Das physische Selbstkonzept von männlichen Jugendlichen in Abhängigkeit von Herkunft und Bildungsstand

Im Alter von 5 bis 18 Jahren in der Stadt Salzburg


Diplomarbeit, 2012

103 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Theoretischer Hintergrund
2.1 Selbstkonzept
2.1.1 Definition von Selbstkonzept
2.1.2 Physisches Selbstkonzept
2.1.3 Bildung des physischen Selbstkonzepts
2.1.4 Fitness
2.1.4.1 Motorische Fähigkeiten nach Bös (2001)
2.1.5 Das Selbstkonzept im Jugendalter
2.1.5.1 Geschlechtsspezifische Unterschiede
2.1.5.2 Einfluss von Sport und Bewegung
2.1.6 Soziokulturelle Unterschiede
2.1.6.1 Selbst und Kultur
2.1.6.2 Soziokulturelle Unterschiede im Jugendalter
2.1.7 Kritik am multidimensionalen Selbstkonzept
2.1.8 Messinstrumente des physischen Selbstkonzepts
2.1.8.1 PSPP und PSDQ
2.1.8.2 PSK
2.1.8.3 Vergleich zwischen PSDQ und PSK
2.2 Migration
2.2.1 Definition
2.2.2 Personen mit Migrationshintergrund in Österreich
2.2.3 Personen mit Migrationshintergrund in Salzburg

3 Forschungstand

4 Fragestellung und Hypothesen

5 Methoden
5.1 Untersuchungsdesign
5.2 Stichprobe
5.2.1 Einschluss- / Ausschlusskriterien
5.2.2 Stichprobengröße
5.2.3 Auswahl / Rekrutierung über social media
5.3 Datenerfassung / Messverfahren
5.4 Datenanalyse / Statistik

6 Ergebnisse
6.1 Beschreibung der Stichprobe
6.1.1 Deskriptive Statistik zu den soziodemografischen Merkmalen
6.1.1.1 Alter
6.1.1.2 Bildungsstand
6.1.1.3 Herkunft
6.1.1.4 Unterteilung nach Gruppen
6.2 Ergebnisse zu den Fragestellungen und Hypothesen
6.2.1 Deskriptive Statistik zu den Skalen
6.2.2 Prüfung auf Normalverteilung
6.2.3 Mittelwertdarstellung der Untergruppen
6.2.4 Mittelwertdarstellung der Gruppen A bis D
6.2.5 Fragestellungen zu Unterschieden zwischen männlichen Jugendlichen mit und ohne Migrationshintergrund
6.2.6 Fragestellungen zu Unterschieden zwischen Schülern... und Nicht-Schülern
6.2.7 Fragestellungen zu Unterschieden zwischen Schülern... und Nicht-Schülern mit Migrationshintergrund
6.2.8 Fragestellungen zu Unterschieden zwischen Schülern... mit und ohne Migrationshintergrund
6.2.9 Fragestellungen zu Unterschieden zwischen Schülern... mit und Nicht-Schülern ohne Migrationshintergrund
6.2.10 Fragestellungen zu Unterschieden zwischen Nicht-Schüler. mit und Schülern ohne Migrationshintergrund
6.2.11 Fragestellungen zu Unterschieden zwischen Nicht-Schülern... mit und ohne Migrationshintergrund
6.2.12 Fragestellungen zu Unterschieden zwischen Schülern. und Nicht-Schülern ohne Migrationshintergrund
6.2.13 Zusammenfassender Ergebnisteil

7 Diskussion

8 Ausblick und weitere Implikationen

Literaturverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Anhang

Danksagung

Während des Studiums und bei der Anfertigung der Diplomarbeit haben mich viele Personen unterstützt.

Zuallererst möchte ich mich bei Assoz.-Prof. Dr. Susanne Ring-Dimitriou bedanken, die mich während der Zeit der Erstellung der Diplomarbeit betreut hat. Vielen Dank für die hilfreichen Anregungen und die freundliche Unterstützung.

Bedanken möchte ich mich auch bei meinen Kollegen im Jugendzentrum get2gether und des Jugendzentrums Lehen für ihre Hilfe und Unterstützung.

Außerdem möchte ich mich herzlich bei meiner Familie bedanken, die mein Leben lang hinter mir gestanden sind. Ein großes Dankeschön für eure Geduld an meine Eltern Theresia und Robert und an meine wunderbare Schwester Babs.

Weiters ergeht ein freudiges Danke an alle Freunde, die mich die letzten Jahre begleitet haben.

Mein abschließender Dank ergeht an meine Freundin Nadia, die mir stets eine seelische Stütze und ein Quell der Energie ist. Danke, dass du immer für mich da bist und an mich glaubst. Grazie!

1 Einleitung

„Gesundheit“ wird zumeist genannt, wenn es darum geht, Beweggründe und Motive für die eigene Beteiligung am Sport zu erklären. Dass dieser Ansatz bereits auch im Jugendalter seine Gültigkeit hat, beweisen Untersuchungen, wie unter anderem bereits 1990 von Brettschneider und Bräutigam. Hierbei gaben Jugendliche in der Fragebogenerhebung an, deshalb Sport zu treiben, um etwas für ihre Gesundheit zu tun. Spätestens Baur und Burrmann (2006) zeigten, dass es sich hierbei um sozial vermittelte Stereotype handelt. Es sollte nicht davon ausgegangen werden, dass eine Sportbeteiligung aufgrund einer gesundheitlich positiven Wirkung entsteht. Dies scheint besonders für Gesundheitsförderungs- und präventionsprogramme wichtig zu sein, welche sportorientiert ausgerichtet sind. Denn wenn es zutrifft, dass für junge Heranwachsende die Gesundheit nicht relevant für eine Sportbeteiligung ist, sind jene Programme, die mit ihren gesundheitlichen Effekten werben, nicht erfolgreich für eben diese Gruppe.

Meine persönlichen Erfahrungen, welche ich in den letzten Jahren als Mitarbeiter in einem Salzburger Jugendzentrum gemacht habe, stimmen mit diesen Aussagen überein. Die Gesundheit wird von den Jugendlichen als Selbstverständlichkeit erlebt. Ihre persönlichen Gesundheitsdefinitionen sind fest in der Gegenwart verankert, weshalb Hinweise auf Gesundheitsschäden, die sie möglicherweise zukünftig erleiden können, wenig effektiv sind.

