Rundum stark! Ganzheitliche Gesundheitsförderung bei Kindern im Elementar- und Primarbereich am Beispiel der Kinderküche


Facharbeit (Schule), 2012

22 Seiten, Note: bestanden


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Projektvorstellung: Kinderküche
2.1 Projektorganisation
2.1.1 Mitarbeiter-Einsatz
2.1.2 Budgetplanung
2.1.3 Rechtlicher Rahmen
2.1.4 Öffentlichkeitsarbeit
2.1.5 Auswertung und Nachhaltigkeit
2.2 Rundum stark - Ganzheitliche Gesundheitsförderung durch Kompetenzförderung?
2.2.1 Sozialkompetenz
2.2.2 Ich-Kompetenz
2.2.3 Sachkompetenz
2.2.4 Lernmethodische Kompetenz
2.3 Elternzusammenarbeit
2.4 Kooperationspartner und Netzwerkarbeit

3. Zusammenfassung und Analyse

4. Quellenverzeichnis

5. Anlagen

Anmeldung zur Kinderküche

Beschreibung

der Arbeit des cafeimpuls (Selbstdarstellung)

1. Einleitung

„Weil Speis und Trank in dieser Welt doch Leib und Seel' zusammenhält.“, heißt es in einem Singspiel des Komponisten Johann Philipp Förtsch aus dem 17. Jahrhundert. Heute ist dieser Vers aktueller denn je. Volle, bunte Supermarktregale eröffnen uns einen Lebensmittelkonsum im Überfluss. Eine gesunde Ernährung ist dadurch genauso möglich wie die Dauerversorgung mit Convenience-Food. Betrachtet man die Zahl übergewichtiger Kinder der letzten Jahre in Deutschland, ist ein deutlicher und alarmierender Trend nach oben festzustellen. Liegt das allein an der Lebensmittel- Industrie und ihren Vermarktungsstrategien oder dem zu umfangreichen Nahrungsangebot? Nicht nur, denn das Problem ist weitaus komplexer.

Im Alltag vieler Familien in unserer Gesellschaft wird dem Essen und dessen Vorbereitung z. B. aus Gründen der Berufstätigkeit nur noch wenig Zeit eingeräumt. Nicht selten fehlt es innerhalb der Familie gerade durch diesen Zeitmangel oder bröckelnde Familienstrukturen auch an emotionalen Bindungen. Essen hat in diesen Fällen weniger die Funktion der gemeinsamen Mahlzeit als soziales Moment, sondern erfüllt in erster Linie Versorgungsbedürfnisse und wird immer häufiger zur Ersatzbefriedigung für mangelnde Zuwendung und Geborgenheit. Adipositas und damit zusammenhängende Erkrankungen wie Diabetes, Bluthochdruck oder Stoffwechselstörungen können die Folge sein.

Als „Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlergehens und nicht nur das Fehlen von Krankheit oder Gebrechen.“1beschreibt die Weltgesundheitsorganisation WHO den Begriff der ‚Gesundheit’. Hier klingt an, dass Gesundheit nicht ausschließlich von der physischen Verfassung eines Menschen abhängt, sondern von den Konstituenten auf seelischer, psychischer, sozialer und emotionaler Ebene beeinflusst wird. Das Konzept der ‚Salutogenese’ (lat. Salus = Heil, griech. Genesis = Entstehung), das in den neunziger Jahren von dem Medizinsoziologen Anton Antonovsky entwickelt wurde, fragt nach den gesundheitserhaltenden Faktoren auf diesen Ebenen. Im Gegensatz zur ‚Pathogenese’ (griech. Pathos = Sucht, Krankheit, Genesis = Entstehung), die den Umgang mit Krankheit anhand krankmachender bzw. gesundheitsgefährdender Faktoren definiert und über Jahrhunderte die Perspektive auf den Gesundheitsbegriff bestimmte, wird mit Hilfe des salutogenetischen Ansatzes untersucht, wie sich Gesundheit trotz ungünstiger Bedingungen bzw. unter welchen günstigen Voraussetzungen erhält. Krankheit und Gesundheit werden hier nicht als sich ausschließende Zustände betrachtet, sondern in ein dynamisches Verhältnis zueinander gestellt, das sich auf den einzelnen Menschen und die Welt, in der er lebt, bezieht.2

Der Begriff der Gesundheitsförderung wiederum ist komplex definiert und befindet sich in einer andauernden Debatte um die Abgrenzung zu thematisch verwandten Begriffen. Verschiedene Modelle unterscheiden hier nach Strategien, Handlungsebenen und Zielgruppen. Eine ausführliche Darstellung der Theorie der Gesundheitsförderung kann im Rahmen dieser Arbeit nicht geleistet werden. Aus diesem Grund werden im Folgenden konzeptionelle Elemente und wesentliche Merkmale der Gesundheitsförderung erläutert, die auch im später untersuchten Projekt Kinderküche relevant sind.

