„Für jedes Jahr der Unternehmensfortführung soll zum Erhalt der Arbeitsplätze die auf das übertragene Unternehmen entfallene Erbschaftsteuerschuld reduziert werden. Sie entfällt ganz, wenn das Unternehmen mindestens zehn Jahre nach Übergabe fortgeführt wird.“
- Zitat aus dem Koalitionsvertrag vom 11.11.2005 -
Mit dieser Vereinbarung wollten die damaligen Parteien der großen Koalition die Erbschafts- und Schenkungsteuer bis spätestens 1.1.2007 reformieren und dadurch unter anderem die Unternehmensnachfolge stärker begünstigen. Ein dementsprechender Gesetzesentwurf wurde im Jahre 2006 durch die Bundesregierung vorgelegt. Bevor das damalige ErbStG verabschiedet werden konnte, wurde es jedoch durch den Beschluss des BVerfG vom 7.11.2006, aufgrund der Vorlage des BFH, als verfassungswidrig deklariert. Ausschlaggebend war hierfür die mit § 19 Abs.1 ErbStG a.F. verbundene Bewertung, welche den Anforderungen des Gleichheitsgrundsatzes aus Art. 3 Abs.1 GG nicht genügte. Zur Neuregelung wurden dem Gesetzgeber spezielle Anforderungen und eine Frist bis zum 31.12.2008 auferlegt. Da der eben angeführte Gesetzesentwurf zur Erleichterung der Unternehmensnachfolge jedoch keine Ausführungen zu Bewertungsfragen beinhaltete, einigte man sich auf die Einbeziehung der Bewertungsfragen in eine komplett neue Erbschaftsteuerreform. Der Entwurf zum Reformgesetz endete in einer großen politischen Debatte, weshalb das Erbschaftsteuerreformgesetz erst kurz vor Ablauf der vom BVerfG gesetzten Frist am 24.12.2008 durch den Bundespräsidenten unterzeichnet wurde und am 1.1.2009 in Kraft getreten ist. Diese Regelung wurde durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz vom 22.12.2009 , das Jahressteuergesetz 2010 vom 8.12.2010 und das Steuervereinfachungsgesetzt 2011 vom 1.11.2011 geändert, prägt jedoch in seinen Kerngedanken immer noch die grundlegende Ausgestaltung der erbschaftsteuerlichen Privilegierung des Betriebsvermögens.
Die vorliegende Arbeit befasst sich überwiegend mit der Frage, ob der Gesetzgeber nach dem Beschluss vom 7.11.2006 eine Privilegierungsregelung ins Leben rufen konnte, welche dem Ziel der Erleichterung der Unternehmensnachfolge mit dem Hintergrund des Arbeitsplatzerhalts verfassungsgemäß gerecht werden konnte. Zunächst werden hierfür die Grundsätze dargstellt und die Regelung anschließend kritisch gewürdigt und verfasungsrechtlich beurteilt.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- II. Verfassungsrechtlichen Vorgaben des BVerfG
- 1. Allgemeine Voraussetzungen an eine Steuer
- 2. Voraussetzungen an das ErbStG nach dem Beschluss vom 7.11.2006
- III. Bewertung des Betriebsvermögens
- 1. Bewertungsgrundsätze
- 2. vereinfachtes Ertragswertverfahren
- 3. Problematik der vorliegenden Gesetzeslage
- 4. Resümee zur aktuellen Rechtslage der Bewertung
- IV. Privilegierung des Betriebsvermögens
- 1. Überblick über die Regelung
- a) §§ 13a, 13b ErbStG
- b) § 19a ErbStG
- c) Zwischenergebnis
- 2. Rechtfertigung der Privilegierungsregelung
- a) legitimes im öffentlichen Interesse liegendes Ziel
- b) geeignetes Mittel
- aa) Zusammenhang zwischen Privileg und Sozialzweck
- bb) Zielgenauigkeit der Regelung
- i.) Lohnsummenregelung
- ii.) Ausgrenzung von Verwaltungsvermögen
- iii.) Die Behaltensfrist aus § 13a Abs.5 ErbStG
- iiii.) Die Reinvestitionsklausel aus § 13a Abs.5 S.3,4 ErbStG
- iiiii.) Optionsmöglichkeit nach § 13a Abs.8 ErbStG
- cc) Abweichung der Folgerichtigkeit
- c) Angemessenheit
- V. Aktuelle Entwicklung
- a) Wachstumsbeschleunigungsgesetz
- b) Beschluss des BFH vom 5.10.2011
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Seminararbeit befasst sich mit der erbschaftsteuerlichen Privilegierung des Betriebsvermögens. Ziel der Arbeit ist es, die rechtlichen Grundlagen der Privilegierung, die verfassungsrechtlichen Vorgaben des BVerfG und die aktuelle Rechtslage zu analysieren. Darüber hinaus werden die Rechtfertigungsgründe der Privilegierungsregelung sowie die aktuelle Entwicklung im Bereich der Erbschaftsteuer beleuchtet.
- Verfassungsrechtliche Vorgaben des BVerfG
- Bewertung des Betriebsvermögens
- Rechtfertigung der Privilegierungsregelung
- Aktuelle Entwicklungen im Bereich der Erbschaftsteuer
- Problematik der vorliegenden Gesetzeslage
Zusammenfassung der Kapitel
- I. Einleitung: Die Einleitung stellt das Thema der Seminararbeit, die erbschaftsteuerliche Privilegierung des Betriebsvermögens, dar und erläutert die Relevanz des Themas.
- II. Verfassungsrechtlichen Vorgaben des BVerfG: In diesem Kapitel werden die allgemeinen Voraussetzungen an eine Steuer sowie die Voraussetzungen an das ErbStG nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 7. November 2006 untersucht.
- III. Bewertung des Betriebsvermögens: Hier werden die Bewertungsgrundsätze des Betriebsvermögens, das vereinfachte Ertragswertverfahren und die Problematik der vorliegenden Gesetzeslage beleuchtet.
- IV. Privilegierung des Betriebsvermögens: Dieses Kapitel befasst sich mit dem Überblick über die Privilegierungsregelung, der Rechtfertigung der Regelung sowie der aktuellen Rechtslage der Bewertung.
- V. Aktuelle Entwicklung: Dieses Kapitel behandelt die aktuellen Entwicklungen im Bereich der Erbschaftsteuer, insbesondere das Wachstumsbeschleunigungsgesetz und den Beschluss des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 5. Oktober 2011.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit dem Themenfeld der erbschaftsteuerlichen Privilegierung des Betriebsvermögens. Dies umfasst die verfassungsrechtlichen Vorgaben, die Bewertung des Betriebsvermögens, die Rechtfertigung der Privilegierungsregelung und die aktuelle Rechtslage sowie Entwicklungen im Bereich der Erbschaftsteuer. Weitere Schlüsselbegriffe sind ErbStG, Bewertungsgrundsätze, Ertragswertverfahren, BVerfG, BFH, Wachstumsbeschleunigungsgesetz und Privilegierung.
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- Nico Glöckle (Author), 2012, Die erbschaftsteuerliche Privilegierung von Betriebsvermögen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/268285