Zumindest wird die Gesundheit als Voraussetzung betrachtet, um Sport treiben zu können, da sich eine gesundheitliche Beeinträchtigung behindernd auf eine Sportaktivität auswirkt, beziehungsweise diese auch ganz verhindern kann.

Das Ziel des Sporttreibens stellt die Fitness dar, wobei zum Einen die Steigerung der körperlichen Leistungsfähigkeit, welche grundsätzlich positiv gewertet und als sinnvoll erachtet wird, im Fokus steht und zum Anderen ein Beitrag zur Selbstverwirklichung geleistet wird (Baur & Burrmann, 2006). Der Beitrag zur Selbstverwirklichung über die körperliche Aktivität beinhaltet wiederum einerseits den Aspekt der Freude, Lust und Vergnügen und andererseits das eigene Schönheitsideal.

Einen schönen Körper, also physische Attraktivität, beziehungsweise eine sportliche, athletische Erscheinung zu haben ist für Jugendliche ein sehr wichtiges Ergebnis der körperlichen Betätigung. Dies trifft nicht nur für Mädchen zu, sondern genauso für Jungs.

Die Jugend ist eine bedeutende Phase im Bereich der Gesundheitsprävention. Zu dieser Zeit ist es wichtig, den jungen Heranwachsenden durch Präventionsprogramme gesundheitsschädliches Verhalten, wie zum Beispiel Drogenkonsum, aufzuzeigen und die Jugendlichen zur Sportbeteiligung als gesundheitsfördernde Handlung anzuregen.

Die Entwicklung der körperlichen Fitness, das heißt im Sinne der Leistungsfähigkeit, sinkt bereits im Jugendalter deutlich und schwächt den Schutz vor Herzkreislauf- und Stoffwechselerkrankungen (Korsten-Reck, 2005). Dabei wird die Gruppe der Jugendlichen bisher wenig untersucht und es liegen kaum Befunde vor.

Die vorliegende Arbeit soll durch Erhebung der Daten über die physische Attraktivität, sowie der körperlichen Fähigkeiten, einen wichtigen Beitrag zur gesellschaftspolitischen und gesundheitspolitischen Diskussion leisten. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass soziodemographische Charakteristika, wie Bildung, Herkunft, Geschlecht und Einkommen das Gesundheitsverhalten von Menschen bestimmt.

2 Theoretischer Hintergrund

2.1 Selbstkonzept

Wenn man vom „Selbst“ bzw. „Selbstkonzept“ sprechen will, ist es hilfreich kurz den Unterschied zum „Individuum“ und zur „Persönlichkeit“ zu erläutern. Ein „Individuum“ lässt sich von anderen Personen durch sein Verhalten und seinen Körper von anderen unterscheiden. Betrachtet man eine Gruppe, dann erkennt man, dass sie aus einer bestimmten Anzahl an Individuen besteht, welche sich voneinander abgrenzen. Eine „Persönlichkeit“ setzt sich aus Eigenschaften bzw. deren Ausprägungen, Stile und Verhaltensmuster zusammen. Viele einzelne Merkmale ergeben im Gesamten die „Persönlichkeit“. Jeder Mensch verfügt über eine eigene Persönlichkeit, welche ihn von anderen Menschen unterscheidet. Im Unterschied zum „Selbst“ zeigt die „Persönlichkeit“ mehr oder weniger objektive Eigenschaften, wohingegen das „Selbstkonzept“ dadurch entsteht, dass sich die einzelne Person selbst betrachtet und eine subjektive Einschätzung ihrer Merkmale vollführt. Dies führt dazu, dass das „Selbst“ als ein Konzept von sich selbst zu verstehen ist (Mummendey, 1990).

„Unter dem Selbstkonzept kann man demnach die Gesamtheit der auf die eigene Person bezogenen Beurteilungen verstehen“ (Mummendey, 1990, S.79).

In einigen Beiträgen findet auch der Begriff der Selbstwirksamkeit Verwendung. Während das Selbstkonzept alle Einschätzungen und Vorstellungen einer Person über ihre Fähigkeiten und Eigenschaften umfasst, sozusagen sich der Frage „wer bin ich?“ widmet, so beschreibt die Selbstwirksamkeit die Vorstellung einer Person, mit ihren Fähigkeiten und Kompetenzen anspruchsvolle Situationen zu meistern. Hierbei handelt es sich um die Frage „was kann ich?“ (Sygusch, 2008).

2.1.1 Definition von Selbstkonzept

Als einen bedeutenden Beitrag für die Selbstkonzept-Forschung wird die Theorie von Shavelson, Hubner und Stanton (1976) erachtet. In ihr wurden zum ersten Mal mehrere bestehende Ansätze zusammengefasst. Dieser strukturierte Ansatz hat mittlerweile große Akzeptanz gefunden (vgl. Beckmann, Elbe, Szymanski & Ehrlenspiel, 2006; Brettschneider & Kleine, 2002; Gerlach, 2006; Hagger, 2005; Späth & Schlicht, 2000; Stiller & Alfermann, 2005; Stiller & Alfermann, 2009; Tietjens, 2009).

„ Self-concept may be described as: organized, multifaceted, hierarchical, stable, developmental, evaluative, differentable “ (Shavelson, Hubner & Stanton, 1976, S. 411).

Das Selbstkonzept kann zur Erklärung für menschliches Handeln beitragen und entsteht aus Rückmeldungen einer Person auf verschiedene Situationen. Die Situationen und Reaktionen können dabei physisch oder symbolisch sein (vgl. Shavelson et al., 1976).

