Modernes Financial Management hat zum Ziel, durch Finanzkommunikation auf oberster Führungsebene zu höheren Gewinnen zu gelangen. Allen Beteiligten an diesem Managementprozess wird Disziplin abverlangt. In monatlichen Fortschrittssitzungen werden Probleme schnell identifiziert und Lösungen schnell entwickelt, um anspruchsvolle Finanzziele zu erreichen. Der Chief Executive Officer gibt vor Beginn der Planung herausfordernde targets bekannt. Immer wieder aktualisierte Forecasts sollen dafür sorgen, dass Planüberschreitungen, wo immer möglich erreicht und Planunterschreitungen begrenzt werden. Weitere zeitgleiche Veröffentlichungen des Autors zum Themenkreis Finanical Management: Die kritische Rolle der internen Kosten- und Leistungsverrechnung beim modernen Financial Mangement. Modernes Financial Management im Verhältnis zu traditionellen und neueren Auffassungen über die Gründe wirtschaftlichen Handelns. Die Verwendung der externen Segmentberichterstattung für die Zwecke des modernen Financial Managements.
Erfolgsfaktor modernes Financial Management
1) Modernes Financial Management[1]
Financial Management[2] hat zum Ziel, durch unternehmensinterne Kommunikation auf der Grundlage einfacher Finanzdaten, wie sie Bilanz, GuV und Segmentbericht-erstattung hergeben, zu höheren Gewinnen[3] zu gelangen. Diese müssen sich selbst-verständlich vor allem in zukünftigen GuVs und Segmentberichten niederschlagen. Die Kommunikation findet auf der obersten Management-Ebene statt, und zwar zwischen CEO (Chief Executive Officer; Vorstandsvorsitzender[4]) und den jeweiligen bereichsverantwortlichen Vorstandsmitgliedern[5].
Für viele US-amerikanische CEOs und ihre CFOs (Chief Financial Officers) ist solch ein simpel erscheinendes Konzept des Financial Managements nicht neu, sondern ge-lebte erfolgreiche Praxis. Herausforderungen werden sportlich angenommen[6] und nicht primär als Zumutung empfunden. Durch starken Willen zum Erfolg unter-stütztes Hands on-Management hat eben in den USA und einigen ähnlich denkenden Teilen der Welt eine längere Tradition als in Europa und auch in Deutschland. Hier erwarten manche CEOs, dass die sparten- und funktionsverantwortlichen Manager sich quasi selbst[7] führen und ihre Motivation zu Spitzenleistungen vor allem daraus beziehen, dass ihnen kaum eine Maßnahme und erst recht kein konkretes Ergebnis abverlangt wird[8], schon gar nicht eines, das anhand der veröffentlichen Zahlenwerke des Unternehmens allgemein nachzuvollziehen ist.
Die Bereitschaft, unbequeme und riskante, wenngleich gebotene Maßnahmen zu ergreifen, deren erwarteter finanzieller Erfolg im Rahmen des Financial Managements auch noch verbindlich beziffert wird, wird in vielen europäischen Unternehmen davon abhängig gemacht, dass die Erzielbarkeit des Erfolgs vorab „bewiesen“ wird. Manchmal wird sogar verlangt, dass der Erfolg garantiert sein müsse[9]. Übertriebene Risikoscheu und Handlungsunfähigkeit sind die Folge. Wer sich als Top-Manager bezeichnet und bezahlen lässt, aber Risiken aus dem Weg gehen will, die in seine Verantwortungssphäre fallen, vermeidet klare Ansagen gegenüber den eigenen Führungskräften und den Mitarbeitern. Man hegt die Hoffnung, dass die nachgeordneten Ebenen schon wegen dezenter Hinweise auf Handlungsmöglichkeiten, nach Erläuterung von Analysen und vor allem wegen der erhofften heilsamen Wirkung von Informationen in so genannten Steuerungsinstrumenten[10] freiwillig den gewünsch-ten Erfolg herbeiführen werden. Ist die Geschäftsentwicklung positiv, hat sie „mein Bereich“, also dessen Leiter erwirtschaftet. Enttäuscht dagegen der Geschäftsverlauf, werden den nachgeordneten Führungskräften personelle Konsequenzen angekündigt und höhere Anstrengungen abverlangt. Worin diese bestehen und wohin genau sie füh-ren sollen, bleibt im Dunkeln. Eine solche oberste Managementebene präsidiert nur über die nachgeordneten Ebenen, greift selbst kaum ein und kann sich nicht vorstellen, persönlich zur Erfüllung konkreter finanzieller Ziele aufgefordert zu werden[11].
