Wechselbeziehungen zwischen Sport und Politik in Antike und Neuzeit


Facharbeit (Schule), 2013

24 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitende Worte

2 Olympia als Bestandteil der Politik der griechischen Polis
2.1 Olympia als Element interstaatlicher Politik
2.1.1 Der Olympische Frieden
2.1.2 Olympia – Symbol für politische Einheit Griechenlands?
2.1.3 Olympia als politisches Forum
2.2 Olympiateilnahmen-und Siege als politisches Instrument
2.2.1 Alkibiades
2.2.2 Kylon und die Alkmeoniden

3 Panem et circenses als Grundsatz römischer Politik
3.1 Wettkampfformen
3.1.1 Ludi Circenses
3.1.2 Munera
3.2 Wettkämpfe als politisches Werkzeug römischer Kaiser
3.3 Politischer Einfluss des Volkes in den Schauveranstaltungen der Republik und Kaiserzeit

4 Die Olympischen Spiele 1936 in Berlin
4.1 Der Weg zu den Spielen
4.2 Propagandistische Auswertung der Spiele
4.2.1 Ziele der Nationalsozialisten
4.2.2 Darstellung gegenüber dem Ausland
4.2.3 Neues Medium Hörfunk
4.2.4 Rolle des IOC
4.2.5 Internationale Reaktion
4.3 Jesse Owens als Symbol gegen nationalsozialistisches Weltbild

5 Eigene Bewertung

6 Anhang

1 Einleitende Worte

Seit Ende Juni gilt in Russland ein Gesetz, das "Propaganda von nicht-traditionellen sexuellen Beziehungen" in Anwesenheit Minderjähriger verbietet. Wer sich in der Öffentlichkeit positiv gegenüber homosexuellen Neigungen äußert oder selbst solche Neigungen zeigt, muss mit hohen Bußgeldern bis hin zu mehreren Tagen Haft rechnen. Nun ist die Unterdrückung von Minderheiten im autoritär regierten Putin- Russland traurige Tagesordnung, wirklich brisant wird es deshalb erst, weil im Februar 2014 die Olympischen Winterspiele im russischen Sotschi ausgetragen werden sollen. Schon fordern Menschenrechtsaktivisten und liberale westliche Politiker einen Boykott der Spiele oder gar einen Entzug von Russland. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) ist alarmiert, fürchtet um Sponsorengelder und um sein Image. Im August verkündete das IOC noch, dass das Gesetz für den Zeitraum der Spiele ausgesetzt werde. Nun, Ende Oktober 2013, stellte Sportminister Witalij Mutko klar, dass es keine Ausnahmeregelung geben werde und auch Ausländer dem Gesetz Rechnung tragen müssen. Unabhängig davon, wie dieser Konflikt letztendlich gelöst wird, kann man sich sicher sein, dass es vor allem einen Verlierer geben wird: Den Sport. Wie schon so oft rückt der Sport in den Hintergrund, wenn durch politische Interessen ein Spannungsfeld entsteht. Dass dies keine Erscheinung der Moderne ist, sondern sich von den antiken Griechen über das römische Imperium bis hin zum Dritten Reich verfolgen lässt, soll diese Arbeit im Folgenden veranschaulichen. Gezeigt werden soll aber auch, dass nicht jede Beziehung zwischen Politik und Sport zwangsläufig negativ für den Sport sein muss, und dass der Geist des Sports selbst in den dunklen Stunden des Missbrauchs durch die Politik im Kleinen immer noch wirken kann.