Das Selbstkonzept lässt sich nach Shavelson und Kollegen (1976) mit den folgenden sieben Merkmalen beschreiben:

„(1) Das Selbstkonzept weist eine Struktur auf. Personen kategorisieren eingehende Informationen und setzen diese in Beziehung.
(2) Es ist multidimensional; die einzelnen Dimensionen spiegeln hierbei die
oben genannten Kategorien wider.
(3) Es ist hierarchisch so organisiert, dass von der obersten zur untersten Ebene spezifischere Informationen abgebildet sind.
(4) Das Selbstkonzept ist stabil. Veränderungen auf unteren Ebenen sind hierbei eher beeinflussbar als beispielsweise das globale Selbstwertgefühl auf der obersten Ebene.
(5) Das Selbstkonzept weist einen Entwicklungsaspekt auf. Die Anzahl der Dimensionen nimmt bis zum Erwachsenenalter zu; zudem findet vor allem in der Phase der Adoleszenz eine Ausdifferenzierung statt.
(6) Es besitzt zugleich eine beschreibende und bewertende Komponente und
(7) diskriminiert zwischen anderen Konstrukten. So sollte die akademische Leistung mehr mit dem akademischen Selbstkonzept als mit dem physischen oder sozialen Selbstkonzept korrelieren“ (Stiller & Alfermann, 2005, S. 120).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Das hierarchische Selbstkonzeptmodell von Shavelson et al. (1976, S.413)

Wie aus Abbildung 1 ersichtlich, gliedert sich das Allgemeine Selbstkonzept auf der obersten Ebene in das Akademische Selbstkonzept und das Nichtakademische Selbstkonzept.

Der Akademische Bereich differenziert sich in akademische Schulfächer und integriert so schulfachbezogene Fähigkeitskonzepte, wie zum Beispiel Fähigkeiten in Englisch und Geschichte.

Der Nichtakademische Bereich teilt sich in das Soziale Selbstkonzept, das Emotionale Selbstkonzept und in das Physische Selbstkonzept. Die soziale Komponente richtet sich nach relevanten Bezugspersonen, wie zum Beispiel Freunde, Eltern oder Schulkollegen. Für das Emotionale Selbstkonzept spielen besonders Gefühle und Emotionen eine wichtige Rolle. In zwei Teilkomponenten wird der physische Abschnitt des Nichtakademischen Bereichs unterteilt. Dies sind zum Einen physische Fähigkeiten und zum Anderen ist es das Aussehen bzw. die physische Erscheinung.

Empirisch konnten bis dato nicht alle sieben beschriebenen Eigenschaften des Konzepts belegt werden. Dies betrifft zum Einen den hierarchischen Aufbau des Selbstkonzepts und zum Anderen die Richtung der Wirkfaktoren (Marsh & Yeung, 1998).

Eine der Eigenschaften beschreibt, dass das System stabil ist und Änderungen auf einer der unteren Ebenen sich nicht stark auf obere Ebenen auswirken. Dickhäuser und Schrahe (2006) sind diesbezüglich in einer Untersuchung mit gesamt 386 Schülern und Schülerinnen aus drei Gymnasien in Hessen und Nordrhein-Westfalen der Frage nachgegangen, was eigene wahrgenommene Fähigkeiten im Sport für eine Bedeutung für das allgemeine Selbstkonzept Jugendlicher einnimmt. Die Ergebnisse zeigen, dass je höher die subjektive Einschätzung der eigenen körperlichen Fähigkeiten ist, desto höher liegen der allgemeine Selbstwert und die Wertschätzung der eigenen Person der Schüler und Schülerinnen. Von Bedeutung ist hierbei auch die Wichtigkeit des Sports für die einzelne Person. Individuen, denen Sport sehr wichtig ist, können hinsichtlich ihres allgemeinen Selbstkonzepts von einem hohen physischen Selbstkonzept sehr profitieren und andererseits von einem schwachen physischen Selbstkonzept besonders stark in ihrem allgemeinen Selbstwert getroffen werden (Dickhäuser & Schrahe, 2006; Späth & Schlicht, 2000).

2.1.2 Physisches Selbstkonzept

Im Selbstkonzept-Modell von Shavelson und Kollegen (1976) ist das physische Selbstkonzept als Teilbereich des nichtakademischen Selbstkonzepts zu sehen. Hierbei handelt es sich um jenen Abschnitt, wo selbstbezogene Informationen zusammenlaufen, die jeder Mensch über seinen eigenen Körper impliziert. Aufbauend auf diesem Modell hat eine Gruppe um Professor Marsh von der Oxford University in den 90er für den Bereich des physischen Selbstkonzepts ein differenzierteres Modell erstellt. Das physische Selbstkonzept gliedert sich in die zwei Bereiche allgemeine Sportlichkeit und physische Attraktivität. Die allgemeine Sportlichkeit ist die Wahrnehmung der eigenen Fähigkeiten bezüglich Ausdauer, Beweglichkeit, Kraft und Koordination. Die physische Attraktivität bezeichnet die Einstellung zum eigenen Körper. Beide Dimensionen werden als unabhängig voneinander angesehen (Tietjens, 2009).

Stiller, Würth und Alfermann (2004) haben die Dimension allgemeine Sportlichkeit um die Komponente Schnelligkeit erweitert. So sind die Fähigkeiten übereinstimmend mit den Komponenten der motorischen Leistungsfähigkeit von Bös (vgl. Kap. 2.1.4.1).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Das hierarchische physische Selbstkonzept nach Stiller et al. (2004, S. 240)

In dieser Arbeit werden in Anlehnung an Alfermann, Stiller und Würth (2003) die Fähigkeiten (Kraft, Ausdauer, Koordination, Beweglichkeit und Schnelligkeit) unter dem Begriff „ Körperliche Fähigkeiten “ zusammengefasst. Zum Anderen werden Informationen auf die Einstellung zum eigenen Körper als „ physische Attraktivität “ bezeichnet.

2.1.3 Bildung des physischen Selbstkonzepts

Einige Autoren vertreten die Meinung, dass die Entwicklung eines positiven und gesunden Selbstkonzepts als eine der wichtigsten Entwicklungsaufgaben des Menschen zu sehen ist (vgl. Bracken & Lamprecht, 2003; Stiller & Alfermann, 2007).

Um kurz etwas vorweg zu nehmen, so zeigen sich in der Literatur unterschiedliche Ergebnisse was den Einfluss von Sport und Bewegung auf das Selbstkonzept anbelangt. Dieses Thema wird in Kapitel 2.1.5.2. ausführlicher behandelt. Das Selbstkonzept im Sport entwickelt sich nicht nur durch motorische Erfahrungen. Es bildet sich durch Selbstbewertungen, direkte und indirekte Rückmeldungen, sowie soziale Vergleiche aus, wie etwa Bracken und Lamprecht (2003) beschreiben.