Gemeinsam ist allen Ansätzen der Gesundheitsförderung, dass durch einen bestimmten Prozess und unter Einbeziehung der salutogenetischen Fragestellung der Mensch die Kompetenz erlangt, seine Gesundheit zu bewahren und zu verbessern. Grundlegende Überlegungen dazu wurden Anfang der achtziger Jahre von der WHO in der OttawaCharta formuliert3und sind seitdem immer wieder modifiziert und erweitert worden. Gesundheitsförderung kann auf unterschiedlichen sozialen Ebenen geschehen: Im Gemeinwesen durch die Schaffung gesundheitsfördernder Lebenswelten, in der Gruppe durch gesundheitsbezogene Gemeinschaftsaktionen und individuell durch die Entwicklung eigener, gesundheitsfördernder Kompetenzen.

Die Kompetenzförderung von Einzelnen wie auch von Gruppen ist mit dem Begriff des ‚Empowerment’ (engl. = Ermächtigung) zusammen gefasst und bildet eine zentrale Strategie der Gesundheitsförderung. Sie zielt darauf ab, dass Menschen Verantwortung für das persönliche Handeln übernehmen. Dies ist jedoch nur effektiv, wenn die durch Empowerment erlangten Kompetenzen in einem entsprechenden, gesundheitsfördernden Setting aktiv eingesetzt werden können. Hierbei handelt es sich um Orte, in denen Gesundheit als Produkt des alltäglichen Handelns und Lebens der Menschen konstruiert wird. Werden in diesem Rahmen unterschiedliche Handlungs- und Sachkompetenzen vermittelt und eine sich oft daraus ergebende Motivation hergestellt, kann schließlich das eigene Interesse, die persönliche Gesundheit zu erhalten, wirksam vertreten werden.4

Dies wird umso bedeutender, wenn eine gesundheitsspezifische Benachteiligung in der jeweiligen Lebenssituation vorliegt und die Bereiche Bewegung, Ernährung und Stressbewältigung nur unzureichend berücksichtigt werden. Oft bedingen und beeinflussen sich eben diese Bereiche gegenseitig: z. B. bewegt sich ein Kind, dass zu unregelmäßigen Zeiten Süßigkeiten vor dem Fernseher isst, in der Regel auch weniger an der frischen Luft.

Der Faktor Stress ist zudem auf mehreren Ebenen gegeben: Wie eingangs erwähnt wachsen viele Kinder heute in unsicheren oder dekonstruierten familiären Gefügen auf, was Stress durch mangelnde Bindung verursachen kann. Ebenso entsteht Stress durch den Mangel an Zeit, fehlende emotionale Versorgung oder ungünstige äußere Bedingungen in der Betreuung. Ausgehend von solchen Lebensrealitäten ist ein Ansatz notwendig, der die beschriebene Ganzheitlichkeit in der Gesundheitsförderung angemessen berücksichtigt.5

Diese Ganzheitlichkeit bezieht sich jedoch nicht nur auf den Lebenshintergrund der Projektteilnehmenden, sondern genauso auf die inhaltliche Ausgestaltung des Projektes. Dazu gehört, dass Mitarbeiter über das entsprechende Fachwissen verfügen, sich über ihre pädagogische Professionalität im Klaren sind und sich an den Lebensbedingungen orientieren, in der die Zielgruppe zu verorten ist. Darüber hinaus ist es sinnvoll, die Durchführung des Projektes immer wieder auf ihre Nachhaltigkeit und Alltagstauglichkeit zu prüfen.

Ebenfalls im Rahmen der Ganzheitlichkeit ist die persönliche Stabilisierung der Teilnehmenden auf emotional-sozialer Ebene zu sehen. So soll das innere und äußere Körperselbstbild jedes Einzelnen zugunsten einer wertschätzenden Selbstwahrnehmung gestärkt bzw. korrigiert werden.

