Der Streit über das beste oder gar perfekte Bildungssystem besteht seit langer Zeit und wird wohl keine Antwort zutage fördern, wenn nicht zeitgleich festgestellt wird, worin genau der Vorteil des entsprechenden Systems besteht, damit das eigene angepasst werden kann. Im Jahr 2000 wurde von der OECD das erste mal das Programme for International Student Assessment (PISA) durchgeführt, dessen Ergebnis in Deutschland einen Schock auslöste. Die fünfzehnjährigen Schüler der Bundesrepublik waren nicht einmal im oberen Drittel unter den OECD-Staaten vertreten, was bei Politik und Gesellschaft zu einem lauten Ruf nach Fördermaßnahmen und Verbesserung geführt hat. Seitdem hat sich PISA als maßgeblichstes Qualitätsmessgerät für Bildung etabliert und stellt für viele Menschen einen Indikator für die schulische Qualität innerhalb der OECD-Staaten dar.
Aus diesem Grund ist es aber umso wichtiger, die Ergebnisse der PISA-Studie nicht einfach unreflektiert zu betrachten. Gerade wenn ein solch großes gesellschaftliches Interesse und umfassende politische Reaktionen auf eine Untersuchung folgen, muss betrachtet werden, wo sich eventuell Lücken in der Studie aufzeigen. Nur so kann beurteilt werden, ob die Situation wirklich genau so beschaffen ist, wie die Studie es behauptet. Zu diesem Zweck soll hier eine kurze Betrachtung erfolgen, welche sich auf die Validität einiger Aspekte der PISA-Studie bezieht.
Da eine Betrachtung der gesamten PISA-Studie den vorgegebenen Rahmen mehr als sprengen würde, wird sich in dieser Arbeit nur auf die Lesekompetenz konzentriert. Diese Kompetenz erscheint neben der Mathematik und den Naturwissenschaften nämlich als grundlegendste Fähigkeit für einen Menschen, um in eine moderne Gesellschaft eingegliedert werden zu können und in ihr zurechtzukommen. Für eine Untermauerung dieser Behauptung wird deswegen im zweiten Punkt dieser Arbeit eine Definition der Lesekompetenz vorgestellt, die für die PISA-Studie selbst zugrundgelegt und für den Zweck einer qualitativen Vergleichbarkeit in verschiedene Stufen operationalisiert wurde.
Weil sich diese Arbeit auf Deutschland, und vor allem den Vergleich seiner Bundesländer konzentriert, werden im darauf folgenden Kapitel einige der wichtigsten Ergebnisse kurz vorgestellt, um eine ausreichende Verständnisgrundlage für die sich anschließende Evaluation der Validität bereitzustellen.
Gliederung
1. Einleitung
2. Was versteht PISA unter Lesekompetenz
3. Kurzer Überblick über wichtige Ergebnisse
4. Validität des PISA-Lesetests
5. Zusammenfassung
6. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Der Streit über das beste oder gar perfekte Bildungssystem besteht seit langer Zeit und wird wohl keine Antwort zutage fördern, wenn nicht zeitgleich festgestellt wird, worin genau der Vorteil des entsprechenden Systems besteht, damit das eigene angepasst werden kann. Im Jahr 2000 wurde von der OECD das erste mal das Programme for International Student Assessment (PISA) durchgeführt, dessen Ergebnis in Deutschland einen Schock auslöste. Die fünfzehnjährigen Schüler der Bundesrepublik waren nicht einmal im oberen Drittel unter den OECD-Staaten vertreten, was bei Politik und Gesellschaft zu einem lauten Ruf nach Fördermaßnahmen und Verbesserung geführt hat. Seitdem hat sich PISA als maßgeblichstes Qualitätsmessgerät für Bildung etabliert und stellt für viele Menschen einen Indikator für die schulische Qualität innerhalb der OECD-Staaten dar.
Aus diesem Grund ist es aber umso wichtiger, die Ergebnisse der PISA-Studie nicht einfach unreflektiert zu betrachten. Gerade wenn ein solch großes gesellschaftliches Interesse und umfassende politische Reaktionen auf eine Untersuchung folgen, muss betrachtet werden, wo sich eventuell Lücken in der Studie aufzeigen. Nur so kann beurteilt werden, ob die Situation wirklich genau so beschaffen ist, wie die Studie es behauptet. Zu diesem Zweck soll hier eine kurze Betrachtung erfolgen, welche sich auf die Validität einiger Aspekte der PISA-Studie bezieht.