Die Selbstbewertung ist für das physische Selbstkonzept die wichtigste Informationsquelle. Jede Person besitzt eine Eigenwahrnehmung und beobachtet sich selbst bei der Durchführung von motorischen Aktivitäten. Das persönliche Verhalten und die erbrachte Leistung bilden die Grundlage für Rückschlüsse über die eigene Person.

Direkte Rückmeldungen kommen von anderen Personen, die zumeist verbal Informationen über das eigene Verhalten und Leistungen vermitteln. Dies können auch Hinweise auf persönliche Eigenschaften, wie zum Beispiel Motivation oder Kampfgeist, sein.

Indirekte Rückmeldungen bekommen Individuen durch das Verhalten anderer Personen ihnen gegenüber. Hierbei spielt die individuelle Bewertung jenes Verhaltens eine große Rolle. Als Beispiel kann man sich Mannschaftssportarten vor das geistige Auge führen, wo die Mitspieler von einzelnen Personen gewählt werden.

Die Reihenfolge, wann Personen ausgesucht werden, veranlasst ebensolche automatisch zu einer Bewertung der Situation und wird in Relation mit dem eigenen Selbstkonzept gesetzt.

Hinzu kommen noch soziale Vergleiche mit anderen, wobei sich Personen in einem Verhältnis zu anderen setzen. Je nachdem wo man sich in einer Gruppe einordnet, bewertet man sich unterschiedlich. In diesem Fall hängt es entscheidend von der Gruppe ab, in welcher man sich vergleicht (Bracken & Lamprecht, 2003; Sygusch, 2008).

2.1.4 Fitness

In unserer derzeitigen Leistungsgesellschaft steht Fitness für Leistungsfähigkeit, Gesundheit und Wohlbefinden. In vielen Bereichen, sei es in der Arbeit oder in der Freizeit, spielt der Fitnesszustand eine wichtige Rolle. Dabei wird dieser durch optimale Ernährung und körperliche Betätigung beeinflusst und bildet eine wichtige Komponente der Gesamtfitness.

Fitness kann als „ ein Zustand körperlichen Wohlbefindens, der es den Menschen erlaubt, ein aktives Leben zu führen, die durch Bewegungsmangel hervorgerufene Gefahr von Gesundheitsschäden zu verringern, und außerdem eine solide Basis für eine Vielzahl von Sportarten bietet “ verstanden werden (Nasser, 2001, S. 33).

Engt man den Bezugsrahmen auf Jugendliche ein, so wird man feststellen, dass Begrifflichkeiten wie Gesundheit oder Wohlbefinden eine geringe Wertigkeit haben. Dies soll nicht bedeuten, dass Gesundheit unwichtig ist, aber sie ist für Jugendliche kein Motiv Sport zu treiben. Allerdings wird sie als notwendige Voraussetzung gesehen. Ohne einen gesunden Körper ist es schwer, eine körperliche Aktivität auszuführen (Baur & Burmann, 2006).

Nach Sygusch (2001) ist bei jungen Heranwachsenden ein zielgerichtetes Gesundheitshandeln nur dann zu erwarten, wenn es zu einer individuellen Gefährdung des Gesundheitszustandes kommt und wenn die Gesundheit überhaupt eine zentrale Rolle im Selbstkonzept des Jugendlichen spielt. Zwei Drittel der Jugendlichen schätzen ihren Gesundheitszustand als gut bzw. sehr gut ein. Da die Gesundheit für die Jugendlichen kein Problem darstellt, ist sie auch kein zentrales Thema. Hinzu kommt, dass sich die Jugendlichen mit zunehmender Aktivität gesünder wahrnehmen.

Bereits nach Kolip (2000) sehen Jugendliche die Gesundheit als Selbstverständlichkeit an. Mittel- und langfristige Auswirkungen auf die Gesundheit haben eine geringe Relevanz für das Sporttreiben.

Auch Baur und Burrmann (2006) sind der Auffassung, dass Erwartungen gesundheitsbezogener Konsequenzen bei der Aufnahme sportlicher Aktivität kaum eine Rolle spielen. Jugendliche nehmen sich als gesund wahr, deshalb haben sie keine Veranlassung etwas für ihre Gesundheit zu tun.

Baur und Burrmann (2006) zweiteilen die Beziehung zwischen Fitness und sportlicher Aktivität. Auf der einen Seite wird die Fitness als funktionelle Voraussetzung für die Beteiligung am Sport und auf der anderen Seite als Effekt sportlicher Aktivität gesehen. So wird die Aussage, dass man Fitness brauche, damit begründet, dass man auch auf hohem Leistungsniveau mithalten kann. Für viele Jugendliche ist Fitness ein Effekt von sportlicher Aktivität, welcher oft als persönliches oder generelles Motiv sportlicher Aktivität genannt wird.

2.1.4.1 Motorische Fähigkeiten nach Bös (2001)

Die in Kapitel 2.1.2 bereits erwähnten motorischen Fähigkeiten werden in diesem Kapitel genauer erläutert. Hierbei liegt die Gliederung von Bös (2001, 2006) zugrunde. Bös hat sich unter anderem eingehend mit den Bereichen Motorik und Bewegung beschäftigt. Für Bewegungen und Haltungen im anatomischen Sinn sind grundlegende Funktionsprozesse nötig. Die Gesamtheit dieser wird als Motorik bezeichnet. Die Funktionen und Strukturen, die erforderlich sind, um die Aufnahme von Bewegungshandlungen zustande kommen zu lassen, beziehungsweise diese zu erwerben und sicherzustellen, werden als motorische Fähigkeiten bezeichnet. Die motorischen Fähigkeiten bestimmen durch ihre Ausprägungen die Bewegungsabläufe und -handlungen in den Leistungs- und Lernprozessen.

