Jahren kam es zur Übernahme des Outfits durch die Neonazis. Kleidung und Herkunft aus sozial schwachen Schichten sind zwar Gemeinsamkeiten, die oben genannte Vereinigung ist jedoch im Gegensatz den damaligen Skinheads gekennzeichnet durch eine strikt ausländerfeindliche und nationalistische politische Haltung und hat mit den subkulturellen Wurzeln der Skinheads nichts zu tun. Im Gegensatz zur politischen Haltung innerhalb der Neonaziszene stehen z.B. die linksgerichteten S.H.A.R.P. Skins und andere, nicht der Neonaziszene zuzuordnende Gruppierungen. Das Kürzel S.H.A.R.P. steht bezeichnenderweise für „Skinheads Against Racial Prejudice“ (Farin 1995: 136).

2.1.4 Punk

Im Gegensatz zu den skinheads, deren stilistische Codes und Verhaltensweisen auf working-clas s Wurzeln verweisen (Clarke 1983: 99ff), ging Punk, obwohl viel dafür spricht, nicht allein aus der Arbeiterklasse hervor, sondern rekrutierte sich, sowohl in Großbritannien, als auch später in Deutschland, zu einem Großteil aus der Avantgarde und Kunststudentenszene (Savage 1991, Teipel 2001). Bei Punk wurde auch nicht unbedingt, wie bei den Skins, die Gemeinschaft betont und zunächst nicht wie bei den Mods auf Statussymbole oder akzeptable, ‚schicke’ Kleidung geachtet, was für eine Solidarisierung mit sozial benachteiligten Bevölkerungsgruppen spricht.

Gemeinsamkeiten mit anderen Jugendsubkulturen sind die Vorliebe für eine spezielle Musikrichtung und der jeweils spezifische Kleidungs- und Erscheinungsstil. Im Folgenden soll Punk als Subkultur in diesem Sinne verstanden werden, da die Strukturmerkmale denen der oben beschriebenen Jugendsubkulturen gleichen. Ein bestimmter Musikstil, eine spezielle Haltung und ein ausgefallener Kleidungsstil kennzeichnet die Punks als Subkultur aus. Inwiefern sich Punk detailgenau von den anderen subkulturellen Gruppierungen unterscheidet, kann in dieser Arbeit nicht berücksichtigt werden.

Festzustellen bleibt, dass heute scheinbar mehr Punks als Mods oder Skinheads zu finden sind, was für eine gewisse Aktualität spricht. Da der Personenkreis, welcher sich in diesen subkulturellen Kreisen bewegt, nicht mehr nur jugendliches Publikum umfasst, sondern auch bereits über Vierzigjährige, soll im Folgenden die Bezeichnung ‘Subkultur’ anstelle von ‘Jugendsubkultur’ benutzt werden (Lau 1992).

Zunächst soll nun die Geschichte der Punksubkultur betrachtet werden, um genauer zu analysieren, welche Einflüsse das Punkphänomen prägten, welche Besonderheiten der Punkstil aufwies, wie er sich entwickelte und welche Aspekte heute noch aktuell sind.

2.2 Geschichte des Punk

„I’m with you

You with me

We’re going down in history(...)”

(Iggy and the Stooges: “Death Trip”, 1973)

Thomas Lau (1992) vermutet „Eine Geschichte des Punk ist bisher noch nicht erfasst worden“ (Lau 1992: 25). Diese Annahme teile ich nicht. In Musikzeitschriften, Fanzines oder auch wissenschaftlichen Beiträgen kann beobachtet werden, dass der Ursprung des Phänomens Punk umstritten ist. Osgerby (1999) vertritt die Meinung „(...) the fluidity and sheer amorphousness of ’punk’ makes attempts to fix precise points of origin a futile exercise“ (Osgerby 1999: 156). Es kann aber davon ausgegangen werden, dass die Vorläufer in Amerika entstanden, die, exportiert nach Großbritannien, das eigentliche Phänomen ‘Punk’ mit all seinen Facetten schufen.

2.2.1 Garage-Punk

Schon in den 60er Jahren entstand eine Musikrichtung, die sich Garage oder Garage Punk nannte und so der späteren Bezeichnung für Punkmusik, die

„(...) zurück zur rockmusikalischen Basis der US-Garagenbands der frühen 60er“ (Graf 2000: 5) wollte.

„According to pop folklore the garage (...) was the place where aspiring guitar legends trashed through their rehearsals – though garage became a sobriquet for the crude and raucous sounds pounded out by a legion of three chord wonders wielding Vox and Fender giutars and Farfisa organs, the mixture always heavily spiked with fuzztone distortion” (Osgerby 1999: 159).

Garage Punk war nie wirklich aus der Garage, aus der er tatsächlich und bezeichnenderweise stammte, in die Öffentlichkeit gelangt. Nur wenige der Garage Bands schafften es, Tonträger zu veröffentlichen und wenn, so zumeist in limitierter Form auf Singles (siehe Glossar) , was diese heute zu begehrten Sammlerstücken[9] macht. Einige Bands schafften es, durch ein größeres Publikum die Aufmerksamkeit der Majorlabels (siehe Glossar) auf sich zu ziehen, wie z.B. The Trashmen, The Sonics oder The Kingsmen (Osgerby 1999), doch wurden sie erst später mit Punk in Verbindung gebracht. Punk, wie die allgemeingültige Begrifflichkeit heute als Erscheinungs-, Verhaltens- und Lebensstil verstanden wird, wurde erst Mitte der 1970er Jahren definiert.

2.2.2 Vorläufer/Protopunk in den USA

Die ersten, die den Begriff ‘Punk’ mit der danach benannten Musikrichtung[10] und der sich darum entwickelnden Subkultur in Verbindung brachten, waren Legs McNeil, John Holmstrom und Ged Dunn, die Herausgeber des ersten, gleichnamigen, Punk- Fanzines aus New York (McNeil 1996).

