In diesem Aufsatz sollen sowohl die Erscheinungsform jugendlicher Kriminalität, als auch deren Ursachen und die Wahrscheinlichkeit bzw. Ausprägung einer erfolgreichen Sanktionierung beschrieben werden. Konzentriert wird sich hierbei auf Forschungsergebnisse von wissenschaftlichen Untersuchungen bekannter deutschsprachiger Autoren, welche den deutschen Raum als Forschungsgebiet behandelten.
Erscheinungsformen, Ursachen und Sanktionierungserfolg von Jugendkriminalität in Deutschland
In diesem Aufsatz sollen sowohl die Erscheinungsform jugendlicher Kriminalität, als auch deren Ursachen und die Wahrscheinlichkeit bzw. Ausprägung einer erfolgreichen Sanktionierung beschrieben werden. Konzentriert wird sich hierbei auf Forschungsergebnisse von wissenschaftlichen Untersuchungen bekannter deutschsprachiger Autoren, welche den deutschen Raum als Forschungsgebiet behandelten.
„Unter Jugendkriminalität oder Jugenddelinquenz versteht man in Anlehnung an die Definition des Jugendgerichtsgesetzes (§ 1 Abs. 2 JGG) die Summe der Straftaten (...) von jugendlichen (14 bis unter 18 Jahre) Tätern.“[1] Als Heranwachsende bezeichnet man die Straftäter im Alter bis 21 Jahre. Heranwachsende können, abhängig vom individuellen Reifegrad, dem Jugend-oder Erwachsenenstrafrecht unterfallen ( § 1 Abs. 2, 105 JGG). Spricht man von Jugendkriminalität, so sind im allgemeinen Sprachgebrauch auch häufig die Heranwachsenden gemeint. Trotz der häufigen Unschärfe in Bezug auf die Alterseingrenzung von Jugendlichen, welche bisweilen auch Kinder oder Erwachsene umfasst, soll sich hier am Altersmaßstab von 14 bis unter 18 Jahren orientiert werden. Im kriminologisch-soziologischen Sinne ist in personeller Hinsicht die Person gemeint, welche zwischen Kind- und Erwachsensein steht und sich darüber hinaus in einem Sozialisationsprozess befindet. Abschließend ist noch auf das, der Jugendkriminalität immanente Phänomen der Ubiquität und des episodenhaften Charakters hinzuweisen. Unter Ubiquität ist vor allem die Allgegenwärtigkeit von jugendlicher Bagatellkriminalität, wie etwa „Schwarzfahren“ im Bus, welche fast jeder Jugendliche begangen hat, gemeint[2].
Weiter ist diese Kriminalität der meisten Jugendlichen episodenhaft, das heißt, sie kommt mit Abschluss des Sozialisationsprozess zu einem Ende[3].
Es soll hierbei auf die wissenschaftlichen Untersuchungen von Lehre und Praxis eingegangen werden.
Um die typischen Erscheinungsformen jugendlicher Straßenkriminalität aufzuzeigen, wird sich auf die, vom Bundeskriminalamt statistisch erhobenen Delikte bezüglich der Straßenkriminalität konzentriert. Dabei handelt es sich nicht nur um im Strafgesetzbuch normierte Delikte, wie etwa gefährliche oder schwere Körperverletzung, sondern auch um spezifizierte Delikte, die Unterpunkte einer Norm bilden, wie etwa Diebstahl aus einem Kfz, Diebstahl an einem Kfz und Taschendiebstahl als Unterpunkte des normierten Deliktes Diebstahl.