Die beobachtbaren Gestalten dieser Bewegungen werden als motorische Fertigkeiten bezeichnet und zwischen einfachen Grundfertigkeiten, wie Laufen, Werfen, Springen und komplexen sportmotorischen Fertigkeiten, wie beispielsweise Passen, Radfahren, Dribbeln oder Kraulen unterschieden. Für die motorischen Fertigkeiten sind die motorischen Fähigkeiten Ausdauer, Kraft, Beweglichkeit, Schnelligkeit sowie Koordination von großer Wichtigkeit. Wechselwirkend werden durch das Üben von den Fertigkeiten wiederum die Fähigkeiten beeinflusst.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Differenzierung motorischer Fähigkeiten nach Bös (1987, S.94)

Abbildung 3 zeigt die Gliederung der motorischen Fähigkeiten nach Bös (2001). Bös unterscheidet die motorischen Fähigkeiten auf der obersten Ebene in konditionelle und koordinative Fähigkeiten, genauer in energetisch determinierte (konditionelle), sowie informationsorientierte (koordinative) Fähigkeiten. In der darunterliegenden Ebene werden die motorischen Fähigkeiten in die Bereiche Ausdauer, Schnelligkeit, Kraft, Beweglichkeit und Koordination unterteilt. Die Koordination als auch die Beweglichkeit sind für Bös nicht eindeutig einem der zwei Bereiche von konditioneller oder koordinativer Fähigkeit zuordenbar. Auf der untersten Ebene findet die differenzierteste Unterscheidung statt. Auf der Grundlage von Dauer, Umfang und Intensität von Belastungen unterscheidet Bös zehn motorische Teilfähigkeiten. Diese sind die aerobe Ausdauer, die anaerobe Ausdauer, die Kraftausdauer, die Maximalkraft, die Schnellkraft, die Aktionsschnellkraft, die Reaktionsschnellkraft, die Koordination hinsichtlich Zeitdruck, die Koordination hinsichtlich der Präzision und die Beweglichkeit (Bös, 2001; 2006).

2.1.5 Das Selbstkonzept im Jugendalter

Der Mensch entwickelt sich sein ganzes Leben lang. Genauso verhält es sich auch mit dem Selbstkonzept. Es bildet und verändert sich durch Erfahrungen der Person, die durch eine aktive Beschäftigung mit der Umwelt, sozial sowie materiell, entstehen. Deshalb ist es auch abhängig vom Alter der Personen. Das Jugendalter gilt hierbei als ein besonders wichtiger Lebensabschnitt. „ In allem Wechsel der Stimmungen und Seelenlagen heben sich nun aber gewisse Tendenzen heraus, die für alle Jugendlichen typisch sind. Sie hängen sämtlich mit dem zusammen, was wir die Entdeckung des Selbst genannt haben “ (Spranger, 1966, S.49).

Das Jugendalter gilt gerade deshalb als wichtig, da sich bei Menschen im Verlauf ihrer Entwicklung eine ansteigende Tendenz zur Stabilisierung zeigt. Nach Roberts und DelVecchio (2000) steigt die Stabilität mit zunehmendem Alter bis in etwa zum 50. Lebensjahr, wonach sie konstant verläuft. Dies bedeutet, dass Veränderungen der Persönlichkeit durch äußere Einflüsse, wie ein verändertes sportliches Umfeld, im höheren Alter weniger zu erwarten sind (Conzelmann & Müller, 2005).

Nun gibt es aber auch hier verschiedene Begrifflichkeiten. Fend (2000) erklärt:

„ Soziologen sprechen von der Jugend, Psychologen eher von Adoleszenz und Biologen von der Pubertät “ (Fend, 2000, S.22). Als die Pubertät werden vor allem biologische, sowie körperliche Veränderungen bezeichnet. Sie zeigen sich unter anderem in der sexuellen Reifung. Die Adoleszenz befasst sich eher mit der Bewältigung dieser biologischen und physiologischen Veränderungen bzw. Reifung. Fengler (2007) spricht davon, dass mit der Pubertät die Adoleszenz beginnt.

Schwieriger verhält es sich mit dem Begriff Jugend. Fengler (2007) zeigt, dass es in der Literatur auf der einen Seite eine strikte Trennung der Begriffe Jugend und Adoleszenz mit unterschiedlich festgelegten Zeitspannen gibt, dass die Begriffe auf der anderen Seite jedoch synonym verwendet werden. Letzteres scheint nach Fengler (2007) die gängige Praxis zu sein.

Die Adoleszenz wird üblicherweise in drei Phasen eingeteilt. Die erste Phase ist in etwa vom 11./12. bis zum 14. Lebensjahr, wird als „Transeszenz“ bezeichnet und stellt den Eintritt von der Kindheit in die Adoleszenz dar. Die „frühe Adoleszenz“ reicht vom 14. bis zum 18. Lebensjahr. Die Zeit zwischen dem 18. und dem 21. Lebensjahr wird als „späte Adoleszenz“ bezeichnet. Das Alter der in dieser Arbeit untersuchten Personen ist in die Phase der „frühen Adoleszenz“ einzuordnen (Fengler, 2007).

Es ist eine Zeit der Neuorientierung, sowohl sozial als auch emotional. Neben den biologischen Veränderungen haben Familie, Schule und Freundeskreis einen Einfluss auf die Entwicklung. Im Kleinkindalter und der Kindheit ist es vorrangig der Bereich der Familie, insbesondere der Eltern, welcher jene selbstbezogenen Informationen und Rückmeldungen liefert, die das Kind für die Entwicklung seines Selbstkonzepts benötigt. Im Laufe der Entwicklung bekommen nach und nach Rückmeldungen von Gleichaltrigen eine ebenso hohe bzw. höhere Bedeutung als die der Eltern. Es ist festzuhalten, dass die verstärkte Beziehungsentwicklung mit gleichaltrigen Jugendlichen nicht zugleich bedeutet, dass die Beziehungen zu den eigenen Eltern bzw. zur eigenen Familie enden und dass die beiden Beziehungskontexte Gleichaltrige und Familie nicht zwangsläufig in einem Konflikt stehen. Es ist vielmehr als eine Verbreiterung und Stärkung des sozialen Netzwerkes zu sehen. Dies führt zu Anpassungen einzelner Dimensionen und verändert dadurch auch das allgemeine Selbstkonzept. Neben den Einflüssen durch den Freundeskreis ist es auch die Schule, welche noch als eine außerfamiliäre Sozialisationsinstanz zu nennen ist, die im Laufe der Zeit an Bedeutung gewinnt (Bracken & Lamprecht, 2003; Brettschneider & Bräutigam, 1990; Brettschneider & Kleine, 2002; Fengler, 2007; Stiller & Alfermann, 2008).