In den USA, allem voran New York, betraten bereits vor 1970 Gruppen wie The New York Dolls, Iggy and the Stooges, Television, The Velvet Underground, Television und Patti Smith, die Bühnen der Musikgeschichte. Die zum Teil aus dem Umfeld der New Yorker Avantgarde um Andi Warhol stammenden Bands können als Protopunk bezeichnet werden: „Punk rock originated in New York, connecting with the underground cinema, the cult of the street, the literary avantgarde with artists such as Patti Smith and Richard Hell” (Brake 1985: 78).

Um diese Bands entwickelte sich eine ‚Fangemeinschaft’, vor allem in New York, wo die Bands häufig im CBGB’S[11], einem ehemaligen Country- und Blues Club und im Max’s Kansas City, auftraten.

Die Band, die weltweit am einflussreichsten werden sollte, war die, von der es am wenigsten erwartet wurde: The Ramones[12]. Sie spielten einfachen Rock ’n’ Roll mit maximaler Geschwindigkeit. Ihre Philosophie war ein simples „I Don't Care“ und ihr Slogan „gabba-gabba-hey“.

„With their tight hooks, simplistic images and raw brevity the Ramones where a nightmare vision of a bubble-gum band – the bouncy tempo reduced to a mean buzz-saw frenzy and the catchy choral refrains twisted from „Sugar, Sugar” and “Yummy, Yummy” into “ Gimme Gimme Shock Treatment” and Lo-bot-omy! Lo-bot-omy!!” (Osgerby 1999: 162).

Von weiteren amerikanischen Bands wie den Heartbreakers, Iggy and the Stooges oder den New York Dolls wurden indirekt auch die britischen Sex Pistols beeinflusst, die ein halbes Jahrzehnt später alles bisher da gewesene in den Schatten stellten (Sabin 1999).

Somit lokalisiert Hebdige (1979) den Ursprung von Punk in Großbritannien, im Sommer des Jahres 1976. „It was during this strange apocalyptic summer that punk made ist sensational debut in the music press“ (Hebdige 1979: 25).

2.2.3 The Sex Pistols und die Entwicklung des Punk in England

In Großbritannien, allem voran London, wurde Punk schnell zu einem, neben der Musik auch Modeaspekte mit einschließenden subkulturelles Phänomen. Hierzu Hebdige:

„Although groups like London SS had prepared the way for punk throughout 1975, it wasn’t until the appearance of the Sex Pistols that punk began to emerge as a recognizable style”(Hebdige 1997: 142).

Dem subkulturellen Stil wurde derzeit nicht nur in Akademikerkreisen einiges Potential zugeschrieben. Auch die Jugendlichen selbst suchten nach neuen Ausdrucksformen. Die konservative politische Situation in Großbritannien in den 70er Jahren dürfte ebenfalls eine nicht unbedeutende Rolle innerhalb der Entstehungsgeschichte der Punk Bewegung gespielt haben.

Der Punkstil setzte sich zunächst aus verschiedenen Elementen vorangegangener Subkulturen zusammen und wurde nicht unmaßgeblich beeinflusst von Malcolm McLaren, der, zunächst während eines USA-Aufenthalts das Management für die New York Dolls übernahm, die ‚Punk-Idee’ importierte und nach seiner Rückkehr nach England zum selbst ernannten Manager der Sex Pistols avancierte. Zu Beginn der Punksubkultur wurden Stilelemente des Glitter Rock (Faulstich 1986) vermischt mit dem der Teds und des zuvor in New York entstandenen Avantgarde Punk.

„Strands from David Bowie and glitter-rock were woven together with elements from american proto-punk (the Ramones, the Heartbreakers, Iggy Pop, Richard Hell), from that faction within London pub-rock (the 101ers, the Gorillas, etc.) inspired by the mod subculture of the 60s,(...) from northern soul and from reggae” (Hebdige 1979: 25).

Wo der amerikanische Punkstil eher minimalistische Ästhetik aufwies (Jeans, Lederjacken und Chucks, einfache Turnschuhe aus Leinen, vgl. Abb. 1), wurde der Punkstil in England zu einer provokativen, bunten und zusammengeflickten bricolage[13] (Levi-Strauss 1966), „(…) literally safety-pinned together, (…)“ (Hebdige 1979, S.26).

In England’s Dreaming. Sex Pistols and Punkrock, beschreibt John Savage (1991) die Anfänge des Punkphänomens in England und die Geschichte der Sex Pistols[14], der ersten Londoner Punkband mit internationalem Erfolg.

Malcolm McLaren, damaliger Kunststudent mit cleverer Marketingstrategie, gilt als der eigentliche Gründer der Band. Seine zusammen mit der englischen Modedesignerin Vivianne Westwood geführte Boutique, die Anfang der 70er unter dem Namen Let it Rock die Teddyboy -Mode aus den 50er Jahren wieder belebte, jedoch wenig später unter dem Namen SEX mehr am Fetisch - und Sado/Maso -Stil orientierte Kleidung verkaufte, gilt als mythischer Geburtsort des Punkphänomens (Savage 1991: 3, 45 ff, 92).

Hier lernte McLaren Steve Jones und die übrigen Bandmitglieder kennen. Er entwickelte die Idee, eine Band nach dem Vorbild der Musikszene in New York, wo er sich 1974 aufhielt und zeitweilig zum Manager der New York Dolls avancierte[15], zu gründen.

Er setzte seine neue Erfahrung im Musikgeschäft mit einer eigenen Band in die Tat, und nebenbei in eine Menge Geld, um. Die Besetzung war einfach zu finden: „Er suchte vier Jungs aus dem Proletariat, ließ sie im Hinterzimmer seines Ladens proben und setzte 1975 sein ausgeklügeltes Konzept zu den Sex Pistols um. Der Punk war geboren“ (Graf 2000: 206).