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[1] Siehe auch: Pauluhn, B., Modernes Financial Management im Verhältnis zu traditionellen und neueren Auffas-sungen über die Gründe wirtschaftlichen Handelns, grin 2014; Pauluhn, B., Die Verwendung der externen Seg-mentberichterstattung für die Zwecke des modernen Financial Managements, grin 2014; Pauluhn, B., Die kriti-sche Rolle der internen Kosten- und Leistungsverrechnung beim modernen Financial Management, grin 2014
[2] Explizite Literatur zum Financial Management, zum Finanzmanagement oder zum finanziellen Management als spezifischem Managementprozess gibt es nicht. Vgl. u. a. International Group of Controlling (Hrsg.), Controller Wörterbuch, Stuttgart 1999; Baum, H. G., Coenenberg, A. G., Günther, Th., Strategisches Controlling, 4. Auflage, Stuttgart 2007; Klenger, F., Operatives Controlling, 5. Auflage, München/Wien 2000, worin der Begriff Financial Management oder finanzielles Management nicht vorkommt. Eine gewisse Annäherung an Financial Management durch den CFO findet sich bei Deloitte/Economist Intelligence Unit (Hrsg.), The finance talent challenge: How leading CFOs are taking charge, u. a. Frankfurt/Main, Deloitte/EIU 2007, Seite 4, ferner: o. V., Finanzielle Führung und Controlling, Seminarspiegel, www.seminarspiegel.de/s64671/finanzielle-fuehrung-und-...; ebenfalls eher handwerklich als manageriell ausgerichtet: www.grundig-akademie.de/management/firmen... Siehe auch Becker, W., Finanzielle Führung im Wandel, uni.vers, Seiten 24ff, hier: Seite 27. Demgegenüber dominieren auf dem Gebiet des Controllings detailreiche Abhandlungen mit Schwerpunkt auf Methoden und Verfahren; vgl. statt vieler Klenger, F., a. a. O.; Größte Annäherung an das Thema Financial Management hat die Fallstudie auf Seite 973, in der Controlling als Integrationsansatz erläutert wird. Diese Fallstudie soll und kann nicht über die geldliche Abbildung des Unternehmens und seiner Teile hinausgehen . Bei anderen stehen Prozesse im Mittelpunkt, vgl. Baum, H. G. et al., Seiten 375f: Management Prozess, Strategic Management Process nach Kaplan, R. S. /Norton, D. P. (2001) als Leitlinien setzender, Überzeugungen vermittelnder Lern- und Führungsprozess, der u. a. durch Zielvorgaben ausgefüllt wird. Eine Beschreibung dessen, was Management ist oder sein sollte, findet sich z. B. bei International Group of Controlling, a. a. O., Seite 272: „Management involves the leading of complex social systems…with a… holistical view on reciprocal relations between people and things”.