Anpassungen einzelner Dimensionen geschehen das ganze Leben lang, denn die Entwicklung des Selbst ist ein Prozess, welcher Zeit seines Lebens nicht abgeschlossen wird. Nun können die mehr oder weniger schwerwiegenden Veränderungen, welche zweifellos insbesondere im Jugendalter auftreten, bei einigen Heranwachsenden zu einem negativen Selbstkonzept führen. Es zeigt sich, dass Jugendliche, die davon ausgehen ihre gesteckten Ziele für die Zukunft erfolgreich umzusetzen, ein positiveres Selbstkonzept haben.

Hierin liegt auch die Bedeutung des Selbstkonzepts. Jugendliche mit einem positiveren Selbstkonzept setzen sich aktiver mit Entwicklungsaufgaben auseinander und lösen diese in weiterer Folge erfolgreicher, während Jugendliche mit einem negativen Selbstkonzept eher Probleme bei der Bewältigung in solchen Situationen haben (Burrmann, 2004; 2008).

Burrmann (2005) zeigt Ergebnisse des Brandenburgischen Jugendsportsurveys 2002 und des Brandenburgischen Längsschnitt 1998-2002, welche an Schulen durchgeführt wurden. Resultate sind unter anderem, dass Jugendliche mit zunehmendem Alter mehr Musik hören und häufiger mit dem Computer arbeiten beziehungsweise spielen. Gleichzeitig verbringen sie weiterhin gleich viel Zeit vor dem Fernseher. Passend zu oben genannten Ergebnissen zeigt auch Burrmann, dass die sozialen Kontakte zu Gleichaltrigen zunehmen, während die Kontakte zur eigenen Familie gleichbleiben beziehungsweise sich nicht signifikant ändern. Unabhängig vom Geschlecht der Jugendlichen nimmt die Beteiligung am organisierten Sport ab, obwohl körperliche Betätigung nach wie vor als wichtige Freizeitbeschäftigung genannt wird.

Die Adoleszenz ist eine schwierige und kritische Phase des Übergangs von der Kindheit in das Erwachsenenalter, wo viele Ereignisse vonstattengehen, wie das Wechseln in eine neue Schule, neue Freunde Kennenlernen und/oder der Abnabelungsprozess vom Elternhaus. Die Phase der Jugend ist geprägt von Zweifel in eigenen Werten und Zielen und einer starken Auseinandersetzung mit dem eigenen Körper. Alfermann und Kollegen (2003) zeigen, dass dies oft mit einer negativen Einstellung zum eigenen Körper verbunden ist und resultierend zu einer schlechten Bewertung des physischen Selbstkonzept führt. Heim und Brettschneider (2002) sind gegensätzlicher Meinung. Sie führen an, dass trotz sehr hoher Selbstwahrnehmung und Fokusierung auf den eigenen Körper es den Jugendlichen gelingt, ein positives Selbstbild zu erhalten. Insgesamt schätzen junge Heranwachsende ihre körperlichen Fähigkeiten und ihre physische Attraktivität recht hoch ein. Der Leistungsbezug verliert mit dem Alter an Bedeutung. Im physischen Selbstkonzept sind Effekte des Alters vorhanden, aber nicht so ausgeprägt wie geschlechtsbezogene Unterschiede (Tietjens, 2009; Wu, Watkins & Hattie, 2010).

Die Wichtigkeit des Selbstkonzepts ergibt sich aus der Tatsache, dass es die Wahrnehmung des Jugendlichen seiner selbst strukturiert und sein Verhalten maßgeblich beeinflusst und mitsteuert. Dies hat wiederum Einfluss auf die weitere Selbstkonzeptentwicklung im Erwachsenenalter (Brettschneider, 2006).

2.1.5.1 Geschlechtsspezifische Unterschiede

Wie weiter oben bereits erwähnt erfahren Mädchen und Jungen besonders im Jugendalter biologische Veränderungen, wie zum Beispiel die Geschlechtsreifung oder veränderte Körperproportionen. Dies führt zu Abweichungen zwischen dem Realbild, also wie sich Jugendliche selbst sehen, und dem Idealbild, also wie die Jugendlichen gerne sein möchten.

Diese Abweichungen sind auf skeptischere Einstellungen dem eigenen Körper gegenüber im Jugendalter zurückzuführen und betreffen einzelne Dimensionen des Selbstkonzepts. Mädchen sind hiervon stärker betroffen als Jungen. Dies führt auch dazu, dass männliche Jugendliche höhere Werte beim physischen Selbstkonzept erreichen (vgl. Beckmann et al., 2006; Hagger, 2005; Gentile, Dolan-Pascoe, Twenge, Grabe, Wells & Maitino, 2009; Mrazek & Hartmann, 1989).

Kling, Hyde, Showers und Buswell (1999) stellten fest, dass zwischen Mädchen und Jungen Unterschiede im Selbstwertgefühl bestehen. Sie führen diesen Umstand unter anderem darauf zurück, dass Jungen ihre Meinungen und Wünsche im Gegensatz zu Mädchen direkt aussprechen.

Auch Brettschneider (2006) befasste sich mit geschlechtsbezogenen Unterschieden im Selbstkonzept von Jugendlichen. Bezogen auf das physische Selbstkonzept zeigen männliche Heranwachsende eine größere allgemeine Zufriedenheit mit ihrem Körper, ebenso haben die körperliche Leistungsfähigkeit und die sportliche Kompetenz eine größere Bedeutung als bei Mädchen. Für die weiblichen Jugendlichen ist dafür die physische Attraktivität von großer Bedeutung. Sie scheinen mehr Probleme mit ihrer Figur und ihrem äußeren Erscheinungsbild zu haben.

Dies bedeutet nicht, dass Jungen der physischen Attraktivität keine Rolle beimessen, allerdings spielt für sie ihr äußeres Erscheinungsbild eine geringere Rolle als für Mädchen, bewerten es aber positiver. Rosenblum und Lewis veröffentlichten 1999 eine Studie, wonach Mädchen während der Adoleszenz unzufriedener mit ihrem Körper werden, während bei Jungen das Gegenteil eintritt.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass bei männlichen Heranwachsenden in erster Linie die physische Leistungsfähigkeit die positive Selbstbewertung bestimmt, und dass bei Mädchen vor allem die physische Attraktivität mit einem positiven Selbstbild verbunden ist (Alfermann, 1998; Brandl-Bredeneck, 1999; Brettschneider, 2006; Brettschneider & Bräutigam, 1990; Rosenblum & Lewis, 1999; Späth & Schlicht, 2000).