„Cook and Jones were going for the tradition of mutated, irresponsible hardcore raw power: Iggy Pop, New York Dolls, MC5, the Faces. Rotten [Der Sänger der britischen Sex Pistols ] wanted it like the sixties – Captain Beefheart, all weird“ (Savage 1992: 121, Anm. C.S).

Tatsächlich scheint es, dass McLaren keinen genauen Plan hatte, jedoch durch seine vielfältigen Ideen und seine cleveren Marketingstrategien einen nicht unwesentlichen Teil zu den damaligen und dadurch auch zu den heutigen Ausdrucksformen der Punksubkultur beigetragen hat, vor allem was den Kleidungsaspekt betrifft.

Trat die Band 1975 noch in kleineren Pubs und bei Konzerten in diversen englischen Schulen auf, hatte sie im Sommer des Jahres 1976 ihre ersten größeren und publikumswirksamen Auftritte. Bereits im Dezember desselben Jahres sah sie sich mit Auftrittsverboten konfrontiert. Das von McLaren und der Presse präsentierte Image[16] der Band tat ihr übriges, um englische Kleinstadtbürgermeister, Clubbesitzer und Konzertveranstalter zu veranlassen, der Band die Auftrittsmöglichkeiten zu verweigern. Das Unbehagen war nicht zu übersehen: „In small english towns everything was shut down by the time the pistols arrived. Just as the devil would come to town“ (Savage 1991: 273).

Nachdem die Band unter Manager McLaren am 8. Oktober einen Vertrag bei der Plattenfirma EMI unterzeichnete (Lau 1992: 41) und die erste Single mit dem Titel Anarchy in the UK am 26. November veröffentlicht wurde, fand am Mittwoch, den 1. Dezember der erste Fernsehauftritt statt.

Als direkter Auslöser des um die Band entstehenden Medienrummels und als Indikator für die Aufmerksamkeit der breiten Öffentlichkeit kann das in der damals populären britischen Fernsehshow Today ausgestrahlte Interview der Sex Pistols angesehen werden (Cobley 1999: 174). Während des Auftritts animierte Bill Grundy, der Moderator, die Band und deren mitgereiste Fans zu Flüchen und dergleichen und wurde von seinen Studiogästen sogleich als „dirty bastard“, „dirty fucker“ und „fucking rotter“ bezeichnet (Lau 1992: 42, Savage 1991: 260)[17]. Mitten in die alltägliche Familienberieselung zur besten Sendezeit platzten die Sex Pistols mit ihrem provokativen, die britischen Bürger empörenden Auftritt. „(…) before then, it was music, the next day, it was the media “ (Savage 1991: 260). Vom einen Tag zum Anderen[18] wurde England mit der neu geschaffenen Punkattitüde konfrontiert und von da an wurde der Skandal zum Programm, die „(...) Sex Pistols zu einem kommerziellen Unternehmen und eine kulturelle Verschwörung mit dem Ziel, das Musikgeschäft zu verändern und daran Geld zu verdienen, (…)“ (Marcus 1992: 8).

„The Sex Pistols gave the Press what they wanted“ (Savage 1991: 268) und diese „(...) schürte eine gewaltige Panik, um ihre Auflagen zu steigern, doch bald wies die Panik durchaus reale Züge auf: Im Parlament wurden die Sex Pistols als Bedrohung der britischen Lebensweise angeprangert (…)“ (Marcus 1992: 16). Punk nahm dadurch durchaus politische Ausmaße an.

Mit der Medienpräsenz änderte sich auch die zuvor recht kleine Szene, zumeist bestehend aus Freunden und Bekannten der Band, Journalisten und dem kunststudentischen Umfeld des Managers McLarens und Vivianne Westwoods.

Als Folge auf das im Fernsehen ausgestrahlte Interview und dem daraus resultierenden, durch die englische Boulevardpresse ausgelösten Skandal, strichen die Veranstalter die bevorstehende Tour von 19 auf 3 Gigs und EMI löste am 22.1.1977 den Vertrag mit der Band wieder auf (Graf 2000: 306 ff). Matlock verließ die Band und wurde durch Sid Vicious[19], einen Freund Johnny Rottens, ersetzt (Lau 1992: 42).

Wenig später unterzeichnen die Pistols bei A&M, jedoch wurde auch dieser Plattenvertrag eine knappe Woche später gekündigt. Die Pressung der zweiten Single der Band, God save the Queen, zählte nur 25.000 Stück und wurde nach Vertragsauflösung von der Plattenfirma wieder eingezogen (Graf 2000: 306 ff). Den dritten Vertrag unterzeichnete die Band bei der Firma Virgin im Mai des Jahres 1977. God save the Queen wurde erneut veröffentlicht[20] und gelangte an die Spitze der Charts, ohne jedoch On Air (siehe Glossar)Die gesendet zu werden. Die beliebteste Platte des Landes war somit illegal,

„(...) banned from Top of the Pops and blacklisted by radio stations in Britain. Several publications refused to print an advertisement for the single, the sleeve of which featured a picture of the queen with her eyes masked out by the song title and her mouth covered by the name ‘The Sex Pistols’” (Bennett 2001: 62).

Der Bekannt- und Beliebtheitsgrad der Band steigerte sich umso mehr. „(...) the song (...) established itself as an anti-national anthem“ (Laing 1985: 38).