Als abschließende Aufzählung können folgende Deliktsgruppen als typisch jugendlich genannt werden:
- Vandalismus, Sachbeschädigung an Kfz und der sonstigen Sachbeschädigung[4]
- Diebstahl aus und an Kraftfahrzeugen[5]
- Sachbeschädigung auf öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen[6]
- Diebstahl an Kfz, Diebstahl aus Kfz, Taschendiebstahl, sonstiger Diebstahl[7]
- Körperverletzung, gefährliche Körperverletzung, schwere Körperverletzung[8]
- Handtaschenraub und sonstige Raubüberfälle[9]
- Betäubungsmittelmissbrauch, An-Verkauf, Besitz
Diese Delinquenzerscheinungen sind natürlich nicht abschließend, stellen jedoch die typische Erscheinungsform jugendlicher Kriminalität in Deutschland dar.
Fraglich ist, wie mögliche Ursachen dieser Delinquenz, speziell im deutschen Raum anhand von Forschungsergebnissen der deutschsprachigen Lehre erklärt werden können. Diese Forschungsergebnisse stellen eigene Grundlagen zur Verfügung und behandeln im Gegensatz zur allgemeinen Lehre (wie etwa Hirschi, Sutherland, Cloward, Ohlin) nur die spezifischen Muster des deutschen Forschungsraumes.
Wolfgang Ludwig veröffentlichte 1982 seine Untersuchung „Mehrfachtäter im Kontext gesellschaftlicher Produktion von Jugendkriminalität“.[10] Ludwig beobachtete hierbei vor allem Mehrfachtäter anhand von Polizeiakten Tatverdächtiger Jugendlichen zwischen 16 und 21 Jahren. Der Autor kommt zu dem Ergebnis, dass Jugendkriminalität „zum einen ein schichtspezifisches Problem darstellt und zum anderen durch einen Zuschreibungsprozess innerhalb der Gesellschaft entsteht, wobei gerade die sozialen Merkmale und die Tatsache der mehrfachen Registrierung als Tatverdächtiger wichtige Attribute der Zuschreibung sind.“[11]
Dies könnte eine Erklärung sein, warum besonders Jugendliche bzw. Heranwachsende aus unteren Gesellschaftsschichten eine hohe bzw. höhere Delinquenzanzahl aufweisen. Ludwig nennt als Ursache dieser Behauptung die leichtere Zugangsmöglichkeit, die geringere Schulbildung und eine erhöhte Aufmerksamkeit der Polizei. Damit kommt Ludwig zu dem Ergebnis, dass auch die gerichtliche Sanktionierung jugendliche Mehrfachstraftäter im Vergleich zu Einzeltätern aus sozial besseren Schichten schärfer behandelt.[12]
Jedoch erkennt Ludwig selbst, dass das Forschungsergebnis unter Verwendung von Akten, nicht Motive und andere subjektive Begleitumstände berücksichtigt. Auch muss hierbei die polizeiliche Vernehmung, welche den Umständen entsprechend, fokusiert auf die Straftat an sich, als nicht sachverhaltserörternd im kriminalpolitischen Sinn dargestellt werden.
[...]
[1] Maschke, Kinder-und Jugenddelinquenz, 57
[2] Dollinger,Schmidt-Semisch, Handbuch Jugendkriminalität, 11ff.
[3] Vgl. Schaffstein,Beulke, Jugendstrafrecht, 10-11
[4] Vgl. Schneider, Vandalismus, 57
[5] Vgl. Bundeskriminalamt, PKS, Berichtsjahr 2011, Tabelle 20, S. 47
[6] Vgl. Bundeskriminalamt, PKS, Berichtsjahr 2011, Tabelle 20, S. 47
[7] Vgl. Bundeskriminalamt, PKS, Berichtsjahr 2011, S. 197
[8] Vgl. Bundeskriminalamt, PKS, Berichtsjahr 2011, S. 251
[9] Vgl. Bundeskriminalamt, PKS, Berichtsjahr 2011, S. 159
[10] Ludwig, Mehrfachtäter, in Schüler, Springorum, Untersuchungen zur Jugendkriminalität, 86ff.
[11] Richter, Die Biografie jugendlicher und heranwachsender Mehrfachstraftäter, 6.
[12] Ludwig, Mehrfachtäter, in Schüler, Springorum, Untersuchungen zur Jugendkriminalität, 126.
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