Bereits 13-jährige Jungen schätzen sich im Vergleich zu gleichaltrigen Mädchen hinsichtlich ihrer Sportlichkeit positiver ein. Jungen berichten nicht so oft wie Mädchen von Problemen mit ihrer Figur und emotionalem Stress. Demgegenüber bescheinigen sich Mädchen eine bessere Selbstwahrnehmung gegenüber andersgeschlechtlichen Jugendlichen desselben Alters (Burrmann, 2008).

Schon 1987 zeigte Mrazek geschlechtsspezifische Unterschiede aufgrund von einer geringeren Einschätzung der eigenen körperlichen Fähigkeiten und der physischen Attraktivität bei Mädchen. Alfermann und Kollegen (2003) vermuten, dass dies eventuell einer vorsichtigeren Selbsteinschätzung der Mädchen zugrundeliegt. Es könnte aber auch neben einer Selbstunterschätzung weiblicher Jugendlicher eine Selbstüberschätzung der Jungen geben, was einen größeren Unterschied in der Beurteilung eigener Fähigkeiten zur Folge hat. Brettschneider und Kleine (2002) zeigten, indem sie ihre Probanden zusätzlichen motorischen Testungen unterzogen, dass die Einschätzungen der Mädchen zutreffender beziehungsweise realistischer waren als jene Selbstbeurteilungen der Jungen.

Späth und Schlicht (2000) untersuchten 177 Jugendliche, die ein Gymnasium besuchten. Im Mittelpunkt ihrer Untersuchung stand die Frage, ob sportliche Aktivität in der Jugend einen positiven Einfluss auf das allgemeine und physische Selbstkonzept hat. Auch sie kamen zu dem Ergebnis, dass der eigene Körper und Sport zwei wichtige Punkte im Selbstkonzept junger Heranwachsender darstellen. Späth und Schlicht (2000) zeigten, dass nicht nur für Mädchen das eigene Aussehen wichtig für die Bewertung des Selbstkonzepts ist. Geschlechtsspezifisch lässt sich sagen, dass sich Mädchen, wie bereits angesprochen, im Gegensatz zu Jungen selbst negativer bewerten. Jungen sind mit sich selbst, ihrem Körper und ihrer physischen Attraktivität zufriedener als Mädchen, welche wiederum mehr auf ein gepflegtes Auftreten achten.

Mädchen orientieren sich im Jugendalter vermehrt an der Ästhetik, während Jungen ihre Leistungsbereitschaft und Fitness in den Vordergrund rücken. Männliche Heranwachsende bewerten die allgemeine Zufriedenheit mit ihrem Körper positiver und sind davon überzeugt, dass sie ihr Erscheinungsbild beeinflussen können. Mädchen geben die physische Attraktivität als wichtig an, wodurch es oft zu einer schlechten Bewertung ihres Erscheinungsbildes kommt. Mädchen führen viel mehr Figurprobleme, aber auch mehr gesundheitliche Probleme an (Alfermann, 1998; Alfermann et al., 2003; Brandl-Bredenbeck, 1999; Tietjens, 2009).

Bereits früh wurde gezeigt, dass Mädchen eine negativere Einstellung zu ihrem eigenen Körper als Jungen haben. Dies schlägt sich vor allem in Figursorgen und einer geringeren Selbsteinschätzung der eigenen physischen Fähigkeiten nieder (Alfermann et al., 2003; Mrazek, 1987).

Burrmann (2008) zeigte, dass sich weibliche Heranwachsende im Vergleich zu gleichaltrigen Jungen hinsichtlich ihrer Sportlichkeit und eigenen physischen Fitness kritischer einschätzen. Jungen haben allgemein ein positiveres Bild von sich selbst und ihren Fähigkeiten. Sie nehmen weniger Probleme mit ihrer Figur oder ihrer Gesundheit wahr und äußern sich bezüglich ihres physischen Erscheinungsbildes positiver als gleichaltrige weibliche Heranwachsende.

Die Einschätzung der eigenen Sportlichkeit, sowie der eigenen physischen Fitness, lässt sich durch regelmäßige Sportbeteiligung beeinflussen. Burrmann konnte allerdings keine Verminderung von Figurproblemen durch sportliche Aktivität verzeichnen.

Unterschiede zeigen sich nicht nur anhand verschiedener Bewertungen des eigenen Erscheinungsbildes oder der individuellen Leistungsbereitschaft, sondern auch bei Beschreibungen von geschlechtstypischem Sport wie Baur (2007) beschreibt. Jugendliche thematisieren oft bei Befragungen die verschiedenen geschlechtsbezogenen Typisierungen im Sport, wonach jener Sport als „männlicher Sport“ bezeichnet wird, bei dem die Betonung auf Kraft, sowie einem hohen Körpereinsatz liegt. Desweiteren sind Leistungsfähigkeit, sowie die damit einhergehende Leistungsverbesserung zentrale Punkte. Um seine eigene Leistungsfähigkeit einschätzen zu können ist es wichtig, sich mit anderen zu messen. Zumeist geschieht dies in einem Wettkampf. Dem gegenüber steht der „weibliche Sport“, der sich durch Fitness- und Gesundheitsorientierung auszeichnet. Das Erreichen von leistungsbezogenen Zielen hat keine primäre Wichtigkeit. Der Sport wird gemäßigt ausgeführt. Sygusch (2001) spricht von männlichen Symbolen, wie der Selbstbehauptung, dem instrumentellen Umgang mit dem eigenen Körper sowie der Härte, und von weiblichen Symbolen, wie der Ästhetik, der Nähe zum eigenen Körper sowie der Sensibilität für die Gesundheit. Dieser Umstand manifestiert sich in der Auswahl der Sportarten. Als „männliche“ Sportarten werden zum Beispiel Fußball, Eishockey, Boxen, Ringen, Wasserball und Gewichtheben angesehen, während Ballett, Tanzen, Gymnastik und Reiten als „weibliche“ Sportarten gelten. Viele Jugendliche sehen daher, egal ob weiblich oder männlich, die Jungen als sportlicher, wobei diese Einschätzung zumeist auf der sportlichen Leistungsfähigkeit beruht (Baur, 2007; Baur, Burrmann & Krysmanski, 2002).

