Die Verbvalenz und ihre Vermittlung im DaF-/DaZ-Unterricht

Einführung in das Thema und Untersuchung seines Vorkommens in einem Lehrwerk


Seminararbeit, 2014

17 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Verbvalenz – Eine Einführung

3. Untersuchung der Verbvalenz als Unterrichtsthema anhand ihres Vorkommens in einem Lehrwerk

4. Konklusion

5. Bibliographie

6. Anhang

1. Einleitung

Die klassische Definition des Begriffs „Valenz“ besagt, dass Wörter die Eigenschaft besitzen, eine bestimmte Umgebung zu verlangen. Das Verb schlafen erfordert ein Subjekt, sehen ein Subjekt und auch ein Objekt, schenken ein Subjekt, ein Objekt und ein indirektes Objekt, gehen ein Subjekt und ein Lokaladverbial etc. Somit spielt die Valenz eine ausschlaggebende Rolle beim Satzaufbau und gilt als ein wichtiger Gegenstand in der Sprachforschung (vgl. Nikula 1976, 1). Es ist zu betonen, dass die Bestimmung der einzelnen Elemente in vielen Fällen nicht unkompliziert und eindeutig ist, was die Verbvalenz zu einem sehr herausfordernden Lerngegenstand im DaF-/DaZ-Unterricht macht. Aus diesem Grund ist es sehr sinnvoll, sich mit diesem Thema im Rahmen einer DaF-/DaZ-Ausbildung detailliert zu befassen.

Die vorliegende Arbeit unterteilt sich in zwei Bereiche: Der erste Teil umfasst eine überblicksmäßige Darstellung des besagten Grammatikbereiches, wobei von den Anfängen der Valenztheorie bei Tesnière ausgehend ein Überblick über die Forschungsgeschichte gegeben wird. Das aktuelle, elaborierte Modell Helbigs und Schenkels soll schlussendlich genauer untersucht und mit vielen Beispielen illustriert werden, wobei im Mittelpunkt des Interesses die Unterscheidung von obligatorischen und fakultativen Aktanten sowie von freien Angaben liegen wird, da an dieser Stelle oft Unklarheit herrscht.

Der zweite Teil verlegt den Fokus von der theoretischen, grammatischen Seite hin zur praktischen Betrachtung des Gegenstandes. In diesem Teil wird das erste Vorkommen der Verbvalenz in einem Lehrwerk betrachtet und analysiert. Eine anschließende Konklusion soll die Erkenntnisse zusammenfassen und der Frage nach einer Zukunftsperspektive für die Behandlung der Valenz im DaF-Unterricht nachgehen.

2. Die Verbvalenz – Eine Einführung

Die Valenzforschung ist ein verhältnismäßig junger Untersuchungsgegenstand in der Sprachwissenschaft. Erste Hinweise darauf, dass Wörter einer bestimmten Wortklasse Leerstellen um sich eröffnen, die durch bestimmte Wörter anderer Wortklassen ausgefüllt werden müssen, findet man bei Bühler, doch erst Tesnière (1893-1954), welcher die Dependenzgrammatik entwickelte, kommt auf diese „Leerstelleneröffnung“ zurück (vgl. Birkmann 1998, 3). Er vergleicht das Verb mit einem Atom: Beide sind mit Wertigkeiten ausgestattet, das Verb bindet eine bestimmte Zahl von Komplementen an sich, sowie das Atom Elektronen. Dieses Phänomen bezeichnet er erstmals als „Valenz“. Das Verb wird somit das strukturelle Zentrum im Satz, die übrigen Satzglieder sind entweder valenzgebundene Aktanten („actants“), sprich Subjekte, direkte und / oder indirekte Objekte, oder nicht-valenzgebundene Umstände bzw. Angaben („circonstants“), sprich Adverbien, Adverbialbestimmungen, Präpositionalobjekte oder Prädikative. Erstere sind in ihrer Anzahl durch das Verb begrenzt, letztere hingegen nicht. Demgemäß gibt es avalente, monovalente, divalente oder trivalente Verben, die keinen, ein, zwei oder drei Aktanten an sich binden (vgl. Tesnière 1980, 161ff.), wofür ich im Folgenden jeweils einige Beispiele nenne:

(1) avalent: Es regnet. Es schneit. Es blitzt.
(2) monovalent: Er schläft. Er gähnt. Er lebt.
(3) divalent: Sie sieht ihn. Sie herzt ihn. Sie braucht ein Buch.
(4) trivalent: Wir geben ihr ein Buch. Wir reichen ihm ein Messer. Wir fordern ihn auf, zu kommen.

Mit seiner Theorie löste Tesnière die Satzgliederordnung der traditionellen Grammatik auf: Alle Aktanten sind in derselben Weise vom Verb abhängig und befinden sich auf derselben Strukturebene, was das Subjekt den Objekten gegenüber seine traditionelle Stellung verlieren lässt (vgl. Birkmann 1998, 3). Tesnière prägte den linguistischen Begriff der Valenz, der bald auch von deutschen Sprachwissenschaftlern für die Beschreibung des Deutschen verwendet wurde. Zu ihnen zählen vor allem Brinkmann und Erben, später Helbig und Schenkel (vgl. Nikula 1976, 2).