Im folgenden Teil der Arbeit wird nun untersucht und dargestellt, wie ganzheitliche Gesundheitsförderung im Projekt der Kinderküche stattfindet. Kann Gesundheitsförderung durch Kompetenzförderung geschehen und Kinder „rundum stark“ machen? Wie wird ganzheitliche Gesundheitsförderung in der Kinderküche umgesetzt? Dazu werden anhand des Projektablaufs und der -durchführung exemplarisch die genannten Kompetenzbereiche erklärt, die Zielgruppe betrachtet, die Projektorganisation erläutert sowie die Elternzusammenarbeit beschrieben. Im letzten Teil der Arbeit werden alle Ergebnisse schließlich zusammen gefasst und um eine persönliche Analyse ergänzt.

2. Projektvorstellung Kinderküche

Die Kinderküche ist ein Kochkurs für Kinder zwischen 4 und 11 Jahren, der seit 2010 unter meiner Leitung im cafeimpuls in Berlin Pankow stattfindet. Im 14-tägigen Rhythmus am Donnerstag von 16.00 bis 18.00 Uhr werden hier durchschnittlich 12 Kinder von der Rezeptidee über das Kochen bis zum gemeinsamen Essen begleitet und angeleitet. Auf

der Webseite http://www.kinderkueche.jimdo.de werden die ausprobierten Rezepte sowie Fotos des jeweiligen Kochens veröffentlicht.

Der Ablauf der Kinderküche gestaltet sich dabei wie folgt:

15:30 Uhr - Treffen der Mitarbeiter, Besprechung des Rezeptes, Vorbereitung des Raumes

15:45 Uhr - Ankunft der Kinder

16:00 Uhr - Begrüßungsrunde im Stuhlkreis, Vorstellung des Rezeptes, altersgerechtes Erstellen der Einkaufszettel, Besprechen der Regeln für das Einkaufen 16:15 Uhr - Einkaufen

16:45 Uhr - Hygiene-Einweisung und anschließendes Kochen 17:15 Uhr - Tisch decken

17:30 Uhr - Essen und Tischgespräch

18:00 Uhr - Ankunft der Eltern, Abräumen und Abschlussrunde bis 18:30 Uhr - Elterngespräche und Verabschiedung bis 19:00 Uhr - Aufräumen und Mitarbeiter-Feedback

2.1 Projektorganisation

Die Kinderküche ist das Angebot einer als gemeinnütziger Verein organisierten christlichen Freizeiteinrichtung in freier, spendenbasierter Trägerschaft. Im Gegensatz zu staatlichen Einrichtungen oder solchen, die größeren Verbänden angeschlossen sind, gestalten sich die Finanzierung und der rechtliche Rahmen hier anders und müssen dementsprechend berücksichtigt und geplant werden. Die Qualitätssicherung des Projektes sowie die Elternzusammenarbeit sind ebenso vor diesem Hintergrund zu sehen. Umso wichtiger ist im Laufe des Projektes die Bemühung geworden, Kooperationspartner zu finden und die Netzwerkarbeit auszubauen.

Im Folgenden werden diese Punkte genauer beschrieben und erläutert.

2.1.1 Mitarbeiter-Einsatz

Das Mitarbeiterteam der Kinderküche besteht aus einer Mitarbeiterin im Freiwilligen Sozialen Jahr, zwei Bundesfreiwilligen und einer Leitungsperson. Das ergibt einen Betreuungsschlüssel von vier Mitarbeitern zu durchschnittlich 12 Kindern, also 1:3. Die Praxiserfahrung zeigt, dass dieses Verhältnis den bestmöglichen Ablauf gewährleistet. Die einzelnen Arbeitsphasen erfordern ein hohes Maß an Kommunikation, praktischer Tätigkeit und Übersicht. Es muss sowohl für ausreichende Sicherheit der Teilnehmer, für die stressfreie Bewältigung des Kochens in relativ kurzer Zeit als auch für die Ansprechbarkeit der Mitarbeiter für die Kinder gesorgt sein. Nur auf diese Weise kann am Ende auch ein positives Gemeinschaftserlebnis im Rahmen des Essens am Tisch stattfinden und von allen genossen werden.