2 Olympia als Bestandteil der Politik der griechischen Polis

2.1 Olympia als Element interstaatlicher Politik

2.1.1 Der Olympische Frieden

In dieser Zeit wurde auch die Grundlage für den Olympischen Frieden gelegt: Der zwischen dem Spartaner Lykurg und dem Stifter der Spiele, dem Eleier Iphitos,[1] geschlossene „Ekecheiria -Vertrag“[2] war die Voraussetzung dafür, dass aus den Olympischen Spielen ein panhellenisches Fest wurde. Dem Vertrag zufolge verkündet die ausrichtende Gemeinde den Beginn der Spiele bei den übrigen teilnehmenden Staaten. Durch ihre Teilnahme verpflichteten sich die Staaten zur Einhaltung der Ekecheiria. Die primäre Aufgabe dieses Friedensvertrags war der Personenschutz: Die mit dem Ziel Olympia durch Griechenland Reisenden sollten vor gewaltsamen Übergriffen bewahrt werden. Weiterhin sollte die Heiligkeit des Ortes der Veranstaltung und damit der Veranstalter selbst geschützt werden.[3] Der Olympische Frieden stellte also keinen ganz Griechenland umfassenden, obligatorischen Frieden dar, sondern war lediglich eine freiwillige Vereinbarung zwischen den an der Olympiade teilnehmenden Staaten. Da im Laufe der Zeit jedoch weite Teile der griechischen Welt an den Olympischen Spielen teilnahmen, stellte die Ekecheira zeitweise tatsächlich einen in ganz Griechenland geltenden Waffenstillstand dar. In der Geschichte gab es jedoch immer wieder Fälle, in denen dieser Waffenstillstand missachtet wurde: So wurden die 0Spartaner im Jahr 420 v. Chr. von der Olympiade ausgeschlossen, weil sie angeblich die Ekecheiria verletzt und Lepreon, eine zu Elis gehörende Stadt, besetzt hatten. Weiterhin wurde ihnen eine Geldstrafe von 2000 Minen auferlegt, die sie jedoch nicht zu zahlen bereit waren.[4] Die Spartaner schickten daraufhin Gesandte um gegen die Entscheidung zu protestieren. Sie argumentierten, dass die Waffenruhe in Sparta noch nicht verkündet worden war, als Sie die Hopliten aussandten. Die Eleer hingegen beriefen sich darauf, dass bei ihnen schon die Ekecheira in Kraft gewesen war und die Spartaner ihnen großes Unrecht zugefügt hätten, während Sie sich aufgrund der Waffenruhe ruhig verhielten und an nichts Böses dachten. Historiker gehen davon aus, dass Sparta formal Recht hatte. Da die Helladoniken sich jedoch aus der Aristokratie von Elis rekrutierten, welches wiederum mit Athen verbündet und somit nicht neutral war, kann bei der Entscheidungsfindung ein politischer Missbrauch der Spiele durch Elis attestiert werden.[5] Während der Olympiade gingen die Spartaner zwar nicht militärisch gegen ihren Ausschluss vor, deren Demütigung durch den Ausschluss von der Olympiade kann jedoch als Teilgrund für die Kriegserklärung Spartas an Elis 20 Jahre später betrachtet werden.[6]

2.1.2 Olympia – Symbol für politische Einheit Griechenlands?

Oft wird Olympia als Symbol nicht nur für die kulturelle Gemeinsamkeiten der Griechen sondern auch als Symbol für politische Einheit gegenüber Nicht- Griechen gesehen. Bei genauerer Untersuchung erweist sich dies jedoch als Trugschluss. Am deutlichsten zeigt sich dies bei Betrachtung der größten Bedrohung der griechischen Kultur in der Geschichte: Der Invasion der Perser im 6. und 7. Jahrhundert v. Chr. In dieser Zeit entstand zum ersten Mal ein zartes Nationalgefühl unter den Griechen. Die Olympischen Spiele hatten jedoch keinerlei Anteil an dieser Entwicklung, sondern standen eher im Gegensatz zu ihr. Die 75. Olympischen Spiele fielen genau in das Jahr von Xerxes‘ Feldzug nach Griechenland und wurden wie in allen anderen Jahren gefeiert. Die überlieferte Siegerliste gibt Aufschluss über die politische Situation in Olympia. Unter den Teilnehmern der Olympiade befinden sich zahlreiche Vertreter aus Staaten, die dem Vormarsch der Perser entweder keinen Widerstand geleistet oder aber die Perser sogar aktiv unterstützt hatten. Bezeichnend dafür ist der Sieg der zwei Thebaner Arsilochos und Daitondas im wichtigen Wettkampf der Vierergespanne. In den Perserkriegen war Theben der wichtigste Verbündete der Perser in Zentralgriechenland, ihre Teilnahme, so könnte man schlussfolgern, war also eine Provokation gegen die Koalition der um ihre kulturelle Unabhängigkeit kämpfenden Griechen. Dennoch wurden die Vertreter dieser Stadtstaaten nicht von der Teilnahme ausgeschlossen, sondern konnten sogar Siege erringen. Auch die Stadt Argos, die sich während der Invasion perserfreundlich verhalten hatte, nahm gerade nach den Perserkriegen besonders oft und erfolgreich an den Spielen teil.[7] Unter anderem deshalb kommt HÖNLE zu dem Schluss , „[…]Dass die panhellenischen Spiele auf den Verlauf der Perserkämpfe keinerlei Einfluss ausüben konnten.“ [8] Auch bei Anaxilas von Rhegion, der 480 v. Chr. mit seinem Maultiergespann in Olympia siegte, zeigt sich diese scheinbare Widersprüchlichkeit: Während er auf der einen Seite durch die Teilnahme an den Olympischen Spielen ein Bekenntnis zur griechischen Kultur ablegte, war der sizilianische Tyrann gleichzeitig mit den Karthagern verbündet[9], welche für die im westlichen Mittelmeerraum lebenden Griechen eine ebenso große Bedrohung darstellten wie die Perser für das Mutterland. Dennoch stellte es keinen Affront dar, dass ein zu seinen hellenischen Nachbarn derart illoyaler Herrscher an den Spielen teilnahm. Diese und mehr Beispiele zeigen eine bemerkenswerte politische Neutralität der Olympiade, die bei heutigen Sportveranstaltungen dieser Größenordnung undenkbar wäre. Insgesamt kann man konkludieren, dass in der gemeinsamen Feier des olympischen Festes sowie der Begeisterung für den sportlichen Wettkampf durchaus kurzzeitig ein Moment des Nationalgefühls und der Zusammengehörigkeit als Griechen entstand. Von der Förderung einer gemeinsamen griechischen Außenpolitik oder gar der politischen Einheit des griechischen Kulturkreises waren die Olympischen Spiele allerdings weit entfernt.