Der von Tesnière eingeführte Valenzbegriff ist im Lauf der Forschungsgeschichte nicht derselbe geblieben. Bei Brinkmann etwa bleibt die traditionelle Satzlehre erhalten, indem das Verb als dem Subjekt zugeordnet gilt und sich seine Valenz auf die Fähigkeit reduziert, weitere Stellen außer dem Subjekt zu fordern. Da „der Nominativ dem Subjekt vorbehalten ist und der Genitiv einer offenen Stelle beim Substantiv“ (Brinkmann 1962, 224), bleiben nur noch der Akkusativ und der Dativ als valenzdeterminierte Kasus übrig, und da diese Kasus nur einmal verwendet werden können, wird geschlussfolgert, dass ein Verb höchstens drei Aktanten binden kann: Eines im Nominativ (das Subjekt), eines im Dativ (das indirekte Objekt) und eines im Akkusativ (das direkte Objekt). Brinkmann geht somit, so wie auch Tesnière, davon aus, dass Adverbialbestimmungen keine Aktanten darstellen können (Brinkmann 1962, 224.).

(5) Wien liegt in Österreich.

(6) *Wien liegt.

Anhand dieses Beispiels sehen wir jedoch, dass auch Adverbialbestimmungen, hier eine Lokalergänzung, obligatorisch sein können, da (6) durch das Weglassen derselben ungrammatikalisch wird . Erben, der statt des Begriffs „Valenz“ von „Wertigkeit“ spricht (vgl. Helbig und Schenkel 1983, 18), zählt deswegen nicht nur Subjekte und Objekte, sondern auch Prädikative, Reflexivpronomina, Präpositionalobjekte und Adverbialbestimmungen zu den möglichen Aktanten (vgl. Erben 1965, 264f.). Erben unterscheidet in obligatorische und fakultative Aktanten, es fehlen jedoch systematische Abgrenzungskriterien:

(7) Fritz putzt den Löffel blank.

(8) Fritz putzt.

Gemäß Erben wäre das Verb im Satz (7) dreiwertig, den Löffel und blank erscheinen aber keine echten Aktanten zu sein, da der Satz bei ihrem Weglassen in (8) noch immer grammatikalisch wohlgeformt ist (vgl. Birkmann 1998, 5). Das Modell bedurfte also einer weiteren Bearbeitung. Admoni unterscheidet daraufhin in syntaktisch notwendige, sprich obligatorische, und nicht notwendige, sprich fakultative „Fügungspotenzen“ (vgl. Helbig / Schenkel 1983, 18). Die Fügungspotenzen werden durch ihre Beziehungen untereinander definiert, so ist die Beziehung eines Adjektivs zum Substantiv obligatorisch, die des Substantivs zum Adjektiv hingegen fakultativ. Die Beziehung eines Akkusativs zu den ihm übergeordneten Elementen, zum Verb oder zu bestimmten Präpositionen, ist obligatorisch, denn er ist von ihnen abhängig, während seine Beziehung zu Attributen oder Pronomina fakultativ ist, da jene wiederum vom Akkusativ abhängig und ihm untergeordnet sind. Das Begriffspaar „obligatorisch“ und „fakultativ“ ist also im Sinne von „abhängig“ und „dominierend“ bzw. „aktiv“ und „passiv“ zu verstehen. Admonis Verständnis von obligatorischen und fakultativen Fügungspotenzen unterscheidet sich von der obligatorischen oder fakultativen Valenz des Verbs bei Tesnière oder Erben, welche die Aktanten und Umstände in jedem Fall als nur vom Verb allein bestimmt und dominiert ansehen (vgl. Helbig / Schenkel 1998, 19). Helbig und Schenkel publizierten 1969 das „Wörterbuch zur Valenz und Distribution deutscher Verben“. Sie verstehen das Verb wieder als einziges strukturelles Satzzentrum und bemühen sich, ein Verfahren zur eindeutigen Ermittlung der obligatorischen Notwendigkeit der Aktanten zu entwickeln. Das Ergebnis ist der Eliminierungstest: Bleibt der Satz bei der Eliminierung eines Satzgliedes grammatisch, so ist das eliminierte Satzglied nicht syntaktisch obligatorisch gewesen. Wenn dem nicht so ist, so gehört das Satzglied zum syntaktischen Minimum“ und ist obligatorisch (vgl. Birkmann 1998, 9).

Anhand folgender Beispiele wollen wir diese Vorgehensweise verdeutlichen[1] (vgl. Helbig / Schenkel 1991, 33):

[...]


[1] Die obligatorischen Satzglieder wurden unterstrichen.

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Die Verbvalenz und ihre Vermittlung im DaF-/DaZ-Unterricht
Untertitel
Einführung in das Thema und Untersuchung seines Vorkommens in einem Lehrwerk
Hochschule
Universität Wien  (Germanistik)
Note
1,0
Autor
Jahr
2014
Seiten
17
Katalognummer
V267757
ISBN (eBook)
9783656584759
ISBN (Buch)
9783656584667
Dateigröße
2707 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
verbvalenz, vermittlung, daf-/daz-unterricht, einführung, thema, untersuchung, vorkommens, lehrwerk
Arbeit zitieren
MMag. Lisa Pfurtscheller (Autor:in), 2014, Die Verbvalenz und ihre Vermittlung im DaF-/DaZ-Unterricht, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/267757

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