Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Zensursystem der BRD
3 Rechtsextreme Seite
3.1 Erste Phase (1945-1970)
3.2 Zweite Phase (1970-1980)
3.3 Dritte Phase (ab 1980)
4 Linksextreme Seite
4.1 Beispiel: Wagenbach Verlag
4.2 Das Braunbuch
Literaturverzeichnis
Anhang
1 Einleitung
Der Begriff „Zensur“ ist sehr weitläufig und facettenreich. Im Laufe der Zeit wurde er immer wieder neu definiert, verändert und in unterschiedlichen Rahmenbedingungen umgesetzt. Auf Grund der verschiedenen Texte und Definitionen zum Thema Zensur und den verschiedenen Gesellschaftsbedingungen, in denen diese entstanden sind, fällt es schwer eine einzige geltende Definition des Begriffs Zensur aufzustellen. Auf Grund dieser Schwierigkeiten wählte ich für diese Untersuchung den Titel „Maßnahmen gegen politische Buchpublikationen in der BRD“. Maßnahmen umfassen in diesem Falle alle Handlungen von autoritärer Stelle, die die Herstellung und Verbreitung von bildlichen und schriftlichen Erzeugnissen kontrollieren, bestrafen und verbieten, sowohl vor als auch nach deren Publikation.
Diese Arbeit soll einen kurzen Abriss über den Umgang mit politischen Veröffentlichungen in der BRD geben. Zunächst betrachte ich kurz das Zensursystem der BRD. In diesem Abschnitt wird aufgrund der Benutzung des Wortes Zensur im Gesetzestext nicht der oben definierte Begriff „Maßnahmen“ verwendet. Das soll Unstimmigkeiten im benannten Abschnitt vermeiden. Anschließend wird die rechtsextreme Publizistik betrachtet. Es soll herausgestellt werden, in welcher Weise und vor allem in welchem Umfang rechtsextreme Autoren ihre Schriften publizierten. Im weiteren Verlauf der Untersuchung werden die linksextremen Veröffentlichungen betrachtet. Es soll an Hand von Beispielen gezeigt werden, wie und mit welchen Motiven gegen Autoren und Verleger links-gerichteter Schriften vorgegangen wurde.
Die Hausarbeit soll ein deutliches Missverhalten im Umgang mit rechts- und linksextremen Schriften herausstellen.
2 Zensursystem der BRD
Die rechtlichen Grundlagen der Zensur in der BRD finden sich in Artikel 5 des Grundgesetzes (GG), das am 23.5.1949 in Kraft trat.
Abs 1: Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.
Abs 2: Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allg. Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.
Abs 3: Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.[1]
Der Satz: „Eine Zensur findet nicht statt“ bedeutet jedoch nicht, dass es in der BRD seither keine Formen der Zensur im Sinne einer gesellschaftlichen Kontrolle geltender Normen gegeben hätte. Er untersagt lediglich die Kontrolle durch staatliche Zensurbehörden. Es findet keine Vorzensur statt. Bei der Verletzung geltender Normen sind die ordentlichen Gerichte in Form einer Nachzensur zuständig.[2]
Weitere rechtliche Grundlage bildet das Strafgesetzbuch (StGB), welches explizit Straftaten und deren Bestrafung formuliert. Von besonderem Interesse in Bezug auf rechtliche Maßnahmen gegen Buchpublikationen sind die §88a (Verfassungsfeindliche Befürwortung von Straftaten), §126 (Störung des öfftl. Friedens durch Androhung von Straftaten), §130[3] (Volksverhetzung), sowie §140 (Belohnung u. Billigung von Straftaten).
3 Rechtsextreme Seite
Der organisierte Rechtsextremismus war in der jungen BRD zersplittert und sehr schwach. Zur Stärkung der Szene erkannten neonazistische Aktivisten recht früh die große Bedeutung publizistischer Mittel. Es wurden zahlreiche rechtsextreme Verlage und Buchdienste gegründet.
In den ersten Nachkriegsjahren waren publizistische Betätigungen noch stark eingeschränkt. Die Alliierten[4] hatten Listen auszusondernder Literatur erstellt und weiterhin nahezu alle bekannte NS-Schriftsteller mit einem Schreibverbot belegt. Im Rahmen der Entnazifizierung wurden allerdings viele Schreibverbote wieder aufgehoben oder in Geldbußen verwandelt.[5]
Bereits in der jungen BRD existierten die §§ 130 (Volksverhetzung) und 93 (Verfassungsverräterische Publikationen) des Strafgesetzbuches. Auf ihrer Grundlage hätte man gegen neonazistische Literatur vorgehen können. Allerdings wurden sie in der Praxis eher selten genutzt. Dieser Umstand führte dazu, dass man dem bundesdeutschen Justizbetrieb in den 1950ern den Verdacht, in ihm herrsche ein latenter Antisemitismus, unterstellte. Wenn Autoren rechtsextremen Gedankenguts doch mal vor Gericht kamen, fielen die Urteile häufig sehr milde aus. Es belief sich meist auf niedrige Geldstrafen. So konnte rechtsextremes Schriftgut in den 50ern relativ unbehindert produziert und verbreitet werden.[6] Rechtsextreme Publizistik fand nicht nur in der rechten Szene Anklang. Vor allem das Thema des Revisionismus fand auch bei der durchschnittlichen Bevölkerung Würdigung.
[...]
[1] http://dejure.org/gesetze/GG/5.html.
[2] Vgl. Breuer, Geschichte der literarischen Zensur in Deutschland, S.249.
[3] Siehe Anhang.
[4] Siehe: http://de.wikipedia.org/wiki/Alliierte „Der Begriff Alliierte stammt aus dem Lateinischen und bedeutet Verbündete, die eine Allianz geschlossen haben. Das muss kein formeller Vertrag sein, ein koordinierter Kampf gegen einen gemeinsamen Gegner reicht aus. Im engeren Sinne werden unter Alliierten die im Zweiten Weltkrieg gegen die Achsenmächte (Deutschland, Italien, Japan) verbündeten Großmächte verstanden. Auch die im Ersten Weltkrieg gegen die Mittelmächte verbündeten Staaten werden teilweise als Alliierte bezeichnet, der weitaus üblichere Ausdruck hierfür ist jedoch die Entente.“
[5] Mayer, Verfälschte Vergangenheit, S. 148.
[6] Ebd. S. 149.