[3] Gegen den Gewinn gemäß externem Rechnungswesen wird häufig eingewandt, dass er lediglich ein „Konstrukt mit wünschenswerten Eigenschaften“ sei. „Gewinn wird durch Bilanzierungsregeln erst konstruiert, nicht einfach abgebildet“, so: Ballwieser, W., zitiert in: Noack, H. - Ch., Auf der Suche nach dem richtigen Gewinn, FAZ 03. 05. 2008, Seite 103. Den Vorwurf, ein Periodenergebnis zu konstruieren, kann man übrigens jeder Art der Rechnungslegung, sei sie für interne oder externe Zwecke, machen, weil eine Rechnungslegung ohne Regeln nicht auskommt, es sei denn, es wird an eine regellose und damit willkürliche Ergebnisermittlung nach Gutsherrenart gedacht. Gutsherrenart steht für angemaßte Deutungshoheit über die Lage des Unternehmens.
[4] Auch: Vorsitzender der Geschäftsführung sowie Sprecher des Vorstands/der Geschäftsführung
[5] Vgl. Hirsch, B., Controlling und Entscheidungen, Tübingen 2007, Seite 168: Um Defizite bei der Umsetzung numerischer Informationen zu vermeiden, hilft das interaktiv geführte Managementgespräch. Insoweit kann der CEO zum Trainer seiner Bereichsleiter werden.
[6] Vgl. Hirsch, B., a. a. O., Seite 190: Satisficing. Die handelnde Person verlangt sich zu wenig ab, will zu wenig, vor allem weniger, als sie leisten kann; vgl. auch die Begrenzung von Entscheidungsträgern durch satisficing und insbesondere „cognitive limits“ in: Guru Herbert Simon http://economist.com/node/13350892/print, March 20, 2009. Abgesenktes Anspruchsniveau führt schneller zur Zufriedenheit mit der eigenen Leistung. Wollensmängel sind viel schwerer zu überwinden als Könnensmängel. Eine Regel für die Entscheidung über Nachwuchskräfte bei guten Unternehmensberatungen lautet deshalb „hire attitude, train skills“, Quelle: industry interviews mit Quellenschutz. Financial Management setzt auf finanzielle Disziplin, also auf das Wollen. Disziplin ist Ausdruck des sich Führen Lassens, vgl. Neuberger, O., Führen und Führen lassen, 6. Auflage, Stuttgart 2002.
[7] Vgl. Hirsch, B., a. a. O., Seite 190 sowie Neuberger, O., a. a. O.
[8] Vgl. Hirsch, B., a. a. O., Seiten 158f: Extrinsische Belohnungen wie eine Zusatzvergütung für konkrete Leistungen, aktive Motivation (wohl auch das Anvertrauen von geheimen Informationen). Intrinsische Belohnung ist z. B. die erarbeitete größere Selbstbestimmung und weiter gehende Kontrollfreiheit.
[9] Anhand der Anforderungen des Financial Managements zeigt sich auch, inwieweit die deutlich einfacheren Instrumente, Methoden und Verfahren des amerikanischen Controllings ausreichen oder ggf. punktuell in Rich-tung auf das analytisch reichhaltigere europäische Controlling weiterentwickelt werden sollten. Analysen, die zu nichts mehr als interessierter Kenntnisnahme führen, bleiben für die Führung des Unternehmens jedenfalls ohne Wert. Vgl. Hirsch, B., a. a. O., Seite 148: Ambiguitätsintoleranz. Der Umgang mit Zweideutigkeit ist nicht nur ein Problem der hierarchischen Ebenen, wobei man oben mehr Bereitschaft und Fähigkeit im Umgang mit Zwei-deutigkeit erwartet als unten. Der Umgang mit Zweideutigkeit ist auch ein Merkmal der individuellen Persön-lichkeit. Wichtig ist, die Zweideutigkeit nicht auszublenden. Sie muss im Blickfeld bleiben. Konkrete Nachfra-gen bei nächster Gelegenheit sind dabei hilfreich, auch um die Verlässlichkeit eines Bereichsleiters zu testen.
[10] Z. B. pretiale Lenkung; vgl. Meyer zu Selhausen, H., Interne Leistungsverrechnung in der Profitcenter-Rechnung, in: Schierenbeck, H., Moser, H., Handbuch Bankcontrolling, Wiesbaden 1994, Seite 385: Konzept der optimalen Transferpreise musste aufgegeben werden. Man begnügt sich mit mangelhaften Transferpreisen. Je höhere Anforderungen man an das „System“ stellt, umso eher scheitert man trotz großer Mühen. Menschen managen primär durch Wollen, Menschen leisten durch Wollen und Können.