2.1.5.2 Einfluss von Sport und Bewegung

Brandl-Bredenbeck (1999) geht davon aus, dass durch eine Sportbeteiligung von Jugendlichen nicht nur ihre sportliche Entwicklung, sondern auch ihre gesamtheitliche Entwicklung positiv beeinflusst wird. Demgegenüber gibt es aber auch skeptische Meinungen, was den Einfluss von Sport und Bewegung auf das jugendliche Selbstkonzept betrifft. Dies zielt insbesondere auf den Nachwuchsbereich des Leistungssports ab. Es sind besonders Situationen im Wettkampf kritisch, die zur Bewältigung aggressives Verhalten benötigen oder jenes sogar unterstützen. Desweitern werden auf hohe psychische und körperliche Belastungen, aber auch auf Doping, Störungen des Essverhaltens und Medikamentenmissbrauch hingewiesen (Alfermann, 1998; Baur, 1998; Beckmann et al., 2006).

Die Anforderungen steigen im Nachwuchsbereich des Hochleistungssports. Durch immer spezialisiertere und ausdifferenziertere Organisationsstrukturen, wie zum Beispiel Talentförderungen, Leistungszentren und -stützpunkte, verschiedene Förderungsmaßnahmen, Systeme von Trainingskadern, wird immer mehr in die Lebensführung von jungen Sportlern und Sportlerinnen eingegriffen. So werden den möglichen Sportstars von Morgen Verhaltensmuster und soziale Rahmenbedingungen vorgegeben. Denn wer erfolgreich sein will, muss sich an die Trainingsplanung halten, Normen und Pflichten erfüllen, sich erfolgreich in ein Kadersystem integrieren, sowie nach der optimalen Betreuung durch Trainer trachten. Sportarten, in denen früh eine Spezialisierung eintritt, sind diejenigen mit hohen Trainingsumfängen. Baur (1998) berichtet von siebenjährigen Turnerinnen, die ein Wochenpensum von 15 Stunden Training angeben. Neben der reinen Trainingszeit stehen auch immer kürzere oder weitere Anfahrtswege von Zuhause zum Training oder Wettkampf an, welche auch zusätzliche Zeit in Anspruch nehmen. Dies vermehrt sich, wenn mehrere Trainingseinheiten pro Tag am Plan stehen. Trainingslager, die als Vorbereitung auf den Wettkampf dienen, sportärztliche Untersuchungen und Behandlungen, sowie in einigen Fällen Zeit für Medienauftritte erweitern den Zeitaufwand.

Dieser Zeitstress ist eine große Belastung für Kinder und Jugendliche, wodurch es nicht verwunderlich ist, dass sich im Hochleistungssport im Kinder- und Jugendalter kein positiver Zusammenhang zwischen Sport und Selbstkonzept finden lässt (Baur, 1998).

Ergebnisse von Alfermann, Stiller und Würth (2003) zeigen wiederum, dass sich die Probanden, allesamt sportlich aktiv, eine durchwegs hohe Selbsteinschätzung geben. Die Autoren deuten auf zwei mögliche Erklärungspunkte hin. Zum Einen könnte der Grund bei Vergleichsprozessen zu anderen nicht oder weniger sportlichen Jugendlichen liegen, die in der Untersuchung von Alfermann, Stiller und Würth jedoch nicht mit untersucht wurden. Zum Anderen könnte eine Erklärung darin liegen, dass die Jugendlichen sich selbst als Bezugsmaßstab heranziehen. Eigene Bestzeiten oder eigene Schulleistungen dienen als Vergleichswerte zur Einschätzung der subjektiven Bewertung.

Mrazek und Hartmann (1989) kamen zu den Ergebnissen, dass sich sportlich aktive Jugendliche in verschiedenen Bereichen ihres Selbstkonzepts deutlich von gleichaltrigen, nichtaktiven Jugendlichen unterscheiden. Dies betrifft besonders den Bereich der körperlichen Leistungsfähigkeit. Hinzu kommt eine bessere Bewertung bezüglich der körperlichen Attraktivität.

Späth und Schlicht (2000) konnten diese Ergebnisse bestätigen. Sie kamen zu der Erkenntnis, dass sich sportlich aktive Jugendliche von gleichaltrigen Inaktiven durch eine positivere Bewertung des eigenen Körpers und im Selbstkonzept abheben. Die betroffenen Skalen in ihrer Arbeit waren unter anderem Fitness, Zufriedenheit mit sich selbst, Zufriedenheit mit dem Körper, Zufriedenheit mit dem Aussehen. Das heißt, je aktiver die Jugendlichen Sport betreiben, desto höhere Werte haben sie in den entsprechenden Dimensionen. Umso aktiver die Jungen und Mädchen sind, desto mehr achten sie auf ihre Fitness und sie bewerten jene, sowie ihre Sportlichkeit höher. Dadurch sehen sich diese jungen Heranwachsenden selbst, ihren Körper und ihre physische Attraktivität sehr positiv. Auch in der Arbeit von Fuchs und Hoffmeister (1990) geht sportliche Betätigung einher mit einem positiv bewerteten physischen Selbstkonzept, sowie einer positiven körperlichen Leistungsfähigkeit.

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Ende der Leseprobe aus 103 Seiten

Details

Titel
Das physische Selbstkonzept von männlichen Jugendlichen in Abhängigkeit von Herkunft und Bildungsstand
Untertitel
Im Alter von 5 bis 18 Jahren in der Stadt Salzburg
Hochschule
Universität Salzburg  (Sportwissenschaften)
Veranstaltung
Bewegung-Gesundheit-Fitness
Note
2
Autor
Jahr
2012
Seiten
103
Katalognummer
V267599
ISBN (eBook)
9783656574835
ISBN (Buch)
9783656574873
Dateigröße
1079 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
selbstkonzept, jugendlichen, alter, jahren, stadt, salzburg, abhängigkeit, herkunft, bildungsstand
Arbeit zitieren
Roland Mayer (Autor:in), 2012, Das physische Selbstkonzept von männlichen Jugendlichen in Abhängigkeit von Herkunft und Bildungsstand, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/267599

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