2.1.3 Olympia als politisches Forum

Festzustellen ist, dass die Olympischen Spiele aufgrund ihrer Bedeutung für den griechischen Kulturkreis sowie der schieren Anzahl an beteiligten Stadtstaaten und deren politischen Vertretern ein Forum boten, auf dem politische Meinungen ausgetauscht wurden und dadurch politische Prozesse in Gang gesetzt bzw. beeinflusst werden konnten. Deshalb war es üblich, dass jeder Stadtstaat eine Delegation zu dem Sportereignis schickte, welche die eigenen politischen Positionen repräsentierte und mit anderen Delegationen in Kontakt trat. So nutzten etwa die sizilianischen Deinomeniden das panhellenische Heiligtum, um ihre Kämpfe gegen Karthager und Etrusker als Dienst an der gesamthellenischen Welt darzustellen.[10] Insgesamt wurden in Olympia immer wieder äußerst kostspielige Weihgeschenke gestiftet, die neben dem religiösen Aspekt wohl vor allem dazu dienten, den eigenen Machtanspruch gegenüber den anderen griechischen Staaten zu formulieren. Dabei kam es durchaus vor, dass zwei konkurrierende Stadtstaaten versuchten, sich gegenseitig zu übertreffen.

2.2 Olympiateilnahmen-und Siege als politisches Instrument

2.2.1 Alkibiades

Aufgrund der großen Aufmerksamkeit der griechischen Öffentlichkeit für die Olympiasieger und dem damit verbundenen Zugewinn an Popularität und Ansehen stellte ein Olympiasieg einen enormen Schub für den politischen Werdegang in der griechischen Welt dar. Nach der damaligen Auffassung zeigte sich im Olympiasieg eine besondere Gunst des Zeus, was den Olympiasieger über die Stellung eines „Normalsterblichen“ hinaus emporhob. An der Person des Alkibiades, eine der opportunistischsten Persönlichkeiten des antiken Griechenlands, zeigt sich, wie der Olympiasieg in politischen Kredit umgewandelt werden konnte. Bei den 91. Olympischen Spielen 416 v. Chr. schickte er sieben Mannschaften ins Wagenrennen, mehr als je ein Privatmann zuvor. Offensichtlich überließ er nichts dem Zufall, sodass seine Gespanne nicht nur den ersten, sondern auch noch den zweiten und dritten Platz belegten.[11] Da der Sieg dem Rennstallbesitzer und nicht den Fahrern zugerechnet wurde, konnte er sich danach als Olympiasieger und daher als von den Göttern besonders begünstigt präsentieren. Diese besondere Stellung wertete er politisch aus und es verhalf ihm dazu, seinen Einfluss in Athen enorm zu steigern. Als von der sizilianischen Stadt Segesta ein Hilfegesuch an Athen eintraf gelang es ihm, Athen zu einer Kriegserklärung gegen Syrakus zu treiben und sich selbst an die Spitze einer Strafexpedition gegen die sizilianische Stadt zu stellen. Zwar verhinderten verschiedene Faktoren, die hier nicht von Belang sein sollen, einen weiteren Aufstieg Alkibiades‘ in der athenischen Demokratie, dennoch zeigt der Fall, dass eine Privatperson durch geschicktes Vorgehen einen Olympiasieg für seine politischen Interessen instrumentalisieren konnte.