Mit dem Erfolg traten mehr und mehr interne und externe Probleme auf. Sid Vicious war durch seine amerikanische, aus dem Bekanntenkreis der Heartbreakers stammenden, Freundin Nancy Spungen in die durch die New Yorker Szene verbreiteten Heroinkreise abgedriftet. Er geriet wiederholt wegen aggressiver Übergriffe auf Konzerten und in der Öffentlichkeit in die Schlagzeilen (Savage 1991, McNeil 1996). Auch Johnny Rotten, der sich nie wirklich gut mit den übrigen Bandmitgliedern verstanden hatte, verlor mehr und mehr das Interesse an der von McLaren inszenierten Band. McLaren plante, die komplette Geschichte der Sex Pistols filmisch festzuhalten und setzte das Vorhaben kurze Zeit später in die Tat um. Filmisches und akustisches Archivmaterial der Band wurde mit nachgespielten Szenen vermischt und unter dem Titel The Great Rock ’n’ Roll Swindle auf den Markt gebracht. Doch zunächst ging die Band auf Amerika-Tournee. Die Tour dauerte unvorhergesehener Weise nur zwei Wochen und endete nach einem Gig im Winterland in San Francisco am 14. 01. 1978. Mit der wohl gleichzeitig an das Publikum als auch an sich selbst gerichteten Frage des Sängers: “Ah-ha–ha! Ever get the feeling you’ve been cheated? Good Night” (Savage 1991: 458 ff, Lydon 1994: 326) verließ Rotten die Band und gründete wenig später die Band P.I.L. (Public Image Limited). Vicious und Nancy Spungen wurden in New York wiederholt wegen Drogenbesitz verhaftet. Am 13.10.1978 fand die Polizei Nancy Spungen erstochen und Sid Vicious völlig verstört in deren Hotelzimmer vor. Anfang des Jahres 1979 starb er an einer Überdosis Heroin. Bis heute ist der Mord an Spungen nicht aufgeklärt und um das Paar entstand eine Art Mythos, der sogar verfilmt wurde (Sid and Nancy, von Alex Cox 1986, vgl. Lydon 1994, Kerekes 1999).

Von vielen wird die besondere Stellung der Band in der Geschichte des Punk betont. Auch mir scheint es, als ob die Sex Pistols als eine Art Ur- Image des Punk angesehen werden können, da die Band bereits sämtliche Widersprüche, die im Punkphänomen vorherrschen, in sich vereint. Die Ambiguität zwischen der ‚Anti-Everything’-Attitüde, der Medientauglichkeit und der Vermarktungsstrategie McLarens zeugt bereits vom mehrdeutigen Charakter des Punkphänomens.

2.3 Weiterentwicklung des Punk weltweit

Die Sex Pistols schlugen eine Bresche ins Popmillieu und revolutionierten das Musikgeschäft (Marcus 1992: 9 & 16). Punk wurde, McLarens Promotion zugute kommend, für kurze Zeit ein ausuferndes Pressespektakel, der Hype flaute jedoch wenig später wieder ab und Punk wurde bereits 1978 von der englischen Musikpresse für tot erklärt (Lau 1992).

Doch dem war nicht so. In England stammten die Mitglieder neuer Bands zunächst aus dem Umfeld der Sex Pistols, deren Erfolg zeigte, dass man seine Instrumente nicht beherrschen musste, um in der Musikbranche Erfolg zu haben. Bands wie The Damned, The Clash, The Vibrators und The Buzzcocks bewiesen, dass Punk keine Eintagsfliege war und sich durchaus im Musikgeschäft und als eigenständige Subkultur etablieren konnte, die eine noch nie dagewesene Vielfalt an Ausdrucksformen beinhaltete.

„Die Palette [reichte] von Situationismus, (…) anarchischer, über den Kontext der traditionellen Linken hinausgehender Destruktion (Sex Pistols) über Working–Class–Postulate (Angelic Upstarts, SHAM 69), rotziges Rock ’n Roll– Spektakel (Slaughter & The Dogs), kommunistischen Agit Pop (Clash) und puren Nonsens (Damned) bis hin zu analytisch unterkühlter Distanz (Wire)“ (Büsser 2000: 28, Anm. C. S.).

Die ‚Punk-Welle’ schwappte von Amerika und England über das restliche Europa, neue Bands wurden gegründet und bald identifizierten sich Jugendliche auf der ganzen Welt mit der neu entstandenen Subkultur. „Punk hatte einen unglaublichen ästhetischen, visuellen und künstlerischen Einfluss weltweit“, so Ian McKaye (in PLOT Nr.18, o.J.:16), der Sänger der Band Minor Threat, die der später aus Punk entstehenden Hardcore[21] - Szene zuzuordnen ist.

Szemere (1992) beschreibt in seiner Studie die ungarische Punkszene Anfang der 80er. Dort wurden die Grundzüge des britischen Punk übernommen und mit relevanten lokalen Themen vermischt. Die wirtschaftliche Lage in Ungarn beunruhigte die Jugendlichen und die Punkszene offerierte einen Weg, ihre Situation auszudrücken. Pilkington (1994) untersuchte die Punkszene in Russland und beschreibt, dass die dortige Szene, wie auch in Ungarn, bis heute eine durchaus eigenständige Underground Szene darstellt, da politische und wirtschaftliche Faktoren den Weg in den mainstream verhinderten (in Bennett 2001: 68).

Die aussagekräftigste Antwort auf die damalige Feststellung der Journalisten, dass die Tage des Punk bereits gezählt seien, gibt die Band The Exploited, deren im Jahre 1981 erscheinende Debüt- LP bezeichnenderweise den Titel Punk’s not dead trägt (Lau 1992: 27).

2.3.1 Punk in Deutschland

Ein knappes Jahr nach Erscheinen der ersten Punks in England ereichte Punk Deutschland. „Die bundesdeutsche monatlich erscheinende Zeitschrift Sounds beschäftigt sich in ihrer Jahresausgabe zum ersten Mal etwas ausführlicher mit „Punk-Rock. Die Rückkehr der Rotznase“ (in Lau 1992: 25). Den ersten, bleibenden musikalischen Eindruck hinterließ z.B. die 1976 erschienene LP der Ramones. „Ich hörte mir das erste Stück an. `Blitzkrieg Bop´. Einfacher ging`s wirklich nicht mehr. Und ich dachte: (…) Das kann ich ja auch!“ (Seffcheque in Teipel 2001: 19).