Häufig gestellte Fragen
Was ist modernes Financial Management laut diesem Text?
Modernes Financial Management zielt darauf ab, durch interne Unternehmenskommunikation auf Basis von Finanzdaten (Bilanz, GuV, Segmentberichterstattung) höhere Gewinne zu erzielen. Die Kommunikation findet zwischen dem CEO und den Bereichsvorständen statt.
Worin unterscheidet sich die US-amerikanische Herangehensweise an Financial Management von der europäischen/deutschen?
In den USA ist ein simples, pragmatisches Financial Management verbreiteter. CEOs und CFOs nehmen Herausforderungen sportlich an. In Europa, speziell in Deutschland, wird oft erwartet, dass Manager sich selbst führen, ohne klare Vorgaben oder messbare Ziele. Die Risikobereitschaft ist geringer, und es wird oft versucht, den Erfolg vorab zu "beweisen" oder gar zu garantieren.
Welche Kritik wird an der traditionellen Führung in europäischen Unternehmen geübt?
Die Kritik richtet sich gegen Top-Manager, die Risiken scheuen, keine klaren Ansagen machen und sich auf die Eigeninitiative nachgeordneter Ebenen verlassen. Bei positivem Geschäftsverlauf schreiben sie den Erfolg ihrem Bereich zu, bei Misserfolg machen sie den nachgeordneten Führungskräften Vorwürfe, ohne konkrete Anweisungen zu geben. Es wird bemängelt, dass diese Führungskräfte nicht persönlich zur Erfüllung finanzieller Ziele aufgefordert werden.
Was wird zum Gewinn gemäß externem Rechnungswesen gesagt?
Der Gewinn wird oft als "Konstrukt mit wünschenswerten Eigenschaften" bezeichnet, das durch Bilanzierungsregeln entsteht und nicht einfach abgebildet wird. Allerdings wird angemerkt, dass diese Kritik auf jede Art der Rechnungslegung zutrifft, da diese immer Regeln benötigt.
Welche Rolle spielt die Kommunikation zwischen CEO und Bereichsleitern?
Die interaktiv geführte Managementgespräch zwischen CEO und Bereichsleitern ist wichtig um Defizite bei der Umsetzung numerischer Informationen zu vermeiden. Der CEO kann also als Trainer für seine Bereichsleiter fungieren.
Was bedeutet "Satisficing" im Kontext von Financial Management?
"Satisficing" beschreibt, dass handelnde Personen sich zu wenig abverlangen und weniger wollen, als sie leisten könnten. Abgesenktes Anspruchsniveau führt schneller zur Zufriedenheit mit der eigenen Leistung. Wollensmängel sind schwerer zu überwinden als Könnensmängel.
Welche Bedeutung hat Disziplin im Financial Management?
Financial Management setzt auf finanzielle Disziplin, also auf das Wollen. Disziplin ist Ausdruck des sich Führen Lassens.
Was wird über Steuerungsinstrumente gesagt?
Es wird kritisiert, dass die Steuerungsinstrumente nicht immer zu dem erhofften Erfolg führen. Menschen managen primär durch Wollen, Menschen leisten durch Wollen und Können. Es wird sich mit mangelhaften Transferpreisen begnügt.
Was sind extrinsische und intrinsische Belohnungen?
Extrinsische Belohnungen sind z.B. eine Zusatzvergütung für konkrete Leistungen, aktive Motivation oder geheime Informationen. Intrinsische Belohnung ist z. B. die erarbeitete größere Selbstbestimmung und weiter gehende Kontrollfreiheit.
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- Burkhardt Pauluhn (Author), 2014, Erfolgsfaktor modernes Financial Management, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/269585