Wahrheitskommissionen sind fester Bestandteil der Konsolidierungsprozesse des Friedens in Kriegs- und Revolutionsgesellschaften. Sie haben die Aufgabe, die Wahrheit über die Verbrechen während der jeweiligen Diktaturen und Bürgerkriege zu ergründen und einen innergesellschaftlichen Versöhnungsprozess zu initiieren. Ob es dabei immer gelingt, friedensstiftende Wirkungen zu entfalten und einen Demokratisierungsprozess einzuleiten, wird in dieser Arbeit am Beispiel der bereits abgeschlossenen Transitionsprozesse in Argentinien und El Salvador untersucht.
Aktuell wird zudem an Ansätzen für die Konstituierung von Wahrheitskommissionen in den Ländern des sogenannten Arabischen Frühlings von Tunesien über Libyen bis Ägypten gearbeitet.
In der politischen Wissenschaft steht der Begriff Transitional Justice für eine Vielzahl von Ansätzen zur Transformation von Staaten nach Kriegssituationen und anderen extremen Gewaltsituationen, bei denen es um die Aufarbeitung von extremen Menschenrechtsverletzungen geht. Die Handlungsansätze von Transitionsprozessen sind auf individueller, gesellschaftlicher und politischer Ebene darauf gerichtet, die Folgen von Unrecht und Gewalt nachhaltig zu verarbeiten und zu überwinden. Die Maßnahmen, die in einer zeitlich begrenzten Transitionsphase umgesetzt werden sollen, sind z.B. Strafverfolgung von Kriegs- und Menschenrechtsverbrechen, Reform staatlicher Institutionen wie Justiz und Polizei, Opferentschädigungen, Amtsenthebung von Funktionsträgern, Dokumentation- und Trauerarbeit, Bildung und Öffentlichkeitsarbeit und die Einrichtung von Wahrheitskommissionen.
Als besonders richtungsweisende Wahrheitskommissionen werden die argentinische CONADEP und die chilenische Rettig-Kommission betrachtet. In der Übergangsphase von einer Militärdiktatur zur Demokratie besteht durch Vorgehensweisen wie Strafverfolgung auf der einen und Amnestiegesetze auf der anderen Seite ein Spannungsfeld zwischen Aufklärung–Bestrafung und Verschweigen–Straffreiheit. Die Einsetzung von Wahrheitskommissionen wird unter dem friedensstiftenden Ansatz verfolgt, durch das Aufdecken der Menschenrechtsverletzungen, das Erzählen der schrecklichen Erlebnisse und die offizielle Bestätigung der Erfahrungen die psychischen Verletzungen der Opfer zu heilen und damit einen Prozess der Versöhnung einzuleiten. Ein Prozess der Friedensstiftung und Versöhnung zwischen den Gegnern ist unbedingte Voraussetzung für einen funktionierenden Staat ohne bewaffnete Konflikte.
Inhaltsverzeichnis
- Die zunehmende Bedeutung von Wahrheitskommissionen bei der Konfliktbearbeitung im Politikfeld Transitional Justice
- Transitional Justice und das Instrument der Wahrheitskommission
- Wahrheitsfindung und Friedensstiftung
- Neue Herausforderungen und Perspektiven für das Mandat von Wahrheitskommissionen
- Analyse der Wahrheitskommissionen von El Salvador und Argentinien
- Operationalisierung des Analyseinstruments
- Anwendung des Kategorienrasters auf die Wahrheitskommission in El Salvador
- Anwendung des Kategorienrasters auf die Wahrheitskommission in Argentinien
- Die Wahrheitskommissionen von El Salvador und Argentinien im Vergleich
- Analyse der friedensstiftenden Funktion der Kommissionsarbeit in Argentinien und El Salvador nach Hayner
- Schlussbemerkungen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit analysiert die Rolle von Wahrheitskommissionen in Transitionsprozessen nach kriegerischen oder repressiven Perioden. Im Zentrum der Analyse stehen die Funktionsweise und der Einfluss von Wahrheitskommissionen auf den Friedensprozess, insbesondere am Beispiel von El Salvador und Argentinien. Die Arbeit untersucht die Bedingungen und Wirkungen der Kommissionstätigkeit in diesen Ländern.
- Transitional Justice und die Bedeutung von Wahrheitskommissionen
- Die Rolle von Wahrheitskommissionen bei der Wahrheitsfindung und Friedensstiftung
- Die Herausforderungen und Perspektiven für Wahrheitskommissionen in der Gegenwart
- Analyse der Wahrheitskommissionen in El Salvador und Argentinien
- Bewertung der friedensstiftenden Funktion der Kommissionsarbeit
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel beschäftigt sich mit der steigenden Bedeutung von Wahrheitskommissionen im Kontext von Transitional Justice. Es wird definiert, was Transitional Justice umfasst und wie das Instrument der Wahrheitskommission innerhalb dieses Feldes eingesetzt wird. Außerdem werden die Erwartungen an Wahrheitskommissionen von Opfern, Tätern und der Gesellschaft beleuchtet. Das Kapitel legt den Fokus auf die Rolle der Wahrheitskommissionen bei der Wahrheitsfindung und Friedensstiftung.
Kapitel zwei widmet sich der Analyse der Wahrheitskommissionen von El Salvador und Argentinien. Es werden dabei Kategorien zur Analyse der Kommissionsarbeit entwickelt und auf die beiden Länder angewandt. Die Analyse beleuchtet die Arbeitsweise, die Ergebnisse und die Herausforderungen der jeweiligen Kommissionen. Im dritten Kapitel wird die friedensstiftende Funktion der Kommissionsarbeit in Argentinien und El Salvador unter Bezugnahme auf die Arbeit von Hayner betrachtet.
Schlüsselwörter
Wahrheitskommissionen, Transitional Justice, Friedensstiftung, Versöhnung, Konfliktbearbeitung, Menschenrechtsverletzungen, El Salvador, Argentinien, CONADEP, Rettig-Kommission, Hayner.
- Arbeit zitieren
- Lukas Köllner (Autor:in), 2013, Wahrheitskommissionen und ihre friedensstiftende Funktion, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/267225