In Städten wie Hamburg, Düsseldorf und Berlin wurden die Neuigkeiten über die Geschehnisse in USA und Großbritannien fasziniert von den Jugendlichen verfolgt und die Musik der Ramones, der Sex Pistols, der Clash, der Buzzcocks, der Adverts und der übrigen Bands zum neuen Non Plus Ultra erhoben.

„Die Inspirationen aller Berliner Punkbands der ersten Generation sind ziemlich identisch: Iggy and The Stooges, MC5, Ramones, 60er Garage und Rock ’n’ Roll, außerdem natürlich die britischen ’77er Kapellen“ (Mertens 2002: 98 ff).

Im Sommer 1978 eröffnete das SO36 in Berlin Kreuzberg mit einem Festival für Berliner Bands und entwickelte sich im Laufe der Zeit zu einem Treffpunkt der Szene und Konzertveranstalter Nr.1 in der geteilten Hauptstadt (Graf 2000: 329).

Zu der anfangs eher an Musik und Mode orientierten Szene stießen politisch Engagierte aus der Hausbesetzerszene (Geiling 1995, 1996) oder der Anti-Atomkraftbewegung, die die ideologische Richtung der Punksubkultur entscheidend mitprägten. Bands wie Katapult, Ätztussis und Auswurf können der damaligen linken, oder anarchistischen Szene zugeordnet werden. Bis in die frühen 80er war die Haltung der Kreuzberger Szene „(...) konsequent bis zur Rigidität: Anti- Kommerzialität, D.I.Y.-Spirit [Do It Yourself[22]], strikt antifaschistisch- antikapitalistische Grundhaltung, scharfe Abgrenzung von allen als ‚Kunstkacke’ empfundenen Tendenzen lauten die Gebote“ (Mertens 2002: 98, Anm. C. S.).

„Wie in keinem anderen Land waren hier [in Deutschland] sowohl Punk als auch Hardcore mit der autonomen Linken gekoppelt. Die frühen, bedeutenden deutschen Punkbands waren höchst politisch (Vorkriegsjugend, Slime, Razzia, Chaos Z, Toxoplasma etc.)“ (Büsser 2000: 27, Anm. C. S).

Den Anfängen von Punk in Deutschland widmet sich auch Jürgen Teipel in seinem 2001 erschienenen Doku-Roman „Verschwende deine Jugend“. Zahlreiche Interviews mit Protagonisten der von der englischen „Punkexplosion“ infizierten Szene zeugen davon, wie Musik und Haltung der Anhänger des Phänomens Literatur, Musik und Kunst beeinflusste. Die einfache, energiereiche Musik war nicht das Einzige, was viele Jugendliche dazu bewegte, sich eingehender mit dem Phänomen zu beschäftigen. Vor allem die trotzige Attitüde des Punk übte wohl einige Faszination auf die Jugend aus.

Zunächst blieben die Akteure auf sich gestellt, da Informationen über Punk eher spärlich und auf zumeist englische Musikzeitschriften sowie die allgemeine Presse beschränkt waren.

„Solange die ganze Sache im Entstehen begriffen war, gab es immer noch viel Spielraum, um verschiedene Sachen auszuprobieren. Ob das jetzt Punk ist, wenn man das macht. Oder ob das Poserei [umgangssprachlich für ‚angeben’]oder Blödheit ist. Punk war so eine Richtungsvorgabe“ (Bielmeier 2001: 33, Anm. C. S.).

Aus der Richtungsvorgabe wurde mit zunehmendem Bekanntheitsgrad der ausländischen Bands und der mit Punk einhergehenden provokativen und kreativen Grundhaltung eine ernstzunehmende Szene in Berlin, Hamburg und Düsseldorf (Der Spiegel 13/1981: 205). Bands wie KFC, Fehlfarben oder Hans-a-Plast prägten zu Beginn den Stil des deutschen Punkrock und Szenetreffpunkte wie der Ratinger Hof in Düsseldorf ließen bei Konzerten Kontakte entstehen, die ersten Bands wurden gegründet und die Anhängerschaft vermehrte sich (Teipel 2001).

Musikalische sowie ideologische Veränderungen Anfang der 80er brachten die Musikrichtungen NDW[23] und Hardcore -Punk hervor und Punk bewies auch in Deutschland, dass man es hier keineswegs mit einem kurzlebigen Trend zu tun hatte.

Im deutschen Osten wurde Punk zusehends bekannt und es entstand eine lebendige Szene, die jedoch aufgrund der politischen Lage massiven Repressionen und Bespitzelungen durch die Staatssicherheit, bis hin zu drakonischen Haftstrafen, ausgesetzt war. Präsenz in Gruppen wurde z.B. als Strafbestand der Zusammenrottung[24] gedeutet, was den Ordnungshütern „Grund für Zuführungen, Ausweiskontrollen und andere Schikanen gab“ (Shanghai 1997: 3). Das Hauptinteresse des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS)galt jedoch der oppositionellen Haltung gegenüber der DDR-Politik.

„Die so genannte ’Punk-Bewegung’ ist ein Erscheinungsbild der kapitalistischen Gesellschaft und lehnt in ihrem Hauptinhalt die bürgerliche Lebensweise ab. Sie ist eine auf Gewalt beruhende Erscheinung, gesellschaftsablehnend und pessimistisch“ (Shanghai 1997: 6) sowie „das Ergebnis der verstärkten Propagierung derartiger Verhaltensweisen in westlichen Massenmedien mit dem Ziel, in der DDR eine „Punk-Bewegung“ nach westlichem Vorbild zu initiieren, um die Jugendlichen in „Opposition“ zur sozialistischen Gesellschaft zu bringen“ (Shanghai 1997: 6).