2.2.2 Kylon und die Alkmeoniden

Selbiges gilt für Kylon, der 640 v. Chr. in Olympia im Doppellauf siegte. Dieser hatte „[..]entscheidend dazu beigetragen, sein Ansehen innerhalb des griechischen Adels zu erhöhen[..]“[12] Außerdem gab der Sieg ihm wohl selbst das Gefühl, außerwählt zu sein, worin er sich durch einen Spruch des Orakels von Delphi zusätzlich bestätigt sah. „Kylon nützte nun seinen Ruhm als Olympionike aus, um durch einen Handstreich die staatlichen Verhältnisse [in Athen] neu zu ordnen.“[13] Über die Form, in welcher diese Neuordnung geschah, gibt die Quelle keinen Aufschluss. Schließlich wurde dieser Staatstreich von Archon Megakles aus der mächtigen Familie der Alkmeoniden niedergeschlagen. Dabei kam es bei dem Altar der Erinyen zu einem Blutbad unter den Anhängern des Kylon. „Nach dieser Entweihung der heiligen Stätte glaubte man, dass ein Fluch auf dem Geschlecht [der Alkmeoniden] liege.“[14] Noch immer als verflucht geltend, wurde das gesamte Adelsgeschlecht aus Athen verbannt, weil es Widerstand gegen den späteren Herrscher Peisistratos geleistet hatte. Aufgrund des legendären Reichtums der Familie konnte sie auch in der Verbannung den Pferdesport weiter pflegen und eine Teilnahme am Wagenrennen der olympischen Spiele vorbereiten. 592 v. Chr. gelang Alkmeon als erstem Athener ein Sieg im besonders prestigeträchtigem Wagenrennen. Als die politischen Verhältnisse es zuließen, kehrte die Familie wieder nach Athen zurück. Durch den Olympiasieg galt der Fluch als aufgehoben, da der Olympiasieger als von den Göttern besonders begünstigt galt. Die Ehre der Familie war damit im vollen Umfang wiederhergestellt.[15] Auch dieser Fall zeigt, dass ein Olympiasieg einen enormen gesellschaftlichen Wert für die Gewinner darstellte.

[...]


[1] Vgl. Ernst Baltrusch: „Symmachie und Spondai“; S. 119f.

[2] Über den genauen Zeitpunkt sowie über die historische Richtigkeit der Handlung des Vertragsabschlusses herrscht unter Historikern noch keine absolute Einigkeit

[3] Vgl. Ernst Baltrusch: „Symachie und Spondai“; S. 119f.

[4] Vgl. Dietrich Klose: „Sport Spiele Sieg: Münzen und Gemmen der Antike“; S. 13

[5] Vgl. Dietrich Klose: „Sport Spiele Sieg: Münzen und Gemmen der Antike“; S. 13

[6] Vgl. Augusta Hönle: „Olympia in der Politik der griechischen Staatenwelt“; S. 155

[7] Vgl. Augusta Hönle: „Olympia in der Politik der griechischen Staatenwelt“; S. 165

[8] Augusta Hönle: „Olympia in der Politik der griechischen Staatenwelt“; S. 186

[9] Vgl. Augusta Hönle: „Olympia in der Politik der griechischen Staatenwelt“; S. 118

[10] Vgl. Augusta Hönle: „Olympia in der Politik der griechischen Staatenwelt“; S. 108

[11] Vgl. Augusta Hönle: „Olympia in der Politik der griechischen Staatenwelt“; S. 206

[12] Augusta Hönle: „Olympia in der Politik der griechischen Staatenwelt“; S. 46

[13] Augusta Hönle: „Olympia in der Politik der griechischen Staatenwelt“; S. 46

[14] wikipedia.org/Alkmaioniden

[15] Vgl. Augusta Hönle: „Olympia in der Politik der griechischen Staatenwelt“; S. 55

Ende der Leseprobe aus 24 Seiten

Details

Titel
Wechselbeziehungen zwischen Sport und Politik in Antike und Neuzeit
Note
1,0
Autor
Jahr
2013
Seiten
24
Katalognummer
V268646
ISBN (eBook)
9783656596592
ISBN (Buch)
9783656596561
Dateigröße
726 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
wechselbeziehungen, sport, politik, antike, neuzeit
Arbeit zitieren
Marco Fuchs (Autor:in), 2013, Wechselbeziehungen zwischen Sport und Politik in Antike und Neuzeit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/268646

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