Da eine Betrachtung der gesamten PISA-Studie den vorgegebenen Rahmen mehr als sprengen würde, wird sich in dieser Arbeit nur auf die Lesekompetenz konzentriert. Diese Kompetenz erscheint neben der Mathematik und den Naturwissenschaften nämlich als grundlegendste Fähigkeit für einen Menschen, um in eine moderne Gesellschaft eingegliedert werden zu können und in ihr zurechtzukommen. Für eine Untermauerung dieser Behauptung wird deswegen im zweiten Punkt dieser Arbeit eine Definition der Lesekompetenz vorgestellt, die für die PISA-Studie selbst zugrundgelegt und für den Zweck einer qualitativen Vergleichbarkeit in verschiedene Stufen operationalisiert wurde.
Weil sich diese Arbeit auf Deutschland, und vor allem den Vergleich seiner Bundesländer konzentriert, werden im darauf folgenden Kapitel einige der wichtigsten Ergebnisse kurz vorgestellt, um eine ausreichende Verständnisgrundlage für die sich anschließende Evaluation der Validität bereitzustellen.
2. Was versteht PISA unter Lesekompetenz?
Lesen bedeutet bei PISA nicht einfach nur lesen zu können. Vielmehr werden drei Dinge als besonders wichtig erachtet. Zum einen das Verstehen eines Textes. Des Weiteren eine gezielte Informationssuche und Informationsaufnahme und drittens die Reflektion und Bewertung des Textmaterials, das lebensnah und relevant sein soll (vgl. Artelt et al. 2004: 141). Die Fähigkeit zum Lesen, so wie sie in der PISA-Studie verstanden wird, ist dabei natürlich nicht willkürlich herausgegriffen. Lesen wird als „grundlegend wichtige Voraussetzung für die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben“ (Drechsel et al. 2008: 108) aufgefasst, da viele Lebensbereiche, Wertvorstellungen, kulturelle Inhalte und Ideen erschlossen werden. Auch wenn der Eindruck entstehen könnte, dass bei zunehmender Relevanz der Bild und Tonmedien, die Lesefähigkeit an Bedeutung verliert, so zeigt sich doch eher das genaue Gegenteil, da mangelnde Lesefähigkeit oder gar Analphabetismus zu einem großen Chancennachteil führt (vgl. Artelt et al. 2004: 141).
Die Aufgaben für das Feststellen der Lesekompetenz in der PISA-Studie 2006 teilen sich in kontinuierliche und nichtkontinuierliche Texte und sind dabei die gleichen wie in der Studie drei Jahre zuvor, welche eine Auswahl aus der ersten PISA-Erhebung 2000 darstellen (vgl. Drechsel et al. 2008: 108). Durch diesen gleichen Pool an Aufgaben soll die Vergleichbarkeit der unterschiedlichen Messungen gewährleistet werden.
Da die Qualität der Lesekompetenz jedoch stark abhängt von der entsprechenden Lesesituation, wurde der Inhalt der Texte unterschiedlich gestaltet, um verschiedene Funktionen des Lesens nachstellen zu können. Dabei wurde eine Differenzierung nach eher privaten oder öffentlichen Zwecken des Lesens, nach Zwecken der beruflichen Weiterqualifikation und dem allgemeinen Bildungsinteresse vorgenommen (vgl. Artelt et al. 2004: 142).
Um das Leseverständnis umfangreich erfassen zu können, wurden die Fragen, welche sich auf die Texte beziehen, zu 45% offen formuliert, also so, dass die Schüler selbstständig Antworten ausarbeiten müssen. Auf die Nachteile einer solchen Formulierung wird unter 4. noch genauer eingegangen.
Im PISA-Modell werden textimmanente von wissensbasierten Verstehensleistungen unterschieden, welche wiederum noch einmal nach Komplexitätsgrad und formalen Kriterien ausdifferenziert werden. Für erstere bietet der Text alle relevanten Informationen für die Beantwortung der Fragen. Sie machen 70% des Tests aus. Im zweiten Fall ist Vorwissen nötig, um eine entsprechende Interpretation vornehmen zu können (vgl. Artelt et al. 2004: 142 f.).
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- Arbeit zitieren
- Jan Seichter (Autor:in), 2011, PISA 2006. Lesekompetenz im nationalen Vergleich, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/269439