Konzerte wurden verboten, Tonträger und Texte, deren Inhalt sich offen gegen die gesellschaftlichen Verhältnisse richteten, konfisziert und Bandmitglieder verhaftet, da die Staatssicherheitsbeamten befürchteten „(...) dass diese Musikformationen wesentlich zur Verbreitung und Ausstrahlung des „Punk“ insgesamt sowie pessimistischer, anarchischer u.a. Grundgedanken beitragen“ (Shanghai 1997: 12). Verhaftungen wurden mit einem großzügigen Repertoire an Vorwänden durchgeführt. Allein das Aussehen der Punks galt als Verhaftungsgrund, weitere „Delikte“ waren „Schmierereien“, „ruhestörender Lärm“ und „Störung des sozialistischen Zusammenlebens“ (Shanghai 1997: 12).

Aufgrund der massiven Repressionen von Seiten des Staates entstanden Kontakte zwischen Punks und der Kirche, welche oft Räumlichkeiten für Probezwecke der Bands und Veranstaltungen bereitstellte (Rauhut o.J.). Auch diese Verbindungen waren der Stasi ein Dorn im Auge, sie musste feststellen, dass „die Wirksamkeit der staatlichen und gesellschaftlichen Einflussnahme als noch zu gering“ (Shanghai 1997:20) einzuschätzen war und der „Informationsfluß (…) zur weiteren Zurückdrängung und vorbeugenden Verhinderung von Erscheinungen des ‘Punks’“ (ebd.: 21) noch zu verbessern sei.

„Das große Ziel, die Zersetzung der Punkszene, wurde letztlich durch das MfS nicht erreicht. Es gelang ihnen zwar, die Szene mit Spitzeln zu durchsetzten, aber nicht mehr“ (Shanghai 1997: 59). Paradoxerweise wurde die Punkszene in der DDR durch das MfS selbst durch falsche Einschätzungen des Punkumfeldes und Zuordnungen von Einzelpersonen und Bands zur Szene, die dieser nicht direkt nahe standen vergrößert. Solidarisierungen innerhalb der Szene bewirkten neue Bekanntschaften

2.3.2 Punk’s Not Dead

Wie über das genaue Entstehungsdatum von Punk, wird auch darüber diskutiert, wann Punk endete

„Most accounts take the termination point to be 1979, mainly because this is seen to be the moment at which it was overtaken by other youth movements (...) and by when, in counterpoint, punk had lost its energy and had been largely co-opted by the mainstream (...)” (Sabin 1999: 3).

In der zweiten Hälfte der 80er ließ sich zunächst ein Abflauen der Punk-Bewegung bemerken und auch das Interesse der Öffentlichkeit verschwand. Innerhalb der Szene selbst nahmen jedoch unzählige junge Leute die Dokumentation selbst in die Hand.

Dies sorgte für das Fortbestehen der Punkszene. Mit subkulturellen Aktivitäten wie Konzertveranstaltungen, dem Schreiben und Vertrieb von Fanzines (siehe Glossar, vgl. Abb. 12) und der Produktion von Tonträgern wie Schallplatten und vor allem zu Anfang mit eigens aufgenommenen Kassetten, wurde die Punkszene weltweit aufrechterhalten.

In den 90ern kam es zu einem Punk -Revival, welches hauptsächlich durch hitparadentaugliche US-Bands wie Green Day oder The Offspring verursacht wurde, welche zumeist durch Musiksender wie MTV oder später VIVA zunehmenden Bekanntheitsgrad erlangten. Weitere Faktoren waren die Neugründung verschiedener bekannter deutscher Punkbands wie z. B. Die Ärzte oder Die Toten Hosen, die Zunahme von Neonazismus in den neuen Bundesländern nach der Wiedervereinigung und die öffentliche Berichterstattung über die Chaostage[25] 1994 bis 1996.

2.3.3 Für immer Punk?

Schon bald feiert Punk 30 Jahre seines Bestehens. Diejenigen, die zu Anfangszeiten Mitte der 70er als ‚aufmüpfige’ Jugendliche galten, welche an einer neuen ‚Bewegung’ teilnahmen, die alles verneinte, was ihre Eltern (die damals so alt waren wie die ‚ehemaligen’ Punks heute selbst) und Ordnungshüter der Gesellschaft als Wertmaßstäbe oder erstrebenswerte Ziele definierten, leben nun ‚im besten Alter’, selbst mit ihrer Familie im Reihenhaus am Stadtrand (OX Nr. 53, 4/2003). Punk scheint gezähmt.

Viele aus der älteren Punk-Generation sind allerdings immer noch in die Szene eingebunden und definieren sich selbst als Teil der Bewegung (Frick 2003: 3).

Auch eine Vielzahl junger Punks, die die Anfangszeiten nicht miterlebten, sehen Punk als wichtigen Teil ihres Lebens und schaffen sich damit ihre (a)soziale Identität[26]. Die Punksubkultur hat sich in den fast dreißig Jahren ihres Bestehens gewandelt, wobei die Veränderungen zum Großteil auch durch die Mitglieder der Subkultur selbst und durch deren subkulturelle Praxis geschaffen wurden.

Zunächst soll in den Kapiteln 4.1 bis 4.4 ein allgemeiner Überblick über die allgemeinen stilistischen Elemente der Punksubkultur gegeben werden, ohne auf genaue Veränderungen einzugehen. Es soll hinterfragt werden, ob und welche Bedeutung diese für die Mitglieder haben und wie Punk in der weiteren Gesellschaft wahrgenommen wird.

Zunächst sollen jedoch die für diese Arbeit relevanten theoretischen Konzepte der Subkulturforschung näher betrachtet werden.

3. Überblick über verschiedene Subkulturtheorien im Rahmen der Chicago School und der Birmingham Tradition

3.1 Was ist Subkultur?

„The word ‘subculture’ is loaded down with mistery”

Dick Hebdige (1979: 4).