Die Mitarbeiter zeigen großes Interesse an der Arbeit mit Kindern ohne darin professionell ausgebildet zu sein. Deshalb ist eine einführende Vorbereitung in das Projekt wichtig. Das cafeimpuls bietet dazu eine jährliche Vorbereitungswoche zum Saisonstart gegen Ende der Sommerferien an. Hier werden grundsätzliche Ziele der Cafearbeit und wesentliche Merkmale der Mitarbeit vermittelt und durch verschiedene teambildende Methoden erfahrbar gemacht.6

Darüber hinaus trifft sich das Team der Kinderküche eine halbe Stunde vor Veranstaltungsbeginn, um das Rezept zu besprechen, die Aufgabenschwerpunkte zu verteilen und den Umgang mit möglichen Problemen abzugleichen. Zu letzterem zählen schwierige Zubereitungsarten oder Gefahren beim Kochen (z. B. Frittieren in heißem Öl), aber auch die Konfrontation mit verhaltensauffälligen Kindern. Da während des Kochens - wie schon angesprochen - besonders auf die Sicherheit der Kinder geachtet werden muss, ist ein einheitliches und konsequentes Vorgehen der Mitarbeiter bei Fehlverhalten notwendig. So strahlen die Mitarbeiter selbst Sicherheit aus und bieten den teilnehmenden Kindern Orientierung. Die Mitarbeiter werden zudem ermutigt, die Kinder während der Veranstaltung zu beobachten, um ein Gefühl für die Persönlichkeit jedes Kindes und deren Förderung zu entwickeln. Das gute Betreuungsverhältnis und die Zuteilung der Mitarbeiter zu je einem kleinen Teilnehmerteam begünstigen dieses Vorgehen.

Nach der Kinderküche wird das pädagogische Handeln sowie der Gesamtablauf in einer Feedback-Runde der Mitarbeiter reflektiert. Die dazu verwendeten Methoden richten sich nach der Bedürfnislage und der Stimmung im Team: Nach einem reibungslos verlaufenen Kurs reicht ein ‚Blitzlicht’ mit allgemeinen Fragen zur Durchführung. Bei aufgetretenen Konflikten oder praktischen Problemen bietet es sich an, umfangreichere Methoden wie den ‚Hair Cut’ oder Formen des schriftlichen Feedbacks zu nutzen.

2.1.2 Budgetplanung

Die Kinderküche erhebt einen Teilnehmerbetrag von 2,50€ pro Kind und Kurseinheit. Damit werden die Kosten für die benötigten Lebensmittel und Getränke in der Regel gedeckt.

[...]


1http://www.admin.ch/ch/d/sr/i8/0.810.1.de.pdf, S. 1, 15.8.2012.

2Franzkowiak,P.: Salutogenetische Perspektive, In: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) (Hrsg.): Leitbegriffe der Gesundheitsförderung. Glossar zu Konzepten, Strategien und Methoden der Gesundheitsförderung. 4. erweiterte und überarbeitete Auflage. Schwabenheim a. d. Selz: Fachverlag Peter Sabo 2003, S. 198-200.

3http://www.who.int/healthpromotion/conferences/previous/ottawa/en/, 15.8.2012.

4Steinbach, Herlinde: Gesundheitsförderung: Ein Lehrbuch für Pflege- und Gesundheitsberufe, facultas 2007.

5Mann-Luoma/ Goldapp/ Khaschei/ Lamersm/ Milinski (BzgA): Integrierte Ansätze zu Ernährung, Bewegung und Stressbewältigung. Gesundheitsförderung von Kindern und Jugendlichen, unter: http://kinderumweltgesundheit.de/index2/pdf/themen/Bewegung/BGBL_Ernaehrung_Bewegung_St ress.pdf, 3.8.2012.

6Vgl. hierzu Anlage „Beschreibung der Arbeit des cafeimpuls“

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Rundum stark! Ganzheitliche Gesundheitsförderung bei Kindern im Elementar- und Primarbereich am Beispiel der Kinderküche
Veranstaltung
Nichtschülerprüfung Erzieherin
Note
bestanden
Autor
Jahr
2012
Seiten
22
Katalognummer
V268235
ISBN (eBook)
9783656592068
ISBN (Buch)
9783656592051
Dateigröße
469 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
rundum, ganzheitliche, gesundheitsförderung, kindern, elementar-, primarbereich, beispiel, kinderküche
Arbeit zitieren
Chrstiane Baltes (Autor:in), 2012, Rundum stark! Ganzheitliche Gesundheitsförderung bei Kindern im Elementar- und Primarbereich am Beispiel der Kinderküche, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/268235

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