In der vorliegenden Arbeit soll der Umgang mit Literatur in der Bundesrepublik Deutschland von 1976 bis 1981 unter dem Gesichtspunkt einer möglichen Zensurpraxis betrachtet werden. Die Arbeit widmet sich hierfür speziell den Anwendungen und Auswirkungen des Paragraphen 88a (Verfassungsfeindliche Befürwortung von Straftaten) des Strafgesetzbuches. Um die Umstände, die zur Einführung des Paragraphen geführt haben aufzuzeigen, werden zunächst die politischen und gesellschaftlichen Strukturen der Bundesrepublik in den 1970er Jahren dargelegt. Die Staatsregierung hatte sich zu der Zeit mit dem aufkommenden Terrorismus und der Frage der Inneren Sicherheit auseinanderzusetzen. In der BRD entwickelte sich eine außerparlamentarische Opposition, welche sich zunächst in der deutschen Studentenbewegung und später teilweise in der Bildung terroristischer Gruppen widerspiegelte. Die Bundesrepublik sah sich gewalttätigen Aktivitäten und organisiertem Terrorismus gegenüber, auf die der Staat rechtlich nicht vorbereitet war. Die Arbeit gibt einen Einblick in die Erweiterungen und Ergänzungen des Strafgesetzbuches in den 70er Jahren. Speziell wird die Einführung und Wirkung des „Gesetzes zum Schutz des Gemeinschaftsfriedens“, unter welches der Paragraph 88a zählt, dargestellt. Anschließend werden Praxis und Folgen der Ermittlungsverfahren auf der Grundlage des Paragraphen aufgezeigt. Dabei werden insbesondere die Unterschiede in der Strafbemessung sowie der Wirkungskreis des Paragraphen anhand der Fälle des Agit-Druck-Kollektiv und der Mescalero-Affäre verdeutlicht. Die Außerparlamentarische Opposition, sowie Buchhändler, Verlage und Autoren protestierten anfänglich gegen die Einführung....
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Politischer und Gesellschaftlicher Hintergrund
- Die sozialliberale Koalition
- Zur Inneren Sicherheit
- Die linke Gegenöffentlichkeit
- Die Studentenbewegung
- Die Rote Armee Fraktion
- Zur Gesetzgebung
- Gesetz zum Schutz des Gemeinschaftsfriedens
- Inhalt und Wirkung des „Zensurparagraphen“
- Anwendungsfälle
- Erste Ermittlungsverfahren
- Einzelfälle und ihre Konsequenzen
- Die Mescalero-Affäre
- Der AGIT-Drucker-Fall
- Reaktionen in der Öffentlichkeit
- Opposition gegen „Zensurmaßnahmen“
- Das internationale Russell-Tribunal
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Bachelorarbeit befasst sich mit dem Umgang mit linker Literatur in der Bundesrepublik Deutschland zwischen 1976 und 1981. Sie untersucht die Anwendung und Auswirkungen des Paragraphen 88a (Verfassungsfeindliche Befürwortung von Straftaten) des Strafgesetzbuches, der in dieser Zeit zur Bekämpfung von Terrorismus und politischer Gewalt eingeführt wurde.
- Der politische und gesellschaftliche Hintergrund der BRD in den 1970er Jahren, geprägt von der sozialliberalen Koalition, der Terrorismusproblematik und der linken Gegenöffentlichkeit
- Die Einführung und Wirkung des „Gesetzes zum Schutz des Gemeinschaftsfriedens“ und des Paragraphen 88a StGB
- Die Anwendung des Paragraphen 88a in der Praxis, einschließlich der Untersuchung von Ermittlungsverfahren und Einzelfällen
- Die Reaktionen der Öffentlichkeit und der außerparlamentarischen Opposition auf den „Zensurparagraphen“, insbesondere die Rolle des Internationalen Russell-Tribunals
- Die Frage, ob der Paragraph 88a StGB ein Instrument der Zensur war
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel der Arbeit führt in die Thematik ein und beschreibt den Fokus der Untersuchung. Kapitel 2 analysiert den politischen und gesellschaftlichen Kontext, der die Einführung des Paragraphen 88a prägte. Hierbei werden die sozialliberale Koalition, die Herausforderungen der Inneren Sicherheit und die Entwicklung der linken Gegenöffentlichkeit in den 1970er Jahren beleuchtet. Kapitel 3 untersucht das „Gesetz zum Schutz des Gemeinschaftsfriedens“ und den Paragraphen 88a StGB, indem es deren Inhalt und rechtliche Wirkung darlegt. In Kapitel 4 werden anhand von Anwendungsfällen die Auswirkungen des Paragraphen 88a auf die Praxis gezeigt. Dabei werden Ermittlungsverfahren, Einzelfälle, wie der Agit-Druck-Fall und die Mescalero-Affäre, sowie die Unterschiede in der Strafbemessung und der Wirkungskreis des Paragraphen erörtert. Kapitel 5 widmet sich den Reaktionen der Öffentlichkeit und der außerparlamentarischen Opposition auf den „Zensurparagraphen“. Insbesondere wird das Internationale Russell-Tribunal, das sich 1979 mit möglichen Menschenrechtsverletzungen in der BRD beschäftigte, analysiert.
Schlüsselwörter
Die Arbeit konzentriert sich auf die Thematik der Zensur linker Literatur in der Bundesrepublik Deutschland unter dem Aspekt des Paragraphen 88a StGB. Die wichtigsten Schlüsselwörter sind: „Zensur“, „linker Literatur“, „Paragraph 88a StGB“, „Gesetz zum Schutz des Gemeinschaftsfriedens“, „Terrorismus“, „Innere Sicherheit“, „Studentenbewegung“, „Rote Armee Fraktion“, „Außerparlamentarische Opposition“, „Internationale Russell-Tribunal“.
- Quote paper
- BA Julia Böhm (Author), 2009, Paragraph 88a StGB – Zum Schutz des Gemeinschaftsfriedens., Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/268725