„What is a ‘Subculture’ ?“, fragt Sarah Thornton im 1997 erschienenen The Subcultures Reader, „What distinguishes it from a ‘community’? And what differentiates those two social formations from the ‘masses’, the ‘public’, ‘society’, ‘culture’?” (Thornton 1997: 1). Aus diesen Fragen entwickelte sich im Rahmen der Chicago School und innerhalb der Disziplin der Cultural Studies eine umfangreiche Debatte. Über diese soll in den Kapiteln 3.1.1 bis 3.4.3 ein Überblick gegeben werden.

Subkultur galt bisher als ‘anti-statement’, als Gegenentwurf zum mainstream. Für Wienkopp (1989) ist Subkultur ein als fremd erlebtes Kulturgebilde innerhalb der eigenen Kultur. Hebdige beschreibt das Phänomen metaphorisch:

„Subkulturen sind Lärm – nicht Klang, sondern Missklang: Eingriffe in die ordnungsgemäße Reihenfolge, die von realen Ereignissen und Phänomenen zu ihrer Darstellung in den Medien führt.“ (Hebdige 1979 in Hörning & Winter 1999: 379).

Auf die Rolle der Medien soll an späterer Stelle noch eingegangen werden. Fakt ist, dass einige der bisherigen Ansätze (vgl. Kapitel 3.2) veraltet scheinen, da sie sich von den aktuelleren Auffassungen (vgl. Kapitel 3.4) von Subkultur im Zuge der gesellschaftlichen Veränderungen unterscheiden und an den ambivalenten Charaktereigenschaften der Subkultur(en) zumeist scheiterten. Zu beobachten ist dies auch bei Punk. Dessen charakteristische Merkmale standen von Anfang an in Opposition zueinander: sowohl konsumorientiert als auch -verweigernd, homogene und heterogene Eigenschaften mit einschließend wird Punk je nach Perspektive unterschiedlich definiert. Zunächst soll ein Überblick über verschiedene Forschungsansätze zum Phänomen Subkultur gegeben werden, um dann anhand neuerer Ansätze die Bedeutung von Subkulturen für die Akteure zu erklären.

[...]


[1] Auf Geschlechtsunterschiede soll in dieser Arbeit nicht näher eingegangen werden. Der Überbegriff ‚Punk’ schließt in dieser Arbeit sowohl weibliche, als auch männliche Anhänger der Szene mit ein

[2] In heutigen Ansätzen und im subkultureigenen Diskurs wird vermehrt über die Vermischung der subkulturellen Eigenheiten mit denen der Massenkultur diskutiert. Der hierzu stattfindende subkulturinterne Diskurs soll in Kapitel 5.6 näher betrachtet werden.

[3] Dies ist ein zentraler Begriff innerhalb dieser Arbeit, weswegen er im Folgenden nicht mehr durch kursive Schreibweise hervorgehoben werden soll.

[4] Vgl. Adorno (1991). Unter Kulturindustrie versteht Adorno gesellschaftliche Implikation von kulturellen Ereignissen und Erzeugnissen. Die Kulturindustrie agiert ihm zufolge als Mittel von Herrschaft und Integration innerhalb der Gesellschaft. Diese Integration durch die Kulturindustrie beruht auch auf der Feststellung, dass die Produktion immer auch den Konsum reguliert. Er betont in seiner These den passiven, unreflektierten Konsum der durch die Kulturindustrie bereitgestellten Güter durch die Konsumenten.

[5] Grammatische Fehler innerhalb der Textauszüge werden von mir ohne besondere Korrektur wiedergegeben oder, falls nur als Hörbeispiel vorliegend, dementsprechend transkribiert, da davon ausgegangen werden kann, dass die Interpreten sich der falschen Schreib- bzw. Ausdrucksweise der Wörter bewusst sind, eventuelle Veränderungen jedoch zur Vereinfachung während des Singens vorgenommen wurden.

[6] Der Stil des Hipster und des Angehörigen der Beat Subkultur Anfang der 60er entstanden aus Anleihen an diese schwarze Kultur. Der Autor Jack Kerouac wurde mit On The Road zum Vorbild der kommenden Jugend- und Protestkulturen. (Hebdige 1979, Baacke 1999: 51). „Die Beats führten zu der Civil Rights Movement, diese Bewegung mündete in die Anti- Vietnam Bewegung, zu den Hippies, zu der Avantgarde Bewegung am Anfang der 70er (...) Punk Rock ist eine natürliche Sache, die aus diesen Dingen hervorgegangen ist (…)“ (McKaye In PLOT Nr.18: 16).

[7] Über die ambivalente Rolle der Presse in Bezug auf die Unruhen berichtet A. Cohen (1972) ausführlich in seinem Werk Folk Devils and Moral Panics.

[8] Die Musikvorlieben machen deutlich, dass die Skinhead - Bewegung nicht, wie heutzutage in der breiten Öffentlichkeit oft angenommen wird, politisch rechts gerichtet war, sondern vielmehr auf die Betonung ihrer Arbeiterklassewurzeln und der Solidarität mit den unteren Gesellschaftsschichten bedacht war. Besonders der Labelname 2Tone zeugt vom Miteinander schwarzer und weißer Jugendlicher innerhalb der Szene.

[9] Reissues (siehe Glossar) auf so genannten Compilations (siehe Glossar) wie z.B.: Nuggets, Pebbles, Back from the Grave oder Garage Punk Unknowns sind eine weitere Möglichkeit, in den Genuss dieser Raritäten zu kommen.

[10] basierend auf den für Punk-Rock obligatorischen 3 Gitarrenakkorden, wütendem Gesang und rudimentären Schlagzeugsound)

[11] Bennett (2001: 164) gibt an, dass der Club mittlerweile geschlossen ist, aufgrund fehlender Information kann ich dies nicht bestätigen.

[12] Trotz der Punk Attitüde hatten The Ramones auch immer ein Faible für typisch amerikanische ‘Teenager-Themen’, die sich in Songs wie „Oh, Oh, I Love Her So“, „I Wanna Be Your Boyfriend“ oder „Rockaway Beach“ wieder spiegelten (Osgerby 1999).

[13] Der Begriff bricolage steht für die Art und Weise, wie Akteure Dinge und Symbole kombinieren, um Bedeutungen und Strukturen neu oder ‘wieder’ zu erschaffen (Levi-Strauss 1966).

[14] Die Sex Pistols waren Paul Cook, geb. am 20.7. 1956, Schlagzeug; Steve Jones, geb. am 3.5. 1955, Gitarre; Glen Matlock, geb. am 27.8.1956, Bass; Johnny Rotten (alias John Joseph Lydon), geb. am 31.1. 1956, Gesang (Savage 1991). Sie waren einfache, gelangweilte, arbeitslose Jugendliche, die ihre Freizeit zum Großteil mit Herumlungern an verschiedenen Straßenecken, squatting (Hausbesetzung) oder Aktivitäten mit Freunden verbrachten, die den Erwachsenen oft ein Dorn im Auge waren.

[15] Die Frage, ob die Band nur ein Retortenprodukt ihres Managers war oder nicht, ist heute noch umstrittenes Thema im Diskurs diverser Musikhistoriker. Savage (1992) gibt an, dass Steve Jones, Schlagzeuger der Sex Pistols die Idee hatte, eine Band nach dem Vorbild der amerikanischen Bands im Umfeld der New Yorker Musikclubs Max’s Kansas City und CBGB’S zu gründen.

[16] Dieses Thema soll in Kapitel 5 erneut aufgegriffen werden, da Zuschreibungen von Presse und Öffentlichkeit ein weiterer, die subkulturelle Identität beeinflussender, Faktor sind.

[17] Eine vollständige Version des Interviews findet sich in Savage (1991).

[18] Genauer gesagt, gelang es Grundy in 1min 40 sec „(...) to sketch in the popular stereotype of punk“ (Laing 1985:36).

[19] Bürgerlich John Simon Ritchie oder auch John Beverly, geb. am 10.5.1957( Savage 1991).

[20] Nach dem Erscheinen der dritten Singleauskopplung Pretty Vacant startete die Band zu einer geheimen, von der Zeitschrift Der Spiegel als „Guerilla-Tour“ (Der Spiegel 3/1978: 142) bezeichneten Tournee durch die englische Provinz. Diese fand, um den Auftrittsverboten zu entgehen, unter falschen Bandnamen statt, allen voran unter dem Pseudonym Spots, welches für Sex Pistols on tour secretly stand (Graf 2000).

[21] Hardcore oder die in den späten 1990er Jahren entstandene Richtung Emocore können mittlerweile als eigene Subkulturen angesehen werden, die eigene Musik-, Kleidungs- und Verhaltensstile entwickelt haben, weswegen hier auch nicht weiter auf diese Richtungen eingegangen werden soll.

[22] Auf die Idee des D.I.Y. wird in Kapitel 4.4.4 ausführlicher eingegangen.

[23] Spricht man über die Geschichte des Punk-Rock in Deutschland, muss auch die parallel existierende Strömung der Neuen Deutsche Welle Beachtung finden. Die ersten Bands wurden ebenfalls Anfang der 80er gegründet und trugen so phantasievolle Namen wie Mythen in Tüten, Wirtschaftswunder, DAF (Deutsch Amerikanische Freundschaft) oder Die tödliche Doris.

Als eines der Markenzeichen des musikalischen Stils der NDW stand bei diesen Bands der Minimalismus, der, genau wie beim Punk-Rock „(...) die Pop-Phantasien auf das vermeidlich Wesentliche zurückführte: körperlich erlebbare Rhythmen, einfache melodische Floskeln, Wechsel von zwei oder drei Akkorden im synthetisch- kalten Elektronik-Design“ (Kemper in Langhoff & Sonnenschein 1998:302). Bands wie Ideal, Spliff und Trio, wurden schneller als die anderen, musikalisch eher sperrigen Bands, bekannt und konnten auch in den deutschen Hitparaden einige Erfolge erzielen.

[24] So nannte sich demnach auch eine Band aus der ehemaligen DDR Zusamm-Rottung (Stork 1996: 15).

[25] Die Chaostage werden in Kapitel 5.3.3 näher betrachtet.

[26] Wie später noch genauer gezeigt werden soll, divergieren die Meinungen hierzu unter den Punks. Die einen verbinden mit Punk eine eher gesellschaftskritische Haltung, sind politisch engagiert etc. Hier überwiegt oft der Wunsch nach Veränderung und persönlicher Freiheit. Andere Sichtweisen bringen Punk eher in Verbindung mit Sozialamt, Trinken oder einfach mit einem Spaßaspekt.

Ende der Leseprobe aus 121 Seiten

Details

Titel
Subkulturelle Identität als diskursive Praxis- Betrachtungen zu Stil, Kommerz und Konsum als Aspekte subkultureller Identität am Beispiel Punk
Hochschule
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg  (Fakultät für Verhaltens- und empirische Kulturwissenschaften, Institut für ethnologie)
Note
1,3
Autor
Jahr
2004
Seiten
121
Katalognummer
V26718
ISBN (eBook)
9783638289696
Dateigröße
1263 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Subkulturelle, Identität, Praxis-, Betrachtungen, Stil, Kommerz, Konsum, Aspekte, Identität, Beispiel, Punk
Arbeit zitieren
Carolin Segebrecht (Autor:in), 2004, Subkulturelle Identität als diskursive Praxis- Betrachtungen zu Stil, Kommerz und Konsum als Aspekte subkultureller Identität am Beispiel Punk, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/26718

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